Schlagwort-Archiv: Charles Henry Mackintosh

200. Geburtstag von William Kelly

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William Kelly (1821–1906)

Diesen Beitrag kann ich genauso beginnen wie den über Charles Henry Mackintosh am 1. Oktober 2020:

In diesem Monat wäre William Kelly, einer der bekanntesten Geschlossenen Brüder des 19. Jahrhunderts, 200 Jahre alt geworden. Leider ist sein genaues Geburtsdatum (ebenso wie das seines sieben Monate älteren Landsmanns Charles Henry Mackintosh) nicht bekannt und auch von seinem Biografen Edwin Cross nicht ermittelt worden – vielleicht weil die betreffenden Kirchenbücher bei der Zerstörung des Public Record Office im Irischen Bürgerkrieg (1922) verloren gingen?1

Leben

Über Kellys Leben liegen online mindestens 20 kürzere oder längere Biografien, Würdigungen, Artikel und sogar eine Dissertation vor, sodass ich hier wie üblich auf eine eigene Skizze verzichte und nur eine sprachlich und chronologisch sortierte Linkliste biete:

In deutscher Sprache:

In englischer Sprache:

In niederländischer Sprache:

Nachrufe

Bei meinen Recherchen im British Newspaper Archive (BNA) bin ich auf mehrere Zeitungsartikel über Kellys Tod gestoßen, die meines Wissens bisher noch nie vollständig zitiert worden sind und daher hier einen Platz finden mögen. Den Anfang scheint die renommierte Londoner Times gemacht zu haben, die im BNA leider nicht vertreten ist; der Wortlaut ihres Nachrufs lässt sich aber der Yorkshire Post vom 2. April 1906 entnehmen:

1906-04-02 The Yorkshire Post 8 Obituary (Kelly)
The Yorkshire Post, 2. April 1906, S. 8

Dieser von einem ungenannten Korrespondenten (vielleicht E. E. Whitfield?) eingesandte Nachruf bildete wohl die Grundlage für die weiteren Zeitungsartikel über Kellys Tod. Die Brighton Gazette brachte am 5. April eine Notiz in der Spalte „Personal Gossip“:

1906-04-05 Brighton Gazette 7 Personal Gossip (Kelly)
Brighton Gazette, 5. April 1906, S. 7

Ein deutlich längerer Text, der den Times-Nachruf ebenfalls mit verwertet, aber auch die Trennung von 1881 erwähnt und von Kellys Beerdigung berichtet, erschien einen Tag später im Kentish Mercury (Greenwich). Der besseren Lesbarkeit halber gebe ich ihn in Transkription wieder:

The death occurred on Tuesday last week, at The Firs, Denmark-road, Exeter, of Mr. William Kelly, of Verner Lodge, Belmont-park, Lee. The deceased gentleman, who was a well-known member of the Plymouth Brethren, was born in the north of Ireland in 1820 [sic!]. He graduated at Trinity College, Dublin, with the highest honours in Classics, and joined the Plymouth Brethren in 1840. In 1860 he published a critical Greek Text of the Revelation of St. John, which Ewald pronounced in the Göttinger Jahrbücher to be the best piece of work of the kind that had come under his notice. For 50 years Mr. Kelly was editor of the monthly Bible Treasury, a periodical which the late Archdeacon Denison in his old age described as “the only one worth reading.” A book on the Mosaic Cosmogony – In the Beginning – brought to the writer a warm appreciation from Archbishop Benson. The Times says: – “In the judgment of outsiders he was a representative of erudition second only to Tregelles. Mr. Kelly was characteristically a lecturer; his discourses on the Apocalypse – from the Futurist point of view – and those on the New Testament doctrine of the Holy Spirit have been widely circulated. His last most considerable work is entitled God: [sic] Inspiration of the Scriptures (1903), in which he combated the Higher Criticism. A man of incisive intellect and a keen controversialist, he was the chief henchman of the late John Nelson Darby (‘J.N.D.’), and editor of his Collected Writings.” But in 1881 their friendship was broken, and the “Close Brethren” divided into “Kellyites” and “Darbyites.” For a considerable period Mr. Kelly resided in Guernsey, but for the last 30 years his home was at Lee, he attending the meeting at Bennett-park, Blackheath. He recently, on the suggestion of the Archbishop of York, presented his large and valuable theological library to the town of Middlesbrough. The funeral took place at Charlton Cemetery on Saturday, between 500 and 600 persons being present. In accordance with deceased’s strong aversion to anything like display the ceremony was of a very quiet and unostentatious character. At the graveside the hymns “For ever with the Lord” and “Saviour before Thy face we fall” were sung, and appropriate portions of Scripture were read. Addresses were given by Dr. Heyman Wreford, of Exeter (at whose house Mr. Kelly died), and Mr. T. Moore, of Bournemouth, the latter saying that a fortnight before his death Mr. Kelly remarked that there were three things that were real, the Cross of Christ, hatred of the world, and love of God. The funeral arrangements were entrusted to Messrs. Francis Chappell and Sons, of Lee Bridge and Catford.2

Der Rat der Stadt Middlesbrough, der Kelly seine Bibliothek gestiftet hatte, drückte in seiner Sitzung vom 10. April sein Bedauern über den Tod des Spenders aus:

1906-04-11 The Yorkshire Post 9 (Kelly)
The Yorkshire Post, 11. April 1906, S. 9

Zweieinhalb Wochen später war in der Presse – heute unvorstellbar – sogar der Wert von Kellys Nachlass zu lesen:

1906-04-28 Irish Independent 6 (Kelly)
Irish Independent, 28. April 1906, S. 6
1906-05-04 The Kentish Mercury 2 (Kelly)
The Kentish Mercury, 4. Mai 1906, 2

£ 5892 bzw. 5891 entsprechen nach heutiger Kaufkraft mindestens £ 630.800 (= ca. € 734.500).

Ewald über Kelly

Die drei im Times-Nachruf genannten prominenten Kelly-„Bewunderer“ Ewald, Denison und Benson werden auch in späteren Lebensbildern Kellys immer wieder zitiert (was einigermaßen erstaunlich ist, legen die Geschlossenen Brüder doch sonst auf den Beifall der „Welt“, auch der „religiösen Welt“, wenig Wert). Besonders interessant – da nachprüfbar – ist die Aussage des gemäßigt bibelkritischen3 Göttinger Theologieprofessors Heinrich Ewald (1803–1875) über Kellys griechische Edition der Offenbarung. Das Zitat tritt in zwei leicht voneinander abweichenden Varianten auf: Laut der Times hielt Ewald das Buch für “the best piece of work of the kind that had come under his notice”; in Chief Men among the Brethren überliefert Whitfield später den Wortlaut “the best piece of English work of the kind that he had seen”.

Ewalds Rezension erschien 1861 im 11. Band seiner Jahrbücher der Biblischen wissenschaft [sic], umgangssprachlich Göttinger Jahrbücher genannt, S. 247f. (für eine schärfere Version bitte Bild anklicken):

ewald_kelly
Jahrbücher der Biblischen wissenschaft 11 (1860/61), S. 247f.

Hat man sich einmal an die eigenartige Rechtschreibung gewöhnt (Ewald folgte den Reformvorschlägen Jacob Grimms), so stellt man überrascht fest, dass das Times-Zitat nirgendwo im Text vorkommt. Der Ton der Besprechung ist zwar insgesamt wohlwollend („recht nüzlich“, „sehr genau“, „manche gute bemerkung“), aber den Superlativ “best piece of work of the kind that had come under his notice” sucht man vergebens. Entweder hat Ewald sich noch woanders (vielleicht mündlich?) über das Buch geäußert, oder (wahrscheinlicher) wir haben es hier mit einer ungenauen Überlieferung zu tun, die mit der Zeit den Charakter einer frommen Legende annahm (immerhin vergingen zwischen der Rezension und Kellys Tod 45 Jahre).

