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Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2023

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen.

In drei frühere Bibliografien habe ich inzwischen noch Nachträge aufgenommen:

  • 2022: Bücher von Geyser, Gill, Koene, Murray, Summerton und Tietjen; Aufsätze von Feng und Webster
  • 2019: Aufsätze von Brooks und Ineichen
  • 2018: Buch von Sahlberg; Aufsatz von Fett

BÜCHER


akenson3Donald Harman Akenson: The Americanization of the Apocalypse. Creating America’s Own Bible. New York (Oxford University Press) 2023. xv, 501 Seiten. ISBN 978-0-19-759979-2.

Nach Discovering the End of Time (2016) und Exporting the Rapture (2018) hat der amerikanische Historiker Donald Harman Akenson nun den dritten Band seiner Trilogie über die Geschichte des „apokalyptischen Millennialismus“ vorgelegt. Mit der im Untertitel genannten „eigenen Bibel Amerikas“ ist natürlich die Scofield-Bibel gemeint, aber wie schon beim Vorgängerband weckt der Untertitel falsche Erwartungen: Erst auf S. 176 dieses Buches wird Cyrus I. Scofield zum ersten Mal (beiläufig) erwähnt, und erst auf S. 326 (von 436, der Rest ist Anhang, Literaturverzeichnis und Register) rückt er ins Zentrum des Interesses. Vorher geht es erneut um die Anfänge der Brüderbewegung auf den britischen Inseln (S. 7–62), dann um Darbys Reisen nach Nordamerika und die ersten „Brüder“ dort (S. 65–134) und schließlich um die Ausbreitung dispensationalistischer Ideen in Amerika außerhalb der Brüderbewegung (James Inglis, James Hall Brookes, Dwight L. Moody, prophetische Konferenzen; S. 137–310).

Akensons Stil ist wie immer brillant und pointiert, dabei lexikalisch anspruchsvoll (selbst als Englischlehrer musste ich mehrmals das Wörterbuch bemühen – und wurde nicht immer fündig!), gelegentlich aber auch kapriziös – die meisten Kapitelüberschriften etwa versteht man erst nach Lektüre des Kapitels (z.B. „Buyers’ Remorse“, „Tall Man Standing“), was das Inhaltsverzeichnis zur Voraborientierung nahezu unbrauchbar macht, und wie in den Vorgängerbänden schweift der Autor gerne in (biografische) Nebensächlichkeiten ab, die allerdings fast immer unterhaltsam zu lesen sind.

Akenson schreibt aus säkularer Perspektive und verfolgt daher keine theologische Agenda, was insbesondere bei der von Anhängern und Gegnern sehr unterschiedlich dargestellten Biografie Scofields durchaus von Vorteil ist; allerdings fehlt ihm als Profanhistoriker für manche theologischen Fragen schlichtweg das Verständnis. Sehr klar wird u.a. herausgestellt, dass Darby an dispensationalistischen Schemata und Diagrammen, wie sie später so beliebt wurden, keinerlei Interesse hatte (S. 38) und dass er den heute als „anthem“ amerikanischer Dispensationalisten geltenden Bibelvers 2Tim 2,15 (“rightly dividing the word of truth”) noch nicht in diesem Sinne interpretierte (S. 337f.). Neu war mir, was für einen großen Anteil Offene Brüder an der Finanzierung, Zusammenstellung und Korrektur der Scofield-Bibel hatten.


buehneWolfgang Bühne: Ich pfeif auf deine Frömmigkeit! Schwelm – Stukenbrock – Schoppen: Stationen einer Geschichte, wie nur Gott sie schreiben kann. Bielefeld (CLV) 2023. 477 Seiten. ISBN 978-3-86699-690-8.

Der 1946 geborene Evangelist, Freizeit- und Jugendleiter, Autor und Verleger Wolfgang Bühne legt mit diesem Buch seine Autobiografie vor. Die im Untertitel genannten Orte Schwelm, Stukenbrock und Schoppen markieren wichtige Lebensstationen, die ausführlich, lebendig und selbstkritisch geschildert werden. Auch heikle Themen wie seinen Ausschluss aus der „geschlossenen“ Versammlung in Meinerzhagen-Worbscheid (1985) spart Bühne nicht aus (S. 301–319). Bemerkenswert ist, dass er die heutige geistliche Situation der Geschlossenen Brüder für besser hält als die in den 1960er und 1970er Jahren (z.B. S. 95, 96, 108, 306) – ein erstaunlicher Kontrast zu den in diesen Kreisen selbst manchmal zu hörenden Klagen über „Verfall“ und „Niedergang“. Das Buch ist wie fast alle CLV-Veröffentlichungen auch online verfügbar.


Andrew Craig: Darby or Darwin? Brethren Perspectives on Creation and Evolution from 1820–1945. Belfast (Words to World) 2023. 92 Seiten. ISBN 978-1-78798953-5.

Masterarbeit über die Auseinandersetzung der „Brüder“ mit den wissenschaftlichen Theorien ihrer Zeit. Die „Brüder“ seien keine „unbeirrbaren Fundamentalisten“ gewesen, sondern hätten eine „unerwartete Bandbreite an Überzeugungen von der Lückentheorie bis zur theistischen Evolution“ vertreten.


Craig Hoyle: Excommunicated. A multigenerational story of leaving the Exclusive Brethren. Auckland, Neuseeland (HarperCollins) 2023. 327 Seiten. ISBN 978-1-77554201-8.

Der Strom der Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbiografien reißt nicht ab. Der Verfasser dieses Buches wurde 2009 im Alter von 19 Jahren exkommuniziert, nachdem er sich als homosexuell geoutet hatte.


hummelDaniel G. Hummel: The Rise and Fall of Dispensationalism. How the Evangelical Battle over the End Times Shaped a Nation. Grand Rapids, MI (Eerdmans) 2023. xvii, 382 Seiten. ISBN 978-0-8028-7922-6.

Eine weitere Geschichte des Dispensationalismus und seines Einflusses auf die amerikanische Kultur. Das erste Kapitel ist noch den Anfängen der Brüderbewegung in Irland und Großbritannien gewidmet, aber dann verschiebt sich der Schwerpunkt auf die Neue Welt und auf andere christliche Kreise, denn der Siegeszug des Dispensationalismus in Amerika fand (zu Darbys Leidwesen) bekanntlich außerhalb der Brüderbewegung statt – vermittelt aber vor allem durch deren reichhaltige Literatur.

Im Gegensatz zum oben vorgestellten Buch von Akenson zeichnet Daniel G. Hummel die Geschichte bis in die Gegenwart nach. Den im Titel angesprochenen „Fall“ sieht er mit dem „Pop-Dispensationalismus“ von Hal Lindsey und anderen ab den 1970er Jahren beginnen; dadurch sei auch der akademische Dispensationalismus in Misskredit geraten. Das Aufkommen des New Calvinism und die Hinwendung vieler Dispensationalisten entweder zu diesem oder zum Progressive Dispensationalism hätten dann in den 1990er Jahren zum endgültigen Zusammenbruch des traditionellen Dispensationalismus geführt; heute lebe er nur noch in seiner „Pop“-Form und akademisch in einigen Nischen fort.

Bei der Fülle der vom Autor verarbeiteten Details kann es nicht ausbleiben, dass sich einzelne Fehler eingeschlichen haben (worauf auch bereits von reformierter Seite hingewiesen wurde). Aus „Brüder“-Sicht möchte ich hier nur anmerken, dass Francis Emory Fitch, Alwyn Ball Jr. und John T. Pirie (Finanziers der Scofield-Bibel), Andrew Gray (vom Verlag Pickering & Inglis) sowie George H. Pember und Arno C. Gaebelein keine „Exclusive Brethren“ waren, wie Hummel behauptet.


Graeme Johanson: Searching For Elsewhere. Port Adelaide, Australien (Ginninderra Press) 2023. 304 Seiten. ISBN 978-1-76109-559-7.

Jugenderinnerungen eines 1946 geborenen Professors für Informationstechnik, der in einer Familie der Raven-Taylor-Brüder in Melbourne (Australien) aufwuchs. 1962 ausgeschlossen, gehörten sie zunächst einer „Outs“-Gruppe an, von der sich der Autor aber 1968 ebenfalls abwandte (wie vom christlichen Glauben überhaupt).


Varghese Mathai: Mahakavi K. V. Simon. The Milton of the East. New York u.a. (Bloomsbury Academic) 2023*. xxiv, 249 Seiten. ISBN 978-1-5013-8849-1.

Kunnampurathu Varghese Simon (1883–1944) war ein indischer Dichter und Lehrer, der 1918 eine freikirchliche Bewegung namens Viyojitha gründete, die sich 1929 mit den Offenen Brüdern zusammenschloss. Mahakavi („großer Dichter“) ist ein ihm verliehener Ehrentitel.

* In der auf Amazon zugänglichen Leseprobe steht 2024 als Erscheinungsjahr; tatsächlich muss das Buch aber bereits im Oktober 2023 herausgekommen sein.


David J(ohn) Murray: West Cumbria Brethren. The early years of five churches of the Christian Brethren movement in 19th century Cumberland. Brethren of the North 2. Workington (Selbstverlag/Amazon) 2023. 142 Seiten. ISBN 979-885017822-2.

Nach seinem 2022 erschienenen Band mit Lebensbildern von neun Missionaren aus Cumbria beschreibt Murray nun die Anfänge von fünf Offenen Brüdergemeinden in dieser Grafschaft (Keswick, Whitehaven, Workington, Cockermouth und Frizington).


Arthur T[appan] Pierson: Georg Müller. Niemals enttäuscht. Bielefeld (CLV) 2023. 286 Seiten. ISBN 978-3-86699-676-2.

Überarbeitete Fassung der klassischen Biografie Georg Müllers. Zuerst erschienen unter dem Titel Georg Müller von Bristol, Dinglingen (Verlag der St. Johannis-Druckerei) 1906,211996; teilweise auch in anderen Verlagen (Ott, Gotha; Spener, Marburg); der Titel Niemals enttäuscht spätestens ab der Ausgabe Gotha (Ott) 61930.


Margaret Skea: Angola in my Heart. The Story of Ruth Hadley. Bath (Echoes International) 2023. 145 Seiten. ISBN 978-1-9169058-3-2.

Biografie von Ruth Joy Hadley (1956–2017), die von 1982 bis 2016 als Missionarin der Offenen Brüder in Angola tätig war.


bmww2023Neil Summerton (Hrsg.): The Brethren Movement Worldwide. Key Information 2023. 6th Edition. Darvel, UK (OPAL Trust) 2023. xxviii, 435 Seiten. ISBN 978-1-907098-53-6.

