Schlagwort-Archiv: Brethren Historical Review

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2023

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen.

In drei frühere Bibliografien habe ich inzwischen noch Nachträge aufgenommen:

  • 2022: Bücher von Geyser, Gill, Koene, Murray, Summerton und Tietjen; Aufsätze von Feng und Webster
  • 2019: Aufsätze von Brooks und Ineichen
  • 2018: Buch von Sahlberg; Aufsatz von Fett

BÜCHER


akenson3Donald Harman Akenson: The Americanization of the Apocalypse. Creating America’s Own Bible. New York (Oxford University Press) 2023. xv, 501 Seiten. ISBN 978-0-19-759979-2.

Nach Discovering the End of Time (2016) und Exporting the Rapture (2018) hat der amerikanische Historiker Donald Harman Akenson nun den dritten Band seiner Trilogie über die Geschichte des „apokalyptischen Millennialismus“ vorgelegt. Mit der im Untertitel genannten „eigenen Bibel Amerikas“ ist natürlich die Scofield-Bibel gemeint, aber wie schon beim Vorgängerband weckt der Untertitel falsche Erwartungen: Erst auf S. 176 dieses Buches wird Cyrus I. Scofield zum ersten Mal (beiläufig) erwähnt, und erst auf S. 326 (von 436, der Rest ist Anhang, Literaturverzeichnis und Register) rückt er ins Zentrum des Interesses. Vorher geht es erneut um die Anfänge der Brüderbewegung auf den britischen Inseln (S. 7–62), dann um Darbys Reisen nach Nordamerika und die ersten „Brüder“ dort (S. 65–134) und schließlich um die Ausbreitung dispensationalistischer Ideen in Amerika außerhalb der Brüderbewegung (James Inglis, James Hall Brookes, Dwight L. Moody, prophetische Konferenzen; S. 137–310).

Akensons Stil ist wie immer brillant und pointiert, dabei lexikalisch anspruchsvoll (selbst als Englischlehrer musste ich mehrmals das Wörterbuch bemühen – und wurde nicht immer fündig!), gelegentlich aber auch kapriziös – die meisten Kapitelüberschriften etwa versteht man erst nach Lektüre des Kapitels (z.B. „Buyers’ Remorse“, „Tall Man Standing“), was das Inhaltsverzeichnis zur Voraborientierung nahezu unbrauchbar macht, und wie in den Vorgängerbänden schweift der Autor gerne in (biografische) Nebensächlichkeiten ab, die allerdings fast immer unterhaltsam zu lesen sind.

Akenson schreibt aus säkularer Perspektive und verfolgt daher keine theologische Agenda, was insbesondere bei der von Anhängern und Gegnern sehr unterschiedlich dargestellten Biografie Scofields durchaus von Vorteil ist; allerdings fehlt ihm als Profanhistoriker für manche theologischen Fragen schlichtweg das Verständnis. Sehr klar wird u.a. herausgestellt, dass Darby an dispensationalistischen Schemata und Diagrammen, wie sie später so beliebt wurden, keinerlei Interesse hatte (S. 38) und dass er den heute als „anthem“ amerikanischer Dispensationalisten geltenden Bibelvers 2Tim 2,15 (“rightly dividing the word of truth”) noch nicht in diesem Sinne interpretierte (S. 337f.). Neu war mir, was für einen großen Anteil Offene Brüder an der Finanzierung, Zusammenstellung und Korrektur der Scofield-Bibel hatten.


buehneWolfgang Bühne: Ich pfeif auf deine Frömmigkeit! Schwelm – Stukenbrock – Schoppen: Stationen einer Geschichte, wie nur Gott sie schreiben kann. Bielefeld (CLV) 2023. 477 Seiten. ISBN 978-3-86699-690-8.

Der 1946 geborene Evangelist, Freizeit- und Jugendleiter, Autor und Verleger Wolfgang Bühne legt mit diesem Buch seine Autobiografie vor. Die im Untertitel genannten Orte Schwelm, Stukenbrock und Schoppen markieren wichtige Lebensstationen, die ausführlich, lebendig und selbstkritisch geschildert werden. Auch heikle Themen wie seinen Ausschluss aus der „geschlossenen“ Versammlung in Meinerzhagen-Worbscheid (1985) spart Bühne nicht aus (S. 301–319). Bemerkenswert ist, dass er die heutige geistliche Situation der Geschlossenen Brüder für besser hält als die in den 1960er und 1970er Jahren (z.B. S. 95, 96, 108, 306) – ein erstaunlicher Kontrast zu den in diesen Kreisen selbst manchmal zu hörenden Klagen über „Verfall“ und „Niedergang“. Das Buch ist wie fast alle CLV-Veröffentlichungen auch online verfügbar.


Andrew Craig: Darby or Darwin? Brethren Perspectives on Creation and Evolution from 1820–1945. Belfast (Words to World) 2023. 92 Seiten. ISBN 978-1-78798953-5.

Masterarbeit über die Auseinandersetzung der „Brüder“ mit den wissenschaftlichen Theorien ihrer Zeit. Die „Brüder“ seien keine „unbeirrbaren Fundamentalisten“ gewesen, sondern hätten eine „unerwartete Bandbreite an Überzeugungen von der Lückentheorie bis zur theistischen Evolution“ vertreten.


Craig Hoyle: Excommunicated. A multigenerational story of leaving the Exclusive Brethren. Auckland, Neuseeland (HarperCollins) 2023. 327 Seiten. ISBN 978-1-77554201-8.

Der Strom der Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbiografien reißt nicht ab. Der Verfasser dieses Buches wurde 2009 im Alter von 19 Jahren exkommuniziert, nachdem er sich als homosexuell geoutet hatte.


hummelDaniel G. Hummel: The Rise and Fall of Dispensationalism. How the Evangelical Battle over the End Times Shaped a Nation. Grand Rapids, MI (Eerdmans) 2023. xvii, 382 Seiten. ISBN 978-0-8028-7922-6.

Eine weitere Geschichte des Dispensationalismus und seines Einflusses auf die amerikanische Kultur. Das erste Kapitel ist noch den Anfängen der Brüderbewegung in Irland und Großbritannien gewidmet, aber dann verschiebt sich der Schwerpunkt auf die Neue Welt und auf andere christliche Kreise, denn der Siegeszug des Dispensationalismus in Amerika fand (zu Darbys Leidwesen) bekanntlich außerhalb der Brüderbewegung statt – vermittelt aber vor allem durch deren reichhaltige Literatur.

Im Gegensatz zum oben vorgestellten Buch von Akenson zeichnet Daniel G. Hummel die Geschichte bis in die Gegenwart nach. Den im Titel angesprochenen „Fall“ sieht er mit dem „Pop-Dispensationalismus“ von Hal Lindsey und anderen ab den 1970er Jahren beginnen; dadurch sei auch der akademische Dispensationalismus in Misskredit geraten. Das Aufkommen des New Calvinism und die Hinwendung vieler Dispensationalisten entweder zu diesem oder zum Progressive Dispensationalism hätten dann in den 1990er Jahren zum endgültigen Zusammenbruch des traditionellen Dispensationalismus geführt; heute lebe er nur noch in seiner „Pop“-Form und akademisch in einigen Nischen fort.

Bei der Fülle der vom Autor verarbeiteten Details kann es nicht ausbleiben, dass sich einzelne Fehler eingeschlichen haben (worauf auch bereits von reformierter Seite hingewiesen wurde). Aus „Brüder“-Sicht möchte ich hier nur anmerken, dass Francis Emory Fitch, Alwyn Ball Jr. und John T. Pirie (Finanziers der Scofield-Bibel), Andrew Gray (vom Verlag Pickering & Inglis) sowie George H. Pember und Arno C. Gaebelein keine „Exclusive Brethren“ waren, wie Hummel behauptet.


Graeme Johanson: Searching For Elsewhere. Port Adelaide, Australien (Ginninderra Press) 2023. 304 Seiten. ISBN 978-1-76109-559-7.

Jugenderinnerungen eines 1946 geborenen Professors für Informationstechnik, der in einer Familie der Raven-Taylor-Brüder in Melbourne (Australien) aufwuchs. 1962 ausgeschlossen, gehörten sie zunächst einer „Outs“-Gruppe an, von der sich der Autor aber 1968 ebenfalls abwandte (wie vom christlichen Glauben überhaupt).


Varghese Mathai: Mahakavi K. V. Simon. The Milton of the East. New York u.a. (Bloomsbury Academic) 2023*. xxiv, 249 Seiten. ISBN 978-1-5013-8849-1.

Kunnampurathu Varghese Simon (1883–1944) war ein indischer Dichter und Lehrer, der 1918 eine freikirchliche Bewegung namens Viyojitha gründete, die sich 1929 mit den Offenen Brüdern zusammenschloss. Mahakavi („großer Dichter“) ist ein ihm verliehener Ehrentitel.

* In der auf Amazon zugänglichen Leseprobe steht 2024 als Erscheinungsjahr; tatsächlich muss das Buch aber bereits im Oktober 2023 herausgekommen sein.


David J(ohn) Murray: West Cumbria Brethren. The early years of five churches of the Christian Brethren movement in 19th century Cumberland. Brethren of the North 2. Workington (Selbstverlag/Amazon) 2023. 142 Seiten. ISBN 979-885017822-2.

Nach seinem 2022 erschienenen Band mit Lebensbildern von neun Missionaren aus Cumbria beschreibt Murray nun die Anfänge von fünf Offenen Brüdergemeinden in dieser Grafschaft (Keswick, Whitehaven, Workington, Cockermouth und Frizington).


Arthur T[appan] Pierson: Georg Müller. Niemals enttäuscht. Bielefeld (CLV) 2023. 286 Seiten. ISBN 978-3-86699-676-2.

Überarbeitete Fassung der klassischen Biografie Georg Müllers. Zuerst erschienen unter dem Titel Georg Müller von Bristol, Dinglingen (Verlag der St. Johannis-Druckerei) 1906,211996; teilweise auch in anderen Verlagen (Ott, Gotha; Spener, Marburg); der Titel Niemals enttäuscht spätestens ab der Ausgabe Gotha (Ott) 61930.


Margaret Skea: Angola in my Heart. The Story of Ruth Hadley. Bath (Echoes International) 2023. 145 Seiten. ISBN 978-1-9169058-3-2.

Biografie von Ruth Joy Hadley (1956–2017), die von 1982 bis 2016 als Missionarin der Offenen Brüder in Angola tätig war.


bmww2023Neil Summerton (Hrsg.): The Brethren Movement Worldwide. Key Information 2023. 6th Edition. Darvel, UK (OPAL Trust) 2023. xxviii, 435 Seiten. ISBN 978-1-907098-53-6.

Die 6., aktualisierte Auflage dieses internationalen Nachschlagewerks ist derzeit nur online verfügbar, soll aber 2024 auch im Druck erscheinen. Der Abschnitt über Deutschland wurde grundlegend überarbeitet und deckt jetzt auch die „blockfreien“ Gemeinden wieder ab (vgl. meine Kritik an der 5. Auflage von 2019). Verdienstvoll ist der 21-seitige Gesamtüberblick über die weltweite Geschichte der (Offenen) Brüderbewegung am Ende des Bandes.


Michael P. Veit: Pilger in einer fremden Welt. John Nelson Darbys Kommentare zu Jakobus, Petrus und Judas. Übersetzt und kommentiert von Michael P. Veit. Hamburg (disserta) 2023. 232 Seiten. ISBN 978-3-95935-608-4.

Auf den 2022 erschienenen Band über den Kolosserbrief folgt nun eine Zusammenstellung von (größtenteils erstmals übersetzten) Kommentaren Darbys zu den Briefen von Jakobus, Petrus und Judas. Nach Auskunft des Autors wird man dabei „teils erschreckende Parallelen zu den kirchlichen und religiösen Fehlentwicklungen unserer Zeit entdecken“.


Andrew W. Wilson: Assembly Autopsy. Why Brethren Churches are Dying and How to Revive Them. North Lakes, Australien (Believers Publications) 2023. 220 Seiten. ISBN 978-0-9943977-8-2.

Der aus Australien stammende Autor ist seit 1994 vollzeitlich im Dienst der Offenen Brüdergemeinden in England und Amerika tätig.


David Wilson: The Electrician’s Children. How an Irish family took Jesus’ conspiracy of hope across the globe. Dublin (Agapé Ireland) 2023. 322 Seiten. ISBN 978-0-9565814-3-3.

Erinnerungen einer irischen Missionarsfamilie der Offenen Brüder, die über drei Generationen auf fünf Kontinenten tätig war.


Pennie Wood: A Feather in the Fog. One Woman’s Escape from the Exclusive Brethren. Ohne Ort (Knotted Road Press / Amazon) 2023. 238 Seiten. ISBN 979-886569011-5.

Ein weiteres Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbuch. In diesem Fall allerdings keine Autobiografie, sondern die von fremder Hand verfasste Lebensgeschichte einer 1979 geborenen, anonym (bzw. pseudonym) bleibenden Amerikanerin.


Klaus-Dieter Zunke (Hrsg.): Gemeinsam unterwegs als Soldat und Christ. 125 Jahre (1898–2023) – Vom „Bund gläubiger Offiziere“ zur „Cornelius-Vereinigung e.V. (CoV) – Christen in der Bundeswehr“.  Leipzig (Evangelische Verlagsanstalt) 2023. 228 Seiten. ISBN 978-3-374-07358-0.

Der Sammelband enthält zwei Aufsätze mit Bezug zur Brüderbewegung:

  • Klaus-Dieter Zunke: „Der Gründer – Georg von Viebahn (S. 43–46)
  • Hartmut Wahl: „Einblicke in den ‚Bund gläubiger Offiziere‘ (S. 49–56)

AUFSÄTZE


bhr2018Ausgabe 18 (2022) der Brethren Historical Review erschien erst Ende Februar 2023 und wird daher auch erst in dieser Bibliografie berücksichtigt. Sie enthält (neben etlichen Rezensionen) folgende Beiträge:

  • Crawford Gribben: „Dating Darby’s Addresses to his Roman Catholic Brethren (S. 1–14)
  • Douglas Wertheimer: „The Truth About 1843, and Why It’s Important: Gosse, Brethren, Jamaica, and the Scorpion (S. 15–63)
  • Timothy C. F. Stunt: „New Source Materials for the Open Brethren in the 1850s (S. 64–74)
  • Sam McKinstry / Neil Dickson: „Elusive Exclusive? John Murray Robertson (1844–1901), Architect, Dundee (S. 75–122)
  • Sam K. John: „A Quest for Radical Reformation: The Emergence of the Kerala Brethren at the Dawn of the Twentieth Century (S. 123–157)
  • Tim Grass: „The Historiography of Harold Rowdon (S. 158–164)
  • Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 165–169)
  • Ian Randall: „Harold Hamlyn Rowdon (1926–2021) (S. 216–228)

Die aktuelle Ausgabe 19 (2023) der Brethren Historical Review ist ebenfalls wieder bis Jahresende nicht erschienen und kann daher erst in der nächsten Bibliografie berücksichtigt werden.


Howard A. Barnes: „Donald Ross (1823–1903)“. In: Precious Seed 78 (2023), Heft 4, S. 8 (auch online).

Donald Ross, dessen Geburtstag sich am 11. Februar zum 200. Mal jährte, wirkte ab 1858 als Evangelist in Schottland, schloss sich 1871 den Offenen Brüdern an und wanderte 1876 nach Nordamerika aus, wo er zahlreiche Gemeinden gründete.


Wolfgang Bühne: „Ungewöhnliche Bekehrungen. Was Gott aus einem Taugenichts und Schurken machen kann!“ In: fest und treu 182 (2/2023), S. 8f.

Über die Bekehrung von Georg Müller (1805–1898). Das ganze Heft ist auch online verfügbar.


Bert Cargill: „Frederick W. Baedeker 1823–1906“. In: Precious Seed 78 (2023), Heft 1, S. 10f. (auch online).

Der Geburtstag des aus Deutschland stammenden, in England zum Glauben gekommenen Russlandmissionars Friedrich Wilhelm Baedeker jährte sich am 3. August ebenfalls zum 200. Mal (vgl. meinen Blogeintrag).


Mariana Espinosa: „Matrimonio y mujeres en el movimiento misionero Christian Brethren (Argentina, 1882–1960)“. In: Redes, empresas e iniciativas misioneras en América del Sur. Siglos XIX y XX. Hrsg. von Eric Morales Schmuker und Rocío Guadalupe Sánchez. Santa Rosa, Argentinien (Eric Morales Schmuker) 2023. S. 163–185 (auch online).

Soziologisch-anthropologische Untersuchung über Ehe und Frauen bei den Offenen Brüdern in Argentinien.


Lisa Heinz-Dönges: „Groß durch die Liebe. Zum 100. Todestag von Emil Dönges“. In: Zeit & Schrift 26 (2023), Heft 6, S. 16–25 (auch online).

Das wohl umfangreichste Lebensbild von Emil Dönges, verfasst von seiner Tochter Lisa und erschienen zu seinem 100. Geburtstag im Botschafter des Friedens 63 (1953), S. 29–36, wurde hier in leicht überarbeiteter Form wiederveröffentlicht und mit 38 historischen Anmerkungen versehen. Zu Dönges vgl. auch meinen Blogeintrag vom 7. Dezember.


Stephan Holthaus: „Weitblick des Glaubens. Friedrich Wilhelm Baedeker – der Evangelist Russlands“. In: Zeit & Schrift 26 (2023), Heft 5, S. 24–29 (auch online).

Die heute maßgebende biografische Studie über Friedrich Wilhelm Baedeker erschien 2006 auf Deutsch in dem gleichnamigen Büchlein von Stephan Holthaus und Ulrich Bister und 2013 auf Englisch in dem Wiedenester BAHN-Tagungsband Witness in Many Lands. Der hier wiederveröffentlichte, zuerst zum 100. Todestag in der Perspektive 6 (2006), Heft 12, S. 22–25 publizierte Artikel ist eine Kurzfassung davon.


Anand Jonathan Kanchan: „A Role of Printing Press towards Developing of Brethren Movement in Karnataka“. In: Research Methods in Multidisciplinary Subjects. Vol. 1. Hrsg. von Mohd. Shaikhul Ashraf, Sandhya Sharma, Rajalakshmi R, Chetna Gupta, Ankita Chaudhary und Anu Verma. Lunawada, Indien (red’shine Publication) 2023. S. 175–184.

Über die Rolle von gedruckten Publikationen bei der Entwicklung der Brüderbewegung im südindischen Bundesstaat Karnataka. Wie der Titel bereits zeigt, ist der Aufsatz in erstaunlich fehlerhaftem Englisch verfasst, insbesondere was den Artikelgebrauch angeht (“In the history of India printing press played important role”). Der gesamte Band ist auch online verfügbar.


Andreas Liese: „Auf dass sie alle eins seien. Freikirchliche Vereinigungsbemühungen 1937 bis 1941“. In: Entgrenzungen. Festschrift zum 60. Geburtstag von Andrea Strübind. Hrsg. von Sabine Hübner und Kim Strübind. Berlin (Duncker & Humblot) 2023. S. 151–191.

Bereits kurz vor dem Verbot von 1937 gab es Bestrebungen, Baptisten, Freie evangelische Gemeinden, Offene und Geschlossene Brüder zu einem Bund zusammenzuschließen; später wurden auch noch die Bischöfliche Methodistenkirche und die (ebenfalls methodistische) Evangelische Gemeinschaft ins Auge gefasst. Der Aufsatz stellt die Verhandlungen dieser Gruppen bis 1941 im Einzelnen dar und zeigt, warum der Zusammenschluss letztlich nicht über Baptisten und BfC hinausging.


Armin Lindenfelser: „Die Entwicklung der Brüdergemeinden im badischen Land“. In: Zeit & Schrift 26 (2023), Heft 3, S. 20–27 (auch online); Heft 4, S. 26–33 (auch online).

Baden gilt gemeinhin nicht als besonderes Zentrum der Brüderbewegung. Mithilfe von Adressverzeichnissen, mündlichen und schriftlichen Erinnerungen gelingt es dem Autor dennoch, wesentliche Züge der badischen Brüdergeschichte („geschlossen“ wie „offen“) zu rekonstruieren.


Ronaldo Magpayo: „The Lord’s Supper in a Filipino Perspective“. In: Logoi Pistoi / Faithful Words 6 (2023), S. 70–79.

Über die Bedeutung des Brotbrechens „aus der Perspektive der philippinischen indigenen Werte“, insbesondere für Brüdergemeinden. Der ganze Band ist auch online verfügbar.


David Maxwell: „Not Peace but a Sword: Missionaries, Humanitarianism, and Slavery in Late Nineteenth-Century Central Africa“. In: Pacifying Missions. Christianity, Violence, and Empire in the Nineteenth Century. Studies in Christian Mission 58. Hrsg. von Geoffrey Troughton. Leiden/Boston (Brill) 2023. S. 107–129.

Der Autor vergleicht die Reaktionen von Missionaren der katholischen Weißen Väter und der Offenen Brüder (Frederick Stanley Arnot, Dan Crawford) auf die sozialen Bedingungen im Zentralafrika des späten 19. Jahrhunderts.


Ian Randall: „Harold Hamlyn Rowdon (1926–2021)“. In: Partnership Perspectives 75 (Autumn 2022 / Winter 2023), S. 5–14 (auch online).

Nachruf auf den am 3. Oktober 2021 verstorbenen Dozenten für Kirchengeschichte am London Bible College und Autor des bahnbrechenden Werkes The Origins of the Brethren 1825–1850 (1967). Der Artikel erschien auch in Ausgabe 18 (2022) der Brethren Historical Review (s.o.).


Max Weremchuk: „John Nelson Darby (1800–1882)“. In: Discovering Dispensationalism. Tracing the Development of Dispensational Thought from the First to the Twenty-First Century. Hrsg. von Cory M. Marsh und James I. Fazio. El Cajon, CA (Southern California Seminary Press) 2023. S. 205–246 (auch online).

In dem Sammelband wird die Geschichte dispensationalen Denkens vom 1. bis zum 21. Jahrhundert (wohlwollend) nachgezeichnet. Das umfangreiche Kapitel von Max Weremchuk untersucht John Nelson Darbys Rolle in dieser Entwicklung.