Hätte Ewald gewusst, dass Kelly der Brüderbewegung angehörte, wäre seine Besprechung übrigens vielleicht kritischer ausgefallen. Zwölf Jahre zuvor hatte er nämlich zwei der frühen Übersetzungen von Julius Anton von Poseck und William Henry Darby in die Hände bekommen und in den Jahrbüchern rezensiert – falls man diesen unsachlichen, rein emotionalen Verriss überhaupt eine Rezension nennen kann:

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Jahrbücher der Biblischen wissenschaft 2 (1849), S. 77

200. Geburtstag von Charles Stanley

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Charles Stanley (1821–1890)

Heute vor 200 Jahren wurde Charles Stanley, einer der bekanntesten Evangelisten der Geschlossenen Brüder im 19. Jahrhundert, in Laughton-en-le-Morthen bei Rotherham (Nordengland) geboren. Im Brotberuf selbständiger Geschäftsmann, nutzte er seine häufigen Reisen zur Verkündigung des Evangeliums und ließ später auch zahlreiche Traktate drucken, die als „C. S. tracts“ weite Verbreitung fanden. Ab etwa 1880 war er Herausgeber der von Charles Henry Mackintosh gegründeten Zeitschrift Things New and Old.

Über Stanleys Leben liegen online die Kurzbiografie aus Henry Pickerings Chief Men among the Brethren (mit falschem Todesjahr), ein Artikel von John Bjorlie (aus Uplook, 1992), Stanleys autobiografischer Bericht The Way the Lord has Led Me; or, Incidents of Gospel Work sowie Hugh Henry Snells Recollections of the Last Days of Charles Stanley (auch als Faksimile) vor. Das Kapitel über Stanley aus Arend Remmers’ Gedenket eurer Führer scheint – im Gegensatz zu vielen anderen Lebensbildern aus diesem Buch – bisher nicht digitalisiert worden zu sein.

Nachrufe

Welche Bekanntheit Stanley zu Lebzeiten genoss, macht die Presseberichterstattung über seinen Tod und sein Begräbnis deutlich. Am 31. März 1890 brachten der Sheffield Daily Telegraph und der Evening Telegraph & Star gleichlautend folgenden Artikel:

Sheffield Daily Telegraph, 31. März 1890, S. 6

Im Sheffield & Rotherham Independent hieß es am selben Tag:

The Sheffield & Rotherham Independent, 31. März 1890, S. 3

Die Altersangabe 72 ist offensichtlich falsch; das richtige Alter konnten die Leser der Zeitung einen Tag später unter den Familiennachrichten finden:

The Sheffield & Rotherham Independent, 1. April 1890, S. 6

Beisetzung

In großer Ausführlichkeit wurde über Stanleys Beisetzung am 3. April 1890 berichtet; tatsächlich sind zwei der Artikel so lang, dass ich sie nicht als Bilddateien wiedergeben kann, sondern transkribieren musste. Hier zunächst der Bericht des Sheffield Daily Telegraph vom 4. April 1890, S. 7, der auch einige sonst nicht überlieferte Einzelheiten über Stanleys berufliche Tätigkeit enthält:

THE INTERMENT OF MR. CHAS. STANLEY OF ROTHERHAM.

Yesterday the funeral of Mr. Charles Stanley, of Moorgate Grove, Rotherham, took place in the Rotherham Cemetery amid many manifestations of respect. Mr. Stanley died whilst seated at the dinner table on Sunday last. For many years he had carried on the business of an export merchant in Sheffield and Birmingham, and at one time the growth of the Indian trade for general Birmingham goods necessitated his removal from Sheffield to the Midland town. Just over quarter of a century ago Mr. Stanley was offered the sole right of working a French patent brought out by the brother of a great friend of his, and seeing that it could be turned to good account he gradually relinquished the Sheffield and Birmingham businesses. This patent was a new plan for chemically scouring wool, in fact for the extraction of oil or fatty matter from any material, seeds, &c. His son, Mr. C. L. Stanley, joined him at this time, and greatly improved the machinery, which quickened the process, making the business a great success. The works at Wath grew, and are now the largest of the kind in the country. Although Mr. Stanley retired from business ten or eleven years ago, he did not give up work. He laboured hard in other ways. He conducted a religious periodical, was the writer of a very large number of tracts, preached regularly in the meeting-room of the brethren in Moorgate, and had a large correspondence with friends all over the world. In public affairs he never seemed to take any prominent part, but he was nevertheless very widely known. The large attendance at the graveside yesterday was some slight testimony of the loss which has been sustained by his decease. The funeral cortége left the residence in Moorgate Grove at about half-past eleven o’clock, and proceeded to the meeting room in Moorgate, where service was held in the presence of a large congregation. Mr. H. H. Snell, of Sheffield, officiated, and with Dr. Davy, of Sheffield, assisted in the ceremony at the grave. The mourners were: – First carriage: Mr. C. L. Stanley, of Oakwood, Rotherham; Mrs. Stanley, widow; Mr. and Mrs. Thomas Andrews, of Wortley. Second carriage: Mr. and Mrs. W. A. Stanley, of East Farleigh, Kent, and Mr. and Mrs. P. H. C. Chrimes, of Plumtree, Bawtry. Third carriage: Mr. C. H. Stanley, Mrs. C. L. Stanley, Mr. S. H. Burrows, of Sheffield, and Dr. Dyson, of Sheffield. Fourth carriage: Mr. and Mrs. Richard Chrimes and Mr. and Mrs. J. Kay. Fifth carriage: Mr. J. H. Burrows, of Sheffield; Mr. Fred. Elgar, of Rochester; Mr. H. H. Snell, of Sheffield; and Dr. Oxley, the deceased gentleman’s medical attendant. Sixth carriage: Dr. Davy and family, of Sheffield. Seventh carriage: Mr. Charles E. Chrimes and family. The private carriages brought into requisition were those of the deceased gentleman, Mr. C. L. Stanley, Mr. P. H. C. Chrimes, Mr. R. Chrimes, Mr. S. H. Burrows, and Dr. Davy. Amongst those attending the funeral were Mr. P. H. Stanley, Mr. E. Stanley, Miss Stanley, the Misses Lillian, Beatrice, and Irene Stanley, Mr. Thomas Barker (Otley), Dr. Snell (Sheffield), Mr. Moore, Mr. Hardy, Mr. Loveridge (Harrogate), Mr. Cutting (Derby), Mr. C. Spink (Chiselhurst), Mr. A. Mace (London), Mr. G. Morrish (London), Mr. J. Morrish (London), Mr. Sharpley (Sheffield), Mr. Brammer (Sheffield), Mr. Bowen (Ollerenshaw Hall), Mr. P. B. Coward, Mr. E. G. Cox, Mr. F. L. Harrop, Mr. H. Bray, Dr. Branson, Mr. F. Myers, Mr. J. S. Ward, Mr. J. Dickinson, Mr. J. M. Horsfield, Mr. H. Leedham, Mr. W. H. Sheldon, Mr. J. Hudson, Mr. J. Rodgers, Mr. Joseph France, Dr. Wolston (Nottingham), Mr. J. M. Radcliffe, Mr. J. Gillett, Mr. O. Fox, Mr. Pontis, and many other friends. The coffin, which was of polished oak with brass mountings, had placed upon it beautiful wreaths sent by grandchildren – Irene and Harry Cecil Stanley, of Oakwood. The interment was in the family vault. Mr. W. Arnett, of Rotherham, had charge of the funeral arrangements, and Mr. J. Hutchinson was the undertaker.

Weniger Informationen über Stanleys Leben, aber dafür noch mehr Details über die Beisetzung lieferte der Bericht des Sheffield & Rotherham Independent vom 4. April 1890, S. 6:

INTERMENT OF THE LATE MR. C. STANLEY, OF ROTHERHAM.