Die 6., aktualisierte Auflage dieses internationalen Nachschlagewerks ist derzeit nur online verfügbar, soll aber 2024 auch im Druck erscheinen. Der Abschnitt über Deutschland wurde grundlegend überarbeitet und deckt jetzt auch die „blockfreien“ Gemeinden wieder ab (vgl. meine Kritik an der 5. Auflage von 2019). Verdienstvoll ist der 21-seitige Gesamtüberblick über die weltweite Geschichte der (Offenen) Brüderbewegung am Ende des Bandes.


Michael P. Veit: Pilger in einer fremden Welt. John Nelson Darbys Kommentare zu Jakobus, Petrus und Judas. Übersetzt und kommentiert von Michael P. Veit. Hamburg (disserta) 2023. 232 Seiten. ISBN 978-3-95935-608-4.

Auf den 2022 erschienenen Band über den Kolosserbrief folgt nun eine Zusammenstellung von (größtenteils erstmals übersetzten) Kommentaren Darbys zu den Briefen von Jakobus, Petrus und Judas. Nach Auskunft des Autors wird man dabei „teils erschreckende Parallelen zu den kirchlichen und religiösen Fehlentwicklungen unserer Zeit entdecken“.


Andrew W. Wilson: Assembly Autopsy. Why Brethren Churches are Dying and How to Revive Them. North Lakes, Australien (Believers Publications) 2023. 220 Seiten. ISBN 978-0-9943977-8-2.

Der aus Australien stammende Autor ist seit 1994 vollzeitlich im Dienst der Offenen Brüdergemeinden in England und Amerika tätig.


David Wilson: The Electrician’s Children. How an Irish family took Jesus’ conspiracy of hope across the globe. Dublin (Agapé Ireland) 2023. 322 Seiten. ISBN 978-0-9565814-3-3.

Erinnerungen einer irischen Missionarsfamilie der Offenen Brüder, die über drei Generationen auf fünf Kontinenten tätig war.


Pennie Wood: A Feather in the Fog. One Woman’s Escape from the Exclusive Brethren. Ohne Ort (Knotted Road Press / Amazon) 2023. 238 Seiten. ISBN 979-886569011-5.

Ein weiteres Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbuch. In diesem Fall allerdings keine Autobiografie, sondern die von fremder Hand verfasste Lebensgeschichte einer 1979 geborenen, anonym (bzw. pseudonym) bleibenden Amerikanerin.


Klaus-Dieter Zunke (Hrsg.): Gemeinsam unterwegs als Soldat und Christ. 125 Jahre (1898–2023) – Vom „Bund gläubiger Offiziere“ zur „Cornelius-Vereinigung e.V. (CoV) – Christen in der Bundeswehr“.  Leipzig (Evangelische Verlagsanstalt) 2023. 228 Seiten. ISBN 978-3-374-07358-0.

Der Sammelband enthält zwei Aufsätze mit Bezug zur Brüderbewegung:

  • Klaus-Dieter Zunke: „Der Gründer – Georg von Viebahn (S. 43–46)
  • Hartmut Wahl: „Einblicke in den ‚Bund gläubiger Offiziere‘ (S. 49–56)

AUFSÄTZE


bhr2018Ausgabe 18 (2022) der Brethren Historical Review erschien erst Ende Februar 2023 und wird daher auch erst in dieser Bibliografie berücksichtigt. Sie enthält (neben etlichen Rezensionen) folgende Beiträge:

  • Crawford Gribben: „Dating Darby’s Addresses to his Roman Catholic Brethren (S. 1–14)
  • Douglas Wertheimer: „The Truth About 1843, and Why It’s Important: Gosse, Brethren, Jamaica, and the Scorpion (S. 15–63)
  • Timothy C. F. Stunt: „New Source Materials for the Open Brethren in the 1850s (S. 64–74)
  • Sam McKinstry / Neil Dickson: „Elusive Exclusive? John Murray Robertson (1844–1901), Architect, Dundee (S. 75–122)
  • Sam K. John: „A Quest for Radical Reformation: The Emergence of the Kerala Brethren at the Dawn of the Twentieth Century (S. 123–157)
  • Tim Grass: „The Historiography of Harold Rowdon (S. 158–164)
  • Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 165–169)
  • Ian Randall: „Harold Hamlyn Rowdon (1926–2021) (S. 216–228)

Die aktuelle Ausgabe 19 (2023) der Brethren Historical Review ist ebenfalls wieder bis Jahresende nicht erschienen und kann daher erst in der nächsten Bibliografie berücksichtigt werden.


Howard A. Barnes: „Donald Ross (1823–1903)“. In: Precious Seed 78 (2023), Heft 4, S. 8 (auch online).

Donald Ross, dessen Geburtstag sich am 11. Februar zum 200. Mal jährte, wirkte ab 1858 als Evangelist in Schottland, schloss sich 1871 den Offenen Brüdern an und wanderte 1876 nach Nordamerika aus, wo er zahlreiche Gemeinden gründete.


Wolfgang Bühne: „Ungewöhnliche Bekehrungen. Was Gott aus einem Taugenichts und Schurken machen kann!“ In: fest und treu 182 (2/2023), S. 8f.

Über die Bekehrung von Georg Müller (1805–1898). Das ganze Heft ist auch online verfügbar.


Bert Cargill: „Frederick W. Baedeker 1823–1906“. In: Precious Seed 78 (2023), Heft 1, S. 10f. (auch online).

Der Geburtstag des aus Deutschland stammenden, in England zum Glauben gekommenen Russlandmissionars Friedrich Wilhelm Baedeker jährte sich am 3. August ebenfalls zum 200. Mal (vgl. meinen Blogeintrag).


Mariana Espinosa: „Matrimonio y mujeres en el movimiento misionero Christian Brethren (Argentina, 1882–1960)“. In: Redes, empresas e iniciativas misioneras en América del Sur. Siglos XIX y XX. Hrsg. von Eric Morales Schmuker und Rocío Guadalupe Sánchez. Santa Rosa, Argentinien (Eric Morales Schmuker) 2023. S. 163–185 (auch online).

Soziologisch-anthropologische Untersuchung über Ehe und Frauen bei den Offenen Brüdern in Argentinien.


Lisa Heinz-Dönges: „Groß durch die Liebe. Zum 100. Todestag von Emil Dönges“. In: Zeit & Schrift 26 (2023), Heft 6, S. 16–25 (auch online).

Das wohl umfangreichste Lebensbild von Emil Dönges, verfasst von seiner Tochter Lisa und erschienen zu seinem 100. Geburtstag im Botschafter des Friedens 63 (1953), S. 29–36, wurde hier in leicht überarbeiteter Form wiederveröffentlicht und mit 38 historischen Anmerkungen versehen. Zu Dönges vgl. auch meinen Blogeintrag vom 7. Dezember.


Stephan Holthaus: „Weitblick des Glaubens. Friedrich Wilhelm Baedeker – der Evangelist Russlands“. In: Zeit & Schrift 26 (2023), Heft 5, S. 24–29 (auch online).

Die heute maßgebende biografische Studie über Friedrich Wilhelm Baedeker erschien 2006 auf Deutsch in dem gleichnamigen Büchlein von Stephan Holthaus und Ulrich Bister und 2013 auf Englisch in dem Wiedenester BAHN-Tagungsband Witness in Many Lands. Der hier wiederveröffentlichte, zuerst zum 100. Todestag in der Perspektive 6 (2006), Heft 12, S. 22–25 publizierte Artikel ist eine Kurzfassung davon.


Anand Jonathan Kanchan: „A Role of Printing Press towards Developing of Brethren Movement in Karnataka“. In: Research Methods in Multidisciplinary Subjects. Vol. 1. Hrsg. von Mohd. Shaikhul Ashraf, Sandhya Sharma, Rajalakshmi R, Chetna Gupta, Ankita Chaudhary und Anu Verma. Lunawada, Indien (red’shine Publication) 2023. S. 175–184.

Über die Rolle von gedruckten Publikationen bei der Entwicklung der Brüderbewegung im südindischen Bundesstaat Karnataka. Wie der Titel bereits zeigt, ist der Aufsatz in erstaunlich fehlerhaftem Englisch verfasst, insbesondere was den Artikelgebrauch angeht (“In the history of India printing press played important role”). Der gesamte Band ist auch online verfügbar.


Andreas Liese: „Auf dass sie alle eins seien. Freikirchliche Vereinigungsbemühungen 1937 bis 1941“. In: Entgrenzungen. Festschrift zum 60. Geburtstag von Andrea Strübind. Hrsg. von Sabine Hübner und Kim Strübind. Berlin (Duncker & Humblot) 2023. S. 151–191.

Bereits kurz vor dem Verbot von 1937 gab es Bestrebungen, Baptisten, Freie evangelische Gemeinden, Offene und Geschlossene Brüder zu einem Bund zusammenzuschließen; später wurden auch noch die Bischöfliche Methodistenkirche und die (ebenfalls methodistische) Evangelische Gemeinschaft ins Auge gefasst. Der Aufsatz stellt die Verhandlungen dieser Gruppen bis 1941 im Einzelnen dar und zeigt, warum der Zusammenschluss letztlich nicht über Baptisten und BfC hinausging.


Armin Lindenfelser: „Die Entwicklung der Brüdergemeinden im badischen Land“. In: Zeit & Schrift 26 (2023), Heft 3, S. 20–27 (auch online); Heft 4, S. 26–33 (auch online).

Baden gilt gemeinhin nicht als besonderes Zentrum der Brüderbewegung. Mithilfe von Adressverzeichnissen, mündlichen und schriftlichen Erinnerungen gelingt es dem Autor dennoch, wesentliche Züge der badischen Brüdergeschichte („geschlossen“ wie „offen“) zu rekonstruieren.


Ronaldo Magpayo: „The Lord’s Supper in a Filipino Perspective“. In: Logoi Pistoi / Faithful Words 6 (2023), S. 70–79.

Über die Bedeutung des Brotbrechens „aus der Perspektive der philippinischen indigenen Werte“, insbesondere für Brüdergemeinden. Der ganze Band ist auch online verfügbar.


David Maxwell: „Not Peace but a Sword: Missionaries, Humanitarianism, and Slavery in Late Nineteenth-Century Central Africa“. In: Pacifying Missions. Christianity, Violence, and Empire in the Nineteenth Century. Studies in Christian Mission 58. Hrsg. von Geoffrey Troughton. Leiden/Boston (Brill) 2023. S. 107–129.