HOCHSCHULSCHRIFTEN


Kate Brooks: ‘She appears a promising child’: The Role of the C19th Orphanage in Categorising Young Care Leavers in Terms of Productive Labour. A Critical Case Study of Muller’s New Orphan Homes’ Dismissal Books 1830s–1890s. PhD Thesis, Bath Spa University, Bath 2023. 260 Seiten (auch online).

Wenn die Kinder in Georg Müllers Waisenhäusern das Erwachsenenalter erreichten, wurden sie in die Arbeitswelt entlassen und mit Empfehlungen für ihre beruflichen Einsatzmöglichkeiten versehen. Die Autorin untersucht die Entlassungsbücher mithilfe der (marxistischen) „Kritischen Diskursanalyse“ und kommt zu dem Schluss, dass die Waisenhäuser „trotz ihrer evangelikalen Rhetorik nach den Grundsätzen der kapitalistischen Effizienz arbeiteten“. Durch Brooks’ Dissertation werde Müller „zum ersten Mal in den komplexen sozialen, ökonomischen und kulturellen Kontexten Großbritanniens im 19. Jahrhundert verortet“, und es werde „die Vermischung von guten Absichten und engstirnigen Vorurteilen, die solchen Werken zugrunde lag, diskursiv erfasst“.


Darin Duane Lenz: Henry Craik (1805–66), from St. Andrews to Bristol: An Irenic Scotsman and the Call for a Second Reformation. MTh Thesis, University of Glasgow / Edinburgh Theological Seminary 2022/23. 115 Seiten (auch online).

Nachdem Lenz 2010 bereits eine umfangreiche Dissertation über Georg Müller vorgelegt hatte – wahrscheinlich die erste über Müller überhaupt –, folgt nun die wohl erste akademische Arbeit über Müllers Kollegen Henry Craik. (Warum der Autor es allerdings nötig hatte, über zehn Jahre nach seiner Promotion noch eine Masterarbeit zu schreiben, und warum er die Dissertation in der Masterarbeit trotz des verwandten Themas kein einziges Mal erwähnt, entzieht sich meiner Kenntnis.)


Vilhelm Edvard i Lida: Brødremenigheden på Færøyene sommeren 2022. Observasjoner av forhold medlemmer var opptatt av. MA Thesis, Universität Bergen 2023. 99 Seiten (auch online).

Eine Untersuchung in norwegischer Sprache über die Haltung färöischer Brüdergemeindler zu sozialen Fragen wie Geschlechterrollen, Kleidung, Sprache, Alkoholkonsum, Teilnahme am Nationalfeiertag Ólavsøka und Identität.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2021

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen.

In drei frühere Bibliografien habe ich inzwischen noch Nachträge aufgenommen:

  • 2020: Bücher von Cotherman, Hall und Plant; Aufsätze von Ice, Jensen, Maghenzani und Styler
  • 2019: Bücher von Arnot und Cleeves
  • 2017: Buch von Aebi-Mytton; Aufsatz von Thomas

BÜCHER


Kevin Cockburn: The Tattooed Saint. Born into a Cult. Belfast (Maurice Wylie Media) 2021. 249 Seiten. ISBN 978-1-8384838-5-2.

Der Boom der Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbiografien setzt sich fort. Kevin Cockburn, 1973 geboren und in Liverpool aufgewachsen, geriet nach seinem Ausstieg in Drogen und Kriminalität und fand im Gefängnis wieder zum christlichen Glauben zurück.


Tom Fay: Let the Children Come. The Life of George Müller. San Diego, CA (Coast Publishing) 2021. 336 Seiten. ISBN 978-0-9746374-4-0.

Biografischer Roman, der Georg Müller in die heutigen USA versetzt.


Jaime Fernández Vázquez: Historia de un Pueblo. Un Pueblo con Historia. Barcelona (Abba Distribuidora Cristiana) 2021. 287 Seiten. ISBN 978-84-18577-42-0.

Geschichte der „Brüder“ im nordwestspanischen Ort Infesta (Provinz Ourense, Galicien).


Gilbert A. Gleason: Love So Amazing. The Missionary Biography of Bert and Colleen Elliot. Foreword by Randy Alcorn. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2021. 291 Seiten. ISBN 978-1-7369174-0-4 (Hardcover), 978-1-7369174-1-1 (Paperback), 978-1-7369174-2-8 (Kindle).

Herbert „Bert“ Elliot (1924–2012) war der ältere Bruder des besser bekannten Jim Elliot, der 1956 in Ecuador von Waorani-Indianern getötet wurde. Auch Bert ging mit seiner Frau Colleen (1928–2012) in die Mission und arbeitete von 1949 bis 2005 in Peru, wo sie etwa 158 Offene Brüdergemeinden gründeten. Das Buch ist außerhalb der USA offenbar nur als Kindle-Version bestellbar.


Tim Grass: Brethren and Their Buildings. Studies in Brethren History. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2021. x, 253 Seiten. ISBN 978-1-9160130-6-3.

Großformatiger Bildband mit kommentierten Farbfotos von Versammlungsgebäuden der „Brüder“ (verschiedener Richtungen) auf den britischen Inseln.


Blanquita Haggerty: From Glasgow to the Andes. The life and work of Frank and Blanquita Haggerty. Kilmarnock (Ritchie) 2021. 205 Seiten. ISBN 978-1-914273-04-9.

Der aus Glasgow stammende Frank Haggerty (1926–2003) arbeitete ab 1951 als Missionar in Bolivien, später auch in Argentinien. Seine Frau Blanquita (1931–2021), die dieses Erinnerungsbuch verfasste, sein Erscheinen aber nicht mehr erlebte, war Bolivianerin.


Sam K. John: Brethren Beginnings in Kerala. A Reformation Story. Bangalore (Operation Barnabas) 2021. 100 Seiten. Ohne ISBN.

Geschichte der Kerala Brethren, eines eigenständigen Zweigs der Offenen Brüder in Südwestindien. Das Buch, zu dem u.a. Neil Dickson ein Vorwort beisteuerte, ist in Deutschland offenbar nur als Kindle-Version bestellbar.


Clark Logan: Joy in the Desert. 50 Years of Gospel Blessing in Botswana. Kilmarnock (Ritchie) 2021. 280 Seiten. ISBN 978-1-914273-03-2.

Die erste Offene Brüdergemeinde in Botswana wurde 1970 gegründet; seither sind fünf weitere hinzugekommen. Der nordirische Missionsarzt Clark Logan erzählt ihre Geschichte.


Gord Martin: Doing It Afraid. Ohne Ort (Creative Connex) 2021. 159 Seiten. ISBN 978-1-7777556-0-7.

Autobiografie. Der 1946 geborene Verfasser war Missionar in Ecuador und Kolumbien und rief später in Kanada das Gemeindegründungsnetzwerk Vision Ministries ins Leben.


Ken Newton: ‘I Will Build My Church’. The Kollegal Mission 1886–1995. Studies in Brethren History, Subsidia. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2021. 180 Seiten. ISBN 978-1-9160130-4-9.

Missionsgeschichte der Offenen Brüder in der südindischen Region Kollegal. Mit 39 Fotos und drei Karten.


Adrian J. Patmore: Came Out … Kicked Out. Living in and out of the Exclusive Brethren. Underwood, Australien (InHouse Publishing) 2021. v, 330 Seiten. ISBN 978-1-922578-67-9.

Eine weitere Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbiografie. Patmore, 1968 in London geboren, outete sich nach zehn Jahren Ehe und der Geburt von fünf Kindern als homosexuell, was unweigerlich die Trennung von seiner Glaubensgemeinschaft nach sich zog.


Jessie Shedden: Make Today Count. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2021. 205 Seiten. ISBN 979-8-45321953-7.

Fortsetzung von Tomorrow’s Not Promised (2020), einem in der letzten Bibliografie vorgestellten Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbuch.


elliotshepardValerie Elliot Shepard: Dir hingegeben. Jim und Elisabeth Elliot: Eine Liebe im Angesicht Gottes. Aus dem Englischen von Silvia Lutz. Holzgerlingen (SCM Hänssler) 2021. 448 Seiten. ISBN 978-3-7751-6063-6.

Die amerikanische Originalausgabe dieses Buches habe ich bereits in der 2019er Bibliografie kurz vorgestellt. Wolfgang Bühne rühmt die deutsche Übersetzung als „großartige Neuerscheinung“, die Jim Elliots Tagebuchklassiker Im Schatten des Allmächtigen „ebenbürtig“ sei. Die Herausgeberin habe die Briefe und Tagebücher ihrer Eltern „so liebevoll, respektvoll und auch weise kommentiert, dass man dieses wertvolle Buch nur mit großer Dankbarkeit und geistlicher Erfrischung und Belebung lesen kann“ (fest und treu 4/2021, S. 21f.).


John í Skemmuni: Andrew W. Sloan. Lív og læra. Tórshavn (Góð tíðindi) 2021. 540 Seiten. ISBN 978-999183715-4.

Biografie und neun ausgewählte Vorträge des färöischen Evangelisten, Hirten und Lehrers Andrew William Sloan (1896–1973; jüngster Sohn des Missionars William Gibson Sloan, 1838–1914). In färöischer Sprache.


Regina Steinmeister: Ein Leben im Glauben. Aus dem Leben von Andreas Steinmeister. Bielefeld (CLV) ²2021. 172 Seiten. ISBN 978-3-86699-660-1.

Andreas Steinmeister (1950–2018), im Brotberuf Lehrer und Schulleiter, war in den Kreisen der Geschlossenen und später der Blockfreien Brüdergemeinden als Bibellehrer und Autor weithin bekannt und geschätzt. Die von seiner Witwe zusammengestellte erbauliche Biografie ist als „2. Auflage“ gekennzeichnet; eine 1. Auflage scheint aber zumindest auf dem regulären Buchmarkt nicht erhältlich gewesen zu sein.


Neil Summerton: Charisma and Organization. Unresolved Tensions In The Brethren. Studies in Brethren History, Subsidia. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2021. 123 Seiten. ISBN (falsch, da schon einmal vergeben) 978-1-9160130-2-5.

Studien zur Haltung der britischen Offenen Brüder gegenüber Organisationen und Institutionen.


Todne Thomas: Kincraft. The Making of Black Evangelical Sociality. Religious Cultures of African and African Diaspora People. Durham, NC / London (Duke University Press) 2021. xi, 252 Seiten. ISBN 978-1-4780-1065-4 (Hardcover), 978-1-4780-1178-1 (Paperback).

Kulturanthropologische Studie über zwei afroamerikanische Offene Brüdergemeinden in Atlanta (Georgia). Erste Ergebnisse erschienen bereits 2017 in einem Aufsatz (vgl. die damalige Bibliografie).


Carolyn Tonkin: Nellie’s Child. The Mark of the Spirit Trilogy 1. Albany, WA (Cypress Project) 2021. 382 Seiten. ISBN 978-0-6452148-1-9.

Roman, der in den 1950er Jahren unter den Raven-Taylor-Brüdern spielt.


warns_ae1Hartmut Wahl (Hrsg.): Aufzeichnungen und Erinnerungen von Johannes Warns (1874–1937). Band 1: 1874–1918. Von Osteel bis Berlin. edition Forum Wiedenest. Muldenhammer (Jota) 2021. 577 Seiten. ISBN 978-3-935707-95-4. — Band 2: 1919–1937. In Wiedenest. edition Forum Wiedenest. Muldenhammer (Jota) 2021. 603 Seiten. ISBN 978-3-949069-00-0.

Johannes Warns war eine der prägenden Figuren der deutschen Offenen Brüder. Als lutherischer Pfarrerssohn studierte er zunächst selbst Theologie, konnte sich nach einem Bekehrungserlebnis aber nicht zum kirchlichen Dienst entschließen und wurde nach Stationen bei der Heilsarmee und beim Blauen Kreuz 1905 Lehrer an der Allianz-Bibelschule Berlin, die 1919 unter seiner Leitung nach Wiedenest umzog. Seine handschriftlichen „Aufzeichnungen und Erinnerungen“, von Hartmut Wahl in jahrelanger mühevoller Arbeit transkribiert und mit erläuternden Anmerkungen versehen, sind eine erstklassige Quelle für die immer noch wenig erforschte Geschichte der deutschen Offenen Brüder, aber auch der Allianzkreise insgesamt. Wegen einiger problematischer Äußerungen über Hitler und den Nationalsozialismus ist dem zweiten Band ein Nachwort des heutigen Wiedenester Werksleiters Ulrich Neuenhausen beigegeben. Ein Inhaltsverzeichnis fehlt leider, und das Personenregister ist arg unübersichtlich geraten.


Jonathan Walker: The Angels of L19. Ohne Ort (Weatherglass Books) 2021. 239 Seiten. ISBN 978-1-8380181-3-9.

Autobiografisch gefärbter Roman, der 1984 unter den Offenen Brüdern in Liverpool spielt.


weremchuk_biographyMax S. Weremchuk: John Nelson Darby. A Biography. Updated and Expanded. El Cajon, CA (Southern California Seminary Press) 2021. xiv, 214 Seiten. ISBN 978-0-9864442-6-5.

Weremchuks Darby-Biografie, 1988 zuerst auf Deutsch, 1990 auf Niederländisch und 1992 auf Englisch erschienen, hat sich über die Jahre bei vielen den Ruf eines Standardwerks erworben und wird nach wie vor regelmäßig zitiert; aus der „Fachwelt“ musste sie sich aber auch deutliche Kritik gefallen lassen, so z.B. von Timothy Stunt in der ersten Ausgabe der BAHN Review (1998/99). Nachdem sich der Autor in den 1990er Jahren von der Brüderbewegung entfernt hatte, nahm auch sein Interesse an Darby und an einer möglichen Revision der Biografie ab, bis es vor einigen Jahren durch verschiedene Umstände wieder neu geweckt wurde. So liegt nun nicht nur eine überarbeitete und erweiterte Ausgabe des ursprünglichen Buches vor, sondern nächstes Jahr ist beim selben Verlag auch noch eine weitere, detailliertere akademische Studie über die ersten 29 Lebensjahre Darbys zu erwarten (Titel: Becoming JND).


Paul Young: From Norwich to Aberystwyth. The Life and Work of Professor John Heading. Port Colborne, ON (Gospel Folio Press) 2021. 106 Seiten. ISBN 978-1-98862732-8.

John Heading (1924–1991) war ein britischer Mathematiker, der den Offenen Brüdern angehörte und 1961–86 die Zeitschrift Precious Seed herausgab. Er verfasste auch die Kommentare zum Matthäus- und zum Johannesevangelium in der Reihe Was die Bibel lehrt (CV Dillenburg).


AUFSÄTZE


cesnur_5_2Das im März erschienene Heft 2/2021 der religionswissenschaftlichen Zeitschrift The Journal of CESNUR (die Abkürzung steht für das „Centro Studi sulle Nuove Religioni“ in Turin) war ganz den Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüdern (seit 2012 offiziell „Plymouth Brethren Christian Church“) gewidmet. Die einzelnen Beiträge:

Bernard Doherty / Steve Knowles / Massimo Introvigne: „Introduction: The Study of the Plymouth Brethren Christian Church (S. 3–17)
Crawford Gribben: „Brethren and Separation (S. 18–36)
Neil T. R. Dickson: „The Exclusive Brethren in Scotland: A Historical Overview, 1838–2018 (S. 37–66)
Peter J. Lineham: „Why the New Zealand Plymouth Brethren Intervened in Politics in 2005 (S. 67–91)
Steve Knowles: „The Appropriation of Information and Communication Technologies by the Plymouth Brethren Christian Church (S. 92–112)
Mitchell Landrigan: „Parenting Orders for Brethren Families in Australia: The Religious Perspective of Children (S. 113–134)
Liselotte Frisk / Sanja Nilsson: „The Plymouth Brethren Christian Church in Sweden: Child Rearing and Schooling“ (S. 135–160)

Von allgemeinerem Interesse sind insbesondere die Aufsätze von Gribben (über die Entwicklung der „exklusiven“ Absonderungslehre) und Dickson (über die Geschichte der Geschlossenen Bruder in Schottland). Das Heft ist auch online verfügbar.


bhr2018Ausgabe 17 (2021) der Brethren Historical Review enthält (neben etlichen Rezensionen) die folgenden Beiträge:

Timothy C. F. Stunt: „James Pringle Riach (1797–1865) and other early Plymouth Brethren (S. 2–24)
R[ichard] B[roke] Freeman and Douglas Wertheimer: „Emily Gosse: A Bibliography (S. 25–78)
Cynthia Hill: „‘Servant of Christ and His People Everywhere’. George Cutting 1843–1934: His Life, Work, and Times (S. 79–99)
P[aul] David Wilkin: „Deep in the Heart of Africa: An Annotated Bibliography of Literature on the Beloved Strip in Zambia (S. 100–124)
Ronaldo Magpayo: „In Search of Meaning: A Contextual Interpretation of the Lord’s Supper from an Indigenous Filipino Perspective (S. 125–147)
Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 148–156)
Michael Schneider: „August Jung (1927–2020) (S. 208–213)

Für deutsche Leser dürfte besonders der Artikel von Hill über George Cutting interessant sein, dessen Schrift Sicherheit, Gewissheit und Genuss (1881) auch hierzulande seit vielen Jahrzehnten von den Verlagen der Geschlossenen Brüder (Richard Mohncke, Ernst Paulus, VdHS) verbreitet wird. Cutting blieb 1890 bei Park Street (Raven), ging 1908 mit Glanton und kehrte schließlich doch wieder zu den Raven-Taylor-Brüdern zurück. Die Autorin des Artikels ist eine Urenkelin Cuttings.

Meinen Nachruf auf August Jung habe ich kürzlich hier im Blog wiederveröffentlicht.


Howard Barnes: „William Kelly (1821–1906)“. In: Precious Seed 76 (2021), Heft 2, S. 25.

Kurzes Lebensbild Kellys zum 200. Geburtstag im Mai 2021 (auch online verfügbar).


David Bebbington: „The Place of the Brethren Movement in International Evangelicalism“. In: ders.: The Evangelical Quadrilateral. Volume 2: The Denominational Mosaic of the British Gospel Movement. Waco, TX (Baylor University Press) 2021. S. 277–300.

Wiederabdruck eines Aufsatzes, der bereits 2006 im ersten BAHN-Konferenzband The Growth of the Brethren Movement (S. 241–260) erschien.


John Bennett: „Charles Stanley (1821–1890)“. In: Precious Seed 76 (2021), Heft 4, S. 8f.

Kurzes Lebensbild Stanleys zum 200. Geburtstag im März 2021 (auch online verfügbar).


Fürchtegott Christlieb [Pseudonym]: „Bedingter Gehorsam? Unbedingt! Ein Kommentar zur aktuellen Debatte um das Verhältnis von Christ und Staat“. In: fest und treu 173 (1/2021), S. 5–9.

Im Rahmen seiner Überlegungen zum coronabedingten Singverbot geht der Autor auch auf die Geschichte der „Brüder“ in der NS-Zeit ein (auch online verfügbar).


Neil Dickson: „Hunter Beattie (1876–1951): A Conscientious Objector at the Margins“. In: Scottish Church History 50 (2021), S. 145–163.

Der Evangelist und Homöopath Hunter Beattie lehnte im Ersten Weltkrieg den Kriegsdienst ab und propagierte diesen Standpunkt in einer eigenen Zeitschrift, was zu Konflikten unter den Offenen Brüdern in Glasgow führte.


Bernard Doherty / Steve Knowles: „Plymouth Brethren Christian Church“. In: Critical Dictionary of Apocalyptic and Millenarian Movements. Hrsg. von James Crossley und Alastair Lockhart. Online (15. Januar 2021).

Websites werden in dieser Bibliografie normalerweise nicht berücksichtigt, aber das ambitionierte akademische Projekt Critical Dictionary of Apocalyptic and Millenarian Movements mag hier einmal eine Ausnahme bilden. Der Artikel informiert sachlich und ausführlich über Geschichte, Lehren, Praktiken und Kontroversen der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder.


Andreas Liese: „1941 eine ‚Gottesstunde‘. Zusammenschluss: Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden“. In: Die Gemeinde [76] (2021), Heft 6, S. 16f.

Kurzer Artikel anlässlich des 80-jährigen Jahrestages der Vereinigung von Brüder- und Baptistengemeinden im BEFG.


Andreas Liese: „‚Einer ist unser Meister, Christus! Ihr aber seid alle Brüder‘ – Zum Gemeindeverständnis von Brüdergemeinden“. In: Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung 1525–2025. Themenjahr 21: gewagt! gemeinsam leben. Hrsg. vom Verein 500 Jahre Täuferbewegung 2025 e.V. Kassel (Oncken / Blessings 4 you) 2021. S. 28f.

Von 2020 bis 2025 wird in einer Veranstaltungsreihe das 500-jährige Bestehen der Täuferbewegung gefeiert, wozu jedes Jahr auch ein umfangreiches „Themenheft“ erscheint. Während das erste Heft auch zum kostenlosen Download bereitsteht, scheint dies beim zweiten Heft, das den obigen Artikel über das Gemeindeverständnis der „Brüder“ enthält, (noch) nicht der Fall zu sein.


Armin Lindenfelser: „Gerhard Tersteegen – ein ‚Großvater‘ der deutschen Brüderbewegung“. In: Zeit & Schrift 24 (2021), Heft 2, S. 28–33; Heft 3, S. 28–33.

Der Autor entwirft ein knappes Porträt Tersteegens und geht der Frage nach, welchen Einfluss er auf die deutsche Brüderbewegung hatte (auch online verfügbar: Teil 1, Teil 2).


Dennis Mackinnon: „Memories of a godly man – the influence of Mr William Trew“. In: Precious Seed 76 (2021), Heft 4, S. 10f.

Erinnerungen an den schottisch-walisischen Evangelisten und Bibellehrer William Trew (1902–1971) (auch online verfügbar).


Christopher R. Mattix: „George Muller“. In: ders.: Heroes. The Titans of History. Aus dem Spanischen. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2021. S. 101–112.

Kurzes populäres Lebensbild Georg Müllers (1805–1898).


Ulrich Neuenhausen: „Die Zeit beurteilen“. In: Offene Türen 113 (2021), Heft 3, S. 9.

Anlässlich der Veröffentlichung von Johannes Warns’ Aufzeichnungen und Erinnerungen (s.o.) reflektiert Neuenhausen in diesem Artikel kurz dessen Haltung zum Nationalsozialismus (auch online verfügbar).