Yesterday afternoon the remains of Mr. Charles Stanley, of Moorgate Grove, who died suddenly on Sunday, were interred at the General Cemetery, Rotherham. The deceased gentleman was greatly respected by the members of the denomination of Christians known as “The Brethren,” and his local philanthropy and consistency of life had gained for him the esteem and regard of his neighbours. The attendance at the funeral was therefore large, and included many from distant parts of the country with whom the deceased gentleman had been connected in various ways, amongst them being gentlemen of distinction in the religious denomination to which the deceased belonged. The funeral procession left Moorgate Grove about noon. Preceding the hearse were about forty workmen from the oil and silver refineries at Wath. The coffin, which had been supplied by Mr. James Hutchinson, was of polished oak with brass mountings, and bore the inscription, “Char[l]es Stanley, born March 10, 1821; died March 30, 1890.” The mourning carriages contained the following relatives: – First carriage, Mr. C. L. Stanley, Mrs. Stanley, Mr. Andrews, and Mrs. Andrews, of Wortley; second carriage, Mr. and Mrs. W. Stanley, East Farleigh, Maidstone, Kent; Mr. P. H. C. Chrimes and Mr. H. Chrimes; third carriage, Mrs. Luther Stanley, Mr. Charles Stanley, Mr. L. Burrows[,] Sheffield, and Dr. Dyson, Sheffield; fourth carriage, Mr. J. H. Burrows, Mr. Farr, Mr. H. H. Snell, Sheffield; Mr. Elgar, Maidstone, Kent; fifth carriage, Mr. and Mrs. Chrimes, Mr. and Mrs. Kay. The carriages following were those of Mr. Stanley, Mr. Hy. Chrimes, Mr. Luther Stanley, Mr. S. H. Burrows, and Dr. Davy. The cortege proceeded to the church of the Brethren, Moorgate, and this being the first service of the kind held in the building, there was a large attendance, every seat being occupied, and many persons unable to obtain admission. Among those present were Captain Thompson, Bedford ; Mr. C. Spink, London; Mr. Walsh, Bedford; Mr. George Cutting, Derby; Dr. Snell, Sheffield; Mr. F. Smith, Hoyland; Mr. Doughty, Barnsley; Mr. Bowen, Whaley Bridge; Mr. Heighway, Manchester; Mr. Young, Hull; Mr. Garbutt, Driffield; Mr. T. Barker[,] Otley; Mr. Oglesby and Mr. Springthorpe, Barnsley; Mr. Hardy, Mr. Moore, Mr. Loveridge, and Mr. Mace, Harrogate; Mr. Ramsden, Carlton Hall; Mr. F. C. Harrop, Swinton; Mr. T. Bramah and Mr. C. J. Bramah, Clifton; Dr. Davy, Mr. R. Jardine, Mr. R. Brown, Mr. J. Dalton, and Mr. M. Harrison, Sheffield; Dr. Oxley, Dr. Branson, and Messrs. P. B. Coward, J. M. Radcliffe, H. Bray, J. S. Ward, F. J. Myers, W. H. Sheldon, J. France, J. Rodgers, J. Dickinson, T. Horsfield, Dawson, Marcroft, Pontis, &c., Rotherham. The service was conducted by Dr. H. H. Snell, Sheffield, who offered prayer, and then selected the words, “He is Lord of all,” from Acts, x., 36, upon which he delivered a discourse. He remarked that he did not suppose he could select any words in the whole compass of the Scriptures more comprehensive, more solemn, or more personal to every one that day. He dwelt on how Christ came to be Lord over all, and the fact that all things were subjected to Him. He created everything, and had a right by reason of His deity, His eternal Godhead, to everything. He pointed out how that Christ died, rose, and revived to the end that he might be Lord both of the dead and the living. He did not think that was the time and place to say much of the departure of their brother. He himself felt bereaved. He was not using the word without meaning, for personally he felt bereaved. Through God’s mercy for more than twenty years he had been in happy Christian fellowship with the deceased, for the most part in fellowship beyond that which usually existed between men. The last occasion they met together was he thought the happiest they had ever had, and he could only say to them, as brethren and sisters in Christ, that they would be happy in eternity. Let them therefore own God together, and God would take and keep them. He believed none of them were yet sensible of the loss they had sustained, but they had confidence in the confidence their departed brother had in Christ, and he believed that he was lifted up where they would see him again. They would take and deposit the body in the grave feeling that the spirit had gone to the Lord himself who was Lord of all, of the dead and the living. A hymn was then sung and prayer was offered by Mr. Harrison, and the service ended. The procession was re-formed, there being about 300 persons preceding the hearse, and at the cemetery the coffin was lowered into the family vault, and prayer was offered by Dr. H. H. Snell and Dr. Davy. Two of the children of Mr. Luther Stanley placed beautiful wreaths at the entrance, and the sad ceremony terminated. Mr. Arnett was the undertaker, and Mr. J. Moorhouse supplied the hearse and mourning coaches.

Der Leeds Mercury fasste sich kürzer, wusste aber noch einige neue Einzelheiten zu berichten (auch wenn er sich im Blick auf Stanleys Gemeindezugehörigkeit nicht sonderlich gut informiert zeigte):

The Leeds Mercury, 4. April 1890, S. 8

Nachlass

Wie erfolgreich Stanley als Geschäftsmann gewesen war, zeigt sein Eintrag im National Probate Calendar:


Das angegebene persönliche Vermögen von £ 20.448 6s. 11d. entspricht nach heutiger Kaufkraft mindestens 2,258 Millionen Pfund (= ca. 2,635 Millionen Euro).

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2020

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenzustellen und kurz kommentieren bzw. einordnen.

In die Bibliografie von 2019 habe ich inzwischen übrigens nicht weniger als 15 Nachträge aufgenommen: 11 Bücher (Cargill/Brown, Darby/Wigram, Ennis, Houston, Marzone, McLennan, Pickering, Riedel, Smith, Till, Yarrall) und 4 Aufsätze (Bauer/Metzger, King, Liese, Noble). Auch in der Bibliografie von 2018 waren noch zwei Aufsätze nachzutragen (Jabini und Völkening).


BÜCHER


applebySusan Appleby: Search for a Soul. Oldbury, Australien (Linellen Press) 2020. 352 Seiten. ISBN 978-1-922343-27-7.

Ein weiterer Beitrag zum seit der Jahrtausendwende boomenden Genre der Raven-Taylor-Aussteigerliteratur. Im Falle der 1940 geborenen Engländerin Susan Appleby liegt der „Ausstieg“ allerdings bereits lange zurück: Sie wurde 1961 ausgeschlossen, weil sie sich in einer Zusammenkunft, in der über den Ausschluss ihrer Mutter verhandelt wurde, Notizen gemacht hatte und nicht bereit war, diese zu vernichten. (Ihr Vater war schon knapp zwei Jahre vorher ausgeschlossen worden, weil er sich weigerte, die außenstehende Person zu benennen, deren Spende die Heizung des Versammlungsraums finanziert hatte!) Die Erinnerungen an die Raven-Taylor-Zeit, bereits 1970 niedergeschrieben, nehmen etwa die Hälfte des Buches ein; die zweite Hälfte führt bis in die Gegenwart. Im Unterschied zu vielen anderen Aussteigern hat sich die Autorin nicht vom christlichen Glauben abgewandt, sondern gehört seit ihrer Heirat 1968 der anglikanischen Kirche an.


Ken Barrett (Hrsg.): En España por amor al Señor. 150 años del movimiento de los Hermanos. Madrid (Centro Evangélico de Formación Bíblica) 2020. 235 Seiten. ISBN 978-84-120474-2-4.

Eine Geschichte der Offenen Brüder in Spanien.


berthoudJean-Marc Berthoud: John Nelson Darby. L’essor d’un hérétique total. Lausanne (Éditions Messages) 2020. 162 Seiten. ISBN 978-0-244-87512-1.

Der Untertitel „Aufstieg eines totalen Irrlehrers“ macht bereits deutlich, dass es sich hier nicht um ein sachlich informierendes, sondern um ein kritisches, wenn nicht polemisches Werk handelt. Im Zentrum stehen John Nelson Darbys Jahre in Lausanne von 1840 bis 1845, wo er eine „radikale Neuorientierung des christlichen Glaubens“ herbeizuführen versucht habe und damit zum Wegbereiter Satans geworden sei. Der Autor selbst ist offenbar Calvinist oder reformierter Baptist. Als Anhang zu seinen etwa 70-seitigen Darlegungen druckt er auf ca. 30 Seiten übersetzte Auszüge aus Thomas Croskerys Catechism on the Doctrines of the Plymouth Brethren (1879) sowie einen kurzen eigenen Kommentar zu Römer 11 ab. Eine knapp 20-seitige systematische Bibliografie beschließt den Band.


siegfriedkollWolfgang Bühne: Siegfried Koll. Der verfolgte, aber nicht verlassene Deutsch-Chinese. Bielefeld (CLV) 2020. 154 Seiten. ISBN 978-3-86699-757-8.

Gustav und Lili Koll, ein deutsches Missionarsehepaar der Geschlossenen Brüder, adoptierten 1929 in China einen knapp zweijährigen Waisenjungen und gaben ihm den Namen Siegfried. Drei Jahre seiner Kindheit (1933–36) verbrachte er mit seiner Adoptivmutter in Deutschland. Als junger Erwachsener wurde er aus politischen Gründen verhaftet und kam während seiner zweijährigen Gefangenschaft zum Glauben. Nach der kommunistischen Machtübernahme mussten seine Adoptiveltern 1952 China verlassen, woraufhin Siegfried sich der Gemeinde von Wang Ming-Tao anschloss. 1958 wurde er um seines Glaubens willen erneut interniert und verbrachte die folgenden 20 Jahre in Arbeitslagern. 1978 entlassen, wandte er sich vollzeitlich der Evangelisation und Verkündigung zu. Mitte der 1980er Jahre kam er wieder mit den deutschen Geschlossenen Brüdern in Kontakt, die ihn fortan unterstützten. Er starb 2010.