Der Autor vergleicht die Reaktionen von Missionaren der katholischen Weißen Väter und der Offenen Brüder (Frederick Stanley Arnot, Dan Crawford) auf die sozialen Bedingungen im Zentralafrika des späten 19. Jahrhunderts.


Ian Randall: „Harold Hamlyn Rowdon (1926–2021)“. In: Partnership Perspectives 75 (Autumn 2022 / Winter 2023), S. 5–14 (auch online).

Nachruf auf den am 3. Oktober 2021 verstorbenen Dozenten für Kirchengeschichte am London Bible College und Autor des bahnbrechenden Werkes The Origins of the Brethren 1825–1850 (1967). Der Artikel erschien auch in Ausgabe 18 (2022) der Brethren Historical Review (s.o.).


Max Weremchuk: „John Nelson Darby (1800–1882)“. In: Discovering Dispensationalism. Tracing the Development of Dispensational Thought from the First to the Twenty-First Century. Hrsg. von Cory M. Marsh und James I. Fazio. El Cajon, CA (Southern California Seminary Press) 2023. S. 205–246 (auch online).

In dem Sammelband wird die Geschichte dispensationalen Denkens vom 1. bis zum 21. Jahrhundert (wohlwollend) nachgezeichnet. Das umfangreiche Kapitel von Max Weremchuk untersucht John Nelson Darbys Rolle in dieser Entwicklung.


HOCHSCHULSCHRIFTEN


Kate Brooks: ‘She appears a promising child’: The Role of the C19th Orphanage in Categorising Young Care Leavers in Terms of Productive Labour. A Critical Case Study of Muller’s New Orphan Homes’ Dismissal Books 1830s–1890s. PhD Thesis, Bath Spa University, Bath 2023. 260 Seiten (auch online).

Wenn die Kinder in Georg Müllers Waisenhäusern das Erwachsenenalter erreichten, wurden sie in die Arbeitswelt entlassen und mit Empfehlungen für ihre beruflichen Einsatzmöglichkeiten versehen. Die Autorin untersucht die Entlassungsbücher mithilfe der (marxistischen) „Kritischen Diskursanalyse“ und kommt zu dem Schluss, dass die Waisenhäuser „trotz ihrer evangelikalen Rhetorik nach den Grundsätzen der kapitalistischen Effizienz arbeiteten“. Durch Brooks’ Dissertation werde Müller „zum ersten Mal in den komplexen sozialen, ökonomischen und kulturellen Kontexten Großbritanniens im 19. Jahrhundert verortet“, und es werde „die Vermischung von guten Absichten und engstirnigen Vorurteilen, die solchen Werken zugrunde lag, diskursiv erfasst“.


Darin Duane Lenz: Henry Craik (1805–66), from St. Andrews to Bristol: An Irenic Scotsman and the Call for a Second Reformation. MTh Thesis, University of Glasgow / Edinburgh Theological Seminary 2022/23. 115 Seiten (auch online).

Nachdem Lenz 2010 bereits eine umfangreiche Dissertation über Georg Müller vorgelegt hatte – wahrscheinlich die erste über Müller überhaupt –, folgt nun die wohl erste akademische Arbeit über Müllers Kollegen Henry Craik. (Warum der Autor es allerdings nötig hatte, über zehn Jahre nach seiner Promotion noch eine Masterarbeit zu schreiben, und warum er die Dissertation in der Masterarbeit trotz des verwandten Themas kein einziges Mal erwähnt, entzieht sich meiner Kenntnis.)


Vilhelm Edvard i Lida: Brødremenigheden på Færøyene sommeren 2022. Observasjoner av forhold medlemmer var opptatt av. MA Thesis, Universität Bergen 2023. 99 Seiten (auch online).

Eine Untersuchung in norwegischer Sprache über die Haltung färöischer Brüdergemeindler zu sozialen Fragen wie Geschlechterrollen, Kleidung, Sprache, Alkoholkonsum, Teilnahme am Nationalfeiertag Ólavsøka und Identität.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2022

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen.

In vier frühere Bibliografien habe ich inzwischen noch Nachträge aufgenommen:

  • 2021: Bücher von Fay, Martin, Skemmuni und Tonkin
  • 2020: Aufsatz von Fazio
  • 2018: Aufsätze von Răduţ, Shaw und Walter
  • 2017: Aufsätze von Baker und Răduţ

BÜCHER


Sinésio Barreto: McNair: uma vida. Petrópolis (Selbstverlag) 2022. 158 Seiten. ISBN 978-65-00-42949-7.

Biografie des englischen Brasilien-Missionars Stuart Edmund McNair (1867–1959). Zunächst „geschlossen“, wandte er sich später „offenen“ Kreisen zu (ähnlich wie Harold St John, mit dem er zusammenarbeitete). In portugiesischer Sprache.


John A. H. Dempster: Choosing Joy. A memoir of spiritual trauma survived. Market Harborough (Matador) 2022. xvi, 406 Seiten. ISBN 978-1-80313-224-2.

Autobiografie eines 1952 geborenen Schotten, dessen Familie während seiner ersten knapp zehn Lebensjahre den Offenen Brüdern angehörte und der heute Episkopaler ist. Begleitend zum Buch erstellte er eine Website.

Dempster veröffentlichte 1986 auch einen Aufsatz über die Verlage der schottischen Offenen Brüder: „Aspects of Brethren publishing enterprise in late nineteenth century Scotland“, in: Publishing History 20 (1986), S. 61–101 (Vorschau).


Gilles Despins: The Darby Bible and Its History. Its purpose, principles of translation and progress. London (Chapter Two) 2022. 150 Seiten. ISBN 978-1-85307-271-0.

Englische Ausgabe des vor drei Jahren auf Französisch erschienenen Buches (vgl. meine Bemerkungen in der Bibliografie 2019).


Footsteps Worth Following. 150 years of mission – 150 photographs – 150 stories. Bath (Echoes International) 2022. x, 308 Seiten. ISBN 978-1-9169058-1-8.

Jubiläumsband zum 150-jährigen Bestehen der wichtigsten britischen Missionsgesellschaft der Offenen Brüder, Echoes International.


Paul Geyser: Die ihr Leben nicht schonten. Wie Gott Johannes & Susanna Meyer auf erstaunliche Weise in der Mission führte. Steffisburg (Edition Nehemia) 2022. 182 Seiten. ISBN 978-3-906289-47-2.

Romanhafte Biografie des Schweizers Johannes Meyer (1814–1847), der ab 1840 als Missionar der „Brüder“ in Britisch-Guayana wirkte.

Zuvor erschienen als: Mit eisernem Willen. Eine Erzählung aus dem Leben des Indianermissionars Joh. Meyer. Stuttgart/Basel (Evangelischer Missionsverlag / Basler Missionsbuchhandlung) 1905, ²1923, ³1927. – Die ihr Leben nicht schonten. Die ungewöhnlichen Entscheidungen eines jungen Ehepaares, das alle Sicherheiten hinter sich läßt und ans Ende der Welt geht. Wuppertal (R. Brockhaus) 1981. – Für die Neuausgabe sprachlich überarbeitet und inhaltlich korrigiert.


David W[alter] Gill: What Are You Doing About It? The Memoir of a Marginal Activist. Eugene, OR (Resource Publications / Wipf & Stock) 2022. xix, 434 Seiten. ISBN 978-1-6667-5046-1.

Autobiografie eines 1946 geborenen Ethikprofessors, der unter den Tunbridge-Wells-Brüdern in Oakland (Kalifornien) aufwuchs. Mit 25 Jahren wurde er ausgeschlossen, weil er Artikel in einer Zeitschrift der linksevangelikalen Christian World Liberation Front veröffentlicht hatte. In den folgenden vier Jahren hielt er sich zu den Offenen Brüdern, bevor er der Evangelical Covenant Church beitrat. Die Zeit bei den Tunbridge-Wells-Brüdern wird in Kapitel 8 ausführlich beschrieben.


Bert Koene: Hoe strenge protestanten de homeopathie kaapten. Het bewind van de familie Voorhoeve, 1886–1951. Zutphen (Walburg Pers) 2022. 288 Seiten. ISBN 978-94-624-9933-1.

Dem Autor zufolge wurde die niederländische Homöopathie von 1886 bis 1951 von der Familie Voorhoeve und anderen „strengen Protestanten“ (insbesondere „Brüdern“) beherrscht. Nicolaas Anthony Johannes Voorhoeve (1854–1922), der jüngste Bruder von Hermanus Cornelis Voorhoeve (1837–1901) und Gründer der Vereniging tot bevordering der Homoeopathie in Nederland (1886), habe die Homöopathie zu einer „christlich gefärbten Heilkunde“ machen wollen und zu diesem Zweck viele Glaubensbrüder in den Vorständen von Krankenhäusern und Vereinigungen untergebracht. Erst mit dem Tod seines Sohnes Jacob Nicolaas (1882–1951) sei die „religiöse Färbung“ der niederländischen Homöopathie verschwunden. – Das Buch enthält auch über das Thema Homöopathie hinaus viel Interessantes über die Familie Voorhoeve.


Elizabeth Laird: The Misunderstandings of Charity Brown. London (Macmillan) 2022. 352 Seiten. ISBN 978-1-5290-7563-2.

Teilweise autobiografisches Jugendbuch über ein Mädchen, das in den 1950er Jahren unter den Offenen Brüdern in London aufwächst.


David J(ohn) Murray: They went from Cumbria. Heralds of the Cross around the globe from churches of the Christian Brethren Movement in 19th & 20th century Cumbria. Workington (Selbstverlag) 2022. vii, 122 Seiten. ISBN 979-835496154-2.

Neun Lebensbilder von Missionaren der Offenen Brüder aus der Grafschaft Cumbria.


Felix vom Stein: Die Geschwister aus der Heidenstraße. 115 Jahre. Hückeswagen (Selbstverlag) 2022. 127 Seiten.

Opulent bebilderte Geschichte der Geschlossenen Brüder in Hückeswagen.


Neil Summerton: ‘I thanked the Lord, and asked for more’. George Müller’s Life and Work. Foreword by David Bebbington. Studies in Brethren History, Subsidia. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2022. xix, 359 Seiten. ISBN 978-1-7391283-0-2.

Die erste in Buchform erschienene wissenschaftliche Studie über Georg Müller. Nach einem knappen Überblick über sein Leben (S. 11–28) werden einzelne Themenbereiche vertieft, z.B. seine Theologie (S. 31–60), seine gemeindliche Identität (S. 63–85), seine Predigttätigkeit (S. 143–182) und seine Waisenhausarbeit (S. 257–311).


