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150. Geburtstag von August von Wedekind

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August Freiherr von Wedekind (1875–1948)

Heute vor 150 Jahren wurde August von Wedekind, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer der namhaftesten deutschen Offener Brüder, in Darmstadt geboren. Mit freundlicher Erlaubnis von Pastor i.R. Hartmut Wahl (Velbert) darf ich hier einige Ergebnisse seiner Recherchen über Wedekind vorstellen.

Georg Ludwig August1 Freiherr von Wedekind, wie er mit vollständigem Namen hieß, war das vierte Kind und der zweite Sohn des Rittmeisters und Amtmanns Friedrich Georg Freiherr von Wedekind (1841–1891) und seiner Frau Berta Friederike Johanna Luise Ferdinande geb. Decker. Er wurde im März 1891 in Oranienstein konfirmiert. Im Februar 1895 legte er an der Preußischen Hauptkadettenanstalt in Groß-Lichterfelde bei Berlin sein Abitur ab und trat anschließend als Fähnrich ins Infanterie-Regiment 81 in Frankfurt am Main ein. Von Sommer 1895 bis Januar 1896 verbrachte er ein halbes Jahr an der Kriegsschule Danzig; 1898 absolvierte er ein französisches Dolmetscherexamen in Lausanne. Am 19. Januar 1900 heiratete er in Frankfurt die Bankierstochter Elsa Lackmann (1878–1945).

1903 unternahm Wedekind eine ausgedehnte Reise, die ihn über Ungarn, Bulgarien, die Türkei, Griechenland, Malta, Tunesien und Algerien bis nach Portugal führte. Ein Jahr später wurde er Oberleutnant und Ordonnanzoffizier im Infanterie-Regiment 81. 1905 fand er in Bad Homburg durch Arnd von Lettow zum persönlichen Glauben.

Von 1908 bis 1911 war Wedekind an seinem Geburtsort Darmstadt stationiert. Während dieser Zeit kam es – aus unbekannten Gründen – am 1. August 1910 zur Scheidung von seiner Ehefrau Elsa (die fünf Jahre später in Heidelberg den Rechtsanwalt Hans Hermann Kienitz heiratete). Im November 1911 wurde Wedekind als Hauptmann nach Sonderburg (heute Dänemark) versetzt.

Im Ersten Weltkrieg diente er an der Westfront. Zwei Tage vor seinem Ausrücken (am 8. August 1914) ging er in Hamburg eine zweite Ehe ein, und zwar mit Nanette Mathilde Irene Hildegard Anne-Marie Kruska (1886–1976), einer Tochter des Generalmajors Benno Kruska (1849–1933).

1918 wurde Wedekind als Major aus dem Heeresdienst verabschiedet. Von nun an widmete er sich hauptsächlich der „Reichsgottesarbeit“. Obwohl er 1917 in Berlin ein Haus gekauft hatte – hier war im selben Jahr auch seine Tochter Irene geboren worden –, zog die Familie 1918 nach Derschlag und 1920 nach Wiedenest, wo Wedekind eine Lehrtätigkeit an der Bibelschule aufnahm. Sein zweites Kind Arnd kam 1919 in Derschlag, das dritte Kind Horst 1924 in Wiedenest zur Welt. Da dem Asthmatiker Wedekind jedoch das Wiedenester Klima zu schaffen machte, siedelte die Familie 1927 nach Friedrichsdorf im Taunus und 1932 nach Bad Homburg über. Hier brachte sich Wedekind aktiv in die Offene Brüdergemeinde ein; auch im Reise- und Seelsorgedienst war er tätig. Die Zusammenschlüsse mit den Geschlossenen Brüdern (1937) und mit den Baptisten (1941/42) trug er aus Überzeugung mit.

1943 wurde Wedekinds 24-jähriger Sohn Arnd, inzwischen Medizinstudent, wegen „landesverräterischer“ Äußerungen verhaftet, vom Volksgerichtshof unter Roland Freisler zum Tode verurteilt und in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Seine Eltern konnten ihren Sohn wenige Tage vor der Hinrichtung noch einmal sehen und waren, so Arnds Schwester Irene 1964 in einem Brief,

sehr getröstet durch sein Zeugnis, daß er innerlich Frieden habe und voller Freude sei, wie es auch in einem seiner letzten Briefe zum Ausdruck kommt, wo er schreibt … „eine halbe Stunde vor meiner Hinrichtung schreibe ich diese Zeilen. Ich bin überglücklich, meinen Heiland gleich zu sehn …“ […]

Als ehemaligem Offizier und „der Obrigkeit untertan“ war meinem Vater dieser Weg bezügl. seines Sohnes besonders schwer, aber er wusste auch, daß sein Kind getröstet war und aus dem Glauben zum Schauen ging.2

Wedekinds zweiter Sohn Horst kämpfte an der Ostfront und wurde nach dem Vormarsch auf Schytomyr (Ukraine) als vermisst gemeldet.

August Freiherr von Wedekind starb am 4. Dezember 1948 in seiner Wohnung in Bad Homburg, Ferdinandstraße 30, an Herzschwäche. Er wurde 73 Jahre alt.