Die Biografie ist lebendig und gut lesbar geschrieben und durch acht farbige Bildseiten angereichert. Den zweiten Teil des Buches bildet eine 42-seitige Abhandlung über „Christen in China – gestern und heute“. Laut Wolfgang Bühne sind aktuelle Meldungen über Christenverfolgungen in China oft übertrieben; Gemeinden, die in ihrer Verkündigung auf politische Themen verzichteten, bekämen „mit wenigen Ausnahmen keine Probleme“ (S. 129). Ein Exkurs über die um 1991 entstandene chinesische Sondergemeinschaft „Kirche des Allmächtigen Gottes“ und ein Text von Siegfried Koll selbst über die Situation der Hausgemeinden in Nordchina runden den Band ab.


Charles E. Cotherman: To Think Christianly. A History of L’Abri, Regent College, and the Christian Study Center Movement. Foreword by Kenneth G. Elzinga. Downers Grove, IL (InterVarsity Press) 2020. xvii, 305 Seiten. ISBN 978-0-8308-5282-6.

Von brüdergeschichtlichem Interesse ist vor allem Kapitel 2 über das von Offenen Brüdern gegründete Regent College in Vancouver.


Jean DeBernardi: Christian Circulations: Global Christianity and the Local Church in Penang and Singapore, 1819–2000. Singapur (National University of Singapore Press) 2020. xvi, 430 Seiten. ISBN 978-981-3251-09-0.

Auch wenn es aus dem Buchtitel nicht direkt hervorgeht, handelt es sich hier laut Verlagstext um eine „überregionale Geschichte der Brüderbewegung und ihrer Stellung in Singapur und Malaysia“. Die Autorin ist Professorin für Anthropologie an der Universität von Alberta (Kanada).


brethrenchurchNeil Dickson / T[homas] J[ohn] Marinello (Hrsg.): The Brethren and the Church. Studies in Brethren History. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2020. xviii, 472 Seiten. ISBN 978-1-9160130-2-5.

Der sechste Band der Reihe Studies in Brethren History versammelt die Vorträge der BAHN-Konferenzen von 2017 und 2019:

Timothy C. F. Stunt: „The Early Ecclesiastical Identity of John Nelson Darby“ (S. 7–22)
Neil Summerton: „Was George Müller Brethren?“ (S. 23–46)
Ian Randall: „‘I felt bound to receive all true Christians as brethren’: The Expansive Ecclesiology of Andrew Jukes (1815–1901)“ (S. 47–62)
Elisabeth Wilson: „‘Gathering and Receiving’: A Reassessment of the Role of Rice Thomas Hopkins in Australia“ (S. 63–77)
Roger N. Holden: „The Chicago Notes Controversy: James Taylor and Developing Views of the Assembly amongst the Exclusive Brethren“ (S. 79–101)
James I. Fazio: „The Elements and Ordinances of Proto-Brethren Assemblies, 1818–20“ (S. 105–115)
Crawford Gribben: „Brethren and the Legacy of the Reformation“ (S. 117–138)
David A. Smith: „Brethren Ecclesiology in Historical Perspective“ (S. 139–153)
Tim Grass: „What’s in a Name? Theology and the Names of Brethren Places of Worship“ (S. 155–165)
Mark R. Stevenson: „The Office of the Elder in Brethren History“ (S. 167–183)
Neil Summerton: „Charisma and Organization: An Unresolved Theological Tension in the Open Brethren“ (S. 185–200)
Neil Dickson: „The Body and the Circle: Church Metaphors in the Open Brethren“ (S. 201–215)
Peter Conlan: „‘What are you doing for Christ in Birmingham?’ The History, Strategy, and Legacy of a Missional Brethren Assembly Founded by Alexis Jacob in 1924“ (S. 217–227)
Tim Grass: „Ecclesiology in a Hostile Environment: Brethren in Franco’s Spain“ (S. 229–243)
Elisabeth Wilson: „‘A revolution in thought and practice’: The Reconciliation of the Hopkins and Open Meetings in Australia, 1950s–1960s“ (S. 245–257)
T[homas] J[ohn] Marinello: „New Brethren in Flanders: Changing Views of Their Identity“ (S. 259–274)
Neil Dickson: „‘Sweet feast of love divine’: The Lord’s Supper in Brethren History“ (S. 277–306)
Mark R. Stevenson: „The Language of Worship: Brethren Use of the Song of Solomon“ (S. 307–321)
Neil Summerton: „Charisma and Organization: Institutionalism in the Open Brethren in the United Kingdom“ (S. 323–349)
Roger Shuff Yatol: „Romantic Expressions: Brethren and the Value of Art“ (S. 351–370)
Jean DeBernardi: „Startling, Stubborn Things: Prayer and the Ministry of Deliverance in China and Southeast Asia“ (S. 371–387)
Roger N. Holden: „Household Baptism, not Infant Baptism: Taylorite Exclusive Brethren and Baptism“ (S. 389–412)
Kenneth B. E. Roxburgh: „Preaching among the Open Brethren in the Mid-Twentieth Century“ (S. 413–426)
T[homas] J[ohn] Marinello: „Opening of the Closed: The Worldwide Breakup of the Kelly-Lowe-Continental Brethren at the End of the Twentieth Century“ (S. 427–448)
Peter Lineham: „Open Worship and its Decline: Changes in Brethren Identity in New Zealand“ (S. 449–472)

Von den zahlreichen interessanten Aufsätzen dieses Bandes möchte ich insbesondere den vorletzten hervorheben, in dem die internationale Spaltung der Kelly-Lowe-Continental-Brüder (in Deutschland als Geschlossene Brüder oder „Alte Versammlung“ bekannt) in den 1990er Jahren erstmals akademisch untersucht wird. Marinello unterscheidet metaphorisch drei Phasen: „The gathering storm“ (umstrittene Ausschlüsse in Deutschland, den USA und Frankreich ab 1985), „The rumble of thunder“ (umstrittener Ausschluss in Den Helder 1990, Vorgänge in Lofer 1991 u.a.) und „The storm strikes“ (Trennungsbrief aus Den Helder 1995 mit den weltweiten Folgen). Dass sich in Deutschland ca. 30 % von den Geschlossenen Brüdern gelöst hätten (S. 447), ist wohl etwas zu hoch gegriffen.


kgsloanKlaus Güntzschel (Hrsg.): William Gibson Sloan. Einer geht hin – Erweckung auf den Färöern. Lychen (Daniel) 2020. 111 Seiten. ISBN 978-3-945515-38-9.

Der Schotte William Gibson Sloan (1838–1914) gilt als Begründer der (Offenen) Brüderbewegung auf den Färöer-Inseln. Seine 1865 begonnene Evangelisationsarbeit führte dazu, dass die Färöer heute den weltweit größten „Brüder“-Anteil an der Gesamtbevölkerung aufweisen (je nach Quelle zwischen 7 und 15 %). 1993 erschien in einem färöischen Verlag eine ca. 270-seitige englischsprachige Biografie Sloans (Fisherman of Faroe von Fred Kelling), die für das vorliegende Buch „zunächst übersetzt, dann aber komplett überarbeitet und in diesem Zuge stark gekürzt“ wurde (S. 10). Der Band erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch, sondern verfolgt in erster Linie praktisch-erbauliche Ziele. Durch das große Format und die zahlreichen Illustrationen – darunter viele eigens angefertigte Landschaftsaufnahmen von den Färöern – wirkt er streckenweise fast wie ein Bildband.


William Hall: Critique Of The Brethren. An examination of ‘Scripturally’ claims for Scriptural practices. How Biblical are Brethren claims Regarding Assembly Distinctive And Principles of Gathering? [sic] Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2020. 108 Seiten. ISBN 979-8-68314774-7.

Vorschläge zu einer Reform der Offenen Brüdergemeinden, zuerst vorgetragen auf der National Elders and Workers Conference in Kingston, Jamaika im Juni 1991 (daher der Umschlagtitel Looking In-depth at The Brethren Movement in Jamaica 1991).