[Joachim Pletsch:] „Leben und Wirken Albert von der Kammers (Kurzbiografie)“. In: Albert von der Kammer: Gott in uns. Wie der Heilige Geist wirkt. Eine biblische Bestandsaufnahme. Dillenburg (Christliche Verlagsgesellschaft) 2021. S. 137–141.

Albert von der Kammer (1860–1951) war nacheinander Baptist, Elberfelder Bruder, Raven-Bruder und (ab Ende 1904) Offener Bruder. Als Mitherausgeber der Handreichungen aus dem Worte Gottes (1913–38) übte er besonders unter Letzteren großen Einfluss aus. Seine 1922 erstmals veröffentlichte Schrift Der Heilige Geist, der in uns wohnt erscheint hier (nach 1964 und 1987) in einer dritten Neuausgabe unter neuem Titel, sprachlich leicht modernisiert und durch eine Kurzbiografie ergänzt.


Michael Tröger / Jürgen Goldnau: „Siegfried Küttler (1930–2020). Ein Nachruf“. In: Zeit & Schrift 24 (2021), Heft 1, S. 30–32.

Siegfried Küttler war der einzige Evangelist der Geschlossenen Brüder in der DDR. Nach der Wende widersetzte er sich den Spaltungstendenzen in dieser Brüdergruppe und geriet dadurch unter Beschuss; seine Heimatversammlung in Wilkau-Haßlau (Sachsen) wurde im November 2002 von den Versammlungen Jena und Reinsdorf „außerhalb der Gemeinschaft gestellt“, sodass Küttler die letzten 18 Jahre seines Lebens „blockfrei“ war. Der Nachruf wurde von seinem Schwiegersohn Michael Tröger und dem Chemnitzer Bruder Jürgen Goldnau verfasst (auch online verfügbar).


Joseph Webster: „Embodied apocalypse: or the native cosmology of late modern social theory“. In: Anthropology & Medicine 28 (2021), S. 13–27.

Der Titel lässt zwar keinen Bezug zur Brüderbewegung erkennen, aber der Aufsatz handelt von der Endzeiterwartung der „Brüder“ in schottischen Fischerdörfern.


Douglas Wertheimer: „A Son and His Father: Edmund Gosse’s Comments and Portraits, 1875–1910“. In: Nineteenth-Century Prose 48 (2021), Heft 1/2, S. 45–92.

Edmund Gosse (1849–1928) war der Sohn des Naturforschers Philip Henry Gosse (1810–1888), der von ca. 1843 bis 1857 den Offenen Brüdern angehörte. Gosse junior schrieb sowohl eine Biografie seines Vaters (The Life of Philip Henry Gosse, 1890) als auch ein sehr bekannt gewordenes Buch über ihre Vater-Sohn-Beziehung (Father and Son, 1907). Die darin geschilderte „engstirnige“ Frömmigkeit seines Vaters prägte lange Zeit das Image der „Plymouth Brethren“ in gebildeten Kreisen – obwohl Gosse in seinem früheren Buch (S. 330) deutlich herausgestellt hatte, dass sein Vater in den letzten 30 Jahren seines Lebens gar nicht mehr den „Brüdern“ angehörte, sondern eine völlig unabhängige Gemeinde leitete. Die Einseitigkeit und Fehlerhaftigkeit von Gosses Darstellungen wird inzwischen auch von Kritikern ohne apologetische Absichten – wie hier Wertheimer – anerkannt.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

1. Todestag von August Jung

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August Jung

Heute vor einem Jahr verstarb der FeG-Pastor August Jung, dessen kirchengeschichtliche Forschungen auch für die Frühgeschichte der deutschen Brüderbewegung etliche neue Erkenntnisse brachten. Im Folgenden der Nachruf, den ich für die diesjährige Ausgabe der Brethren Historical Review geschrieben habe.


Obituary: August Jung (1927–2020)

Some of the most significant contributions to German Brethren historiography have been made by pastors of a ‘rival’ church movement: the Freie evangelische Gemeinden (‘Free Evangelical Churches’, FeG). Carl Brockhaus (1822–1899), the founding father of the German Brethren, and Hermann Heinrich Grafe (1818–1869), the founding father of the FeG, had both been leading members of an evangelistic association called Evangelischer Brüderverein before their new-found ecclesiastical convictions drove them in different directions. Interest in these common origins began earlier in the FeG than in the Brethren movement, so that pioneering studies on FeG history such as the article series Blätter aus vergangenen Tagen (‘Leaves from bygone days’, 1918/19) by Gustav Ischebeck (1863–1937) or the biography Hermann Heinrich Grafe und seine Zeit (‘Hermann Heinrich Grafe and his time’, 1933) by Walther Hermes (1877–1935) produced valuable insights into the beginnings of the German Brethren movement as well. Ischebeck even wrote a (critical) monograph on John Nelson Darby in 1929, which was translated into French in 1937.1 The most recent representative of this line of FeG pastors with a special interest in Brethren history was August Jung, who died in Iserlohn on 22 December 2020 at the age of 93.

Born in the village of Manderbach near Dillenburg on 8 November 1927, August Jung grew up in a family belonging to the Evangelische Gemeinschaft, a pietist group within the Protestant state church, but also maintaining good contacts with the local Brethren assembly (organised as Bund freikirchlicher Christen from 1937) and with preachers of the FeG.2 After war service and captivity (1939–45), Jung decided to become an FeG pastor himself. From 1947 to 1951 he attended their preachers’ seminary at Ewersbach; after that he served for 40 years as a pastor in various FeG congregations (1951–55 Frankfurt am Main, 1955–62 Hamm and environs, 1962–72 Wuppertal-Barmen, 1972–84 Iserlohn-Letmathe, 1984–90 Duisburg-Wanheimerort). On his retirement he moved to Iserlohn again. He had four children with his wife Heidi, née Weber, whom he had married in 1952.

Jung’s interest in church history began in the 1960s. As pastor of the oldest FeG (Wuppertal-Barmen, founded in 1854), he set up a church archive which was soon able to acquire key documents of FeG history, including Hermann Heinrich Grafe’s diaries and the founding minutes of the FeG federation of 1874. In 1983, Jung was one of the initiators of the FeG’s Historical Study Group, which launched the scholarly book series Geschichte und Theologie der Freien evangelischen Gemeinden (‘History and Theology of the FeG’) in 1988.

More intensive historical research had to wait until Jung’s retirement, however. Between 1968 and 1987 he had mainly written short articles for the FeG magazine Der Gärtner, but from 1995 to 2007 five eminent books appeared from his pen. Three of them deal with topics from FeG history and were published in the above-mentioned series,3 the other two are of considerable interest to Brethren historians as well.

Als die Väter noch Freunde waren (‘When the fathers were still friends’, 1999)4 is a ground-breaking study on the beginnings of free-church activities in the Bergisches Land, the region around Wuppertal, Remscheid, Solingen, Düsseldorf and Mülheim/Ruhr. The relevance of the book is more than regional, however: It was precisely this area that saw the emergence of no less than four different German free churches in the 1850s. In addition to the Brethren assemblies (Düsseldorf and environs, 1851) and the FeG (Elberfeld-Barmen, 1854), a Baptist congregation unaffiliated with the ‘official’ Baptists in Hamburg (Ehrener Mühle near Solingen, 1851) and even an early Sabbatarian congregation (Flachsberg near Solingen, 1856) were founded here. As far as the Brethren movement is concerned, Jung was able to correct several errors of his predecessors Ischebeck and Hermes; among other things, he postulated that it was not Heinrich Thorens (1817–1864) who acquainted Carl Brockhaus with Darby’s teachings, as had been assumed until then, but Julius Anton von Poseck (1816–1896). The most conclusive evidence for this hypothesis was only discovered after the book had been published,5 but this makes Jung’s historical instinct appear all the more remarkable.

The person of Julius Anton von Poseck fascinated Jung so much that he produced an entire monograph on him in 2002.6 Jung’s claim that German Brethren had deliberately suppressed the memory of Poseck because he had opposed Darby in the Ryde-Ramsgate controversy was perhaps somewhat exaggerated, and his joy of discovery sometimes led him to speculations, but his archival research brought to light much that was new, especially about the first half of Poseck’s life (his family background, his school and student days). Jung’s hypothesis that it took years for the ‘Düsseldorf’ assemblies founded by Poseck and the ‘Elberfeld’ assemblies founded by Brockhaus to establish full fellowship with each other seemed to rest on somewhat shaky foundations when the book appeared, but received unexpected support in 2019 with the publication of the correspondence between Darby and Wigram.7 An English-language summary of Jung’s Poseck research was presented at the first International Brethren History Conference in Gloucester in 2003 and printed in the 2006 volume The Growth of the Brethren Movement.8

A third important work by Jung on Brethren history is a paper he wrote in 2003 on the occasion of the 150th anniversary of the Brethren assembly at his birthplace of Manderbach.9 In this paper, he shed new light on the prehistory of the Brethren movement not only in Manderbach, but in the entire Dillenburg area. The first Brethren leaders in Dillenburg (Philipp Richter, Carl Richter and Philipp Thielmann) had been Baptists for a while, which might be the reason – according to Jung – why Brethren in this region are still popularly called ‘Baptists’, whereas ‘real’ Baptists have not been able to regain a foothold there down to the present day.

August Jung was sympathetic to the Brethren movement – at least to its ‘Open’ wing, which many of his relatives were and are part of. Like his predecessors Ischebeck and Hermes, he had more serious reservations about ‘Exclusivism’ or ‘Darbyism’. In an interview he gave in 2006, he complained about Darby’s ‘unfortunate doctrine of ruin and separation’:

It has wreaked more havoc than any other doctrine in modern church history: dogmatism, grief, sorrow, distress, hatred, anger, strife and factionalism. Talks cannot heal here. Healing can only come from the repentance of those who have inflicted wounds and still keep them open. But repentance cannot be demanded; it must be given by God.10

In 2008, Jung was awarded the first ‘Neviandt Prize’11 for his contribution to FeG historiography. In his laudatory speech, Professor Wolfgang E. Heinrichs from the University of Wuppertal praised him for ‘reading the sources very profoundly and discerningly, doing extremely precise research, refusing to simply copy what is already there, as so many do, but questioning it critically and checking the traditions against the sources’.12 Thanks to Jung’s research, said FeG press spokesman Arndt Schnepper, the history of the FeG had to be rewritten in some points13 – an assessment that can be applied to (German) Brethren history as well.

‘When you look back over all your research activity,’ Jung was asked in the interview quoted above, ‘what are the most important lessons that can be learned from it for today?’ Jung’s answer was carefully considered:

If it were really possible and each generation did not have to make its own mistakes: resolve doctrinal questions early enough, strip theologically disguised power games of their magic, examine doctrinal nuances for possible consequences, assign co-workers to strong personalities to integrate them in a brotherly way, don’t make secondary issues a reason for separation, don’t automatically take democratic decisions for directives of the Holy Spirit, and practise small steps towards each other.

Jung’s great wish was that his nostalgic book title ‘When the fathers were still friends’ would be practically transformed into the ‘even more important motto: That the grandchildren become friends again’.14


150. Todestag von Sir Alexander Campbell

Sir Alexander Campbell gehört zu jenen „Brüdern“ der ersten Generation, deren Name in jeder Geschichte der Brüderbewegung vorkommt, über deren Leben aber darüber hinaus nicht sehr viel bekannt ist. Ouweneel beispielsweise erwähnt ihn in Het Verhaal van de “Broeders” siebenmal, meist jedoch nur in Verbindung mit anderen Personen. So gehörte Campbell zu den Besuchern der Powerscourt-Konferenz von 18331 und zu den frühen „Brüdern“ in Plymouth, von wo er aber bereits Ende der 1830er Jahre wegzog.2 Nach Darbys Trennung von Newton im Oktober 1845 war Campbell einer der Brüder, die nach Plymouth kamen, „um den Zustand zu untersuchen“, wobei er deutlich mit Darbys Seite sympathisierte.3 Bei der Informationsveranstaltung in der Londoner Rawstorne Street im Februar 1847 schließlich legten er und etliche andere Brüder „klare und ernste Zeugnisse” gegen Newton ab.4

Jugend

Wer war Sir Alexander Campbell? Die bisher einzige nennenswerte Veröffentlichung über ihn ist ein kurzer Artikel von Timothy C. F. Stunt in der Brethren Historical Review 12 (2016),5 der wesentliche Eckpunkte seines Lebens benennt, aber ebenfalls noch manche Fragen offenlassen muss. Da er (im Gegensatz zu vielen anderen BHR-Artikeln) nicht online verfügbar ist, fasse ich ihn hier zusammen und ergänze ihn um einige neuere Erkenntnisse.

Campbell wurde am 22. Oktober6 1804 als Alexander Thomas Cockburn7 in Madras (Indien) geboren, wo sein Großvater mütterlicherseits, der Schotte Alexander Campbell (1760–1824), in der britischen Militärverwaltung tätig war. Mit knapp drei Jahren wurde er von seinem Großvater nach England gebracht, doch bereits im folgenden Jahr verlor er beide Eltern (die Mutter durch einen Schiffsuntergang), sodass er bei seinem Onkel Thomas Cockburn in Devon oder Cornwall aufwuchs. Sein Großvater verfolgte unterdessen seine Karriere weiter, wurde 1815 in den niederen Adelsstand erhoben (Baronet) und brachte es 1820 bis zum Oberbefehlshaber der Madras Army. Als er am 11. Dezember 1824 ohne überlebenden Sohn starb, ging der Adelstitel durch eine (bereits 1821 getroffene) Ausnahmeregelung auf seinen 20-jährigen Enkel Alexander Thomas Cockburn über, der sich fortan Sir Alexander Thomas Cockburn-Campbell, 2nd Baronet nennen durfte.

Bei den „Brüdern“

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Schwiegervater Sir John Malcolm (1769–1833)

Über Campbells nächstes Lebensjahrzehnt ist fast nichts bekannt, außer dass er 1827 seine Cousine Margaret Malcolm heiratete und das folgende Jahr mit ihr in Indien zubrachte (als Adjutant seines Schwiegervaters Sir John Malcolm). Die Rückkehr nach England erfolgte offenbar wegen Margarets Gesundheit. Spätestens 1836 lebten sie in Plymouth, denn im Januar dieses Jahres wurde dort ihre zweite Tochter Olympia geboren (die erste, Charlotte Isabella, war 1834 im Londoner Vorort Teddington zur Welt gekommen8). Der Übertritt zu den „Brüdern“ muss sich bereits einige Jahre früher ereignet haben, da James Butler Stoney Campbells Anwesenheit auf der Powerscourt-Konferenz von 1833 bezeugt.9 Als der Schweizer Pastor Carl von Rodt 1836 die Gemeinde in Plymouth besuchte, logierte er bei Campbell und berichtete:

Unter den begabtesten Brüdern bemerkt man den Capitän Hill10 und den Baron [sic] Campbell, von welchem letztern ich gastfreundlich aufgenommen worden bin; sein Haus ist ein Muster eines christlichen Hauses, und seine Einfachheit ist um so bemerkenswerther, da die Engländer im Allgemeinen die Pracht lieben. Sein Haus wird, obgleich es gut bedient und geräumig ist, doch selbst dem ängstlichen Gewissen nicht Anstoß geben. Der Hausgottesdienst breitet Frieden und herzliche Liebe unter den Hausgenossen aus.11

Campbells Frau Margaret schrieb mehrere Lieder, die später in die Liederbücher der „Brüder“ Eingang fanden, doch sie starb bereits 1841 im Alter von knapp 33 Jahren.12 Zu dieser Zeit lebte die Familie in Exeter, wo Campbell 1840 ein Versammlungsgebäude namens Providence Chapel hatte errichten lassen.

1842 heiratete Campbell erneut, und zwar die 37-jährige Grace Spence, die zuvor wahrscheinlich Gouvernante seiner Töchter gewesen war. Sie brachte in den folgenden Jahren zwei Söhne (Alexander und Thomas) und eine Tochter (Cecilia) zur Welt. In diese Zeit fielen die oben beschriebenen Auseinandersetzungen um Benjamin Wills Newton, die Campbell anscheinend recht mitnahmen, denn ein Teilnehmer der Konferenz in Bath im Mai 1848 hielt folgende Beobachtung für erwähnenswert:

During an interval between the meetings he remained in the room, with his legs resting on one of the benches, looking desolate and dejected.13

Tatsächlich muss es in den folgenden Jahren bei Campbell sogar zu einer ernsten Glaubenskrise gekommen sein. Darby schrieb am 18. Januar 1851 aus Montpellier an George Vicesimus Wigram in Le Vigan:

Campbell goes I suppose to St Hipp[*olyte?] Tuesday. You will see I suppose how he is; he reads now the bible, but it is astonishing how he is numbed. It is a miserable thing infidelity. I never saw it so near morally, but I hope there is progress.14

Demnach war Campbell also in Zweifel, wenn nicht gar in offenen „Unglauben“ (infidelity) geraten und begann soeben erst wieder in der Bibel zu lesen. Wigram ließ ihm im März 1853 Darbys Schrift The Irrationalism of Infidelity zukommen,15 in der Darby die Bibel und den christlichen Glauben gegen die Angriffe des Skeptikers Francis William Newman verteidigte – auch dies ein Hinweis auf Campbells (offenbar ähnliche) geistliche Situation.

Europa

Die Erwähnung von „St Hipp“ – die Herausgeber der Briefedition identifizieren den Ort als Saint-Hippolyte im südfranzösischen Département Gard, etwa 50 km nördlich von Darbys Aufenthaltsort Montpellier und 30 km östlich von Wigrams Aufenthaltsort Le Vigan – liefert uns den derzeit einzigen Aufschluss über Campbells Verbleib in diesen Jahren. Spätestens Ende 1847 war die Familie von Exeter nach Barnstaple gezogen, aber im britischen Census von 1851 ist sie (mit Ausnahme der beiden Töchter aus erster Ehe) unauffindbar – was sich mit einem Auslandsaufenthalt gut erklären lässt. Nach Stunt könnten dafür finanzielle Gründe ausschlaggebend gewesen sein:

Many British aristocrats and gentry, living on a fixed income from annuities, found that they could buy more with their pounds when living abroad.16

mohl
Robert von Mohl (1799–1875)

1855 finden wir die Familie (offenbar einschließlich der beiden ältesten Töchter) in Heidelberg, und hier stoßen wir nun auf das größte ungelöste Rätsel in Campbells Leben. Robert von Mohl (1799–1875), der zu dieser Zeit Juraprofessor in Heidelberg war, berichtet in seinen Lebenserinnerungen Folgendes:

Von dem fluktuierenden Teile der Heidelberger Gesellschaft ausführlich zu berichten, wäre nicht am Platze. Solche Zugvögel hatten doch zu wenigen Einfluß auf die wirklichen Verhältnisse, obgleich unter ihnen sehr nette Leute waren, schöne Frauen und Mädchen, erfahrene und weitgereiste Weltmänner. So zum Beispiel […] Sir A. Campbell, ein Schwiegersohn von Sir John Malcolm, er für seine Person ein schuftiges Subjekt, welches die Familie schließlich an dem Swan River in Australien als Polizeibeamten unterbrachte, dessen Töchter aber reizende Erscheinungen waren; […]17

„Ein schuftiges Subjekt“ – welches Fehlverhalten Campbells mag zu diesem erstaunlichen, an Geringschätzung kaum zu überbietenden Urteil Mohls geführt haben? Bisher liegen darüber keinerlei gesicherte Erkenntnisse vor. Heutige Nachkommen Campbells in Australien nehmen an, dass er nach wie vor finanzielle Probleme hatte – beging er vielleicht ein Betrugsdelikt? Die nachfolgende Karriere als „Polizeibeamter“ käme dann freilich sehr überraschend. Tatsache ist, dass Campbell 1858 ohne seine Familie nach Australien emigrierte; seine zweite Tochter, die „reizende Erscheinung“ Olympia, hatte 1857 noch den Heidelberger Kaufmann Charles Uhde (1814–1859), Besitzer des Schlösschens in Handschuhsheim, geheiratet.18

Australien

In der weit entfernten britischen Kolonie wirkte Campbell zunächst als Superintendent of Police in Perth, dann als Magistrate (Friedensrichter) in Albany.19 Nach Europa kehrte er, soweit bekannt, nur noch zweimal zurück: 1859 rekrutierte er in Irland Männer für den australischen Polizeidienst,20 und 1869/70 besuchte er die Schweiz und England. Dass er in dieser Phase seines Lebens noch (oder wieder) den „Brüdern“ angehörte, ist unwahrscheinlich; dennoch erfuhren diese von seinem Besuch, denn Darby schrieb im Dezember 1869 an Wigram:

Sir A Campbell, poor fellow, is back, thinking to take them all to Australia. I wrote to him: I have not yet heard.21

You know doubtless that poor Campbell is back, going with family to Australia.22

Warum die Familie und insbesondere seine Frau Grace ihn nicht bereits 1858 nach Australien begleitet hatte, liegt im Dunkeln; Grace zog dies wohl zeitweise in Erwägung,23 konnte sich jedoch nie dazu entschließen, auch nicht Ende 1869, als Darby die obigen Zeilen schrieb. Über die Beziehung der getrennt lebenden Eheleute kann man überhaupt nur Spekulationen anstellen. Grace blieb im Gegensatz zu ihrem Mann den „Brüdern“ treu; soweit wir wissen, lebte sie 1859–61 in der Schweiz, 1861–64 auf Guernsey, 1864–68 in England, 1868–70 erneut in der Schweiz und zum Schluss wieder in England. Campbell besuchte sie Ende 1869 in der Schweiz, reiste dann allerdings gleich weiter nach England, wohin Grace ihm erst im März 1870 folgte. Als sie am 31. Juli 1870 in Southport im Alter von knapp 65 Jahren starb, waren ihre Kinder Cecilia und Alexander und möglicherweise auch ihr Mann bei ihr.24

Auch Campbell selbst waren nur noch wenige Lebensmonate beschieden. Er kehrte wahrscheinlich im Herbst 1870 nach Australien zurück und heiratete dort im April 1871 die 32-jährige Sophia Jane Trimmer, eine ältere Schwester seiner Schwiegertochter Lucy Ann (die im Mai 1870 – also während Campbells Aufenthalt in England – seinen jüngeren Sohn Thomas geheiratet hatte). Nur drei Wochen nach dieser dritten Eheschließung, am 23. April 1871, heute vor 150 Jahren, starb Sir Alexander Campbell an seinem Wohnort Albany, 66 Jahre alt.