Bettina Tietjen: Früher war ich auch mal jung. Eine Zeitreise durch meine Tagebücher. München (Piper) 2022. 304 Seiten. ISBN 978-3-492-07116-1.

Die 1960 geborene Fernsehmoderatorin Bettina Tietjen geb. Schniewind wuchs ab ihrem 4. Lebensjahr unter den Geschlossenen Brüdern in Elberfeld (Hochstraße 47) auf und thematisiert dies auch ausführlich in ihrem Buch, insbesondere in Kapitel 3. Das christliche Medienmagazin PRO berichtete 2023 wiederholt über ihre Erfahrungen (11. Mai, 30. August, Printausgabe 4/2023).


Michael P. Veit: Unterwegs nach Schonda. John Nelson Darbys Auslegungen des Kolosserbriefes, übersetzt und kommentiert von Michael Veit. Hamburg (disserta) 2022. 220 Seiten. ISBN 978-3-95935-584-1.

Der Autor ist der Auffassung, „dass in Darbys Kolosser-Kommentaren im Grunde nahezu der gesamte Reichtum seiner Theologie ausgebreitet ist“. Da diese Kommentare – abgesehen von der Synopsis – bisher nicht auf Deutsch vorlagen, werden sie hier in kommentierter Übersetzung zugänglich gemacht.


wahlrohrHartmut Wahl: Kein bedingungsloser Gehorsam. Karl von Rohr-Levetzow – ausgelöscht und vergessen. Unterstützt von Rafold von Rohr. Muldenhammer (Jota) 2022. 337 Seiten. ISBN 978-3-949069-01-7.

Hartmut Wahl veröffentlichte bereits 2018 in der Perspektive erste Erkenntnisse über den Offenen Bruder Karl von Rohr-Levetzow (1878–1945), der bis 1939 BfC-Reisebruder war und im April 1945 unter ungeklärten Umständen von der SS ermordet wurde – möglicherweise wegen seiner Kontakte zum Widerstand (Henning von Tresckow war sein Neffe). In diesem Buch sind die Resultate umfassender weiterer Recherchen niedergelegt.

Eine Rezension von Hartmut Kretzer erschien in Zeit & Schrift 2/2022, S. 32–34.


AUFSÄTZE


Philip Church: „Separation from the (Evil) World: 2 Timothy 2.19–21 and the Plymouth Brethren Christian Church“. In: The Bible Translator 73 (2022), S. 252–267.

Exegetische und philologische Untersuchung zu Darbys englischer Übersetzung von 2Tim 2,19–21, einer der Kernstellen der „exklusiven“ Absonderungslehre. Während die alte Elberfelder Bibel den Satz „Wenn nun jemand sich von diesen reinigt“ (V. 21) lediglich in einer Fußnote durch den Hinweis erläuterte: „Eig. sich von diesen wegreinigt, d.h. sich reinigt, indem er sich von ihnen absondert“, nahm Darby diese Erläuterung in seiner englischen Ausgabe ohne jede Kennzeichnung in den Text selbst auf (“If therefore one shall have purified himself from these, in separating himself from them”).

Der Verfasser des Artikels stammt aus einer Familie in Auckland (Neuseeland), die sich 1956 von den Raven-Taylor-Brüdern trennte und sich 1960 den Cowell-Brüdern anschloss. Zusammenfassung auch online.


Jean DeBernardi: „Pietism, the Brethren Movement, and the Globalization of Evangelical Christian Practice“. In: Journal of Early Modern History 26 (2022), S. 124–145.

Über den Einfluss des Pietismus auf die Missionsarbeit der Offenen Brüder. Zusammenfassung auch online.


Neil Dickson: „The Brethren in Scotland: A Historical Overview during the Long Twentieth-Century“. In: Religions 13 (2022), Ausgabe 6, Artikel 504. 18 Seiten (online).

Der Autor berücksichtigt Offene und Geschlossene Brüder in Schottland und geht auf geographische und soziale Verteilung, Spaltungen, Verhältnis zu Kultur und Gesellschaft sowie zahlenmäßige Stärke ein.


Bernard Doherty / Laura Dyason: „Revision or re-branding? The Plymouth Brethren Christian Church in Australia under Bruce D. Hales 2002–2016“. In: Radical Transformations in Minority Religions. Hrsg. von Beth Singler und Eileen Barker. Routledge Inform Series on Minority Religions and Spiritual Movements. Abingdon / New York (Routledge) 2022. S. 152–171.

Über Veränderungen der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder seit der Leitungsübernahme durch Bruce D. Hales 2002. Schwerpunkte sind „The Review“ (Überprüfung von Ausschlüssen vorangegangener Jahrzehnte und Versuch, die Ausgeschlossenen zurückzugewinnen, ca. 2003), Politik, Bildung, Technik und Wohltätigkeit.

Die Beschriebenen erhalten im selben Band Gelegenheit zu einer Stellungnahme:

PBCC: „Appendix to revision or re-branding? The Plymouth Brethren Christian Church 2002–2016“. Ebd., S. 172–174.

Die Hales-Brüder bestreiten, dass sie ihren Kurs geändert hätten, um sich den herrschenden Bedingungen anzupassen; vielmehr seien sie „ihren Grundwerten treu geblieben, um einen Weg durch dieses Zeitalter zu finden und gleichzeitig einen Weg, allen Gutes zu tun (Galater 6,10)“.


weilderhimmelsingtAndreas Ebert: „Glaubenslieder 2015. Die Geschichte hinter dem Buch“. In: Weil der Himmel singt … Musik in der Gemeinde Gottes im 21. Jahrhundert. Hrsg. von Thomas Hammer, Kai Müller und Marco Vedder. Dillenburg (Christliche Verlagsgesellschaft) 2022. S. 311–318.

Entstehungsgeschichte des von den meisten Gemeinden der „offenen“ Brüdergruppen verwendeten Liederbuchs Glaubenslieder 2015 – einschließlich eines knappen Abrisses der Vorgeschichte seit den 1850er Jahren in Form von drei kommentierten Zeittafeln. An den Letzteren erlaube ich mir einige Detailkorrekturen vorzunehmen:

  • Die „erste Brüdergemeinde in Düsseldorf“ kann noch nicht 1847 entstanden sein, denn wie wir spätestens seit August Jungs Buch von 2002 (!) wissen, kam Julius Anton von Poseck erst 1848 zum Glauben.
  • 1850 als Erscheinungsjahr der Lieder für die Kinder Gottes (1. Auflage) ist sicher ebenfalls zu früh angesetzt. Da Wigram das Heft im Juli 1852 von Düsseldorf nach England mitnahm, muss es aber spätestens dann vorgelegen haben.
  • Die Ausgabe 1858 der Kleinen Sammlung geistlicher Lieder wurde von Carl Brockhaus als 1. Auflage gezählt, nicht als 2.; die Erstausgabe von 1853 könnte man daher als „0. Auflage“ bezeichnen.
  • Dass die Erweiterung der Kleinen Sammlung auf 300 Lieder schon 1978 fertig gewesen sei, aber bis 1990 „in der Schublade“ gelegen habe, erscheint mir zweifelhaft; laut einem Artikel in der Wegweisung 5/1990 war die Erweiterung „seit mehr als drei Jahren“ vorgesehen, aber nicht seit zwölf.
  • Dass die 300er-Ausgabe der Kleinen Sammlung (1990) ein „Ladenhüter“ geblieben sei, weil man bereits auf die Glaubenslieder (1993) gewartet habe, widerspricht der Darstellung in der Wegweisung 2/1994, wonach bei Erscheinen der 300er-Ausgabe „trotz Befragens“ noch keine Rede von einer Neuausgabe der Glaubenslieder gewesen sei.

Interessant finde ich die Einschätzung, dass der zweite Band der Glaubenslieder von 2005 „etwas unreif“ und „unfertig“ gewesen sei. Schwer nachvollziehbar wiederum folgende kategorische Aussage:

Und dann gibt es Lieder, die sind einfach nicht „löschbar“. Kann man ein Lied wie „Ein feste Burg ist unser Gott“ einfach weglassen? Nein. Ausgeschlossen.

„Ein feste Burg“ wurde erst 1959/61 bei der Erweiterung auf 250 Lieder überhaupt in die Kleine Sammlung aufgenommen, war also über ein Jahrhundert lang von den „Brüdern“ als durchaus entbehrlich angesehen worden. Dass das Lied heute – unabhängig von seiner tatsächlichen Nutzung – zu den „nicht weglassbaren“ gehören soll (offenbar wegen seines prominenten Dichters?), halte ich für äußerst befremdlich.

Im Abschnitt „Neue Lieder“ heißt es u.a.:

Denn keinesfalls sollte in den Liedern etwas ausgesagt werden, was im Widerspruch zur biblischen Wahrheit steht.

Diesem Satz dürfte in der Theorie wohl jeder zustimmen. Ob alle neuen Lieder in den Glaubensliedern 2015 diesem Anspruch jedoch auch in der Praxis genügen, wird bekanntlich durchaus kontrovers beurteilt.


Jacob Chengwei Feng: „Against the Tide: The Ecclesiology of the Local Churches Movement in the Colonial Context and Its Contribution to a Glocal Church“. In: Journal of the Evangelical Theological Society 65 (2022), S. 239–259 (auch online).

Der Aufsatz behandelt u.a. den Einfluss der „Brüder“ auf Watchman Nee (1903–1972) und seine Bewegung sowie seine kurzzeitige Verbindung mit ihnen.


Brian Gunning: „Homecall: Arnot McIntee“. In: Cornerstone 6 (2022), Heft 2, S. 13 (auch online).

Nachruf auf einen kanadischen Evangelisten, Hirten und Lehrer der Offenen Brüder (1924–2021), der lange Zeit im Radio predigte und zuletzt noch einen YouTube-Kanal unterhielt.


hilbertMatthias Hilbert: „Carl Brockhaus – Prägende Gestalt der deutschen Brüderbewegung“. In: ders.: Unvergessene Wuppertaler und oberbergische Glaubensboten. Zwölf Personenporträts. Dillenburg (Christliche Verlagsgesellschaft) 2022. S. 245–278.