Patricia Hazell: The Kennard Story. [North Manly, Australien] (Selbstverlag) 2020. 120 Seiten.

Die englische Familie Kennard, die bereits zu Darbys Lebzeiten den Geschlossenen Brüdern und später den Raven-Brüdern angehörte, wanderte 1911/13 nach Australien aus. Das Buch zeichnet ihre Geschichte von Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart nach, einschließlich der Raven’schen Spaltungen, die sich auch auf die Familie auswirkten. Die Autorin ist Familienmitglied, wuchs aber nicht mehr unter den „Brüdern“ auf.


Robert Plant (Hrsg.): They Finished Their Course. Volume 5. Kilmarnock (Ritchie) 2020. 711 Seiten. ISBN 978-1-912522-93-4.

Kurzbiografien von fünfzig in den 2010er Jahren verstorbenen (konservativen) Offenen Brüdern, darunter David W. Gooding (S. 193–205) und Harold S. Paisley (S. 457–467), ergänzt durch vier Nachträge aus früheren Jahrzehnten.


Jessie Shedden: These Boots Were Made For Walking. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2020. xiii, 157 Seiten. ISBN 979-8-68367-306-2. — Überarbeitete Ausgabe: Tomorrow’s Not Promised. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2020. xxvii, 223 Seiten. ISBN 979-8-69848324-3.

Die jüngste Raven-Taylor-Aussteigerbiografie stammt auch von der bisher jüngsten Autorin: Die 1986 geborene Engländerin Jessie Shedden verließ die Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder erst Ende 2017. Nach Teilnahme an einem Kurs „40 Days to a Finished Book“ schrieb sie ihr Buch in 40 Tagen, brachte jedoch bereits einen Monat später unter neuem Titel eine überarbeitete und erweiterte Version davon heraus. Es bietet den wohl aktuellsten Einblick in das Innenleben dieser Randgruppe der Brüderbewegung.


stuecherHelmut Stücher [Hrsg.]: Das „Judenbuch“ in der Nazizeit. Erinnerungen eines Nichtwählers. Norderstedt (BoD) 2020. 179 Seiten. ISBN 978-3-7504-5263-3.

Wilhelm Stücher (1898–1969) war einer der bekanntesten Gegner des BfC und einer der wenigen „Brüder“, die den antichristlichen Charakter des NS-Regimes deutlich erkannten. Etwa ein Jahr vor seinem Tod besprach er ein Tonband mit Erinnerungen an die Zeit des Versammlungsverbots. Sein Sohn Helmut (* 1933) transkribierte und überarbeitete die Aufzeichnungen und ergänzte sie um einige Briefe und Dokumente. Unter dem Titel „Erinnerungen eines Nichtbündlers“ (aus der Nazizeit) kursiert dieses Typoskript seither vor allem in Kreisen der Geschlossenen Brüder und wurde auch von Historikern wiederholt als Quelle herangezogen.

Dass diese Erinnerungen nun – über 50 Jahre nach ihrer Niederschrift – erstmals auch in Buchform zugänglich gemacht werden, ist grundsätzlich verdienstvoll. Allerdings löst bereits der Umschlag Verwunderung aus: Offenbar meinte der Herausgeber einen für eine breitere Leserschaft verständlichen Titel finden zu müssen und ersetzte daher „Nichtbündler“ durch „Nichtwähler“ – das war Wilhelm Stücher sicher auch, aber es ist kaum das Hauptthema des Buches. Auch das in den Obertitel gesetzte Wort „Judenbuch“ (gemeint ist die Bibel) kommt in Stüchers Erinnerungen nur an einer einzigen Stelle vor, nämlich auf S. 24 (Typoskript S. 10). Befremdlich wirkt außerdem, dass der Name Wilhelm Stücher auf dem Titelblatt überhaupt nicht auftaucht, sondern Helmut Stücher als Autor firmiert – erst im Vorwort (S. 7) erfährt der Leser, dass es sich um die Erinnerungen seines Vaters handelt.

Das Vorwort wirft noch weitere Fragen auf. Im Originaltyposkript endete es mit folgendem Absatz (Fettdruck hinzugefügt):

Allerdings bedurften die Erzählungen, wie sie aufgezeichnet waren, einer Überarbeitung, was ich jüngst übernommen habe. Dabei konnte ich aus den noch vorhandenen Korrespondenzen aus jener Zeit Ergänzungen einfügen. Es erschien mir im Interesse eigener Urteilsbildung nützlich, von meinem Vater angeführte Briefe und Schriften zum Teil wörtlich wiederzugeben, wodurch m.E. dem Leser ein objektiverer Einblick in die Entwicklung der Dinge gegeben wird, wie sie durch das Aufkommen und Wirken des nationalsozialistischen Geistes im Kreise der „Brüder“ bestimmt wurde.

In der Buchfassung heißt es stattdessen lapidar:

Diese Memoiren sind auf Tonband gesprochen worden und später davon abgeschrieben, so daß es sich um das gesprochene Wort handelt, das nicht mehr überarbeitet wurde.

Das ist nicht nur eine erhebliche Verkürzung, sondern im Grunde eine Verkehrung ins Gegenteil: „Bedurften die Erzählungen“ nun „einer Überarbeitung“, die der herausgebende Sohn auch vornahm, oder wurde „das gesprochene Wort […] nicht mehr überarbeitet“? Dem Originaltyposkript wird man sicher mehr Glauben schenken dürfen als einem Nachdruck nach über 50 Jahren, und tatsächlich klingt der Text auch kaum wie eine wortwörtliche Mitschrift, aber warum dann diese Änderung im Vorwort?

Abweichungen vom Typoskript finden sich auch im Hauptteil des Buches gelegentlich. Manche davon beruhen vermutlich auf Abschreibversehen (z.B. „wichtig“ statt „richtig“, S. 12; „Am nächsten Morgen“ statt „Am nächsten Mittag“, S. 22; „sehen“ statt „stehen“, S. 60; „in einer Brüderversammlung“ statt „in einer großen Brüderversammlung“, S. 94; „wollten“ statt „sollten“, S. 127 [zweimal]; „am Vortag“ statt „am Vormittag“, S. 154; „im kleineren Kreis“ statt „im kleinsten Kreis“, S. 164), bei anderen ist die erneut eingreifende Hand eines Überarbeiters zu erkennen (z.B. „Gesprächen am Mittagstisch“ statt „Mittagstischgesprächen“, S. 20; „der Mitunterzeichner Ihres Briefes“ statt „der Bruder, dessen Namen ich aus der Unterschrift als Mitunterzeichner Ihres Briefes nicht entnehmen kann“, S. 16). An mindestens zwei Stellen sind mir Zusätze in Klammern aufgefallen, die im Typoskript keine Grundlage haben („Helmut geb.“, S. 19; „Bordellbesuch“, S. 91).

Der gravierendste, kaum zu entschuldigende Mangel des Buches besteht allerdings darin, dass dem Herausgeber gar kein vollständiges Exemplar des Typoskripts mehr vorlag. An zwei Stellen der Erinnerungen sollten externe Dokumente eingefügt werden (S. 27: Kietzells Betrifft: Christen ohne Sonderbekenntnis; S. 53: Brief Darbys über die Beteiligung an Wahlen), die hier aber fehlen, da der Herausgeber sie (wie er vermutet) verliehen und nicht wieder zurückbekommen hat. (Dafür ist auf S. 63–66 die Barmer Erklärung abgedruckt, die Wilhelm Stücher nirgendwo erwähnt.) Ohne jede Begründung fehlt außerdem die letzte Seite des Typoskripts (96) – man wird wahrscheinlich davon ausgehen können, dass dies dem Herausgeber gar nicht bewusst war. Dadurch enden die Erinnerungen recht abrupt („Anschließend an die Gerichtsverhandlung kamen wir in meinem Hause mit noch anderen Geschwistern aus dem Dillkreis zusammen“), und es wirkt nachvollziehbar, dass der Herausgeber zur Abrundung noch ein eigenes Nachwort angehängt hat. Den Text der ursprünglichen Seite 96 stelle ich hier zum Download zur Verfügung.