Nachkommen

Über Campbells älteste Tochter Charlotte Isabella habe ich nach 1851 nichts Sicheres mehr herausfinden können; da Mohl von „reizenden Erscheinungen“ im Plural spricht, fand auch sie möglicherweise einen Ehepartner auf dem europäischen Kontinent.

Die zweite Tochter Olympia wurde bereits nach zwei Jahren Ehe mit Charles Uhde Witwe und heiratete 1863 den deutschen Adligen Friedrich James Ernst Ochoncar Bruno von Poellnitz (1840–1903), mit dem sie fünf Kinder hatte.25 Sie starb am 7. September 1892 im österreichischen Bregenz.26

Alexander, der ältere Sohn aus Campbells zweiter Ehe, besuchte seinen Vater 1867/68 in Australien, ließ sich aber nicht dauerhaft dort nieder und blieb unverheiratet. Er erbte nach dem Tod seines Vaters den Adelstitel, starb jedoch selbst bereits weniger als fünf Monate später, am 6. September 1871.

Damit ging die Baronetswürde auf seinen jüngeren Bruder Thomas über, der 1864 seinem Vater nach Australien gefolgt war und den heute noch existierenden australischen Zweig der Familie begründete. Er arbeitete als Landvermesser, Farmer, Politiker und Zeitungsherausgeber und starb am 27. September 1892 in Perth. Mit der oben genannten Lucy Ann Trimmer hatte er sechs Kinder; sein ältester Sohn Alexander Thomas (1872–1935) erbte den Adelstitel, der bis heute fortgeführt wird.

Die Tochter Cecilia, die ebenfalls unverheiratet blieb, emigrierte erst nach dem Tod ihres Vaters nach Australien und wurde katholisch. Wann und wo sie starb, ist unbekannt.27


150. Todestag von David Walther

troesterAls Julius Anton von Poseck und William Henry Darby 1849 begannen, englische und französische „Brüderliteratur“ ins Deutsche zu übersetzen, war ihr bevorzugter Autor John Nelson Darby – mehr als die Hälfte der „Düsseldorfer Schriften“ stammte aus seiner Feder. Unter den sonstigen Übersetzungen trug nur eine einzige einen Autorenvermerk: Die 22-seitige Broschüre Die Persönlichkeit des Trösters. Aus dem Englischen (1850) enthielt ein von „D. Walther“ unterzeichnetes Vorwort.

Angesichts der th-Schreibweise des Nachnamens würde man den Verfasser vielleicht eher im deutschen als im englischen Sprachraum vermuten, und tatsächlich stammte der Vater von David Walther aus Deutschland: Johann Heinrich Walther (1745/46–1835) war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Hannover nach London ausgewandert, wo er sich Henry nannte und in den 1780er Jahren eine Buchbinderei gründete. Als ältester überlebender Sohn aus seiner 1790 geschlossenen zweiten Ehe mit Henrietta Petit (1756–1815) wurde 1794 der hier in Rede stehende David geboren.

Leben

Über Walthers Leben und Wirken hat der langjährige CBA-Archivar David Brady 2017 in der Brethren Historical Review einen ausführlichen Artikel veröffentlicht, der in einer 2020 nochmals erweiterten und aktualisierten Fassung auf der BAHN-Website verfügbar ist. Ich kann mich daher im Folgenden auf einen knappen Überblick beschränken.

David Walther ließ sich – nach einigen frühen Versuchen als Dichter – spätestens 1820 als Buchhändler und Verleger in der Brydges Street im Londoner Stadtteil Covent Garden nieder. 1823 heiratete er Isabella Hawkins, die in den folgenden Jahren zwei Töchter zur Welt brachte, jedoch bereits 1831 starb. 1834 zog Walther mit seinem Geschäft in die Straße Piccadilly, 1836 schloss er sich wahrscheinlich den „Brüdern“ an. In seinem Verlag hatte er von Anfang an neben säkularen auch christliche Titel herausgegeben, darunter 1833 ein Buch aus eigener Feder (Vindiciæ Biblicæ: A Series of Notices and Elucidations of Passages in the Old and New Testaments, which have been the Subject of Attack and Misrepresentation by Deistical Writers). Das Werk, das mit fünf Auflagen wohl zum größten Bestseller des Unternehmens wurde, erschien ab 1838: Jean-Henri Merle d’Aubignés History of the Great Reformation of the Sixteenth Century in Germany, Switzerland, etc. in anfangs drei, später fünf Bänden.

Von 1841 bis 1846 verlegte Walther auch Schriften von Darby. Nach der Spaltung von 1848 kam seine Versammlung in der Londoner Orchard Street jedoch auf der „offenen“ Seite zu stehen, die Walther mit mehreren Schriften auch publizistisch unterstützte, allerdings nicht mehr im eigenen Verlag: Etwa um diese Zeit stellte er seine Geschäftstätigkeit ein und ließ die ca. 40 meist knappen Schriften seiner letzten beiden Lebensjahrzehnte (die umfangreichste darunter war eine 74-seitige Erwiderung auf Francis William Newmans Phases of Faith, 1851) bei anderen Londoner Verlagen wie Campbell, Yapp oder Nisbet erscheinen. Am 16. April 1871, heute vor 150 Jahren, starb David Walther in seiner Londoner Wohnung.

1871-04-20 The Whitehaven News 5 Died (Walther)
The Whitehaven News, 20. April 1871, S. 5
walther_npc
National Probate Calendar 1871

„Die Persönlichkeit des Trösters“

Als die Broschüre Die Persönlichkeit des Trösters 1850 in Düsseldorf erschien, gehörte ihr Autor demnach bereits den Offenen Brüdern an. Möglicherweise war dies den Übersetzern gar nicht bekannt – Julius Anton von Poseck war ja erst im Sommer 1848 (ziemlich genau zur Zeit der Bethesda-Trennung) zum Glauben gekommen, und William Henry Darby hielt sich seit Herbst 1848 in Düsseldorf auf (die Versammlung Walthers in der Orchard Street wurde erst 1849 von der Trennung erreicht). Vielleicht war ihnen aber auch der Inhalt wichtiger als die Gemeindezugehörigkeit des Verfassers – mit Jerusalem und der Mensch der Sünde (ebenfalls 1850) brachten sie immerhin sogar eine Schrift heraus, die (zumindest teilweise) auf Benjamin Wills Newton zurückging.1

Das englische Original der Walther-Broschüre, The Personality of the Comforter, Briefly Considered, war 1848 in London erschienen und ist heute extrem selten: Außer in der British Library scheint nirgendwo mehr ein Exemplar erhalten geblieben zu sein, auch nicht im Christian Brethren Archive. Thema der Schrift ist die Personalität oder Personhaftigkeit des Heiligen Geistes – das griechische Wort parakletos (Joh 14,16.26; 15,26; 16,7; 1Joh 2,7), das in der Elberfelder Bibel traditionell mit „Sachwalter“ übersetzt wurde (in der revidierten Ausgabe seit 1985 „Beistand“), erscheint in der englischen Authorized oder King James Version (und auch noch in der Übersetzung Darbys2) als „Comforter“.

walther_vorwortDie Wiedergabe mit „Tröster“ war zeitgenössischen deutschen Lesern aus der Lutherbibel vertraut; insofern bot der Titel der Broschüre keine Verständnisschwierigkeiten. Vom Innenteil lässt sich dies leider nicht sagen; tatsächlich ist die Übersetzung von einer derartigen Sperrigkeit und Schwerfälligkeit, dass man viele Sätze mehrmals lesen muss, um ihnen überhaupt einen Sinn abzugewinnen.

Bereits die ersten zwei Absätze des Vorworts sind keine stilistische Meisterleistung, wenn auch noch nachvollziehbar:

Ein Wort, das ich mit einem theuern Bruder gewechselt habe, veranlaßt mich, eine Bemerkung zu machen in der Weise eines Vorwortes.

Indem der heilige Geist gegeben ist, um der Kirche zu helfen, damit sie ihr Nahesein zu Gott bewirklichen möge; so ist der Geist doch oft so sehr mißverstanden worden, daß der Herr dadurch sogar in Entfernung gestellt ward. (S. [3])

„In der Weise eines Vorwortes“, „Nahesein zu Gott bewirklichen“, „in Entfernung gestellt“ – das war auch Mitte des 19. Jahrhunderts kein geläufiges, idiomatisches Deutsch (für keine dieser Wendungen findet man Treffer auf Google Books). Aber es wird noch deutlich schlimmer:

Das Andenken an den heiligen Geist, als an eine gesandte Person, was eine große Schriftwahrheit ist, wird als ganz besonders hervorgehoben von der heil. Schrift unterhalten; – und es beugt dem nebelartigen Wahrnehmen, unter welchem die Kenntniß von Gott zuweilen entwickelt wird, vor. (S. 9)

Von der Heiligen Schrift wird also „das Andenken als ganz besonders hervorgehoben unterhalten“, und die Kenntnis von Gott wird „zuweilen unter einem nebelartigen Wahrnehmen entwickelt“ – was damit gemeint ist, kann man allenfalls erahnen, und man hätte gerne die englische Vorlage zum Vergleichen! Dass es keine bessere Möglichkeit gab, diese Sätze ins Deutsche zu übertragen, mag man jedenfalls kaum glauben.

Der Gesandte für die gegenwärtige Heilsanstalt trägt das Zeugniß von Ihm, – welchen zu sehen den Vater sehen war. (S. 10)

„Heilsanstalt“ ist möglicherweise ein früher Übersetzungsversuch für das englische Wort dispensation, aber ob den Zeitgenossen die Bedeutung dadurch wirklich transparent wurde, erscheint zweifelhaft. Auch der Satzteil nach dem Gedankenstrich kann schwerlich als gutes, idiomatisches Deutsch durchgehen.

Wir träumen und plaudern von Einfluß, wann er mit unserem Geiste in Vertraulichkeit umgeht, und das bis zum Unerforschlichen der frohen Gegenstände dieser Wahrheit. (S. 12)

Der erste Satzteil (bis „umgeht“) soll offenbar betonen, dass der Heilige Geist eine Person ist und kein bloßer „Einfluß“, aber der letzte Teil hängt sowohl syntaktisch als auch semantisch seltsam in der Luft – was soll man sich unter dem „Unerforschlichen der frohen Gegenstände dieser Wahrheit“ vorstellen?

Ich schätze die Thatsache, daß die Form [„den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“] nur bei Matthäus vorkommt. (S. 13)

„Schätzen“ ergibt hier wenig Sinn; in der Vorlage könnte acknowledge gestanden haben, was zwar auch „schätzen, würdigen“ bedeuten kann, hier aber besser mit „zugeben, einräumen“ zu übersetzen wäre.

Tragen wir dieß im Gemüthe, dann werden wir fähiger sein, den Grund für die theilweise Oeffnung der Wahrheit, wo diese vorkömmt, zu verstehen, welche wir in der Unruhe der Neugierde erfolglos zuvergrößern [sic] suchen.

Ich kann mich keiner Sache erinnern, die als ein Bedürfniß der Kirche eine weitere Eröffnung der Verhältnisse zwischen den Personen der Dreieinheit erheischen könnte, als schon gegeben ist. (S. 18)

Man versteht hier – wie an vielen Stellen der Broschüre – zwar einzelne Satzteile, aber es wäre mir nicht möglich, den Sinn dieser beiden Absätze mit eigenen Worten wiederzugeben.

Ob Die Persönlichkeit des Trösters ein repräsentatives Beispiel für die Qualität der Poseck-Darby’schen Übersetzungen ist, bedürfte einer genaueren Untersuchung; in den bisherigen Darstellungen (Ischebeck, Hermes, Jung usw.) sind die „Düsseldorfer Schriften“ ja immer nur aufgelistet, aber nie inhaltlich oder sprachlich analysiert worden. Wahrscheinlich wird man davon ausgehen können, dass der schriftliche Dienst von Carl Brockhaus ab 1853 auch deswegen eine größere Wirkung erzielte, weil er es verstand, sich volkstümlicher auszudrücken. Was David Walther angeht, so blieb Die Persönlichkeit des Trösters wohl die einzige seiner Schriften, die ins Deutsche übersetzt wurde.


Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2020

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenzustellen und kurz kommentieren bzw. einordnen.

In die Bibliografie von 2019 habe ich inzwischen übrigens nicht weniger als 15 Nachträge aufgenommen: 11 Bücher (Cargill/Brown, Darby/Wigram, Ennis, Houston, Marzone, McLennan, Pickering, Riedel, Smith, Till, Yarrall) und 4 Aufsätze (Bauer/Metzger, King, Liese, Noble). Auch in der Bibliografie von 2018 waren noch zwei Aufsätze nachzutragen (Jabini und Völkening).


BÜCHER


applebySusan Appleby: Search for a Soul. Oldbury, Australien (Linellen Press) 2020. 352 Seiten. ISBN 978-1-922343-27-7.

Ein weiterer Beitrag zum seit der Jahrtausendwende boomenden Genre der Raven-Taylor-Aussteigerliteratur. Im Falle der 1940 geborenen Engländerin Susan Appleby liegt der „Ausstieg“ allerdings bereits lange zurück: Sie wurde 1961 ausgeschlossen, weil sie sich in einer Zusammenkunft, in der über den Ausschluss ihrer Mutter verhandelt wurde, Notizen gemacht hatte und nicht bereit war, diese zu vernichten. (Ihr Vater war schon knapp zwei Jahre vorher ausgeschlossen worden, weil er sich weigerte, die außenstehende Person zu benennen, deren Spende die Heizung des Versammlungsraums finanziert hatte!) Die Erinnerungen an die Raven-Taylor-Zeit, bereits 1970 niedergeschrieben, nehmen etwa die Hälfte des Buches ein; die zweite Hälfte führt bis in die Gegenwart. Im Unterschied zu vielen anderen Aussteigern hat sich die Autorin nicht vom christlichen Glauben abgewandt, sondern gehört seit ihrer Heirat 1968 der anglikanischen Kirche an.


Ken Barrett (Hrsg.): En España por amor al Señor. 150 años del movimiento de los Hermanos. Madrid (Centro Evangélico de Formación Bíblica) 2020. 235 Seiten. ISBN 978-84-120474-2-4.

Eine Geschichte der Offenen Brüder in Spanien.


berthoudJean-Marc Berthoud: John Nelson Darby. L’essor d’un hérétique total. Lausanne (Éditions Messages) 2020. 162 Seiten. ISBN 978-0-244-87512-1.

Der Untertitel „Aufstieg eines totalen Irrlehrers“ macht bereits deutlich, dass es sich hier nicht um ein sachlich informierendes, sondern um ein kritisches, wenn nicht polemisches Werk handelt. Im Zentrum stehen John Nelson Darbys Jahre in Lausanne von 1840 bis 1845, wo er eine „radikale Neuorientierung des christlichen Glaubens“ herbeizuführen versucht habe und damit zum Wegbereiter Satans geworden sei. Der Autor selbst ist offenbar Calvinist oder reformierter Baptist. Als Anhang zu seinen etwa 70-seitigen Darlegungen druckt er auf ca. 30 Seiten übersetzte Auszüge aus Thomas Croskerys Catechism on the Doctrines of the Plymouth Brethren (1879) sowie einen kurzen eigenen Kommentar zu Römer 11 ab. Eine knapp 20-seitige systematische Bibliografie beschließt den Band.


siegfriedkollWolfgang Bühne: Siegfried Koll. Der verfolgte, aber nicht verlassene Deutsch-Chinese. Bielefeld (CLV) 2020. 154 Seiten. ISBN 978-3-86699-757-8.

Gustav und Lili Koll, ein deutsches Missionarsehepaar der Geschlossenen Brüder, adoptierten 1929 in China einen knapp zweijährigen Waisenjungen und gaben ihm den Namen Siegfried. Drei Jahre seiner Kindheit (1933–36) verbrachte er mit seiner Adoptivmutter in Deutschland. Als junger Erwachsener wurde er aus politischen Gründen verhaftet und kam während seiner zweijährigen Gefangenschaft zum Glauben. Nach der kommunistischen Machtübernahme mussten seine Adoptiveltern 1952 China verlassen, woraufhin Siegfried sich der Gemeinde von Wang Ming-Tao anschloss. 1958 wurde er um seines Glaubens willen erneut interniert und verbrachte die folgenden 20 Jahre in Arbeitslagern. 1978 entlassen, wandte er sich vollzeitlich der Evangelisation und Verkündigung zu. Mitte der 1980er Jahre kam er wieder mit den deutschen Geschlossenen Brüdern in Kontakt, die ihn fortan unterstützten. Er starb 2010.

Die Biografie ist lebendig und gut lesbar geschrieben und durch acht farbige Bildseiten angereichert. Den zweiten Teil des Buches bildet eine 42-seitige Abhandlung über „Christen in China – gestern und heute“. Laut Wolfgang Bühne sind aktuelle Meldungen über Christenverfolgungen in China oft übertrieben; Gemeinden, die in ihrer Verkündigung auf politische Themen verzichteten, bekämen „mit wenigen Ausnahmen keine Probleme“ (S. 129). Ein Exkurs über die um 1991 entstandene chinesische Sondergemeinschaft „Kirche des Allmächtigen Gottes“ und ein Text von Siegfried Koll selbst über die Situation der Hausgemeinden in Nordchina runden den Band ab.


Charles E. Cotherman: To Think Christianly. A History of L’Abri, Regent College, and the Christian Study Center Movement. Foreword by Kenneth G. Elzinga. Downers Grove, IL (InterVarsity Press) 2020. xvii, 305 Seiten. ISBN 978-0-8308-5282-6.

Von brüdergeschichtlichem Interesse ist vor allem Kapitel 2 über das von Offenen Brüdern gegründete Regent College in Vancouver.


Jean DeBernardi: Christian Circulations: Global Christianity and the Local Church in Penang and Singapore, 1819–2000. Singapur (National University of Singapore Press) 2020. xvi, 430 Seiten. ISBN 978-981-3251-09-0.

Auch wenn es aus dem Buchtitel nicht direkt hervorgeht, handelt es sich hier laut Verlagstext um eine „überregionale Geschichte der Brüderbewegung und ihrer Stellung in Singapur und Malaysia“. Die Autorin ist Professorin für Anthropologie an der Universität von Alberta (Kanada).


brethrenchurchNeil Dickson / T[homas] J[ohn] Marinello (Hrsg.): The Brethren and the Church. Studies in Brethren History. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2020. xviii, 472 Seiten. ISBN 978-1-9160130-2-5.

Der sechste Band der Reihe Studies in Brethren History versammelt die Vorträge der BAHN-Konferenzen von 2017 und 2019:

Timothy C. F. Stunt: „The Early Ecclesiastical Identity of John Nelson Darby“ (S. 7–22)
Neil Summerton: „Was George Müller Brethren?“ (S. 23–46)
Ian Randall: „‘I felt bound to receive all true Christians as brethren’: The Expansive Ecclesiology of Andrew Jukes (1815–1901)“ (S. 47–62)
Elisabeth Wilson: „‘Gathering and Receiving’: A Reassessment of the Role of Rice Thomas Hopkins in Australia“ (S. 63–77)
Roger N. Holden: „The Chicago Notes Controversy: James Taylor and Developing Views of the Assembly amongst the Exclusive Brethren“ (S. 79–101)
James I. Fazio: „The Elements and Ordinances of Proto-Brethren Assemblies, 1818–20“ (S. 105–115)
Crawford Gribben: „Brethren and the Legacy of the Reformation“ (S. 117–138)
David A. Smith: „Brethren Ecclesiology in Historical Perspective“ (S. 139–153)
Tim Grass: „What’s in a Name? Theology and the Names of Brethren Places of Worship“ (S. 155–165)
Mark R. Stevenson: „The Office of the Elder in Brethren History“ (S. 167–183)
Neil Summerton: „Charisma and Organization: An Unresolved Theological Tension in the Open Brethren“ (S. 185–200)
Neil Dickson: „The Body and the Circle: Church Metaphors in the Open Brethren“ (S. 201–215)
Peter Conlan: „‘What are you doing for Christ in Birmingham?’ The History, Strategy, and Legacy of a Missional Brethren Assembly Founded by Alexis Jacob in 1924“ (S. 217–227)
Tim Grass: „Ecclesiology in a Hostile Environment: Brethren in Franco’s Spain“ (S. 229–243)
Elisabeth Wilson: „‘A revolution in thought and practice’: The Reconciliation of the Hopkins and Open Meetings in Australia, 1950s–1960s“ (S. 245–257)
T[homas] J[ohn] Marinello: „New Brethren in Flanders: Changing Views of Their Identity“ (S. 259–274)
Neil Dickson: „‘Sweet feast of love divine’: The Lord’s Supper in Brethren History“ (S. 277–306)
Mark R. Stevenson: „The Language of Worship: Brethren Use of the Song of Solomon“ (S. 307–321)
Neil Summerton: „Charisma and Organization: Institutionalism in the Open Brethren in the United Kingdom“ (S. 323–349)
Roger Shuff Yatol: „Romantic Expressions: Brethren and the Value of Art“ (S. 351–370)
Jean DeBernardi: „Startling, Stubborn Things: Prayer and the Ministry of Deliverance in China and Southeast Asia“ (S. 371–387)
Roger N. Holden: „Household Baptism, not Infant Baptism: Taylorite Exclusive Brethren and Baptism“ (S. 389–412)
Kenneth B. E. Roxburgh: „Preaching among the Open Brethren in the Mid-Twentieth Century“ (S. 413–426)
T[homas] J[ohn] Marinello: „Opening of the Closed: The Worldwide Breakup of the Kelly-Lowe-Continental Brethren at the End of the Twentieth Century“ (S. 427–448)
Peter Lineham: „Open Worship and its Decline: Changes in Brethren Identity in New Zealand“ (S. 449–472)

Von den zahlreichen interessanten Aufsätzen dieses Bandes möchte ich insbesondere den vorletzten hervorheben, in dem die internationale Spaltung der Kelly-Lowe-Continental-Brüder (in Deutschland als Geschlossene Brüder oder „Alte Versammlung“ bekannt) in den 1990er Jahren erstmals akademisch untersucht wird. Marinello unterscheidet metaphorisch drei Phasen: „The gathering storm“ (umstrittene Ausschlüsse in Deutschland, den USA und Frankreich ab 1985), „The rumble of thunder“ (umstrittener Ausschluss in Den Helder 1990, Vorgänge in Lofer 1991 u.a.) und „The storm strikes“ (Trennungsbrief aus Den Helder 1995 mit den weltweiten Folgen). Dass sich in Deutschland ca. 30 % von den Geschlossenen Brüdern gelöst hätten (S. 447), ist wohl etwas zu hoch gegriffen.


kgsloanKlaus Güntzschel (Hrsg.): William Gibson Sloan. Einer geht hin – Erweckung auf den Färöern. Lychen (Daniel) 2020. 111 Seiten. ISBN 978-3-945515-38-9.