Der Titel fasst den Inhalt des insgesamt verdienstvollen Aufsatzes treffend zusammen. Leider verwendet der Autor keine nach 1999 erschienene brüdergeschichtliche Literatur, sodass etliche längst überwunden geglaubte Irrtümer älterer Darstellungen hier wiederbelebt und durch (vermutlich) eigene noch vermehrt werden. Nachstehend eine Auswahl:

  • Carl Brockhaus sei in „Himmelwert“ geboren (tatsächlich Himmelmert)
  • Darbys Vater sei „Lord“ gewesen (dieser Titel war dem Hochadel vorbehalten, während die Darbys nur der Gentry angehörten)
  • Darby habe Theologie studiert (dafür gibt es keine Belege; die Ordination zum Geistlichen war auch mit einem anderen Studium möglich)
  • Benjamin Wills Newton sei der jüngere Bruder „des später so bekannten Kardinals John Henry Newton“ gewesen (eine Verwechslung mit Francis William Newman, dem Bruder von Kardinal John Henry Newman)
  • Darby habe die Versammlung in Plymouth (auch) wegen Newtons „Ansichten über die Person Jesu“ verlassen (Letztere kamen erst 1847 ans Licht, aber Darby trennte sich bereits 1845 wegen Newtons Position als De-facto-Gemeindeleiter)
  • das Alte Testament der Elberfelder Bibel sei fünf Jahre nach dem Neuen Testament entstanden (tatsächlich 15 Jahre)
  • die Kleine Sammlung geistlicher Lieder sei erstmals 1858 erschienen (tatsächlich 1853)
  • in der letzten Auflage zu Carl Brockhaus’ Lebzeiten (1898) habe die Kleine Sammlung 145 Lieder enthalten (tatsächlich 137)
  • die Geschlossenen Brüder seien 1937 „aufgrund ihrer Organisationslosigkeit“ verboten worden (tatsächlich unterstellte man ihnen aufgrund ihrer Absonderungslehre eine staatsfeindliche Haltung)

Eine Rezension (des gesamten Buches) von Hartmut Wahl erschien in Zeit & Schrift 6/2022, S. 32–34.


Matthias Hilbert: „Als Grafe, Köbner und Brockhaus ihr eigenes Süppchen kochten … und sich im Wuppertal unterschiedliche freikirchliche Gemeinden bildeten“. In: Perspektive 20 [recte 22] (2022), Heft 4, S. 37f.

Zwischen 1852 und 1854 entstanden im Wuppertal drei verschiedene freikirchliche Gemeinden: die Baptistengemeinde von Julius Köbner (1852), die Brüdergemeinde von Carl Brockhaus (1853) und die Freie evangelische Gemeinde von Hermann Heinrich Grafe (1854). Der Artikel beleuchtet kurz die Gründe für diese Diversität.


Matthias Hilbert: „Damals im Wuppertal. Als Grafe, Köbner und Brockhaus ihr eigenes Süppchen kochten“. In: Die Gemeinde [77] (2022), Heft 15/16, S. 28f.

Revidierte Version des vorgenannten Artikels. In den Abschnitt über Köbner und Grafe wurde die Position der baptistischen Kirchenhistorikerin Andrea Strübind eingearbeitet, der Abschnitt über Brockhaus wurde gekürzt.


Gerhard Jordy: „Carl Brockhaus – und was wir von ihm lernen können“. In: Zeit & Schrift 25 (2022), Heft 2, S. 20–25 (auch online).

Geringfügig überarbeiteter Nachdruck eines zuerst 1999 in der Wegweisung erschienenen Artikels.


Volker Kessler: „‘Women, forgive us’: A German case study“. In: HTS Teologiese Studies / Theological Studies 78 (2022), Nr. 2. 7 Seiten (online).

Über die Rolle der Frau in deutschen Brüdergemeinden. Der Autor berichtet u.a. von eigenen Erfahrungen in einer Freien und einer BEFG-Brüdergemeinde und plädiert für volle Gleichberechtigung der Geschlechter, auch in Lehre und Leitung.


Joachim Köhler: „Leben im Vertrauen. Das Vorbild von Georg Müller“. In: Perspektive 20 [recte 22] (2022), Heft 2, S. 32f.

Über Georg Müller (1805–1898) als Glaubensvorbild.


Andreas Liese: „Sich vom Bösen trennen – Absonderungslehren in der Brüderbewegung“. In: Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung 1525–2025. Themenjahr 22: gewagt! konsequent leben. Hrsg. vom Verein 500 Jahre Täuferbewegung 2025 e.V. Kassel (Oncken / Blessings 4 you) 2022. S. 70f.

Die Absonderungslehre der Geschlossenen Brüder wird kurz in ihrer Entwicklung skizziert, kirchengeschichtlich eingeordnet und theologisch reflektiert.


Andreas Liese: „Brüderbewegung in Deutschland“. In: Konfessionskunde. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, dem Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik und dem Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes. 2022 (online).

Überblicksartikel zur Brüderbewegung in einer neuen ökumenischen Online-Konfessionskunde. Behandelt werden gegenwärtige Situation, Geschichte, Glaubensinhalte, Gottesdienste, Ethik und Haltung zur Ökumene.


Armin Lindenfelser: „Hymnologische Aspekte der Entwicklung des Gesangbuchs der deutschen Brüderbewegung (Kleine Sammlung geistlicher Lieder)“. In: Zeit & Schrift 25 (2022), Heft 1, S. 22–33 (auch online).

Über Grundsätze, Geschichte, Quellen und Einflüsse der Gesangbücher Lieder für die Kinder Gottes (von Julius Anton von Poseck) und Kleine Sammlung geistlicher Lieder (von Carl Brockhaus).


Joseph Webster: „Anthropology-as-theology: Violent endings and the permanence of new beginnings“. In: American Anthropologist 124 (2022), S. 333–344 (auch online).

Anthropologische Untersuchung über den gewalttätigen Charakter von Endzeitvorstellungen der „Brüder“ und der Zeugen Jehovas.


Joseph Webster: „Whose Sins Do the Brethren Confess? The Problem of Sin as the Problem of Expiation“. In: Ethnos. Journal of Anthropology 87 (2022), S. 679–695.

Nach Ansicht des Autors bekennen die (Ex-Taylor-)„Brüder“ im schottischen Fischerdorf Gamrie in ihren Zusammenkünften nicht ihre eigenen Sünden, sondern die der „gefallenen Welt“. Dieses Phänomen wird aus anthropologischer Sicht untersucht. Zusammenfassung auch online.


Joseph Webster: „Nor shadow of turning: Anthropological reflections on theological critiques of doctrinal change“. In: TAJA. The Australian Journal of Anthropology 33 (2022), S. 360–382 (auch online).

Eine der im Rahmen dieser Fallstudie untersuchten Glaubensgemeinschaften sind erneut die (Ex-Taylor-)„Brüder” in Gamrie.


Ausgabe 18 (2022) der Brethren Historical Review ist leider bis Jahresende noch nicht erschienen und kann daher erst in der nächsten Bibliografie berücksichtigt werden.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

1. Todestag von August Jung

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August Jung

Heute vor einem Jahr verstarb der FeG-Pastor August Jung, dessen kirchengeschichtliche Forschungen auch für die Frühgeschichte der deutschen Brüderbewegung etliche neue Erkenntnisse brachten. Im Folgenden der Nachruf, den ich für die diesjährige Ausgabe der Brethren Historical Review geschrieben habe.


Obituary: August Jung (1927–2020)

Some of the most significant contributions to German Brethren historiography have been made by pastors of a ‘rival’ church movement: the Freie evangelische Gemeinden (‘Free Evangelical Churches’, FeG). Carl Brockhaus (1822–1899), the founding father of the German Brethren, and Hermann Heinrich Grafe (1818–1869), the founding father of the FeG, had both been leading members of an evangelistic association called Evangelischer Brüderverein before their new-found ecclesiastical convictions drove them in different directions. Interest in these common origins began earlier in the FeG than in the Brethren movement, so that pioneering studies on FeG history such as the article series Blätter aus vergangenen Tagen (‘Leaves from bygone days’, 1918/19) by Gustav Ischebeck (1863–1937) or the biography Hermann Heinrich Grafe und seine Zeit (‘Hermann Heinrich Grafe and his time’, 1933) by Walther Hermes (1877–1935) produced valuable insights into the beginnings of the German Brethren movement as well. Ischebeck even wrote a (critical) monograph on John Nelson Darby in 1929, which was translated into French in 1937.1 The most recent representative of this line of FeG pastors with a special interest in Brethren history was August Jung, who died in Iserlohn on 22 December 2020 at the age of 93.

Born in the village of Manderbach near Dillenburg on 8 November 1927, August Jung grew up in a family belonging to the Evangelische Gemeinschaft, a pietist group within the Protestant state church, but also maintaining good contacts with the local Brethren assembly (organised as Bund freikirchlicher Christen from 1937) and with preachers of the FeG.2 After war service and captivity (1939–45), Jung decided to become an FeG pastor himself. From 1947 to 1951 he attended their preachers’ seminary at Ewersbach; after that he served for 40 years as a pastor in various FeG congregations (1951–55 Frankfurt am Main, 1955–62 Hamm and environs, 1962–72 Wuppertal-Barmen, 1972–84 Iserlohn-Letmathe, 1984–90 Duisburg-Wanheimerort). On his retirement he moved to Iserlohn again. He had four children with his wife Heidi, née Weber, whom he had married in 1952.

Jung’s interest in church history began in the 1960s. As pastor of the oldest FeG (Wuppertal-Barmen, founded in 1854), he set up a church archive which was soon able to acquire key documents of FeG history, including Hermann Heinrich Grafe’s diaries and the founding minutes of the FeG federation of 1874. In 1983, Jung was one of the initiators of the FeG’s Historical Study Group, which launched the scholarly book series Geschichte und Theologie der Freien evangelischen Gemeinden (‘History and Theology of the FeG’) in 1988.

More intensive historical research had to wait until Jung’s retirement, however. Between 1968 and 1987 he had mainly written short articles for the FeG magazine Der Gärtner, but from 1995 to 2007 five eminent books appeared from his pen. Three of them deal with topics from FeG history and were published in the above-mentioned series,3 the other two are of considerable interest to Brethren historians as well.