Wilhelm Stüchers Erinnerungen eines Nichtbündlers sind eine wichtige Quelle zur Geschichte der Brüderbewegung im Dritten Reich. Die vorliegende Edition genügt den Ansprüchen einer Leseausgabe (wenn man das Fehlen der letzten Seite verschmerzen kann), ist aufgrund der beschriebenen Ungenauigkeiten aber wissenschaftlich wohl nicht zitierfähig.


stunttregellesTimothy C. F. Stunt: The Life and Times of Samuel Prideaux Tregelles. A Forgotten Scholar. Christianities in the Trans-Atlantic World. Cham (Palgrave Macmillan) 2020. xviii, 282 Seiten. ISBN 978-3-030-32265-6.

Samuel Prideaux Tregelles (1813–1875) kommt in jeder Brüdergeschichte vor und ist auch für die Geschichte der neutestamentlichen Textkritik bedeutsam, doch über sein Leben war bisher relativ wenig bekannt. Timothy Stunt hat diese Lücke nun überzeugend geschlossen. In gewohnt akribischer Manier verfolgt er Tregelles’ Weg von seiner Kindheit in einer Quäkerfamilie Cornwalls über seine autodidaktische Bildung in Wales und seine Forschungsreisen auf den europäischen Kontinent bis hin zu seinem krönenden Lebenswerk, einer 7-bändigen Ausgabe des griechischen Neuen Testaments. Auch seinem Verhältnis zu den „Brüdern“, denen er sich 1835 anschloss, wird gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Tregelles stellte sich bei der Spaltung von 1845 bekanntlich auf die Seite seines Freundes Benjamin Wills Newton und hielt diesem bis an sein Lebensende die Treue. Als Newton 1847 Plymouth verließ, blieb Tregelles in dessen Gemeinde (Ebrington Street, später Compton Street), die aber in den folgenden Jahren ihren „Brüder“-Charakter mehr und mehr verlor. 1863 stellte sie – mit Tregelles’ Zustimmung – einen gewissen William Elliot als Pastor an, doch dieser erwies sich mit der Zeit als so dominant und unbeherrscht, dass Tregelles und etliche andere 1866 die Gemeinde verließen. Ob er danach der presbyterianischen oder der anglikanischen Kirche beitrat (für beides gibt es Hinweise), kann auch Stunt nicht mit Bestimmtheit sagen. In jedem Fall wird sein Buch für viele Jahre das Standardwerk über Tregelles bleiben.


AUFSÄTZE


bhr2018Ausgabe 16 (2020) der Brethren Historical Review enthält (neben etlichen Rezensionen) die folgenden Beiträge:

(Timothy C. F. Stunt:) „Early Brethren as Observed by an Outsider, c. 1838“ (S. 1–4)
Neil Summerton: „Porous Frontier or Hard Border? George Müller and Brethren Identity“ (S. 5–32)
Gordon W. Simmonds: „Science and Medicine in the Exclusive Brethren“ (S. 33–41)
Timothy C. F. Stunt: „John Townsend Trench (1834–1909)“ (S. 42–51)
Neil Dickson: „‘With hesitating heart’: William Blane (1858–1936)“ (S. 52–91)
Christina Evangelina Lawrence: „Thomas Baird (1861–1932): Advocate of Mission“ (S. 92–115)
Roger Shuff Yatol: „In Ruskin’s Shadow: Darbyite Brethren in Coniston 1895–1975“ (S. 116–138)
P[aul] David Wilkin: „Dr Walter Fisher, an Ilomba, and the Spanish ’Flu Pandemic“ (S. 139–157)
Michael Schneider: „New Writing on Brethren History“ (S. 158–161)
Doug Engle: „Robert Henry Baylis (1924–2020)“ (S. 198–201)
Neil Summerton: „Brian Stanley Mawhinney (Lord Mawhinney of Peterborough) 1940–2019“ (S. 202–208)
Peter Conlan: „Peter Maiden 8 April 1948 – 14 July 2020“ (S. 209–215)


Howard A. Barnes: „William Henry Bennet (1843–1920)“. In: Precious Seed 75 (2020), Heft 3, S. 26.

Kurzes Lebensbild zum 100. Todestag von William Henry Bennet, der von 1891 bis zu seinem Tod Mitherausgeber von Echoes of Service war (auch online).


Howard A. Barnes: „Charles Henry Mackintosh“. In: Precious Seed 75 (2020), Heft 4, S. 15.

Kurzes Lebensbild zum 200. Geburtstag des bekannten Geschlossenen Bruders (auch online). Dass Mackintosh sich „in den letzten 15 Jahren seines Lebens nicht an den Spaltungen und lehrmäßigen Turbulenzen unter den exklusiven Versammlungen beteiligt“ hätte, kann man so wohl nicht stehen lassen – er war ein entschiedener Kritiker Grants und Stuarts (vgl. Noel, Bd. 2, S. 440f.) und bekanntlich auch ein Verteidiger Ravens.


Ulrich Brockhaus: „150 Jahre Elberfelder Bibel: Unbestechlich texttreu“. In: ideaSpektrum Spezial 6/2020 – lesen, hören & sehen (Einhefter in ideaSpektrum 41/2020), S. 12–14.

Die erste Gesamtausgabe der Elberfelder Bibel erschien zwar erst 1871, aber die Arbeit daran wurde bereits 1870 (also vor 150 Jahren) abgeschlossen, deshalb bat die Nachrichtenagentur idea den früheren Verleger und führenden Revisionsmitarbeiter Dr. Ulrich Brockhaus um einen Beitrag über Geschichte und Besonderheiten dieser Bibelübersetzung. Abonnenten von ideaSpektrum können den Beitrag auch online lesen. Zusätzlich produzierte idea ein dreiminütiges Video mit Ulrich Brockhaus zu diesem Thema.


Wolfgang Bühne: „50 Jahre ‚fest und treu‘“. In: fest und treu 172 (4/2020), S. 12f.

Mit etwas Verspätung (die ersten Ausgaben von fest und treu bzw. dem Vorläufer Bibelkurs erschienen bereits 1968) zeichnet der Schriftleiter hier knapp die Geschichte der Zeitschrift nach (auch online: siehe rechts das Dropdown-Menü „Dokumente zum Artikel“ – Direktverlinkungen auf PDF-Dateien sind seit dem letzten Relaunch der CLV-Website leider nicht mehr möglich!).


Sam Cairns: „Report: Gospel Folio Press. Port Colborne, Ontario, Canada“. In: Cornerstone 4 (2020), Heft 3, S. 8f.

Kurze Geschichte des kanadischen Verlags Gospel Folio Press, der den konservativen Offenen Brüdern zugerechnet wird (auch online).


Bernard Doherty: „Back at the Bar: Charity Law, Public Benefit, and a Case of Legal déjà vu for the Exclusive Brethren“. In: The Status of Religion and the Public Benefit in Charity Law. Hrsg. von Barry W. Bussey. London (Anthem Press) 2020. S. 101–126.

Im Juni 2012 verweigerte die Charity Commission for England and Wales einer Stiftung der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder in Devon die Anerkennung als gemeinnützig. Nach einer heftigen politischen Kontroverse und internen Verhandlungen wurde die Entscheidung im Januar 2014 revidiert. Der Artikel untersucht diese Vorgänge und vergleicht sie mit einem früheren Rechtsstreit, in den die Raven-Brüder verwickelt waren (Holmes v Attorney General, 1981).


James I. Fazio: „Dispensational Thought as Motivation for Social Activism among Early Plymouth Brethren“. In: Journal of Ministry & Theology 24 (2020), Heft 1, S. 91–107.

Wie der Titel bereits andeutet, ist Fazio der Auffassung, dass das Motiv für soziale Aktivitäten der frühen „Brüder“ ihr Dispensationalismus gewesen sei. Als Beispiele nennt er die Missionsarbeit von Groves, Cronin und Parnell in Bagdad, die Evangelisationsarbeit von Deck in Neuseeland und die Gemeinde- und Waisenhausarbeit von Müller und Craik in Bristol (auch online).


Liselotte Frisk: „Plymouth Brethren Christian Church“. In: The SAGE Encyclopedia of the Sociology of Religion. Hrsg. von Adam Possamai und Anthony J. Blasi. Thousand Oaks, CA (SAGE Publications) 2020. Bd. 2, S. 583f.

Lexikonartikel über die Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder aus religionssoziologischer Sicht. Die Darstellung ist betont sachlich und neutral; jede Form von Kritik wird vermieden.


Tim Grass: „150 años de las Asambleas de Hermanos en España“. In: Edificación Cristiana 294 (Mai–August 2020), S. 27–31;  295 (September–Oktober 2020), S. 21–24.