Der Schotte William Gibson Sloan (1838–1914) gilt als Begründer der (Offenen) Brüderbewegung auf den Färöer-Inseln. Seine 1865 begonnene Evangelisationsarbeit führte dazu, dass die Färöer heute den weltweit größten „Brüder“-Anteil an der Gesamtbevölkerung aufweisen (je nach Quelle zwischen 7 und 15 %). 1993 erschien in einem färöischen Verlag eine ca. 270-seitige englischsprachige Biografie Sloans (Fisherman of Faroe von Fred Kelling), die für das vorliegende Buch „zunächst übersetzt, dann aber komplett überarbeitet und in diesem Zuge stark gekürzt“ wurde (S. 10). Der Band erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch, sondern verfolgt in erster Linie praktisch-erbauliche Ziele. Durch das große Format und die zahlreichen Illustrationen – darunter viele eigens angefertigte Landschaftsaufnahmen von den Färöern – wirkt er streckenweise fast wie ein Bildband.


William Hall: Critique Of The Brethren. An examination of ‘Scripturally’ claims for Scriptural practices. How Biblical are Brethren claims Regarding Assembly Distinctive And Principles of Gathering? [sic] Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2020. 108 Seiten. ISBN 979-8-68314774-7.

Vorschläge zu einer Reform der Offenen Brüdergemeinden, zuerst vorgetragen auf der National Elders and Workers Conference in Kingston, Jamaika im Juni 1991 (daher der Umschlagtitel Looking In-depth at The Brethren Movement in Jamaica 1991).


Patricia Hazell: The Kennard Story. [North Manly, Australien] (Selbstverlag) 2020. 120 Seiten.

Die englische Familie Kennard, die bereits zu Darbys Lebzeiten den Geschlossenen Brüdern und später den Raven-Brüdern angehörte, wanderte 1911/13 nach Australien aus. Das Buch zeichnet ihre Geschichte von Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart nach, einschließlich der Raven’schen Spaltungen, die sich auch auf die Familie auswirkten. Die Autorin ist Familienmitglied, wuchs aber nicht mehr unter den „Brüdern“ auf.


Robert Plant (Hrsg.): They Finished Their Course. Volume 5. Kilmarnock (Ritchie) 2020. 711 Seiten. ISBN 978-1-912522-93-4.

Kurzbiografien von fünfzig in den 2010er Jahren verstorbenen (konservativen) Offenen Brüdern, darunter David W. Gooding (S. 193–205) und Harold S. Paisley (S. 457–467), ergänzt durch vier Nachträge aus früheren Jahrzehnten.


Jessie Shedden: These Boots Were Made For Walking. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2020. xiii, 157 Seiten. ISBN 979-8-68367-306-2. — Überarbeitete Ausgabe: Tomorrow’s Not Promised. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2020. xxvii, 223 Seiten. ISBN 979-8-69848324-3.

Die jüngste Raven-Taylor-Aussteigerbiografie stammt auch von der bisher jüngsten Autorin: Die 1986 geborene Engländerin Jessie Shedden verließ die Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder erst Ende 2017. Nach Teilnahme an einem Kurs „40 Days to a Finished Book“ schrieb sie ihr Buch in 40 Tagen, brachte jedoch bereits einen Monat später unter neuem Titel eine überarbeitete und erweiterte Version davon heraus. Es bietet den wohl aktuellsten Einblick in das Innenleben dieser Randgruppe der Brüderbewegung.


stuecherHelmut Stücher [Hrsg.]: Das „Judenbuch“ in der Nazizeit. Erinnerungen eines Nichtwählers. Norderstedt (BoD) 2020. 179 Seiten. ISBN 978-3-7504-5263-3.

Wilhelm Stücher (1898–1969) war einer der bekanntesten Gegner des BfC und einer der wenigen „Brüder“, die den antichristlichen Charakter des NS-Regimes deutlich erkannten. Etwa ein Jahr vor seinem Tod besprach er ein Tonband mit Erinnerungen an die Zeit des Versammlungsverbots. Sein Sohn Helmut (* 1933) transkribierte und überarbeitete die Aufzeichnungen und ergänzte sie um einige Briefe und Dokumente. Unter dem Titel „Erinnerungen eines Nichtbündlers“ (aus der Nazizeit) kursiert dieses Typoskript seither vor allem in Kreisen der Geschlossenen Brüder und wurde auch von Historikern wiederholt als Quelle herangezogen.

Dass diese Erinnerungen nun – über 50 Jahre nach ihrer Niederschrift – erstmals auch in Buchform zugänglich gemacht werden, ist grundsätzlich verdienstvoll. Allerdings löst bereits der Umschlag Verwunderung aus: Offenbar meinte der Herausgeber einen für eine breitere Leserschaft verständlichen Titel finden zu müssen und ersetzte daher „Nichtbündler“ durch „Nichtwähler“ – das war Wilhelm Stücher sicher auch, aber es ist kaum das Hauptthema des Buches. Auch das in den Obertitel gesetzte Wort „Judenbuch“ (gemeint ist die Bibel) kommt in Stüchers Erinnerungen nur an einer einzigen Stelle vor, nämlich auf S. 24 (Typoskript S. 10). Befremdlich wirkt außerdem, dass der Name Wilhelm Stücher auf dem Titelblatt überhaupt nicht auftaucht, sondern Helmut Stücher als Autor firmiert – erst im Vorwort (S. 7) erfährt der Leser, dass es sich um die Erinnerungen seines Vaters handelt.

Das Vorwort wirft noch weitere Fragen auf. Im Originaltyposkript endete es mit folgendem Absatz (Fettdruck hinzugefügt):

Allerdings bedurften die Erzählungen, wie sie aufgezeichnet waren, einer Überarbeitung, was ich jüngst übernommen habe. Dabei konnte ich aus den noch vorhandenen Korrespondenzen aus jener Zeit Ergänzungen einfügen. Es erschien mir im Interesse eigener Urteilsbildung nützlich, von meinem Vater angeführte Briefe und Schriften zum Teil wörtlich wiederzugeben, wodurch m.E. dem Leser ein objektiverer Einblick in die Entwicklung der Dinge gegeben wird, wie sie durch das Aufkommen und Wirken des nationalsozialistischen Geistes im Kreise der „Brüder“ bestimmt wurde.

In der Buchfassung heißt es stattdessen lapidar:

Diese Memoiren sind auf Tonband gesprochen worden und später davon abgeschrieben, so daß es sich um das gesprochene Wort handelt, das nicht mehr überarbeitet wurde.

Das ist nicht nur eine erhebliche Verkürzung, sondern im Grunde eine Verkehrung ins Gegenteil: „Bedurften die Erzählungen“ nun „einer Überarbeitung“, die der herausgebende Sohn auch vornahm, oder wurde „das gesprochene Wort […] nicht mehr überarbeitet“? Dem Originaltyposkript wird man sicher mehr Glauben schenken dürfen als einem Nachdruck nach über 50 Jahren, und tatsächlich klingt der Text auch kaum wie eine wortwörtliche Mitschrift, aber warum dann diese Änderung im Vorwort?

Abweichungen vom Typoskript finden sich auch im Hauptteil des Buches gelegentlich. Manche davon beruhen vermutlich auf Abschreibversehen (z.B. „wichtig“ statt „richtig“, S. 12; „Am nächsten Morgen“ statt „Am nächsten Mittag“, S. 22; „sehen“ statt „stehen“, S. 60; „in einer Brüderversammlung“ statt „in einer großen Brüderversammlung“, S. 94; „wollten“ statt „sollten“, S. 127 [zweimal]; „am Vortag“ statt „am Vormittag“, S. 154; „im kleineren Kreis“ statt „im kleinsten Kreis“, S. 164), bei anderen ist die erneut eingreifende Hand eines Überarbeiters zu erkennen (z.B. „Gesprächen am Mittagstisch“ statt „Mittagstischgesprächen“, S. 20; „der Mitunterzeichner Ihres Briefes“ statt „der Bruder, dessen Namen ich aus der Unterschrift als Mitunterzeichner Ihres Briefes nicht entnehmen kann“, S. 16). An mindestens zwei Stellen sind mir Zusätze in Klammern aufgefallen, die im Typoskript keine Grundlage haben („Helmut geb.“, S. 19; „Bordellbesuch“, S. 91).

Der gravierendste, kaum zu entschuldigende Mangel des Buches besteht allerdings darin, dass dem Herausgeber gar kein vollständiges Exemplar des Typoskripts mehr vorlag. An zwei Stellen der Erinnerungen sollten externe Dokumente eingefügt werden (S. 27: Kietzells Betrifft: Christen ohne Sonderbekenntnis; S. 53: Brief Darbys über die Beteiligung an Wahlen), die hier aber fehlen, da der Herausgeber sie (wie er vermutet) verliehen und nicht wieder zurückbekommen hat. (Dafür ist auf S. 63–66 die Barmer Erklärung abgedruckt, die Wilhelm Stücher nirgendwo erwähnt.) Ohne jede Begründung fehlt außerdem die letzte Seite des Typoskripts (96) – man wird wahrscheinlich davon ausgehen können, dass dies dem Herausgeber gar nicht bewusst war. Dadurch enden die Erinnerungen recht abrupt („Anschließend an die Gerichtsverhandlung kamen wir in meinem Hause mit noch anderen Geschwistern aus dem Dillkreis zusammen“), und es wirkt nachvollziehbar, dass der Herausgeber zur Abrundung noch ein eigenes Nachwort angehängt hat. Den Text der ursprünglichen Seite 96 stelle ich hier zum Download zur Verfügung.

Wilhelm Stüchers Erinnerungen eines Nichtbündlers sind eine wichtige Quelle zur Geschichte der Brüderbewegung im Dritten Reich. Die vorliegende Edition genügt den Ansprüchen einer Leseausgabe (wenn man das Fehlen der letzten Seite verschmerzen kann), ist aufgrund der beschriebenen Ungenauigkeiten aber wissenschaftlich wohl nicht zitierfähig.


stunttregellesTimothy C. F. Stunt: The Life and Times of Samuel Prideaux Tregelles. A Forgotten Scholar. Christianities in the Trans-Atlantic World. Cham (Palgrave Macmillan) 2020. xviii, 282 Seiten. ISBN 978-3-030-32265-6.

Samuel Prideaux Tregelles (1813–1875) kommt in jeder Brüdergeschichte vor und ist auch für die Geschichte der neutestamentlichen Textkritik bedeutsam, doch über sein Leben war bisher relativ wenig bekannt. Timothy Stunt hat diese Lücke nun überzeugend geschlossen. In gewohnt akribischer Manier verfolgt er Tregelles’ Weg von seiner Kindheit in einer Quäkerfamilie Cornwalls über seine autodidaktische Bildung in Wales und seine Forschungsreisen auf den europäischen Kontinent bis hin zu seinem krönenden Lebenswerk, einer 7-bändigen Ausgabe des griechischen Neuen Testaments. Auch seinem Verhältnis zu den „Brüdern“, denen er sich 1835 anschloss, wird gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Tregelles stellte sich bei der Spaltung von 1845 bekanntlich auf die Seite seines Freundes Benjamin Wills Newton und hielt diesem bis an sein Lebensende die Treue. Als Newton 1847 Plymouth verließ, blieb Tregelles in dessen Gemeinde (Ebrington Street, später Compton Street), die aber in den folgenden Jahren ihren „Brüder“-Charakter mehr und mehr verlor. 1863 stellte sie – mit Tregelles’ Zustimmung – einen gewissen William Elliot als Pastor an, doch dieser erwies sich mit der Zeit als so dominant und unbeherrscht, dass Tregelles und etliche andere 1866 die Gemeinde verließen. Ob er danach der presbyterianischen oder der anglikanischen Kirche beitrat (für beides gibt es Hinweise), kann auch Stunt nicht mit Bestimmtheit sagen. In jedem Fall wird sein Buch für viele Jahre das Standardwerk über Tregelles bleiben.


AUFSÄTZE


bhr2018Ausgabe 16 (2020) der Brethren Historical Review enthält (neben etlichen Rezensionen) die folgenden Beiträge:

(Timothy C. F. Stunt:) „Early Brethren as Observed by an Outsider, c. 1838“ (S. 1–4)
Neil Summerton: „Porous Frontier or Hard Border? George Müller and Brethren Identity“ (S. 5–32)
Gordon W. Simmonds: „Science and Medicine in the Exclusive Brethren“ (S. 33–41)
Timothy C. F. Stunt: „John Townsend Trench (1834–1909)“ (S. 42–51)
Neil Dickson: „‘With hesitating heart’: William Blane (1858–1936)“ (S. 52–91)
Christina Evangelina Lawrence: „Thomas Baird (1861–1932): Advocate of Mission“ (S. 92–115)
Roger Shuff Yatol: „In Ruskin’s Shadow: Darbyite Brethren in Coniston 1895–1975“ (S. 116–138)
P[aul] David Wilkin: „Dr Walter Fisher, an Ilomba, and the Spanish ’Flu Pandemic“ (S. 139–157)
Michael Schneider: „New Writing on Brethren History“ (S. 158–161)
Doug Engle: „Robert Henry Baylis (1924–2020)“ (S. 198–201)
Neil Summerton: „Brian Stanley Mawhinney (Lord Mawhinney of Peterborough) 1940–2019“ (S. 202–208)
Peter Conlan: „Peter Maiden 8 April 1948 – 14 July 2020“ (S. 209–215)


Howard A. Barnes: „William Henry Bennet (1843–1920)“. In: Precious Seed 75 (2020), Heft 3, S. 26.

Kurzes Lebensbild zum 100. Todestag von William Henry Bennet, der von 1891 bis zu seinem Tod Mitherausgeber von Echoes of Service war (auch online).


Howard A. Barnes: „Charles Henry Mackintosh“. In: Precious Seed 75 (2020), Heft 4, S. 15.

Kurzes Lebensbild zum 200. Geburtstag des bekannten Geschlossenen Bruders (auch online). Dass Mackintosh sich „in den letzten 15 Jahren seines Lebens nicht an den Spaltungen und lehrmäßigen Turbulenzen unter den exklusiven Versammlungen beteiligt“ hätte, kann man so wohl nicht stehen lassen – er war ein entschiedener Kritiker Grants und Stuarts (vgl. Noel, Bd. 2, S. 440f.) und bekanntlich auch ein Verteidiger Ravens.


Ulrich Brockhaus: „150 Jahre Elberfelder Bibel: Unbestechlich texttreu“. In: ideaSpektrum Spezial 6/2020 – lesen, hören & sehen (Einhefter in ideaSpektrum 41/2020), S. 12–14.

Die erste Gesamtausgabe der Elberfelder Bibel erschien zwar erst 1871, aber die Arbeit daran wurde bereits 1870 (also vor 150 Jahren) abgeschlossen, deshalb bat die Nachrichtenagentur idea den früheren Verleger und führenden Revisionsmitarbeiter Dr. Ulrich Brockhaus um einen Beitrag über Geschichte und Besonderheiten dieser Bibelübersetzung. Abonnenten von ideaSpektrum können den Beitrag auch online lesen. Zusätzlich produzierte idea ein dreiminütiges Video mit Ulrich Brockhaus zu diesem Thema.


Wolfgang Bühne: „50 Jahre ‚fest und treu‘“. In: fest und treu 172 (4/2020), S. 12f.

Mit etwas Verspätung (die ersten Ausgaben von fest und treu bzw. dem Vorläufer Bibelkurs erschienen bereits 1968) zeichnet der Schriftleiter hier knapp die Geschichte der Zeitschrift nach (auch online: siehe rechts das Dropdown-Menü „Dokumente zum Artikel“ – Direktverlinkungen auf PDF-Dateien sind seit dem letzten Relaunch der CLV-Website leider nicht mehr möglich!).


Sam Cairns: „Report: Gospel Folio Press. Port Colborne, Ontario, Canada“. In: Cornerstone 4 (2020), Heft 3, S. 8f.

Kurze Geschichte des kanadischen Verlags Gospel Folio Press, der den konservativen Offenen Brüdern zugerechnet wird (auch online).


Bernard Doherty: „Back at the Bar: Charity Law, Public Benefit, and a Case of Legal déjà vu for the Exclusive Brethren“. In: The Status of Religion and the Public Benefit in Charity Law. Hrsg. von Barry W. Bussey. London (Anthem Press) 2020. S. 101–126.

Im Juni 2012 verweigerte die Charity Commission for England and Wales einer Stiftung der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder in Devon die Anerkennung als gemeinnützig. Nach einer heftigen politischen Kontroverse und internen Verhandlungen wurde die Entscheidung im Januar 2014 revidiert. Der Artikel untersucht diese Vorgänge und vergleicht sie mit einem früheren Rechtsstreit, in den die Raven-Brüder verwickelt waren (Holmes v Attorney General, 1981).


James I. Fazio: „Dispensational Thought as Motivation for Social Activism among Early Plymouth Brethren“. In: Journal of Ministry & Theology 24 (2020), Heft 1, S. 91–107.

Wie der Titel bereits andeutet, ist Fazio der Auffassung, dass das Motiv für soziale Aktivitäten der frühen „Brüder“ ihr Dispensationalismus gewesen sei. Als Beispiele nennt er die Missionsarbeit von Groves, Cronin und Parnell in Bagdad, die Evangelisationsarbeit von Deck in Neuseeland und die Gemeinde- und Waisenhausarbeit von Müller und Craik in Bristol (auch online).


Liselotte Frisk: „Plymouth Brethren Christian Church“. In: The SAGE Encyclopedia of the Sociology of Religion. Hrsg. von Adam Possamai und Anthony J. Blasi. Thousand Oaks, CA (SAGE Publications) 2020. Bd. 2, S. 583f.

Lexikonartikel über die Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder aus religionssoziologischer Sicht. Die Darstellung ist betont sachlich und neutral; jede Form von Kritik wird vermieden.


Tim Grass: „150 años de las Asambleas de Hermanos en España“. In: Edificación Cristiana 294 (Mai–August 2020), S. 27–31;  295 (September–Oktober 2020), S. 21–24.

Kurzer Überblick über die Geschichte der Offenen Brüder in Spanien.


James Craig Holte: „John Nelson Darby and Dispensationalism“. In: Imagining the End. The Apocalypse in American Popular Culture. Hrsg. von James Craig Holte. Santa Barbara, CA (ABC-Clio) 2020. S. 65f.

Im Ganzen seriöser Lexikonartikel über Darby und den Einfluss seines Dispensationalismus auf populäre amerikanische Endzeitvorstellungen. Einige Behauptungen sind zweifelhaft (z.B. dass Darby die Erfindung des Telegrafen 1844 als Zeichen der Endzeit angesehen hätte) oder direkt falsch (z.B. dass Darby die doppelte Prädestination oder die sieben Dispensationen Scofields gelehrt hätte).


Thomas D. Ice: „The Calvinist Heritage of Dispensationalism“. In: Interdisciplinary Journal on Biblical Authority 1 (2020), Heft 2, S. 119–134.

Ice will aufzeigen, dass die frühen Dispensationalisten – darunter auch die „Brüder“ Darby und Bellett – Calvinisten gewesen seien. Vermutlich identisch mit einem älteren Artikel von ca. 2009.


Jan Jensen: „Christianity, Presence, and the Problem of History: On two forms of Christian temporality in the Faroe Islands“. In: Suomen Antropologi: Journal of the Finnish Anthropological Society 45 (2020), Heft 2, S. 3–16.

Untersuchung zum Zeit- und Geschichtsverständnis einer Pfingstgemeinde und einer Brüdergemeinde auf den Färöern (auch online).


Steve Knowles: „The Plymouth Brethren Christian Church, Media Engagement and Public Benefit“. In: Ecclesial Practices 7 (2020), S. 101–116.

Nachdem einer Stiftung der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder 2012 die Gemeinnützigkeit aberkannt worden war (siehe oben unter Doherty), starteten diese eine beispiellose PR-Offensive, um ihre Gemeinnützigkeit unter Beweis zu stellen. Der Artikel untersucht die zu diesem Zweck eingegangene Zusammenarbeit mit den Mainstream-Medien.


Andreas Liese: „‚Unsere Heimath ist droben‘. Heimat und Fremde in den Geschlossenen Brüdergemeinden“. In: Zeitschrift für Theologie und Gemeinde 25 (2020), S. 209–232.

Eingehende Analyse der Haltung der (englischen und deutschen) Geschlossenen Brüder zur „Welt“ (Absonderung, Politikabstinenz, Himmelsbürgertum usw.). Herangezogen werden Texte von John Nelson Darby bis Ernst-August Bremicker.


Simone Maghenzani: „The English and the Italian Bible“. In: British Protestant Missions and the Conversion of Europe, 1600–1900. Hrsg. von Simone Maghenzani und Stefano Villani. Routledge Studies in Early Modern Religious Dissents and Radicalism. New York / London (Routledge) 2021. S. 102–118.

Wiederholte Verweise auf „Brüder“, u.a. auf Piero Guicciardini (1808–1886).


Gabriele Naujoks: „David Gooding (1925–2019). Bibellehrer und Gelehrter“. In: Zeit & Schrift 23 (2020), Heft 1, S. 20–27.

Lebensbild des bekannten Alttestamentlers, der den Offenen Brüdern angehörte und viel mit John Lennox zusammenarbeitete (auch online).


Thomas Riedel: „Es ging zuerst um Gott und sein Wort. Akademisches Aufbauprogramm und Masterarbeit an der Universität von Südafrika unter Wiedenester Begleitung“. In: Offene Türen 112 (2020), Heft 4, S. 25.