Als die Väter noch Freunde waren (‘When the fathers were still friends’, 1999)4 is a ground-breaking study on the beginnings of free-church activities in the Bergisches Land, the region around Wuppertal, Remscheid, Solingen, Düsseldorf and Mülheim/Ruhr. The relevance of the book is more than regional, however: It was precisely this area that saw the emergence of no less than four different German free churches in the 1850s. In addition to the Brethren assemblies (Düsseldorf and environs, 1851) and the FeG (Elberfeld-Barmen, 1854), a Baptist congregation unaffiliated with the ‘official’ Baptists in Hamburg (Ehrener Mühle near Solingen, 1851) and even an early Sabbatarian congregation (Flachsberg near Solingen, 1856) were founded here. As far as the Brethren movement is concerned, Jung was able to correct several errors of his predecessors Ischebeck and Hermes; among other things, he postulated that it was not Heinrich Thorens (1817–1864) who acquainted Carl Brockhaus with Darby’s teachings, as had been assumed until then, but Julius Anton von Poseck (1816–1896). The most conclusive evidence for this hypothesis was only discovered after the book had been published,5 but this makes Jung’s historical instinct appear all the more remarkable.

The person of Julius Anton von Poseck fascinated Jung so much that he produced an entire monograph on him in 2002.6 Jung’s claim that German Brethren had deliberately suppressed the memory of Poseck because he had opposed Darby in the Ryde-Ramsgate controversy was perhaps somewhat exaggerated, and his joy of discovery sometimes led him to speculations, but his archival research brought to light much that was new, especially about the first half of Poseck’s life (his family background, his school and student days). Jung’s hypothesis that it took years for the ‘Düsseldorf’ assemblies founded by Poseck and the ‘Elberfeld’ assemblies founded by Brockhaus to establish full fellowship with each other seemed to rest on somewhat shaky foundations when the book appeared, but received unexpected support in 2019 with the publication of the correspondence between Darby and Wigram.7 An English-language summary of Jung’s Poseck research was presented at the first International Brethren History Conference in Gloucester in 2003 and printed in the 2006 volume The Growth of the Brethren Movement.8

A third important work by Jung on Brethren history is a paper he wrote in 2003 on the occasion of the 150th anniversary of the Brethren assembly at his birthplace of Manderbach.9 In this paper, he shed new light on the prehistory of the Brethren movement not only in Manderbach, but in the entire Dillenburg area. The first Brethren leaders in Dillenburg (Philipp Richter, Carl Richter and Philipp Thielmann) had been Baptists for a while, which might be the reason – according to Jung – why Brethren in this region are still popularly called ‘Baptists’, whereas ‘real’ Baptists have not been able to regain a foothold there down to the present day.

August Jung was sympathetic to the Brethren movement – at least to its ‘Open’ wing, which many of his relatives were and are part of. Like his predecessors Ischebeck and Hermes, he had more serious reservations about ‘Exclusivism’ or ‘Darbyism’. In an interview he gave in 2006, he complained about Darby’s ‘unfortunate doctrine of ruin and separation’:

It has wreaked more havoc than any other doctrine in modern church history: dogmatism, grief, sorrow, distress, hatred, anger, strife and factionalism. Talks cannot heal here. Healing can only come from the repentance of those who have inflicted wounds and still keep them open. But repentance cannot be demanded; it must be given by God.10

In 2008, Jung was awarded the first ‘Neviandt Prize’11 for his contribution to FeG historiography. In his laudatory speech, Professor Wolfgang E. Heinrichs from the University of Wuppertal praised him for ‘reading the sources very profoundly and discerningly, doing extremely precise research, refusing to simply copy what is already there, as so many do, but questioning it critically and checking the traditions against the sources’.12 Thanks to Jung’s research, said FeG press spokesman Arndt Schnepper, the history of the FeG had to be rewritten in some points13 – an assessment that can be applied to (German) Brethren history as well.

‘When you look back over all your research activity,’ Jung was asked in the interview quoted above, ‘what are the most important lessons that can be learned from it for today?’ Jung’s answer was carefully considered:

If it were really possible and each generation did not have to make its own mistakes: resolve doctrinal questions early enough, strip theologically disguised power games of their magic, examine doctrinal nuances for possible consequences, assign co-workers to strong personalities to integrate them in a brotherly way, don’t make secondary issues a reason for separation, don’t automatically take democratic decisions for directives of the Holy Spirit, and practise small steps towards each other.

Jung’s great wish was that his nostalgic book title ‘When the fathers were still friends’ would be practically transformed into the ‘even more important motto: That the grandchildren become friends again’.14


150. Geburtstag von Christian Schatz

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Christian Schatz (1869–1947)

Von den meisten Pionieren der deutschen Offenen Brüder liegen bislang keine umfangreicheren Lebensbilder vor; auch Christian Schatz bildet da keine Ausnahme. Anlässlich seines heutigen 150. Geburtstages möchte ich hier wenigstens drei kurze Skizzen veröffentlichen, die sonst noch nicht online zugänglich sind.

Ich beginne mit einem Blatt aus einer als Typoskript überlieferten Chronik der Familien Brackelsberg/Braselmann aus Ennepetal-Milspe:1

In Urach im schönen Württemberg ist Christian Schatz am 6. Oktober 1869 geboren. Er heiratete Anna Osthoff, die ihm aber keine Kinder schenkte.

Christian war Lehrer an einer Mittelschule, trat aber mit etwa 22 Jahren aus der Kirche aus, um einer von Darby gegründeten freikirchlichen Gemeinschaft angehören zu können. Deshalb musste er auch seinen Beruf aufgeben, und so kam er nach Wuppertal-Barmen zu einem Orgelbauer. Später war er Hauslehrer bei Julius und Daniel Brackelsberg und Carl Osthoff, dessen Tochter er ehelichte. Nachdem er zwei Jahre als Soldat in Metz gedient hatte, heiratete er 1893.2

Später war Christian Hausverwalter der Familie Menzel in Düsseldorf, dann Kaufmann in einer Giesserei in Altenvoerde. Nach dem Konkurs dieser Fabrik wurde er Metallwarenvertreter in Bad Homburg.

Christian Schatz war ein sehr ernster Christ, dabei auch in der biblischen Auslegung sehr bewandert. Das zeigt auch, dass er Mitbegründer der „Offenen Brüder“ geworden ist. Nebenbei schriftstellerte er auch.

Am 1. Januar 1947 hauchte Schatz sein vielbewegtes Leben aus. Er starb an Altersschwäche aufgrund der schlechten Ernährungslage in damaliger Zeit. Sein Sterbeort ist Bad Homburg.

Interessant ist hier u.a. die Information, dass Schatz erst mit ca. 22 Jahren zu den „Brüdern“ kam, also etwa 1891/92. Um diese Zeit fanden auf dem europäischen Kontinent gerade die Auseinandersetzungen über die Lehren F. E. Ravens statt. Möglicherweise gehörte Schatz also nie den „Elberfelder Brüdern“ an, sondern trat gleich den Raven-Brüdern bei, deren Zeitschrift Worte der Gnade und Wahrheit er von 1897 bis 1900 in Altenvoerde herausgab (nachdem sich der erste Herausgeber, Max Springer, den Offenen Brüdern zugewandt hatte).

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Ausflug auf die Saalburg anlässlich der Bad Homburger Osterkonferenz 1927; Christian Schatz in der hinteren Reihe rechts

Die zweite Skizze stammt aus der Festschrift zum 60-jährigen Bestehen der Offenen Brüdergemeinde Bad Homburg, die in Schatz’ Todesjahr 1947 erschien. Auf deren Seite 12 heißt es zunächst knapp:

Vom Jahre 1917 an nahm Bruder Schatz, der inzwischen nach Homburg übergesiedelt war, regen Anteil an dem Dienst in der Gemeinde.3

Sechs Seiten weiter wird ausführlicher berichtet:

Am 1. 1. 47 ging Bruder Schatz im Alter von 77 Jahren nach längerer Krankheit heim. Drei Tage vor seinem Tode sang ihm der Gemischte Chor einige Lieder zur Ermunterung, die ihn auch sichtlich erfreuten. Ein arbeitsreiches Leben fand damit seinen Abschluß. Bruder Schatz war durch seine umfassende Schriftkenntnis und seine eiserne Energie über den Rahmen der örtlichen Gemeinde hinaus bekannt und bemühte sich unablässig für das Werk des Herrn, besonders auch für die Brüder in der Mission. Obwohl er selbst kinderlos war, so hatte er doch stets ein warmes Empfinden für die Jugend.

Bei der Vereinigung der verschiedenen Gemeindegruppen war er mithelfend tätig und freute sich, als diese Bemühungen zum Erfolg führten.

Bruder Schatz mußte im November 1945 seine Tätigkeit als Gemeindeleiter krankheitshalber aufgeben. Bruder Friedrich Adolf Zeuner wurde in einer Gemeindeversammlung als Nachfolger gewählt und dient seitdem unserer Gemeinde als Gemeindeleiter in vorbildlicher Treue. Bruder Friedrich Kleemann steht ihm als Stellvertreter zur Seite.4

Mit der „Vereinigung der verschiedenen Gemeindegruppen“ ist natürlich der Beitritt der Offenen Brüder zum BfC (1937) und der Zusammenschluss des BfC mit den Baptisten (1941/42) gemeint. Dass Schatz sich über den letzteren durchaus nicht ganz ungeteilt „freute“, verrät die Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Bad Homburger Gemeinde (1987):

Der gebürtige Württemberger war Lehrer, mußte jedoch diesen Beruf aufgeben, weil er sich der „Christlichen Versammlung“ angeschlossen hatte. Als Privatlehrer in Wuppertal hielt er Kontakt zu den Versammlungen am Ort. 1917 zog er nach Bad Homburg und arbeitete als Industriekaufmann. In die Arbeit der Gemeinde brachte er seine reichen Gaben ein und wurde zu einem der führenden Männer unter den „Offenen Brüdern“ in Deutschland. Zusammen mit Joh. Warns von der Bibelschule in Wiedenest gab er die Zeitschrift „Saat und Ernte“ im Verlag Zeuner heraus. Er war ab 1937 ein überzeugter Förderer des Zusammenschlusses mit den sogenannten „Elberfeldern“, der darbystischen Gruppe unter den Versammlungen. Den Zusammenschluß mit dem Bund der Baptistengemeinden in Deutschland im Jahre 1942 vollzog er zunächst zögernd, dann – um der Einheit der Gemeinde willen – bewußt mit.5

Von Christian Schatz’ Veröffentlichungen hat bruederbewegung.de bisher vier zugänglich gemacht:


Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2017

Es mag von Nutzen sein, am Ende des Jahres einmal die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenzustellen und kurz zu kommentieren bzw. einzuordnen.


BÜCHER


Jill Aebi-Mytton: A Narrative Exploration of the Lived Experience of Being Born, Raised in, and Leaving a Cultic Group: The Case of the Exclusive Brethren. DPsych Thesis, London (Middlesex University / Metanoia Institute) 2017. 2 Bände. 221 + ? Seiten.