Kurzer Überblick über die Geschichte der Offenen Brüder in Spanien.


James Craig Holte: „John Nelson Darby and Dispensationalism“. In: Imagining the End. The Apocalypse in American Popular Culture. Hrsg. von James Craig Holte. Santa Barbara, CA (ABC-Clio) 2020. S. 65f.

Im Ganzen seriöser Lexikonartikel über Darby und den Einfluss seines Dispensationalismus auf populäre amerikanische Endzeitvorstellungen. Einige Behauptungen sind zweifelhaft (z.B. dass Darby die Erfindung des Telegrafen 1844 als Zeichen der Endzeit angesehen hätte) oder direkt falsch (z.B. dass Darby die doppelte Prädestination oder die sieben Dispensationen Scofields gelehrt hätte).


Thomas D. Ice: „The Calvinist Heritage of Dispensationalism“. In: Interdisciplinary Journal on Biblical Authority 1 (2020), Heft 2, S. 119–134.

Ice will aufzeigen, dass die frühen Dispensationalisten – darunter auch die „Brüder“ Darby und Bellett – Calvinisten gewesen seien. Vermutlich identisch mit einem älteren Artikel von ca. 2009.


Jan Jensen: „Christianity, Presence, and the Problem of History: On two forms of Christian temporality in the Faroe Islands“. In: Suomen Antropologi: Journal of the Finnish Anthropological Society 45 (2020), Heft 2, S. 3–16.

Untersuchung zum Zeit- und Geschichtsverständnis einer Pfingstgemeinde und einer Brüdergemeinde auf den Färöern (auch online).


Steve Knowles: „The Plymouth Brethren Christian Church, Media Engagement and Public Benefit“. In: Ecclesial Practices 7 (2020), S. 101–116.

Nachdem einer Stiftung der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder 2012 die Gemeinnützigkeit aberkannt worden war (siehe oben unter Doherty), starteten diese eine beispiellose PR-Offensive, um ihre Gemeinnützigkeit unter Beweis zu stellen. Der Artikel untersucht die zu diesem Zweck eingegangene Zusammenarbeit mit den Mainstream-Medien.


Andreas Liese: „‚Unsere Heimath ist droben‘. Heimat und Fremde in den Geschlossenen Brüdergemeinden“. In: Zeitschrift für Theologie und Gemeinde 25 (2020), S. 209–232.

Eingehende Analyse der Haltung der (englischen und deutschen) Geschlossenen Brüder zur „Welt“ (Absonderung, Politikabstinenz, Himmelsbürgertum usw.). Herangezogen werden Texte von John Nelson Darby bis Ernst-August Bremicker.


Simone Maghenzani: „The English and the Italian Bible“. In: British Protestant Missions and the Conversion of Europe, 1600–1900. Hrsg. von Simone Maghenzani und Stefano Villani. Routledge Studies in Early Modern Religious Dissents and Radicalism. New York / London (Routledge) 2021. S. 102–118.

Wiederholte Verweise auf „Brüder“, u.a. auf Piero Guicciardini (1808–1886).


Gabriele Naujoks: „David Gooding (1925–2019). Bibellehrer und Gelehrter“. In: Zeit & Schrift 23 (2020), Heft 1, S. 20–27.

Lebensbild des bekannten Alttestamentlers, der den Offenen Brüdern angehörte und viel mit John Lennox zusammenarbeitete (auch online).


Thomas Riedel: „Es ging zuerst um Gott und sein Wort. Akademisches Aufbauprogramm und Masterarbeit an der Universität von Südafrika unter Wiedenester Begleitung“. In: Offene Türen 112 (2020), Heft 4, S. 25.

Bericht über die Masterarbeit Entstehung und Entwicklung der „Elberfelder Bibel“ (Neues Testament) von der Erstübersetzung bis heute (vgl. Neuerscheinungen 2019).


Berthold Schwarz: „John Nelson Darbys Einfluss auf die Schriftauslegung in konfessionell evangelikal geprägten (Frei-)Kirchen und Gemeinden. Ein Versuch, Zusammenhänge zu verstehen“. In: Freikirchenforschung 29 (2020), S. 129–147.

Aufgrund des Obertitels könnte man eine Untersuchung darüber erwarten, welche Kirchen und Freikirchen in welchem Maße von Darbys Theologie beeinflusst wurden, aber tatsächlich handelt es sich um eine (wohlwollende) Analyse und Einordnung von Darbys Theologie selbst, speziell seines Dispensationalismus.


Manuel Seibel: „Ein Leben für seinen Meister. Henry Allan Ironside – auf dem Weg zum Herrn Jesus“. In: Folge mir nach [28] (2020), Heft 4, S. 22–26; Heft 5, S. 22–27.

Zweiteiliges Lebensbild mit praktisch-erbaulichen Nutzanwendungen (auch online: Teil 1, Teil 2). Ironsides Verbindung mit den Offenen Brüdern und sein Pastorenamt an der Moody Church werden erwartungsgemäß kritisch gesehen.


(Rebecca Styler:) „Brethren“. In: Nineteenth-Century Religion, Literature and Society. Hrsg. von Naomi Hetherington. Volume I: Traditions. Hrsg. von Rebecca Styler. Abingdon / New York (Routledge) 2020. S. 197f.

Der Band versammelt Primärtexte zu Religion, Literatur und Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Für den Abschnitt 6.1 „Brethren“ (S. 199–207) wurden Auszüge aus Darbys Reflections on the Ruined Condition of the Church (1841) und Groves’ bekannter Brief an Darby (1836) ausgewählt; vorangestellt ist eine Einleitung der Herausgeberin.


Elisabeth Wilson: „The Legacy of Charles Frederick Reeve“. In: International Bulletin of Mission Research 44 (2020), S. 80–91.

Der australische Indienmissionar Charles Frederick Reeve (1859–1941), dessen Leben, Persönlichkeit und Einfluss hier untersucht werden, gehörte etwa ein Jahrzehnt lang den Offenen Brüdern in Hobart (Tasmanien) an.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

200. Geburtstag von Charles Henry Mackintosh

mackintosh
Charles Henry Mackintosh (1820–1896)

In diesem Monat wäre Charles Henry Mackintosh, einer der bekanntesten Geschlossenen Brüder des 19. Jahrhunderts, 200 Jahre alt geworden. Leider ist sein genaues Geburtsdatum (ebenso wie das seines sieben Monate jüngeren Landsmanns William Kelly) nicht bekannt und auch von seinem Biografen Edwin Cross nicht ermittelt worden – vielleicht weil die betreffenden Kirchenbücher bei der Zerstörung des Public Record Office im Irischen Bürgerkrieg (1922) verloren gingen?1

Leben

Über Mackintoshs Leben sind bereits etliche Darstellungen online verfügbar:

Ich begnüge mich deshalb hier mit einer Übersetzung des knappen Artikels von Edward Elihu Whitfield aus The New Schaff-Herzog Encyclopedia of Religious Knowledge (Bd. 7, 1910):

MACKINTOSH, CHARLES HENRY: Plymouth-Bruder; * 1820 in der Grafschaft Wicklow, Irland; † 2. November 1896 in Cheltenham (7 Meilen nordöstlich von Gloucester). Er war einige Jahre Lehrer in Westport, Grafschaft Mayo, Irland. Den größten Teil seines Lebens widmete er sich jedoch der Evangelisation, dem Hirtendienst, dem religiösen Journalismus (als Herausgeber der Monatszeitschrift Things New and Old) und der religiösen Literatur. Er war der Autor der Gedanken zu den fünf Büchern Mose, die sich großer Beliebtheit erfreuten und besonders in den Vereinigten Staaten in enormer Zahl verkauft wurden, sodass die Initialen „C.H.M.“, unter denen sie erschienen, vielen vertraut waren – der Name, für den sie standen, aber wahrscheinlich nicht. Mr Gladstone lobte seinen englischen Stil; Spurgeon lobte die Gedanken, insbesondere den Band über das 2. Buch Mose, auch wenn er mit ihrem „Darbysmus“ nicht einverstanden war.