Bericht über die Masterarbeit Entstehung und Entwicklung der „Elberfelder Bibel“ (Neues Testament) von der Erstübersetzung bis heute (vgl. Neuerscheinungen 2019).


Berthold Schwarz: „John Nelson Darbys Einfluss auf die Schriftauslegung in konfessionell evangelikal geprägten (Frei-)Kirchen und Gemeinden. Ein Versuch, Zusammenhänge zu verstehen“. In: Freikirchenforschung 29 (2020), S. 129–147.

Aufgrund des Obertitels könnte man eine Untersuchung darüber erwarten, welche Kirchen und Freikirchen in welchem Maße von Darbys Theologie beeinflusst wurden, aber tatsächlich handelt es sich um eine (wohlwollende) Analyse und Einordnung von Darbys Theologie selbst, speziell seines Dispensationalismus.


Manuel Seibel: „Ein Leben für seinen Meister. Henry Allan Ironside – auf dem Weg zum Herrn Jesus“. In: Folge mir nach [28] (2020), Heft 4, S. 22–26; Heft 5, S. 22–27.

Zweiteiliges Lebensbild mit praktisch-erbaulichen Nutzanwendungen (auch online: Teil 1, Teil 2). Ironsides Verbindung mit den Offenen Brüdern und sein Pastorenamt an der Moody Church werden erwartungsgemäß kritisch gesehen.


(Rebecca Styler:) „Brethren“. In: Nineteenth-Century Religion, Literature and Society. Hrsg. von Naomi Hetherington. Volume I: Traditions. Hrsg. von Rebecca Styler. Abingdon / New York (Routledge) 2020. S. 197f.

Der Band versammelt Primärtexte zu Religion, Literatur und Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Für den Abschnitt 6.1 „Brethren“ (S. 199–207) wurden Auszüge aus Darbys Reflections on the Ruined Condition of the Church (1841) und Groves’ bekannter Brief an Darby (1836) ausgewählt; vorangestellt ist eine Einleitung der Herausgeberin.


Elisabeth Wilson: „The Legacy of Charles Frederick Reeve“. In: International Bulletin of Mission Research 44 (2020), S. 80–91.

Der australische Indienmissionar Charles Frederick Reeve (1859–1941), dessen Leben, Persönlichkeit und Einfluss hier untersucht werden, gehörte etwa ein Jahrzehnt lang den Offenen Brüdern in Hobart (Tasmanien) an.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2019

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen. (In die Bibliografie von 2018 habe ich inzwischen noch mehrere Nachträge aufgenommen; siehe die Bücher von Cargill & Brown, Costen, Dickson & Marinello, Herriot und Mutton sowie den Aufsatz von Dennison.)


BÜCHER


Fred[erick] Stanley Arnot: Missionary Travels in Central Africa. Newtownards, Nordirland (Crimond House Publications) 2019. 172 Seiten.

Neuausgabe des zuerst 1914 bei Echoes of Service erschienenen autobiografischen Missionsberichts von Frederick Stanley Arnot (1858–1914).


cargillbrown3Bert Cargill / James Brown: Traditions to Treasure. “Hold fast that which is good” (1 Thess 5.21). Christian Heritage Series 3. Kilmarnock (Ritchie) 2019. 242 Seiten.

Der dritte Band der „Christian Heritage Series“, die auf Artikel im Believer’s Magazine zurückgeht, ist zum großen Teil der Brüderbewegung gewidmet. Enthalten sind u.a. Kapitel über John Nelson Darby (S. 25–33), John Gifford Bellett (S. 34–39), Lord Congleton (S. 40–45), Robert Cleaver Chapman (S. 46–51), George Vicesimus Wigram (S. 52–57), Benjamin Wills Newton (S. 58–63), Charles Henry Mackintosh (S. 64–69), William Kelly (S. 70–75), Samuel Prideaux Tregelles (S. 76–81), Andrew Miller und Edmund Hamer Broadbent (S. 82–87), Edward Denny (S. 118–124), James George Deck (S. 125–129), Joseph Denham Smith (S. 130–133), Albert Midlane (S. 139–143), Joseph Medlicott Scriven (S. 144–149), Mary Peters (S. 156–160), Thomas Newberry (S. 190–195), William Edwy Vine (S. 196–201), George Cutting und Alexander Marshall (S. 202–207), Georg Müller (S. 213–222).


Ann Cleeves: The Long Call. London (Macmillan) 2019. 382 Seiten.

Kriminalroman um einen Detective Inspector, der unter den „Barum Brethren“ in Devon aufgewachsen ist und durch seine Ermittlungen in diese Kreise zurückgeführt wird. Die „Barum Brethren“ zeigen einige Ähnlichkeiten mit den Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüdern (z.B. Kontaktabbruch mit Aussteigern, Konsum von Whisky), weichen in vielem aber auch davon ab (z.B. Essen mit Ungläubigen, Fernsehen, Kremation). Das Buch wurde 2021 als Vierteiler verfilmt.


[John Nelson Darby / George Vicesimus Wigram:] Letters of J. N. Darby. Supplement. Correspondence with G. V. Wigram. Vol. 1: 1838–1855. Chessington (Bible and Gospel Trust) 2019. viii, 446 Seiten. — Vol. 2: 1856–1878. Ebd. 511 Seiten.

Der im Christian Brethren Archive in Manchester lagernde Bestand von ca. 800 Briefen zwischen Darby und Wigram wird hier in sorgfältiger Edition zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Gegensatz zu allen früheren Briefausgaben Darbys erfolgt die Wiedergabe unzensiert und unredigiert, sodass völlig neue Einblicke in Persönlichkeit und Privatleben möglich werden. Die zahlreich erwähnten Orte und Personen sind durch differenzierte Register erschlossen.


despinsGilles Despins: La Bible Darby et son histoire. Sa rédaction, ses objectifs et ses principes. Trois-Rivières, QC (Éditions Impact) 2019. 210 Seiten.

Auch wenn der Autor es offenbar nirgendwo erwähnt, handelt es sich hier um eine gekürzte französische Ausgabe seiner 2015 am South African Theological Seminary eingereichten Dissertation A Critical Assessment of J. N. Darby’s Translation Work. Thema der Arbeit sind die drei mit Darbys Namen verbundenen Bibelübersetzungen (deutsch [Elberfelder], französisch und englisch), deren Entstehungsgeschichte (Kapitel 2), Ziele (Kapitel 3), Prinzipien (Kapitel 4) und Grundtext (Kapitel 5) im Einzelnen untersucht werden.

Da der Autor sich praktisch durchweg auf bereits veröffentlichtes Material stützt, kommt er zu keinen revolutionär neuen Erkenntnissen. Als Primärliteratur zieht er vor allem Darbys Briefe und die Vorworte zu seinen Bibelübersetzungen heran; bei der Sekundärliteratur verlässt er sich zu sehr auf veraltete (z.B. Ischebeck, Ehlert) oder populäre (z.B. Field) Darstellungen. Literatur in deutscher Sprache war ihm offenbar unzugänglich, was sich besonders in den Abschnitten zur Elberfelder Bibel als eklatanter Mangel bemerkbar macht; allein Martin Arhelgers knappe Online-Veröffentlichung zur Geschichte der Elberfelder Bibel ist schon wesentlich zuverlässiger und informativer als alles, was Despins (auf der Grundlage von Ehlert und anderen) über dieses Thema zu sagen weiß. Widersprüchliche Aussagen verschiedener Autoren stellt er teilweise einfach nebeneinander, ohne den Versuch einer Lösung oder Klärung zu unternehmen. So heißt es auf S. 37 (unter Berufung auf Ehlert), der Initiator der Elberfelder Bibel sei ein „F. W. Brockhaus“ gewesen (die Fußnote vermerkt: „Einziger bekannter Hinweis auf diesen F. W. Brockhaus“!), während im nächsten Satz (unter Bezugnahme auf Field) richtig „Carl Brockhaus“ genannt wird (Fußnote: „Manchmal ‚Karl‘ geschrieben“!). Bereits eine einfache Google-Suche hätte dem Autor deutlich machen können, dass es sich hier um ein und dieselbe Person handelt, nämlich Carl Friedrich Wilhelm Brockhaus (1822–1899). In einer weiteren Fußnote ist von „einem gewissen Dr. Alfred Rochat“ die Rede (S. 38, Anm. 74), als ob über diesen Mann außer dem Namen nichts bekannt wäre – wo es doch sogar einen (deutschen) Wikipedia-Artikel über ihn gibt.

Die Kapitel 3–5 über Darbys Übersetzungsziele und -prinzipien sowie den verwendeten Grundtext sind insgesamt von besserer Qualität, auch wenn mir der sprachliche Duktus manchmal seltsam naiv vorkommen will. Das akademische Niveau der in den letzten Jahren aus dem Brethren Archivists and Historians Network hervorgegangenen Arbeiten erreicht diese Dissertation jedenfalls nicht.


Stewart Ennis: Blessed Assurance. Glasgow (Vagabond Voices) 2019. 321 Seiten.

Teilweise autobiografischer Roman über Kindheit und Jugend eines Jungen, der in Schottland unter den – satirisch überzeichneten – Offenen Brüdern aufwächst.


Tim Grass: Ernest and May Trenchard. Evangelical Mission in Franco’s Spain. Studies in Brethren History, Subsidia. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2019. xx, 195 Seiten. — Spanische Ausgabe: Ernesto y Gertrudis Trenchard. La enseñanza que permanece. Aus dem Englischen von Alison Barrett. Madrid (Centro Evangélico de Formación Bíblica) 2019. 288 Seiten.

Biografie eines englischen Missionarsehepaars der Offenen Brüder, das jahrzehntelang in Spanien arbeitete.


James M[acintosh] Houston: Memoirs of a Joyous Exile and a Worldly Christian. Eugene, OR (Cascade Books) 2019. xiv, 140 Seiten.

Autobiografie eines Mitbegründers des Regent College (Vancouver), der von Haus aus den Glanton-Brüdern und später den Offenen Brüdern angehörte.


kurianAlexander Kurian: Faith and Practices of the Brethren. What they are and Why they matter. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2019. 219 Seiten.

Überlegungen eines indisch-amerikanischen Offenen Bruders zu den besonderen Merkmalen von Brüdergemeinden. Für den Autor sind folgende 17 Kennzeichen zentral (S. 39–41):

1. nichtdenominationeller und nichtsektiererischer Charakter (kein besonderer Name)
2. Christus als Mittelpunkt („versammelt zum Namen Jesu“)
3. Autorität der Schrift („Sola Scriptura“)
4. Priestertum aller Gläubigen
5. Beachtung der „vier Säulen“ aus Apg 2,42
6. wöchentliches Brotbrechen
7. offene und spontane Anbetung
8. Gemeinschaft statt Mitgliedschaft
9. Leitung durch mehrere Älteste
10. Selbständigkeit und Unabhängigkeit der örtlichen Gemeinde
11. Glaubensprinzip (kein bezahlter Dienst)
12. antiochenisches Missionsmodell (örtliche Gemeinde sendet Missionare aus)
13. Schweigen und Kopfbedeckung der Frauen
14. keine Wundergaben in der heutigen Zeit
15. freiwillige Spenden (keine Verpflichtung zum Zehnten)
16. Betonung der Jüngerschaft und eines aufopferungsvollen Lebens
17. Naherwartung des Herrn Jesus

Das (typografisch leider sehr laienhaft gestaltete) Buch ist über Amazon erhältlich.


Fares Marzone: The Reformation and the Brethren Movement in Italy. Foreword by T[homas] J. Marinello. Lockerbie (OPAL Trust) 2019. xii, 210 Seiten.

Wie der Titel nahelegt, bietet das Buch einen Abriss der Geschichte der Reformation (S. 11–102) und der (Offenen) Brüderbewegung (S. 103–198) in Italien. Zugrunde liegen zwei italienischsprachige Bücher des Autors (La Riforma Protestante, 2017; Fratelli d’Italia e non solo, 2011), aus denen jeweils mehrere Kapitel übersetzt wurden (nach meinem Eindruck nicht immer idiomatisch).


douthwaiteSheila McClure: Letters from Chefoo. Constance Douthwaite’s Life in China 1887–1896. Southampton (Little Knoll Press) 2019. vi, 316 Seiten.

Constance Harriet Douthwaite geb. Groves (1867–1896) war eine Tochter von Edward Kennaway Groves (1836–1917) und somit eine Enkelin von Anthony Norris Groves (1795–1853). Als 19-Jährige reiste sie, empfohlen von der Bethesda-Gemeinde in Bristol, mit der China-Inland-Mission nach Chefoo in China aus. 1890 heiratete sie dort den 19 Jahre älteren, verwitweten Missionsarzt Arthur William Douthwaite (1848–1899). Bereits sechs Jahre später verstarb sie jedoch, vier Wochen nach der Geburt ihres vierten Kindes. Während ihrer Zeit in China schrieb sie über 200 Briefe an ihre Familie in Bristol, die hier, herausgegeben von ihrer Urenkelin, erstmals im Druck erscheinen.


Bruce McLennan: Pioneering in ‘The Beloved Strip’, 1881–1931. Assembly Missionary labour in Angola, Belgian Congo and Northern Rhodesia. Kilmarnock (Ritchie) 2019. 307 Seiten.

Die als „The Beloved Strip“ bezeichnete afrikanische Region war ein bevorzugtes Missionsgebiet der britischen Offenen Brüder (Frederick Stanley Arnot, Dan Crawford u.a.). Das Buch stellt die ersten 50 Jahre dieser Arbeit erstmals zusammenhängend dar.


bmww2019Ken und Jeanette Newton (Hrsg.): The Brethren Movement Worldwide. Key Information 2019. 5th edition. Lockerbie (OPAL Trust) 2019. xxviii, 346 Seiten.

Die 3. Auflage dieses Buches (2011) habe ich bereits früher hier vorgestellt. In der aktualisierten Neuausgabe sind 117 Länder enthalten; neu hinzugekommen sind Finnland, Schweden, Kroatien, Griechenland, Nigeria, Puerto Rico, die Dominikanische Republik, Haiti, Ecuador, Surinam, Libanon, Iran, Bhutan, Korea, Indonesien und Tuvalu. Gestrichen wurden die Republik Kongo, Mauritius und Neukaledonien, da die Herausgeber aus diesen Ländern seit mehreren Auflagen keine aktuellen Informationen mehr erhalten haben.

Der Abschnitt über Deutschland (S. 121–128) wurde grundlegend überarbeitet (vermutlich von Lothar Jung; S. 128) und listet nun minutiös alle Zeitschriften, Arbeitskreise und Werke der Freien Brüder und der AGB-Gemeinden auf. Die in der vorigen Auflage noch genannten „blockfreien“ Verlage und Zeitschriften (CLV, Daniel, Rigatio, Zeit & Schrift) fielen dabei leider gänzlich unter den Tisch. Bei den statistischen Angaben wurden nur die der Freien Brüder aktualisiert (wobei die Zahl der Gemeinden auffallenderweise stark nach unten korrigiert werden musste: von 265 auf 190!), während die übrigen Daten auf dem Stand von 2015 geblieben sind (was den Eindruck erhärtet, dass ein Freier Bruder für die Überarbeitung verantwortlich war).

Das Buch ist auch online lesbar, kann im Gegensatz zu früheren Auflagen aber nicht mehr als PDF heruntergeladen werden.


Henry Pickering (Hrsg.): Chief Men among the Brethren. Newtownards, Nordirland (Crimond House Publications) 2019. 352 Seiten.

Nachdruck der klassischen Sammlung von „Brüder“-Biografien, neu gesetzt und alphabetisch geordnet. Dass es sich um ein ca. 100 Jahre altes Werk handelt (1. Auflage 1918; 2., erweiterte Auflage 1931), wird seltsamerweise nirgendwo erwähnt. Die Qualität der faksimilierten Bilder lässt teilweise zu wünschen übrig.


Thomas Riedel: Entstehung und Entwicklung der „Elberfelder Bibel“ (Neues Testament) von der Erstübersetzung bis heute: Eine Untersuchung des Übersetzungsansatzes und eine kritische Würdigung. M.Th. Thesis, University of South Africa 2019. 195 Seiten.

Diese hochinteressante Arbeit ist zwar (bisher) nicht als Buch erschienen, aber online im Volltext verfügbar. Sie stellt zunächst „Ziele und Übersetzungsansatz“ der Elberfelder Bibel dar (S. 15–47) und untersucht anschließend „die praktische Umsetzung dieses Ansatzes anhand von drei ausgewählten Kapiteln des Neuen Testamentes“, nämlich Lk 1–2, Röm 6 und 2Petr 3 (S. 48–134). „Eine Einordnung in die aktuelle Übersetzungsdiskussion und Vorschläge für die Weiterentwicklung dieser Übersetzung runden die Arbeit ab“ (S. 135–165).


Valerie Elliot Shepard: Devotedly, The Personal Letters and Love Story of Jim and Elisabeth Elliot. Nashville, TN (B & H) 2019. 285 Seiten.

Auf der Grundlage von bisher teilweise unveröffentlichten Briefen und Tagebüchern wird hier die Liebesgeschichte zwischen dem Missionar Jim Elliot (1927–1956), der aus einer Offenen Brüdergemeinde stammte, und seiner späteren Frau Elisabeth Howard (1926–2015) nachgezeichnet. Die Autorin ist die 1955 geborene Tochter der beiden.


David A[ndrew] Smith: The Model Church. Its Essence, Expression, and Goal. Karrinyup, Australien (Snowgoose Media) 2019. xi, 196 Seiten.

Eine theoriegesättigte ekklesiologische Abhandlung, die mit zwei „Fallstudien“ schließt: einer historischen über die Brüderbewegung im 19. Jahrhundert (S. 107–161) und einer aktuellen über den „progressiven“ Flügel der Offenen Brüder in Australien („Christian Community Churches of Australia“; S. 163–184).


spinksJohn D. Spinks: Cult Escape. My Journey to Freedom. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2019. 195 Seiten.

Der Boom der Raven-Taylor-Aussteigerliteratur setzt sich fort: Nach Ngaire Thomas (2004, ²2005), Em Amosa (2007), David Tchappat (2009), Lindsey Rosa (2010), James Bell (2014), Peter Wycherley Harrison (2014), Joy Nason (2015), John L. Fear (2016) und Rebecca Stott (2017) ist dies nun schon mindestens der zehnte Vertreter dieses Genres innerhalb von 15 Jahren. Spinks verließ die Raven-Taylor-Brüder 1988 im Alter von 22 Jahren; der größere Teil seines Buches handelt allerdings von der Zeit danach und versucht Lesern in ähnlichen Situationen Hilfestellung zu geben. Wie den meisten selbst verlegten Büchern mangelt es auch diesem an der straffenden, glättenden und ordnenden Hand eines Lektors. Parallel zum Buch hat der Autor eine Website mit Beratungsangebot eingerichtet.


Mark R. Stevenson: Die Brüder und die Lehren der Gnade. Wie stand die Brüderbewegung des 19. Jahrhunderts zur calvinistischen Heilslehre? Aus dem Englischen von Alois Wagner. Bielefeld (CLV) 2019. 476 Seiten.

Die amerikanische Originalausgabe dieser Dissertation, The Doctrines of Grace in an Unexpected Place (2017), habe ich vor zwei Jahren kurz vorgestellt; eine ausführlichere Besprechung der deutschen Übersetzung erschien bereits in Zeit & Schrift 6/2019 und auf der Hauptseite von bruederbewegung.de, sodass ich hier auf weitere Erläuterungen verzichten kann. Das Buch steht auf der Website des Verlags auch zum kostenlosen Download zur Verfügung.


Rebecca Stott: Erlöst. Mein Weg aus der Sekte. Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence. München (btb) 2019. 383 Seiten.

Obwohl die Raven-Taylor-Brüder in der deutschen Öffentlichkeit praktisch keine Rolle spielen, hielt die Verlagsgruppe Random House es offenbar für erfolgversprechend, Rebecca Stotts Aussteigerbiografie In the Days of Rain (2017) auch hierzulande auf den Markt zu bringen. Im Klappentext wird die Glaubensgemeinschaft denn auch gar nicht beim Namen genannt, sondern es ist nur von einer „ultra-konservativen“ bzw. „fundamentalistischen christlichen Sekte“ die Rede. Die Übersetzung macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck; die von Stott verwendete Bezeichnung (Exclusive) Brethren wurde unübersetzt gelassen, was sicher keine schlechte Idee war.

Von den deutschen Feuilletons scheint das Buch (das jetzt knapp zwei Monate auf dem Markt ist) bisher noch nicht beachtet worden zu sein; auch bei Amazon findet sich derzeit noch keine einzige Kundenrezension. Auf einige Stärken und Schwächen hatte ich bei meiner Vorstellung der englischen Originalausgabe vor zwei Jahren hingewiesen.


tillMichael Till: Crusader with Compassion. Dr Walter Hadwen, Gloucester GP, 1854–1932. Gloucester (Hobnob Press) 2019. 192 Seiten.

Der Arzt Walter Hadwen ist einer der wenigen „Brüder“, die außerhalb der Brüderbewegung bekannter sind als innerhalb: Er war zu Lebzeiten einer der führenden Tierversuchs- und Impfgegner Großbritanniens. Die Biografie interessiert sich daher auch mehr für sein medizinisches Wirken als für seine Glaubensüberzeugungen. Hadwen trat als junger Erwachsener wahrscheinlich den Geschlossenen Brüdern bei und wechselte nach den Trennungen der 1880er Jahre (Stuart?) zu den Offenen Brüdern.


Terence-Pablo Wickham Ferrier: Renovarse o morir. Pasado, presente y futuro de las Asambleas de Hermanos. Barcelona (wobebo/Bibliasfera) 2019. 174 Seiten.

Überlegungen eines englischstämmigen Missionars zur Situation der Offenen Brüdergemeinden in Spanien. Die Haltung des Autors ist konservativer, als es der Titel vermuten ließe („Erneuern oder Sterben: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Brüdergemeinden“).


David Woodbridge: Missionary Primitivism and Chinese Modernity. The Brethren in Twentieth-Century China. Studies in Christian Mission 54. Leiden/Boston (Brill) 2019. xi, 173 Seiten.