Psychologische Dissertation mit sechs Fallstudien über ehemalige Raven-Taylor-Brüder. Der Hauptband ist online verfügbar, der Anhangsband nicht.


Sylvain Aharonian: Les frères larges en France métropolitaine. Socio-histoire d’un mouvement évangélique de 1850 à 2010. Préface de Jean-Paul Willaime. Paris (Les éditions du cerf) 2017. 641 Seiten.

Ausführliche Sozialgeschichte der französischen Offenen Brüder. Die zugrunde liegende Dissertation ist auch online verfügbar.


Horia Azimioara: Mit beiden Flügeln fliegen. Das Leben von Teodor Popescu. Hückeswagen (CSV) 2017. 172 Seiten.

Teodor Popescu (1887–1963) gründete gemeinsam mit Dumitru Cornilescu (1891–1975) Anfang der 1920er Jahre in Rumänien eine Gemeindebewegung, die etwa zehn Jahre später mit den internationalen Kelly-Lowe-Continental-Brüdern in Gemeinschaft kam. Die hier vorliegende erbauliche Biografie erschien zuerst 2003 in englischer Sprache beim Gute-Botschaft-Verlag, Eschenburg.


Ian Burness: From Glasgow to Garenganze. Frederick Stanley Arnot and Nineteenth-Century African Mission. Studies in Brethren History. Lockerbie, UK (OPAL Trust) 2017. xvii, 339 Seiten.

Eine umfassende und gründliche Biografie des bekannten Afrikamissionars (1858–1914), die zum Standardwerk werden dürfte.


A[rthur] A. Fishburn: Resilience Tried and Tested. o.O. o.V. [Amazon CreateSpace] 2017. 474 Seiten. — Ders.: BCNW. Brethren Separating to God. o.O. o.V. [Amazon CreateSpace] 2017. 140 Seiten.

Beim erstgenannten Buch soll es sich um einen im Milieu der (Raven-Taylor?-)„Brüder“ angesiedelten Roman nach wahren Begebenheiten handeln, beim zweiten Buch um Hintergrundinformationen dazu.


Joan Kearney: Shaped to Fit. How God shaped a young woman for an unexpected calling to Brazil and back. Exeter (Onward & Upwards) 2017. 276 Seiten.

Autobiografie einer Wycliff-Missionarin (geb. 1936), die bis 1961 den Raven-Taylor-Brüdern angehört hatte.


Harvey G. Rees-Thomas: 100 Years on the Street. A Story of God’s Grace through Tory Street Hall, Elizabeth Street Chapel and The Street City Church. Wellington, NZ (HIS Services Limited) 2017. 547 Seiten.

Monumentale, aufwändig gestaltete Festschrift einer Offenen Brüdergemeinde in Neuseeland.


Robert Revie: India to Ethiopia. A 50 Year Journey. Kilmarnock, UK (Ritchie) 2017. 144 Seiten.

Autobiografie eines schottischen Missionars der Offenen Brüder.


stevensonMark R. Stevenson: The Doctrines of Grace in an Unexpected Place. Calvinistic Soteriology in Nineteenth-Century Brethren Thought. Foreword by Tim Grass. Eugene, OR (Pickwick) 2017. xvi, 304 Seiten.

Diese sorgfältig erarbeitete (und bibliophil gesetzte) Dissertation belegt, wie nahe die frühen „Brüder“ dem Calvinismus standen – näher, als sie selbst wahrscheinlich zugegeben hätten (und als vielen heutigen Lesern lieb ist, ich selbst inbegriffen). Nach zwei Kapiteln über die historische Entwicklung der calvinistischen Soteriologie seit dem 17. Jahrhundert untersucht Stevenson die ersten drei der „Fünf Punkte des Calvinismus“ und setzt sie zu den Schriften der „Brüder“ in Beziehung (jeweils nach Autoren geordnet). Es folgen ein hochinteressantes Kapitel über rettenden Glauben, Buße und Heilsgewissheit sowie eine zusammenfassende Bewertung.

Kritisch hätte ich anzumerken, dass der Autor seinem Thema nicht ganz neutral gegenübersteht: Er ist selbst calvinistischer „Bruder“ und hat daher ein offensichtliches Interesse daran, die Soteriologie der „Brüder“ als Variante des Calvinismus darzustellen; Lehren, die die „Brüder“ ablehnten (z.B. die doppelte Prädestination), erklärt er kurzerhand für weniger zentral oder für „hypercalvinistisch“. Bemerkenswert fand ich den Hinweis, dass die in der „Brüdertheologie“ übliche Unterscheidung zwischen Sühnung (propitiation) und Stellvertretung (substitution), „vorgeschattet“ in den beiden Böcken am großen Versöhnungstag (3Mo 16), eine originäre Erkenntnis Darbys war, die sich vor ihm nirgendwo in der Literatur findet (S. 180, Anm. 86).

Eine vorläufige Zusammenfassung der Arbeit erschien bereits 2010 in der Brethren Historical Review.


stottRebecca Stott: In the Days of Rain. London (4th Estate) 2017. 394 Seiten.

Das Genre der „Raven-Taylor-Aussteigerliteratur“ hat seit der Jahrtausendwende einen wahren Boom erlebt: Nach Ngaire Thomas (2004, ²2005), Em Amosa (2007), David Tchappat (2009), Lindsey Rosa (2010), James Bell (2014), Peter Wycherley Harrison (2014), Joy Nason (2015) und John L. Fear (2016) ist Rebecca Stott nun schon mindestens die neunte Vertreterin dieser Gattung in weniger als 15 Jahren. Aus zwei Gründen ragt ihr Buch allerdings aus der Reihe heraus: Es ist nach Meinung der meisten Rezensenten ungewöhnlich gut geschrieben (Rebecca Stott ist Literaturwissenschaftlerin und Romanautorin; ihre beiden historischen Thriller Ghostwalk und The Coral Thief liegen auch in deutscher Sprache vor), und es bietet Innenansichten aus einer „führenden Familie“: Rebeccas Großvater Robert Stott (1902–1976) war einer der Wortführer in der Aberdeen-Trennung von 1970 und verfasste gemeinsam mit seinem Sohn Roger – Rebeccas Vater (1938–2007) – die bekannte Schrift If We Walk in the Light. Die bisher ungedruckten Lebenserinnerungen von Roger Stott (der sich leider bald nach der Trennung ganz vom christlichen Glauben abwandte) sind im vorliegenden Buch mit verarbeitet – anders wäre es auch kaum zu schreiben gewesen, denn die Autorin selbst war zur Zeit der Trennung erst sechs Jahre alt. Kritiker wie der Religionssoziologe und „Sektenversteher“ Massimo Introvigne werfen dem Buch dennoch etliche historische und theologische Fehler vor. Laut der englischen Wikipedia ist auch eine deutsche Übersetzung in Vorbereitung.


Wilfried Weist / Reinhard Assmann: Dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde. Die Schrifttumsarbeit im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in der DDR. Baptismus-Dokumentation 7. Wustermark/Norderstedt (Oncken-Archiv des BEFG / BoD) 2017. 298 Seiten.

Der sehr interessante und sorgfältig recherchierte Band enthält auch einige Hinweise auf die Brüdergemeinden.


AUFSÄTZE


Christopher Cone / James I. Fazio (Hrsg.): Forged from Reformation. How Dispensational Thought Advances the Reformed Legacy. El Cajon, CA (Southern California Seminary Press) 2017. xiv, 582 Seiten.

In diesem zum 500. Reformationsjubiläum erschienenen Sammelband amerikanischer Dispensationalisten sind zwei Aufsätze über Darby enthalten:

James I. Fazio: „John Nelson Darby: The Unknown and Well Known Nineteenth Century Irish Reformer (S. 81–108)
Cory M. Marsh: „Luther Meets Darby: The Reformation Legacy of Ecclesiastical Independence (S. 109–144)


elthg2aHeinzpeter Hempelmann / Uwe Swarat (Hrsg.): ELThG². Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde. Neuausgabe. Band 1. Holzgerlingen (SCM R. Brockhaus) 2017. LVIII, 1954 Spalten.

1992–94 in drei Bänden erstmals veröffentlicht, erscheint dieses verdienstvolle Lexikon nun in einer weitgehend neu geschriebenen, stark erweiterten 2. Auflage. Band 1 umfasst die Buchstaben A bis E; die geplanten drei weiteren Bände werden dem Vernehmen nach erst in zweijährlichen Abständen folgen. Aus dem Themenbereich Brüderbewegung sind in Band 1 nachstehende Artikel enthalten:

Kl(aus) vom Orde: „Baedeker, Friedrich Wilhelm (1823–1906) (Sp. 598f.)
G(erd) Goldmann: „Blücher, Toni von (1836–1906) (Sp. 954f.)
W(olfgang) Heinrichs: „Brockhaus, Carl Friedrich Wilhelm (1822–1899) (Sp. 1046–1048)
ders.: „Brüderverein, Evangelischer (Elberfelder) (Sp. 1058–1062)
B(erthold) Schwarz: „Darby, John Nelson (1800–1882) (Sp. 1326–1329)
R(oland) Deines: „Deichmann, Heinz-Horst (1926–2014) (Sp. 1340–1342)
Chr(istoph) Raedel: „Dispensationalismus (Sp. 1490–1493)

Einen Artikel „Brüderbewegung“ gibt es seltsamerweise nicht; stattdessen wird – wie in der 1. Auflage – auf das Stichwort „Versammlung, Christliche“ (und damit auf den wohl nicht vor 2023 zu erwartenden Band 4!) verwiesen. Die gesamte Brüderbewegung unter dieser nur noch von Geschlossenen und konservativen Freien Brüdern verwendeten Bezeichnung abzuhandeln erscheint kaum angemessen.


Bruce A. Baker: „The Early Life and Influence of John Nelson Darby“. In: Journal of Ministry & Theology 21 (2017), Heft 2, S. 110–126.

Einführung in Darbys erste Lebensjahrzehnte und Charakterzüge. Hauptquellen sind Turner (1926/44) und Weremchuk (1992); die neuere BAHN-Literatur wird vollständig ignoriert. Baker hält sogar an dem bereits von Weremchuk widerlegten Irrtum fest, Darbys Mutter sei früh verstorben (auch online).


Howard Barnes: „Walter Wolston“. In: Precious Seed 72 (2017), Heft 3, S. 20f.