Buchausgabe der Dissertation des Autors von 2012 (die auch online zugänglich ist). Behandelt werden vor allem die missionarischen Aktivitäten von Echoes of Service (Kapitel 1, 3, 4, 5) und die Little-Flock-Bewegung von Watchman Nee (Kapitel 2).


Richard Yarrall: From Poverty Bay to Riches Untold. Auckland, Neuseeland (Castle Publishing) 2019. 434 Seiten.

Autobiografie eines neuseeländischen Missionars der Offenen Brüder, der in Kolumbien und Los Angeles arbeitete.


AUFSÄTZE


bhr2018Ausgabe 15 (2019) der Brethren Historical Review enthält (neben etlichen Rezensionen) die folgenden Beiträge:

Bill Anderson: „Andersons and Chrystalls: Scottish Pioneers in Aotearoa/New Zealand (S. 1–11)
P[aul] David Wilkin: „Education at Chitokoloki, 1914–1924: The Vision of George Suckling (S. 12–39)
William E. Buntain: „The Exclusive Brethren, Watchman Nee, and the Local Churches in China (S. 40–72)
Jonathan Side: „Some Reflections on the Life and Scientific Work of Robert Rendall (1898–1967) (S. 73–82)
Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 83–88)
Timothy Stunt: „Philip Murray Jourdan McNair (1924–2018) (S. 142–145)
S[amuel] J[ames] McBride / N[eil] Dickson: „David Willoughby Gooding (1925–2019) (S. 146–149)
Neil Dickson: „Richard Stephen Saunders (1930–2018) (S. 150–153)

Besonders hervorheben möchte ich hier den Nachruf auf Philip McNair. Der aus dem Exklusiven Brüdertum stammende, um 1960 in die Church of England übergetretene Experte für italienische Literatur verfasste u.a. eine Biografie John Nelson Darbys von offenbar herausragender Qualität, deren Veröffentlichung er jedoch aus Bescheidenheit und Perfektionismus zeitlebens verweigerte. Von den wenigen, die sie bisher zu Gesicht bekamen, wurde sie in den höchsten Tönen gelobt; Max Weremchuk etwa schrieb 2004 auf My Brethren, sie sei wie die Mona Lisa im Vergleich mit dem Gekritzel eines dreijährigen Kindes und habe ihm selbst jeden Mut genommen, mit der Überarbeitung seines eigenen Darby-Buches fortzufahren. Marion Field konnte sie für ihre Darby-Biografie von 2008 immerhin nutzen und mehrmals daraus zitieren. Dem Vernehmen nach besteht die Chance, dass das nachgelassene Typoskript nun in ein Archiv überführt und der Forschung zugänglich gemacht werden kann.

Philip McNair veröffentlichte übrigens 1986 einen Artikel über die Brüderbewegung in der Zeitschrift Christian History und gab 2008 im Selbstverlag Briefe seines Vaters aus dem Ersten Weltkrieg heraus (A Pacifist At War: Military Memoirs of a Conscientious Objector in Palestine, 1917–1918).


Offene Türen 111 (2019), Heft 4 brachte einige kurze Beiträge aus dem Arbeitskreis „Geschichte der Brüderbewegung“ zum 100-jährigen Jubiläum des Umzugs der Bibelschule von Berlin nach Wiedenest:

Gerd Goldmann: „100 Jahre Bibelschule in Wiedenest. Historisches vom Arbeitskreis ‚Geschichte der Brüderbewegung‘“ (S. 18)
Hartmut Wahl: „Bibelschule Wiedenest: Weltweite Wirkungen (S. 18f.)
Erich Sauer: „Von Berlin nach Wiedenest – der Weg der Allianz-Bibelschule (S. 19)
Hartmut Wahl: „Johannes Warns – Lehrer freier Gemeinden (S. 20)
Horst Afflerbach: „Erich Sauer und die Bibelschule (S. 21)
Hartwig Schnurr: „Ernst Schrupp (S. 22)


Gisa Bauer / Paul Metzger: „Brüderbewegung (auch: Brüdergemeinden, Brüderversammlungen, Christliche Versammlungen, Freier Brüderkreis, Darbysten, Plymouth-Brüder)“. In: dies.: Grundwissen Konfessionskunde. UTB 5254. Tübingen (Narr Francke Attempto) 2019. S. 238–241.

Ein grundsätzlich brauchbarer Überblick, auch wenn (oder gerade weil) vieles offenkundig aus der Wikipedia übernommen wurde (ohne Quellennachweis). Unscharf dargestellt sind die Trennungsgründe von 1848; falsch ist die Behauptung, dass Raven sich 1890 von der Brüderbewegung getrennt hätte und die Mehrheit in Nordamerika ihm gefolgt wäre. Bei der Auflistung der verschiedenen Brüdergruppen in Deutschland bleiben die „blockfreien“ Gemeinden unberücksichtigt.


John Bennett: „Major-General Sir Charles H. Scott, KCB, RA 1848–1919“. In: Precious Seed 74 (2019), Heft 1, S. 15.

Kurzes Lebensbild zum 100. Todestag des Offenen Bruders Charles Henry Scott am 6. Oktober 2019 (auch online).


Kate Brooks: „In this Age of Wonders: Exploring the Myth of George Muller“. In: Question. Essays & Art from the Humanities 4 (2019), S. 58–65, 115–118.

Annäherung an Georg Müller aus säkular-atheistischer Perspektive (auch online). Die Autorin ist die Urenkelin eines von Müller aufgenommenen Waisenjungen.


Bert Cargill: „Joseph Medlicott Scriven (1819–1886)“. In: Precious Seed 74 (2019), Heft 3, S. 28f.

Scriven war der Dichter des Liedes What a Friend We Have in Jesus (Welch ein Freund ist unser Jesus). Geboren in Irland, wo er während seines Studiums auch mit den „Brüdern“ in Verbindung kam, wanderte er später nach Kanada aus und arbeitete dort als Lehrer, Holzfäller, Farmarbeiter und Evangelist. Gleich zwei Verlobungen scheiterten durch den tragischen Tod der Verlobten (1843 und 1860). Gegen Ende seines Lebens litt Scriven an Depressionen; ob sein Tod in einem Mühlenteich ein Unfall oder Selbstmord war, blieb ungeklärt.

Der Gedenkartikel erschien zum 200. Geburtstag am 10. September 2019 und ist auch online zugänglich; als Name des Autors wird hier allerdings „Mitchell Cargill“ angegeben, und das beigegebene Bild zeigt nicht Scriven, sondern den Komponisten von What a Friend We Have in Jesus, Charles Crozat Converse (1832–1918).


María Eugenia Cornou: „Formative Worship ‘at the End of the World’: The Worship Practices of Methodists, Baptists and Plymouth Brethren in the Emergence of Protestantism in Argentina, 1867–1930“. In: Studies in World Christianity 25 (2019), S. 166–186.

Von diesem Artikel war mir nur ein Abstract zugänglich, aber der Titel scheint deutlich zu benennen, worum es geht.


Bernard Ineichen: „Losing the rapture: escaping from fundamentalist Christian belief“. In: Mental Health, Religion & Culture 22 (2019), S. 661–673.

Vergleich der Lebensläufe von vier Aussteigern aus „fundamentalistischen“ Gruppen. Zwei davon haben mit der Brüderbewegung zu tun: Edmund Gosse (1849–1928), Sohn des Naturforschers Philip Henry Gosse, verbrachte seine ersten Lebensjahre unter den Offenen Brüdern (von denen sich die Familie allerdings bereits 1857 löste, was im Artikel – wie auch sonst häufig – ignoriert wird); Rebecca Stott (* 1964) stammt aus einer Familie der Raven-Brüder, die sich nach Aberdeen 1970 von James Taylor junior trennte.


Keith Keyser: „Homecall: David Gooding (September 16, 1925 – August 30, 2019)“. In: Cornerstone 3 (2019), Heft 6, S. 14.

Nachruf auf den bekannten Alttestamentler, der den Offenen Brüdern angehörte und viel mit John Lennox zusammenarbeitete (auch online verfügbar). Von seinen zahlreichen Publikationen wurden etliche auch ins Deutsche übersetzt (zuletzt Das Evangelium nach Lukas und In der Schule des Meisters).


Daniel J. King: „Filled with a Hallowed Presence: Abundant Events in the Lives of George Müller and Amanda Berry Smith“. In: Fides et Historia 51 (2019), S. 143–152.

In Auseinandersetzung mit dem Buch History and Presence von Robert A. Orsi untersucht der Autor die Spiritualität von Georg Müller und Amanda Berry Smith, einer amerikanischen Evangelistin der Heiligungsbewegung.


Andreas Liese: „Die evangelischen Freikirchen in der Zeit des Nationalsozialismus“. In: Eine freie Kirche in einer freien Gesellschaft. Freikirchliche Perspektiven auf das Verhältnis von Kirche und Staat. Beiträge einer internationalen Tagung des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung in Kooperation mit der Theologischen Hochschule Elstal, Berlin, 6. und 7. Dezember 2017. Hrsg. von Martin Rothkegel und Reinhard Assmann. Schriftenreihe des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung 30. Berlin (Gesellschaft zur Förderung vergleichender Staat-Kirche-Forschung) 2019. S. 255–286.

Der Aufsatz beschreibt die „überwiegend unkritische Haltung deutscher Freikirchler gegenüber dem Nationalsozialismus“ (Vorwort der Herausgeber, S. 17) und geht dabei auch auf die Brüderbewegung ein.


Andreas Liese: „‚Zum Fluch für die Nationen gesetzt‘? Die Geschlossenen Brüder und ihr Verhältnis zum jüdischen Volk“. In: Freikirchenforschung 28 (2019), S. 189–213.

Der Autor untersucht ausführlich die 1934/35 geführte briefliche Diskussion zwischen Wilhelm Stücher, Fritz von Kietzell, Franz Kaupp und David Kogut, auf die er 2018 bereits in seinem Lebensbild Koguts hingewiesen hatte, und ordnet sie in die Israeltheologie der Geschlossenen Brüder ein, wobei er Äußerungen von 1840 (John Nelson Darby) bis 2017 (Ernst-August Bremicker) heranzieht.


Alastair Noble: „Plymouth Brethren“. In: ders.: Born in a Golden Age. Reflections on Faith, Family and Fallacies. Kilmarnock (Ritchie) 2019. S. 40–69.

Porträt der Brüderbewegung (Geschichte, Merkmale, Herausforderungen) von einem der derzeit führenden Offenen Brüder Schottlands.


Alexander Rockstroh: „Frömmigkeitsformen in der Brüderbewegung“. In: Die Gemeinde [74] (2019), Heft 3, S. 8f.

Der neue Geschäftsführer der AGB, der ursprünglich aus der Landeskirche stammt, beschreibt in diesem Beitrag, „welche Ausdrucksformen der Frömmigkeit er innerhalb der Brüderbewegung besonders schätzt“ (auch online).


Gerrid Setzer: „Johannes Meyer. Er schonte sein Leben nicht. 05.04.1814 – 01.09.1847“. In: Treue und Hingabe. Hrsg. von Alexander Schneider und Gerrid Setzer. Hückeswagen (CSV) 2019. S. 106–117.

Der gebürtige Schweizer Johannes Meyer wurde bei der Basler Mission und bei der Londoner Church Missionary Society zum Missionar ausgebildet, trennte sich aber 1839 von Letzterer und schloss sich den „Brüdern“ an. 1840 heiratete er und reiste nach Britisch-Guayana aus, wo Leonard Strong (1797–1874) bereits seit einigen Jahren wirkte. Nach siebenjähriger aufopferungsvoller Missionstätigkeit starb er 1847 an einem Fieber.

Das in erzählender Form geschriebene, in erster Linie wohl an junge Leser gerichtete Lebensbild ist wahrscheinlich die erste Veröffentlichung über Meyer aus der deutschen Brüderbewegung seit Emil Dönges’ Artikel von 1906 („Johannes Meyer, das Lebensbild eines treuen Mannes aus dem vorigen Jahrhundert“, Botschafter des Friedens 16 [1906], S. 35–44, 47–51; auch als Separatdruck erschienen).


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2018

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen. (In die Bibliografie von 2017 habe ich übrigens inzwischen etliche Nachträge aufgenommen; siehe die Bücher von Aharonian, Azimioara, Burness, Kearney und Revie sowie die Aufsätze von Cone/Fazio, Hempelmann/Swarat, Beugen, Grass, Kirkpatrick, Kramer, Liese und Ponzer.)


BÜCHER


akenson2Donald Harman Akenson: Exporting the Rapture. John Nelson Darby and the Victorian Conquest of North-American Evangelicalism. New York (Oxford University Press) 2018. xiv, 505 Seiten.

Nach seinem fulminanten Buch Discovering the End of Time (2016), in dem der amerikanische Profanhistoriker und Irlandspezialist Donald Akenson die Anfänge des „apokalyptischen Millennialismus“ im Irland des frühen 19. Jahrhunderts nachzeichnete, legt er nun den zweiten Teil einer geplanten Trilogie vor, in dessen Mittelpunkt die Ausbreitung dieser Idee in Großbritannien steht (noch nicht so sehr in Amerika, wie der Untertitel suggeriert – dies wird vermutlich erst Thema des dritten Teils sein).

In beiden Bänden nimmt die Biografie John Nelson Darbys breiten Raum ein, wobei der Autor immer wieder auch Seitenpfade einschlägt, die mit dem übergeordneten Thema eigentlich wenig zu tun haben, aber doch äußerst spannend zu lesen sind – zumal Akenson sich nie mit dem aus der Brüdergeschichtsschreibung bereits Bekannten zufriedengibt, sondern vieles kritisch hinterfragt und manches Neue zutage fördert. So widmet er im ersten Band mehrere Seiten der Beziehung Darbys zu Lady Powerscourt, im zweiten Band ein ganzes Kapitel der Bagdad-Mission von Groves und seinen Freunden (an der Darby gar nicht beteiligt war) und wiederum mehrere Seiten und einen Anhang dem vor einigen Jahren wiederentdeckten Pamphlet A Statement of Facts (1857), in dem Darby eine unangemessene Beziehung zu einer Fünfzehnjährigen unterstellt wird. Selbstverständlich kommen aber auch alle wichtigen Ereignisse der Brüdergeschichte (bis ca. 1870) ausführlich zur Sprache, darunter Darbys Tätigkeit in der Schweiz (1837–44), die Trennungen in Plymouth und Bethesda (1845/48) und die Kontroverse über Darbys Sufferings of Christ (1866).

Akenson schreibt nicht aus christlicher, sondern aus rein säkularer Perspektive. Wer ein erbauliches Buch sucht, das die „Lehre der Brüder“ bestätigt und verteidigt, wird hier also nicht fündig werden; wer dagegen an der vorurteilsfreien Suche nach historischer Wahrheit interessiert ist, wird dieses Werk mit Gewinn lesen. Dazu trägt auch der brillante Stil des Autors bei, den der Verlag schon beim ersten Band mit Recht als „zugleich gelehrt, unterhaltsam und humorvoll“ (at once erudite, conversational, and humorous) charakterisierte.

Crawford Gribben führte im November ein 34-minütiges Interview mit dem Autor, das auf der Website New Books Network nachgehört werden kann.


Bert Cargill / James Brown: Trailblazers and Triumphs of the Gospel. “Making Disciples of all Nations”. Brief accounts of some of those who pioneered with the Gospel in several countries and of some great revivals in recent times. Christian Heritage Series 2. Kilmarnock (Ritchie) 2018. 233 Seiten.

Der Band enthält Lebensbilder und Episoden aus der Missionsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, die zuerst 2013–16 als Artikelserie im Believer’s Magazine erschienen. Von Relevanz für die Brüderbewegung sind vor allem die Kapitel über Anthony Norris Groves (S. 37–44), Friedrich Wilhelm Baedeker (S. 80–87), Leonard Strong (S. 117–120), Stuart Edmund McNair (S. 122–124), William Williams (S. 125–127) und die „Operation Auca“ (S. 128–136).


Van Costen (Hrsg.): The Last Days of James Butler Stoney (1895–1897). Chesapeake, VA (Hold Fast What Thou Hast) 2018. 294 Seiten.

Im einleitenden Teil (S. 17–61) sind Erinnerungen von Stoneys Tochter Anna Maria Elizabeth abgedruckt („‘From Glory to Glory’ (2 Corinthians 3:18). The Closing Days of James B. Stoney (1895–1897). A Record kept by His Daughter“), im Hauptteil (S. 63–288) fünfzig „Meditations and Papers“, die Stoney in den letzten fünfzehn Monaten seines Lebens schrieb oder diktierte. Den Abschluss bilden ein kurzer Bericht über Stoneys Beerdigung und zwei Briefauszüge von Coates und Raven (S. 289–294).


btbNeil Dickson / T[homas] J. Marinello (Hrsg.): Bible and Theology in the Brethren. Studies in Brethren History. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2018. xiv, 277 Seiten.

Der fünfte Band der Reihe Studies in Brethren History versammelt die Vorträge der BAHN-Konferenzen von 2013 und 2015:

James M. Houston: „Bible Reading Through the History of the Church (S. 5–14)
Neil Dickson: „Worn Symbols: Women’s Hair and Head Coverings in Brethren History“ (S. 17–38)
Dirk Jongkind: „Samuel Prideaux Tregelles: A Nineteenth-Century Evangelical Apology for New Testament Textual Criticism (S. 39–50)
Beth Dickson: „In the World and of It Too: Bible or Culture? The Role of Women in Brethren Assemblies, 1880–1940 (S. 51–67)
Roger N. Holden: „‘You have to go by Scripture’: Taylorite Exclusive Brethren, the Bible, and the Holy Spirit (S. 69–86)
Kovina Mutenda: „The Brethren and the Bible in Central Africa (S. 87–94)
Alan Millard: „Brethren and Biblical Scholarship in Britain in the Twentieth Century (S. 95–105)
Tórður Jóansson: „Victor Danielsen (1894–1961): Teacher – Translator – Evangelist (S. 107–113)
Ian Randall: „Wilfred James Wiseman (1891–1970): The Bible Society and the Brethren (S. 115–131)
Tim Grass: „F. F. Bruce and the Bible (S. 133–144)
T. J. Marinello: „Use of the Bible among the New Brethren in Flanders (S. 145–154)
Mark R. Stevenson: „The Brethren and Systematic Theology: Outspoken Objectors; Unconscious Practitioners (S. 157–169)
Neil Summerton: „The Theology of George Müller (S. 171–202)
Anne-Louise Critchlow: „William Kelly and his Mystic Spirituality (S. 203–211)
Neil Dickson: „A Darbyite Mystic: Frances Bevan (1827–1909) (S. 213–247)
Roger N. Holden: „‘I do not know that there is such a term in Scripture as eternal sonship’: James Taylor and the Question of the Eternal Son (S. 249–277)


Peter Herriot: The Open Brethren. A Christian Sect in the Modern World. Cham (Palgrave Macmillan) 2018. xi, 194 Seiten.

Untersuchungen eines emeritierten Psychologieprofessors über den konservativen Flügel der britischen Offenen Brüder (“Tight Open Brethren”), den er für ein „archetypisches Beispiel des Fundamentalismus“ hält. Der Autor stammt ursprünglich selbst aus der Brüderbewegung, ist heute aber „liberaler Methodist“.


introvigneMassimo Introvigne: The Plymouth Brethren. New York (Oxford University Press) 2018. x, 141 Seiten.

Introvigne ist ein italienischer Religionssoziologe, der sich seit Jahren für „diskriminierte“ religiöse Minderheiten jedweder Couleur einsetzt, so auch für die Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder. Bereits 2007 legte er gemeinsam mit dem ehemaligen Offenen Bruder Domenico Maselli (1933–2016) das Buch I Fratelli. Una critica protestante alla modernità („Die Brüder. Eine protestantische Kritik der Moderne“) vor, auf dem der nun erschienene Band in weiten Teilen basiert. Die erste Hälfte ist der Geschichte der Brüderbewegung bis 1848 gewidmet, die zweite Hälfte den verschiedenen Gruppierungen der Geschlossenen Brüder mit Schwerpunkt auf den Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüdern (die sich seit 2012 offiziell „Plymouth Brethren Christian Church“ [PBCC] nennen).

Introvignes Ansatz ist primär soziologisch, nicht theologisch; in letzterer Hinsicht lässt sein Buch manches zu wünschen übrig, wie Timothy Stunt und Neil Dickson in ihrer Rezension in BHR 2018 (s.u.) an mehreren Beispielen gezeigt haben. Auch historisch enthält das Werk etliche Fehler, auf die der Autor teilweise schon nach Erscheinen der italienischen Erstfassung 2007 aufmerksam gemacht wurde. Als deutscher Leser stolpert man z.B. über folgende Darstellung (S. 74):

Others went even further in their condemnation of Raven and separated from the Brethren III, accusing them of maintaining elements of the Raven system. They included Rudolf Brockhaus, the son of the most influential German leader of the Brethren, Carl Brockhaus. Some 600 members of his ‘Alte Elberfelder’ Brethren still exist in Germany, and their conferences attract several thousand sympathisers.

Hier wird also behauptet, Rudolf Brockhaus und andere hätten sich von den Brethren III getrennt (Introvigne benutzt das veraltete, willkürliche Nummerierungssystem des United States Census Bureau, das die Lowe-Continental-Brüder als Brethren III führte), und von dieser Gruppe gebe es heute noch 600 Mitglieder in Deutschland. Wie der Autor auf diese völlig aus der Luft gegriffenen Aussagen kommt, bleibt unerfindlich.

Wenn Introvigne in Fußnoten auf Quellen hinweist, sind die Angaben nicht immer zuverlässig (manche Erscheinungsorte sind falsch oder erfunden – Internetquellen werden wie Druckwerke zitiert, z.B. eine auf bruederbewegung.de wiederveröffentlichte Broschüre von Alfred Wellershaus mit dem Erscheinungsort Gütersloh!). Wiederholt wird auch pauschal auf ganze Bücher (ohne Seitenangabe) verwiesen, die die im Text aufgestellten Behauptungen gar nicht enthalten. Stunt nennt Introvignes “approach to scholarship” deshalb “astonishingly capricious” und das Buch “a sloppy and imprecise piece of work”.

Noch schwerer wiegt vielleicht die Kritik an der distanzlosen Darstellung der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder, deren Binnensicht der Autor völlig übernimmt und die er gegen alle Vorwürfe verteidigt (z.B. in Sachen Absonderung von „ungläubigen“ Familienangehörigen, Gemeinnützigkeit, Prozessfreudigkeit). Von Seiten der „PBCC“ wird das Buch daher in Zukunft ohne weiteres für PR-Zwecke eingesetzt werden können (so wie früher die Arbeiten des Soziologen Bryan R. Wilson). Dass einer der renommiertesten Wissenschaftsverlage der Welt ein solches Werk in sein Programm aufgenommen hat, erscheint kaum nachvollziehbar.

Eine etwas wohlwollendere, die Mängel aber ebenfalls benennende Rezension von Crawford Gribben findet sich auf der Website Reading Religion.


ironsidebwHenry Allen [recte Allan] Ironside: Die Brüderbewegung – ein historischer Abriss. Aus dem Englischen von Günther Schwalb und Alois Wagner. Bielefeld (CLV) 2018. 352 Seiten.

Über 75 Jahre nach Erscheinen der amerikanischen Originalausgabe (1942) wurde nun eine deutsche Übersetzung von Ironsides Historical Sketch of the Brethren Movement vorgelegt. Den neuesten Forschungsstand wird man daher nicht erwarten dürfen, wohl aber eine knappe, gut lesbare, relativ unparteiische (aber auch nicht standpunktlose) Darstellung der ersten hundert Jahre der Brüderbewegung mit Schwerpunkt auf dem englischen Sprachraum.

Gegenüber der Originalausgabe wurden über 500 Fußnoten mit historischen, biografischen, bibliografischen und sonstigen Hintergrundinformationen hinzugefügt (was zusammen mit dem großzügigen Zeilenabstand dazu führte, dass die deutsche Ausgabe um 60 % umfangreicher ist als die englische). Die meisten dieser Fußnoten sind hilfreich, manche aber auch etwas redundant, da mehrmals in identischer Form wiederholt (so z.B. die Publikationsliste Belletts zweimal in den Fußnoten 31–34 und 484, die Biografie Robert T. Grants dreimal in den Fußnoten 221, 251 und 362 oder die Publikationsliste Walter Scotts viermal in den Fußnoten 285, 403, 414 und 441). Einige längere Fußnoten wurden leider ohne Quellenangabe aus anderen Werken abgeschrieben (so die Fußnote 49 über Darbys Bibliothek aus Max S. Weremchuks John Nelson Darby und die Anfänge einer Bewegung, S. 63, oder die Fußnoten 324–325 über Frederick E. Raven aus Wikipedia).

Das Buch steht beim Verlag zum kostenlosen Download zur Verfügung, aber der Kauf der gedruckten Version lohnt sich allein schon wegen des bibliophil gestalteten Umschlags (Klappenbroschur; innen Porträts, Zitate und ein Manuskriptfaksimile). Eine Rezension von Gerrit Alberts (der auch das Vorwort zum Buch schrieb) erschien in fest und treu 1/2018, S. 22f. Lesenswert ist auch die Rezension von Hanniel Strebel auf amazon.de.


Edwin O. P. Mutton: History of the “Little Flock Hymn Book” and its Authors. Editing and Layout by W. S. Chellberg. Wheaton, IL (Bibles, etc.) 2018. 88 Seiten.

Kompaktes Nachschlagewerk zum Liederbuch Hymns and Spiritual Songs for the Little Flock in der von James Taylor jun. besorgten Ausgabe von 1962. (Der Autor gehört allerdings einer der 1970 von Taylor abgefallenen Brüdergruppen an.)


Carl-Erik Sahlberg: George Müller – ett liv i bön och tro. Värnamo, Schweden (Semnos Förlag) 2018. 92 Seiten.

Übersetzung des Untertitels: Ein Leben in Gebet und Glauben.


schnurrwarnsJohannes Warns: Gemeinde nach dem Neuen Testament. Schriften zur Gemeindefrage mit acht unveröffentlichten Manuskripten. Hrsg. von Hartwig Schnurr. edition Forum Wiedenest. Muldenhammer (Jota) 2018. 348 Seiten.

Im ersten Teil dieses Sammelbandes sind acht bisher unveröffentlichte Aufsätze abgedruckt, in denen sich Johannes Warns (1874–1937), der erste Leiter der Bibelschule Wiedenest, kritisch mit der Ekklesiologie der Geschlossenen Brüder auseinandersetzt: „Darbys Lehre über das große Haus und den Verfall der Kirche“ (S. 10–47), „Versammelt im Namen Jesu“ (S. 48–66), „Gemeinde oder Versammlung?“ (S. 67–77), „Aufnahme und Gemeinschaft“ (S. 78–90), „Gaben und Dienste“ (S. 91–112), „Die Gemeindezucht“ (S. 113–137), „Der Tisch des Herrn“ (S. 138–168) und „Die sogenannte Haushaltstaufe“ (S. 169–174). Im zweiten Teil folgen die bereits zu Warns’ Lebzeiten gedruckten Schriften „Georg Müller und John Nelson Darby“ (S. 176–224; ergänzt durch einen Briefwechsel zwischen Rolf Brockhaus und Johannes Warns, S. 225–231), „Die Kindertaufe“ (S. 232–251), „Gedanken über eine schriftgemäße Abendmahlsfeier“ (S. 252–291), „Kennt das Neue Testament die Bedienung einer örtlichen Gemeinde durch einen einzelnen Prediger?“ (S. 292–312) und „Grenzen der Schriftauslegung“ (S. 313–340). Abgerundet wird der Band durch einen Nachruf auf Johannes Warns von Erich Sauer (S. 342–348).

Eine erste Rezension (von Matthias Schmidt) erschien im Wiedenester Magazin Offene Türen.


AUFSÄTZE


Heft 13 (2017) der Brethren Historical Review erschien erst Ende Januar 2018 und wird daher auch erst in dieser Bibliografie berücksichtigt. Es enthält (neben etlichen Rezensionen) die folgenden Beiträge:

Roger N. Holden: „Are We Worshipping at the Right Shrine? Fitzwilliam Square, Dublin (S. 1–5)
Timothy C. F. Stunt: „An Early Forgotten Letter by J. N. D. (S. 6–8)
David Brady: „David Walther (1794–1871) and His Family: With a Catalogue of Walther’s Known Publications (S. 9–58)
Timothy C. F. Stunt: „John William Peters (1791–1861): Some Clarifications (S. 59–74)
Christina Evangelina Lawrence: „Carter’s Kitchen: ‘Extraordinary tea drinkings for the starving poor.’ (S. 75–94)
Roger Shuff: „Romantic Affinities: A Brethren-tinted Perspective on the Spiritual Journey of John Ruskin (S. 95–107)
Alastair J. Durie: „A Morningside Brethren Meeting. The Old Schoolhouse (S. 108–132)
Michael Ward Thompson: „George Ward Ainsworth (1882–1938): Brethren Evangelist (S. 133–141)
Ian Wallace: „Peter Brandon (1925–2015) (S. 158–164)
Graham Rand: „John Samuel Andrews (1926–2016) (S. 164–167)
Ulrich Brockhaus: „Gerhard Jordy (1929–2017) (S. 167–169)
Carl E. Armerding: „Ian S. Rennie (1929–2015) (S. 170–174)
Tórður Jóansson: „Zacharias Zachariassen (1935–2017) (S. 175–180)
Neil Dickson: „Alastair J. Durie (1946–2017) (S. 180f.)

Von Interesse sind besonders die Artikel von Holden (über den Ort des ersten Brotbrechens in Dublin: nach seinen Recherchen das Haus Fitzwilliam Square 45), Brady (über den Autor und Verleger David Walther, von dem bereits 1850 in Düsseldorf die von Poseck übersetzte Schrift Die Persönlichkeit des Trösters erschien) und Brockhaus (Nachruf auf Gerhard Jordy, in kürzerer Form auch in AGB aktuell 7/2017, S. 2 veröffentlicht).


bhr2018Heft 14 (2018) der Brethren Historical Review folgte dann im „richtigen“ Jahr. Enthalten sind (wieder abgesehen von den Rezensionen) nachstehende Aufsätze:

Timothy C. F. Stunt: „Robert Nelson (1798–1895): Administrator, Judge, and Plymouth Brother (S. 1–15)
Vijaya Raju Bandela: „The Brethren Movement in Andhra (S. 16–46)
Timothy C. F. Stunt: „A Note Concerning Hannah Kilham Burlingham (1842–1901) (S. 47–54)
Sylvain Aharonian: „The Open Brethren Movement in France (S. 55–77)
Rose Dowsett: „Brethren Listed in the CIM Register, 1865–1948 (S. 78–88)
Dániel Kovács: „The Hungarian Brethren Movement: History, Nature, and Outlook (S. 89–119)
Crawford Gribben: „The Church of God in Belfast: Needed Truth, the Vernalites, and the Howard Street Christians, 1890–1924 (S. 120–148)
Timothy C. F. Stunt / Neil Dickson: „The Plymouth Brethren: A Review Article (S. 149–156)
Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 157–164)
Ruth Collins: „Stephen Somerset Short (1920–2018) (S. 193–200)

Der Beitrag von Aharonian ist eine Zusammenfassung seines in der vorigen Bibliografie verzeichneten Buches von 2017, der Beitrag von Kovács eine Zusammenfassung seiner Wiedenester Abschlussarbeit von 2014, der Beitrag von Stunt und Dickson eine Rezension des oben genannten Buches von Introvigne.


christianhistory128Ausgabe 128 der amerikanischen Zeitschrift Christian History (erschienen im November 2018) war ganz dem Thema „Living on a prayer: George Müller, the Brethren, and faith missions“ gewidmet. Die einzelnen Artikel:

Roger Steer: „Delighted in God. The prayer-full, faith-full life of George Müller (S. 6–12)
George Müller: „Nothing but the blood of Jesus (S. 13)
Philip Thomas: „A substantial work. How God led Müller to provide homes for children (S. 14–17)
Dan Graves: „Even the wind obeyed. George Müller’s testimony of 50,000 answered prayers (S. 18–20)
George Müller: „‘Ready to do the Lord’s will’. How to ascertain the will of God, according to Müller (S. 21)
The Christian History Timeline: From orphans to martyrs. The influence of Müller, his friends, his movement was long-lasting (S. 22f.)
Tim Grass: „Müller and friends. The development of the Brethren (S. 24–28)
Robert Bernard Dann: „The ‘simple standard of God’s word’: Anthony Norris Groves (S. 29)
Lisa Nichols Hickman: „‘Thus far the Lord has helped us’. How Hudson Taylor learned to live by faith (S. 30–33)
Roger Robins: „Caught up to meet Jesus in the clouds. John Nelson Darby’s view of the last things (S. 34–36)
Jennifer Boardman: „For the love of God’s Word. A legacy of Brethren influence (S. 37–40)
[Jennifer Woodruff Tait / Phil Thomas:] „A Christian organization with integrity (S. 41)
Recommended resources (S. 42f.).

Das Heft kann kostenlos online gelesen und auch heruntergeladen werden.


Howard Barnes: „Sir Robert Anderson (1841–1918)“. In: Precious Seed 73 (2018), Heft 1, S. 22f.

Lebensbild des bekannten Autors, der in leitender Stellung bei Scotland Yard tätig war und zeitweise den Offenen Brüdern nahestand. Erschienen aus Anlass des 100. Todestages am 15. November 2018 (auch online).


John Bennett: „Robert Eugene Sparks 1844–1918“. In: Precious Seed 73 (2018), Heft 3, S. 28.

Der laut Artikel selbst im englischen Sprachraum heute kaum noch bekannte Sparks war von 1894 bis 1918 Mitherausgeber der Missionszeitschrift Echoes of Service. Das Lebensbild erschien zum 100. Todestag am 18. Oktober 2018 (auch online).


John Dennison: „The Seam of Light: The Bible, the Gospel Hall, the Poet“. In: Journal of New Zealand Literature 36 (2018), Heft 2, S. 160–169.

Autobiografische Notizen eines neuseeländischen Dichters (* 1978), der unter den Offenen Brüdern aufwuchs.


Neil Dickson: „‘Sweet feast of love divine’“. In: Partnership Perspectives 63 (Summer 2018), S. 47–51.

Kurzer Artikel über Abendmahlsverständnis und -praxis der „Brüder“ (auch online). Der Titel ist der Beginn eines Liedes von Sir Edward Denny, das ins Liederbuch der britischen Offenen Brüder Eingang fand (aber offenbar nicht in das der Geschlossenen).


Neil Dickson: „Brethren and their Buildings“. In: The Chapels Society Journal 3 (2018), S. 24–40.

Über Versammlungshäuser der britischen „Brüder“ (offen wie geschlossen) in Vergangenheit und Gegenwart.


Andi Fett: „Steinsturz vom Dom“. In: ders.: Steseloffe. 9 Vorlesegeschichten für junge Leute. Limm & Nies 6. Bielefeld (CLV) 2018. S. 5–13.

Julius Anton von Posecks Bekehrung und die Entstehung seines Liedes „Auf dem Lamm ruht meine Seele“ für Kinder nacherzählt.


Liselotte Frisk / Sanja Nilsson: „Raising and Schooling Children in the Plymouth Brethren Christian Church: The Swedish Perspective“. In: Liselotte Frisk / Sanja Nilsson / Peter Åkerbäck: Children in Minority Religions. Growing up in Controversial Religious Groups. Sheffield/Bristol (Equinox) 2018. S. 333–361.

Wie in mehreren anderen Ländern haben die Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder auch in Schweden eine Privatschule gegründet, die zurzeit von ca. 50 Kindern besucht wird. Der Aufsatz untersucht Erziehung und Schulbildung dieser Kinder, insbesondere mit Blick auf das Prinzip der „Absonderung“.


Crawford Gribben: „Continuities and disjunctions in evangelical thinking about the last things“. In: Partnership Perspectives 62 (Spring 2018), S. 46–52.

Über die calvinistischen Hintergründe des Dispensationalismus (auch online). Die frühen „Brüder“ waren laut Gribben die „young, restless Calvinists“ des 19. Jahrhunderts.


Franklin S. Jabini: „Plymouth Brethren“. In: Encyclopedia of Christianity in the Global South. Hrsg. von Mark A. Lamport. Lanham, MD (Rowman & Littlefield) 2018. Bd. 2, S. 641f.

Lexikonartikel über die Brüderbewegung mit Schwerpunkt auf dem Globalen Süden.


Andreas Liese: „Deportiert nach Theresienstadt. Zum 75. Todestag von David Kogut“. In: Zeit & Schrift 21 (2018), Heft 6, S. 26–29.

Erstes Lebensbild des im KZ Theresienstadt umgekommenen Judenchristen David Kogut (1877–1943), der den Geschlossenen Brüdern angehörte (auch online).


Gabriele Naujoks: „‚Das Leben ist für mich Christus‘. Zum 175. Geburtstag von Alexander Hume Rule“. In: Zeit & Schrift 21 (2018), Heft 2, S. 28–35.

Lebensbild eines schottisch-amerikanischen Evangelisten und Lehrers der Lowe-Brüder (1843–1906). Bereits im Mai 2018 hier im Blog vorgestellt (auch online).


John Piper: „Georg Müller. Eine Strategie, Gott zu zeigen – Glauben in Einfalt, Gottes Wort, Genüge in Gott“. In: ders.: Vereint im Vertrauen. Die Frucht siegreichen Glaubens im Leben von Charles Spurgeon, Georg Müller und Hudson Taylor. Aus dem Englischen von Alois Wagner. Bielefeld (CLV) 2018. S. 103–138.

Lebensbild Georg Müllers mit Schwerpunkt auf seinem Calvinismus (wie bei diesem Autor zu erwarten). Die Bethesda Chapel in Bristol wird als „eine Art unabhängige, calvinistisch geprägte Gemeinde“ bezeichnet, „die ein zukünftiges Tausendjähriges Reich auf Erden erwartete, das Mahl des Herrn wöchentlich feierte und auch Menschen ohne Glaubenstaufe als Gemeindeglieder aufnahm“ (S. 103f.), ohne dass die Zugehörigkeit zur Brüderbewegung auch nur erwähnt würde. Das Buch steht zum kostenlosen Download zur Verfügung.


Dave Porsche: „Brüdergemeinden – wo geht es hin?“ In: Perspektive 17 [recte 18] (2018), Heft 3, S. 44f.

Der Autor befürchtet, dass Brüdergemeinden aussterben werden, und zeigt sechs Symptome dafür auf (wenig Nachwuchs in Leitungsverantwortung und vollzeitlichem Dienst, wenig Innovationsbereitschaft, wenig neue Lieder, kaum neue Gemeinden, Zufriedenheit mit dem Status quo).


Martin von der Mühlen: „Eine kritisch-konstruktive Ergänzung zum Artikel ‚Brüdergemeinden – wo geht es hin?‘ von Dave Porsche in der ‚Perspektive‘ 3/18“. In: Perspektive 17 [recte 18] (2018), Heft 5, S. 26f.

Der Verfasser kritisiert die Ausführungen Porsches als einseitig und verallgemeinernd und ruft dazu auf, alle Generationen (und nicht nur die junge) im Blick zu behalten.


Bogdan Emanuel Răduţ: „Reflecţii privind impactul celui de-al Doilea Război Mondial asupra Asociaţiei Religioase ‚Creştinii după Evanghelie‘“. In: Arhivele Olteniei NS 32 (2018), S. 125–134.

Über die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf die Brüdergemeinden in Rumänien (auch online).


Barbara Schieb / Jutta Hercher: „Aktion ‚Arbeitsscheu Reich‘ im Juni 1938“. In: 1938. Warum wir heute genau hinschauen müssen. Hrsg. von Barbara Schieb und Jutta Hercher. Mit einem Vorwort von Klaus von Dohnanyi. München (Elisabeth Sandmann) 2018. S. 146f.

Kurzes Porträt des Judenchristen Kurt Seelig (1887–1954), der der „Christlichen Versammlung“ angehörte und im Juni 1938 zwei Wochen im KZ Buchenwald inhaftiert war.


Ian F. Shaw: „‘This Way of Living’: George Müller and the Ashley Down Orphanage“. In: Foundations: An International Journal of Evangelical Theology 75 (November 2018), S. 73–92.

Über Georg Müllers Waisenhausarbeit in Bristol (auch online).


Mark R. Stevenson: „The Brethren and Systematic Theology: Outspoken Objectors; Unconscious Practitioners“. In: Reflections from the Emmaus Road. Essays in Honor of John H. Fish III, David A. Glock, and David J. MacLeod. Hrsg. von Franklin S. Jabini, Raju D. Kunjummen und Mark R. Stevenson. Dubuque, IA (Emmaus Bible College) 2018. S. 112–131.

Über das zwiespältige Verhältnis der „Brüder“ zur Systematischen Theologie.


Timothy C. F. Stunt: „The Formation of a Seceder. John Nelson Darby at Trinity College, 1815–1819“. In: A Flight of Parsons. The Divinity Diaspora of Trinity College Dublin. Hrsg. von Thomas P. Power. Eugene, OR (Pickwick) 2018. S. 41–59.

Überlegungen zur Frage, welchen Einfluss das Studium am Trinity College (Dublin) auf Darbys geistige und geistliche Entwicklung hatte.


Helga Völkening: „Christliche Gemeinde Potsdam-Babelsberg (Brüdergemeinde)“. In: Glaube in Potsdam. Band I: Religiöse, spirituelle und weltanschauliche Gemeinschaften. Beschreibungen und Analysen. Hrsg. von Johann Hafner, Helga Völkening und Irene Becci. Baden-Baden (Ergon) 2018. S. 436–450.

Porträt der 1993 gegründeten „blockfreien“ Brüdergemeinde in Potsdam-Babelsberg mit folgenden Schwerpunkten: 1. Entstehung und Entwicklung; 2. Gebäude und Lage; 3. Gottesdienst, Ritual, Zusammenkunft; 4. Gemeinschaftsleben und Gruppen; 5. Mitgliedschaft; 6. Außenbeziehungen. Die Darstellung beruht auf Interviews mit der Gemeindeleitung und wurde von dieser gegengelesen. Der Einleitungsteil über die Brüderbewegung insgesamt enthält allerdings etliche Fehler (z.B. Darby habe an der ersten Versammlung in Dublin teilgenommen, 1842 seien die ersten „exklusiven“ Versammlungen in Württemberg und im Rheinland gegründet worden, das Verbot 1937 sei wegen der Organisationslosigkeit erfolgt, die größten deutschen Brüdergemeinden befänden sich in Bad Endbach und Düsseldorf!).


Hartmut Wahl: „Vergesst eure Lehrer nicht! War Karl von Rohr-Levetzow am Widerstand gegen Hitler beteiligt?“ In: Perspektive 17 [recte 18] (2018), Heft 5, S. 31f.

Erste Erkenntnisse über den Offenen Bruder Karl von Rohr-Levetzow (1878–1945), der bis 1939 BfC-Reisebruder war und im April 1945 unter ungeklärten Umständen von der SS ermordet wurde – möglicherweise wegen seiner Kontakte zum Widerstand (Henning von Tresckow war sein Neffe).


François Walter: „Les débuts de la chocolaterie Favarger à Versoix: éthique darbyste, exotisme et suissitude (1875–1940)“. In: Laurent Tissot, une passion loin des sentiers battus. Hrsg. von Francesco Garufo und Jean-Daniel Morerod. Neuchâtel (Éditions Alphil – Presses universitaires suisses) 2018. S. 103–127.

Über die Anfänge der Schweizer Schokoladenfabrik Favarger (ab 1875 in Versoix bei Genf), die von einer „darbystischen Ethik“ geprägt gewesen seien. Jacques Samuel Favarger (1857–1909), der Enkel des Firmengründers Jacques Foulquier, war ab 1884 mit Carl Brockhaus’ Tochter Emma (1860–1948) verheiratet. Der Aufsatz erschien in einer Festschrift für den Schweizer Historiker Laurent Tissot (* 1953).


Joseph Webster: „The Exclusive Brethren ‘Doctrine of Separation’. An Anthropology of Theology“. In: Theologically Engaged Anthropology. Hrsg. von J. Derrick Lemons. Oxford (Oxford University Press) 2018. S. 315–335.

Über Absonderungslehre und -praxis der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder. Zu Beginn berichtet der Autor ausführlich über seine Schwierigkeiten, an einem ihrer Gottesdienste teilnehmen zu dürfen.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!