Lebensbild des bekannten Evangelisten und Autors, erschienen zum 100. Todestag am 11. März 2017 (auch online).


John Bennett: „John R. Caldwell“. In: Precious Seed 72 (2017), Heft 1, S. 24f.

Lebensbild des langjährigen Herausgebers der Zeitschrift The Witness, erschienen zum 100. Todestag am 14. Januar 2017 (auch online).


Peter van Beugen: „John Nelson Darby“. In: Focus op de Bijbel [9] (2017), Heft 35, S. 34–41.

Lebensbild Darbys in einer niederländischen Zeitschrift der „blockfreien“ Brüdergemeinden (auch online).


Arnd Bretschneider: „Kein Preis zu hoch!? Ein junger Mann stellt sich dem Anspruch von Jesus Christus“. In: Perspektive16 [recte 17] (2017), Heft 5, S. 21–23.

Über den Missionar und Märtyrer Jim Elliot (1927–1956), dessen Zugehörigkeit zu den Offenen Brüdern im Artikel allerdings nicht erwähnt wird.


Peter Ferry: „Assemblies in Thailand. From Islands to Hill Tribes“. In: Precious Seed 72 (2017), Heft 3, S. 28f.

Über die Offenen Brüdergemeinden in Thailand (auch online).


Ken Follett: „Wie ich meinen Glauben verlor“. In: Rheinische Post 228 (30. September / 1. Oktober 2017), Magazin, S. C1–C2.

Autobiografischer Essay des unter den „Needed-Truth-Brüdern“ aufgewachsenen Bestsellerautors, zuerst auf Englisch erschienen in Granta. The Magazine of New Writing 137 (2016), S. 53–61. (Die deutsche Übersetzung ist online verfügbar, vom englischen Original gibt es auf YouTube eine Lesung des Autors mit Interview.)


Erich Geldbach: „Geschichtsschau und Gemeindeideal bei John Nelson Darby und in der Brüderbewegung“. In: Freikirchenforschung 26 (2017), S. 167–175.

Vortrag auf der Herbsttagung 2016 des Vereins für Freikirchenforschung zum Thema „Reformatio oder Restitutio? Vorstellungen von Erneuerung der Kirche in der Geschichte der Freikirchen“. Die Ausführungen sind im Wesentlichen sachlich korrekt und mit Zitaten belegt, aber der bei Geldbach obligate Seitenhieb gegen die Romanreihe Left Behind (für die Darby nicht verantwortlich ist und die er niemals gebilligt hätte) darf selbstverständlich nicht fehlen.


Tim Grass: „Restorationists and New Movements“. In: The Oxford History of Protestant Dissenting Traditions. Volume III: The Nineteenth Century. Hrsg. von Timothy Larsen und Michael Ledger-Lomas. Oxford (Oxford University Press) 2017. S. 150–174.

Die Seiten 156–160 dieses Überblicksartikels sind der Brüderbewegung gewidmet. (Der eigentlich £ 95 teure Band kann merkwürdigerweise hier vollständig als PDF heruntergeladen werden.)


Óli Jacobsen: „Jógvan F. Kjølbro (1887–1967): Ein Geschäftsmann in der Brüdergemeinde der Färöer“. In: Tjaldur. Mitteilungsblatt des Deutsch-Färöischen Freundeskreises 57/58 (Juni 2017), S. 77–85.

Biografischer Artikel, zuerst auf Englisch erschienen in Brethren Historical Review 12 (2016), S. 34–48.


David C. Kirkpatrick: „‘Freedom from Fundamentalism’: Christian Brethrenism and the Rise of Latin American Protestant Evangelical Social Christianity“. In: The Journal of World Christianity 7 (2017), S. 211–233.

Laut diesem Artikel führte die Übergabe der Leitungsverantwortung von europäischen „Brüder“-Missionaren an Einheimische in Lateinamerika zu größerem sozialem Engagement und zu einer Abkehr vom Fundamentalismus.


Gerard Kramer: „William Kelly (1821–1906)“. In: Focus op de Bijbel [9] (2017), Heft 36, S. 18–23.

Lebensbild Kellys in einer niederländischen Zeitschrift der „blockfreien“ Brüdergemeinden (auch online).


Andreas Liese: „‚Wir konnten immer das Evangelium verkünden‘. Baptisten und Brüdergemeinden im ‚Dritten Reich‘“. In: Kirchliche Zeitgeschichte 30 (2017), S. 93–133.

Der Beitrag untersucht die Entwicklung von Baptisten- und Brüdergemeinden im NS-Staat bis hin zum Zusammenschluss im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden.


Armin Lindenfelser: „Elizabeth Paget (1783–1863). Die ‚Mutter der Brüderbewegung‘“. In: Zeit & Schrift 20 (2017), Heft 4, S. 31–35.

Lebensbild der „geistlichen Mutter“ von Anthony Norris Groves, Georg Müller und Robert Cleaver Chapman (auch online verfügbar).


Peter Lineham: „Learning from History: An Exclusive Brethren Story“. In: History Making a Difference: New Approaches from Aotearoa. Hrsg. von Katie Pickles, Lyndon Fraser, Marguerite Hill, Sarah Murray und Greg Ryan. Newcastle upon Tyne (Cambridge Scholars Publishing) 2017. S. 73–91.

Der erste Teil des Aufsatzes handelt vom Geschichtsverständnis der Brüderbewegung allgemein (einschließlich der Offenen Brüder), im zweiten Teil analysiert der Autor Material aus dem Geschichtsunterricht der Raven-Taylor-Hales-Privatschulen, das ihm von einem Aussteiger zugespielt wurde.


Berlin M[artin] Nottage: „Heroes of the Faith: Brothers Beloved“. In: Cornerstone 1 (2017), Heft 1, S. 12–14.

Über die drei von den Bahamas stammenden, aber hauptsächlich unter Schwarzen in den USA wirkenden Evangelisten Whitfield Nottage (1883–1986), Talbot Burton Nottage (1885–1972) und Berlin Martin Nottage (1889–1966) (auch online). Die Zeitschrift Cornerstone wurde dieses Jahr neu gegründet.


Sarah Ponzer: „‘Disease, Wild Beasts, and Wilder Men’: The Plymouth Brethren Medical Mission to Ikelenge, Northern Rhodesia“. In: Conspectus Borealis 2 (2017), Issue 1, Article 4. 25 Seiten.

Studentische Hausarbeit über ein sehr spezielles Missionsthema, erschienen in der Zeitschrift der Northern Michigan University in Marquette (auch online).


Bogdan Emanuel Răduţ: „Origini europene ale Bisericii Creştine după Evanghelie din România“. In: Arhivele Olteniei NS 31 (2017), S. 205–213.

Über britische, schweizerische und deutsche Einflüsse auf die Entstehung der Brüdergemeinden in Rumänien (auch online).


Richard E. Strout: „Ninety Years and Counting: The History of Assemblies in Quebec“. In: Cornerstone 1 (2017), Heft 2, S. 16f.

Zusammenfassung des vom selben Autor verfassten Buches Ebb and Flow. A History of Christian Brethren Churches in French Canada 1926–2010, Port Colborne, ON (Gospel Folio Press) 2016 (der Artikel ist auch online verfügbar).


Todne Thomas: „Rebuking the Ethnic Frame: Afro Caribbean and African American Evangelicals and Spiritual Kinship“. In: New Directions in Spiritual Kinship. Sacred Ties across the Abrahamic Religions. Hrsg. von Todne Thomas, Asiya Malik und Rose E. Wellman. Contemporary Anthropology of Religion. Cham, Schweiz (Palgrave Macmillan) 2017. S. 219–244.

Kulturanthropologische Studie über zwei afroamerikanische Gemeinden der Offenen Brüder in Atlanta (Georgia).


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

Schaubilder zur Geschichte der Brüderbewegung

In dem Buch Was uns die Bibel lehrt (CV Dillenburg 2001) ist auf Seite 75 ein Schaubild zur Geschichte der deutschen Brüderbewegung abgedruckt, das ich etwas erweitert und modifiziert habe (zum Vergrößern anklicken):

bruedergeschichte_deutschland

Gegenüber der Vorlage habe ich u.a. die Raven-Brüder hinzugefügt (auch wenn sie heute zahlenmäßig unbedeutend sein mögen), außerdem die Glanton-Brüder (deren deutsche Geschichte noch weitgehend im Dunkeln liegt), die Abwanderung aus dem BEFG nach der Wende in der DDR sowie die „blockfreien“ Neugründungen (z.B. in Süddeutschland). Die variierende Balkenbreite soll einen groben Eindruck von den Größenverhältnissen geben (das kann natürlich nur annähernd geschehen). Zwischen Brüder- und Baptistengemeinden im BEFG habe ich eine dünne weiße Linie gelassen, da von einem wirklichen Zusammenschluss bis heute ja eigentlich nicht die Rede sein kann.

Überraschend mag vielleicht der Pfeil von den Raven- zu den Offenen Brüdern 1904/05 erscheinen. Meines Wissens ist in der Brüdergeschichtsliteratur bis heute nicht ausreichend gewürdigt worden, dass etliche namhafte Offene Brüder in Deutschland von den Raven-Brüdern herkamen, so etwa Christian Schatz (1897–1900 Herausgeber der Raven-Zeitschrift Worte der Gnade und Wahrheit!), Albert von der Kammer, Ferdinand Braselmann oder Ferdinand Hilliges. Oft nahmen diese Brüder beim Übertritt „ihre“ Versammlungen mit (z.B. Albert von der Kammer in Wolgast). Noch in den 1920er Jahren druckte Christian Schatz in seiner Zeitschrift Saat und Ernte gelegentlich Texte von Stoney, Coates oder Raven ab, und auch die eigentümliche damalige Lehre der Offenen Brüder über den Tisch des Herrn (vgl. die Broschüren von Braselmann, Schatz, Schreuder und von der Kammer) ist wahrscheinlich von ihrer Raven-Herkunft beeinflusst.

Ein vergleichbares Schaubild zur angloamerikanischen Brüdergeschichte wurde in den 1980er Jahren von Grant W. Steidl erstellt. Mir liegen davon zwei Versionen vor:

brethren_history_steidl_hawke

brethren_history_steidl_jamieson

Einige wichtige Gruppen fehlen hier allerdings, so z.B. der „Needed-Truth“-Zweig der Offenen Brüder, der „Independent“-Zweig der Grant-Brüder und die verschiedenen Raven-Abspaltungen. Außerdem kann man wohl nicht von einer generellen Vereinigung der Grant- und Stuart-Brüder 1885 sprechen.