Darby über Mackintosh

Einige interessante Hinweise auf Mackintosh sind in John Nelson Darbys Briefwechsel mit George Vicesimus Wigram zu finden, der letztes Jahr erstmals im Druck erschien2 (die Originale werden im Christian Brethren Archive in Manchester aufbewahrt). Am 8. Mai 1854 schrieb Darby an Wigram:

There is blessing in Ireland, and Macintosh active.3

Im August 1854 leitete Darby eine Anfrage Mackintoshs an Wigram weiter:

Macintosh desires to know the best elementary books to learn Hebrew. I thought you would know them better than me, so I write to you […].4

Mitte Dezember desselben Jahres wusste Wigram zu berichten:

McIntosh is supplying for Miller, who is in Scotland for 10 days, & is lecturing round London meeting rooms.5

Anfang Dezember 1857 hatte Darby von Mackintoshs geplanter neuer Zeitschrift Things New and Old gehört und schrieb darüber aus Gebweiler (Elsass) an Wigram:

I hear you are to have a new periodical by Mackintosh. lt is all well if there are not too many, that makes four. They may reach different classes, and if so it will be a most happy result.6

Im Januar 1862 wurden Mackintoshs Notes on Leviticus in der Zeitschrift The Quarterly Journal of Prophecy attackiert; Darby äußerte sich dazu im Juli wie folgt:

I have no doubt Macintosh has expressed himself unguardedly in his expressions, but the accusing him of denying the true humanity of Christ is simple unrighteousness: he is just as plain and clear as any of us on it. The poor Church people glutton in what attacks brethren and feed on ordure: I am sorry for it but how can one help it? That is all the feeling I have about it. lt is a very bad sign for them.7

1863 kam es erneut zu Angriffen auf Mackintosh; Darby schrieb Mitte August aus Kanada:

I judge Macintosh has been very rash in some of his papers which I had never seen or heard of before, and then words used against it which could also be attacked, as all human language can on such subjects. […] still certainly Macintosh has given occasion, by strong statements on it, to this spirit which has arisen, tho’ that be not the origin.8

1865 fühlte sich schließlich sogar Darby gedrängt, öffentlich gegen eine Schrift Mackintoshs (über Buße) Stellung zu beziehen.9 Er sandte einen entsprechenden Artikel an Wigram für dessen Zeitschrift The Present Testimony, doch Wigram lehnte ab: Für kontroverse Veröffentlichungen dieser Art sei die Zeitschrift nicht gedacht.10 Darbys Kritik wurde Mackintosh jedoch privat zugeschickt, und er nahm sie sofort demütig an.11 In welche Richtung die Kritik ging, wird aus einem Brief Darbys an Wigram von Ende Juni 1865 deutlich:

The last thing I should desire would be to pain dear Macintosh. But the system is one of great importance. What I fear is superficiality and jumping into peace, the conscience unreached. Previous inward work hinders this in Macintosh & others like him, but this is not so with those who receive the doctrine.12

Todesanzeige

Mackintoshs Todesnotiz in der Gloucestershire Chronicle fiel kurz und bündig aus:

1896-11-07 Gloucestershire Chronicle 4 (Mackintosh)
Gloucestershire Chronicle, 7. November 1896, S. 4

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2019

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen. (In die Bibliografie von 2018 habe ich inzwischen noch mehrere Nachträge aufgenommen; siehe die Bücher von Cargill & Brown, Costen, Dickson & Marinello, Herriot und Mutton sowie den Aufsatz von Dennison.)


BÜCHER


Fred[erick] Stanley Arnot: Missionary Travels in Central Africa. Newtownards, Nordirland (Crimond House Publications) 2019. 172 Seiten.

Neuausgabe des zuerst 1914 bei Echoes of Service erschienenen autobiografischen Missionsberichts von Frederick Stanley Arnot (1858–1914).


cargillbrown3Bert Cargill / James Brown: Traditions to Treasure. “Hold fast that which is good” (1 Thess 5.21). Christian Heritage Series 3. Kilmarnock (Ritchie) 2019. 242 Seiten.

Der dritte Band der „Christian Heritage Series“, die auf Artikel im Believer’s Magazine zurückgeht, ist zum großen Teil der Brüderbewegung gewidmet. Enthalten sind u.a. Kapitel über John Nelson Darby (S. 25–33), John Gifford Bellett (S. 34–39), Lord Congleton (S. 40–45), Robert Cleaver Chapman (S. 46–51), George Vicesimus Wigram (S. 52–57), Benjamin Wills Newton (S. 58–63), Charles Henry Mackintosh (S. 64–69), William Kelly (S. 70–75), Samuel Prideaux Tregelles (S. 76–81), Andrew Miller und Edmund Hamer Broadbent (S. 82–87), Edward Denny (S. 118–124), James George Deck (S. 125–129), Joseph Denham Smith (S. 130–133), Albert Midlane (S. 139–143), Joseph Medlicott Scriven (S. 144–149), Mary Peters (S. 156–160), Thomas Newberry (S. 190–195), William Edwy Vine (S. 196–201), George Cutting und Alexander Marshall (S. 202–207), Georg Müller (S. 213–222).


Ann Cleeves: The Long Call. London (Macmillan) 2019. 382 Seiten.

Kriminalroman um einen Detective Inspector, der unter den „Barum Brethren“ in Devon aufgewachsen ist und durch seine Ermittlungen in diese Kreise zurückgeführt wird. Die „Barum Brethren“ zeigen einige Ähnlichkeiten mit den Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüdern (z.B. Kontaktabbruch mit Aussteigern, Konsum von Whisky), weichen in vielem aber auch davon ab (z.B. Essen mit Ungläubigen, Fernsehen, Kremation). Das Buch wurde 2021 als Vierteiler verfilmt.


[John Nelson Darby / George Vicesimus Wigram:] Letters of J. N. Darby. Supplement. Correspondence with G. V. Wigram. Vol. 1: 1838–1855. Chessington (Bible and Gospel Trust) 2019. viii, 446 Seiten. — Vol. 2: 1856–1878. Ebd. 511 Seiten.

Der im Christian Brethren Archive in Manchester lagernde Bestand von ca. 800 Briefen zwischen Darby und Wigram wird hier in sorgfältiger Edition zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Gegensatz zu allen früheren Briefausgaben Darbys erfolgt die Wiedergabe unzensiert und unredigiert, sodass völlig neue Einblicke in Persönlichkeit und Privatleben möglich werden. Die zahlreich erwähnten Orte und Personen sind durch differenzierte Register erschlossen.


despinsGilles Despins: La Bible Darby et son histoire. Sa rédaction, ses objectifs et ses principes. Trois-Rivières, QC (Éditions Impact) 2019. 210 Seiten.

Auch wenn der Autor es offenbar nirgendwo erwähnt, handelt es sich hier um eine gekürzte französische Ausgabe seiner 2015 am South African Theological Seminary eingereichten Dissertation A Critical Assessment of J. N. Darby’s Translation Work. Thema der Arbeit sind die drei mit Darbys Namen verbundenen Bibelübersetzungen (deutsch [Elberfelder], französisch und englisch), deren Entstehungsgeschichte (Kapitel 2), Ziele (Kapitel 3), Prinzipien (Kapitel 4) und Grundtext (Kapitel 5) im Einzelnen untersucht werden.

Da der Autor sich praktisch durchweg auf bereits veröffentlichtes Material stützt, kommt er zu keinen revolutionär neuen Erkenntnissen. Als Primärliteratur zieht er vor allem Darbys Briefe und die Vorworte zu seinen Bibelübersetzungen heran; bei der Sekundärliteratur verlässt er sich zu sehr auf veraltete (z.B. Ischebeck, Ehlert) oder populäre (z.B. Field) Darstellungen. Literatur in deutscher Sprache war ihm offenbar unzugänglich, was sich besonders in den Abschnitten zur Elberfelder Bibel als eklatanter Mangel bemerkbar macht; allein Martin Arhelgers knappe Online-Veröffentlichung zur Geschichte der Elberfelder Bibel ist schon wesentlich zuverlässiger und informativer als alles, was Despins (auf der Grundlage von Ehlert und anderen) über dieses Thema zu sagen weiß. Widersprüchliche Aussagen verschiedener Autoren stellt er teilweise einfach nebeneinander, ohne den Versuch einer Lösung oder Klärung zu unternehmen. So heißt es auf S. 37 (unter Berufung auf Ehlert), der Initiator der Elberfelder Bibel sei ein „F. W. Brockhaus“ gewesen (die Fußnote vermerkt: „Einziger bekannter Hinweis auf diesen F. W. Brockhaus“!), während im nächsten Satz (unter Bezugnahme auf Field) richtig „Carl Brockhaus“ genannt wird (Fußnote: „Manchmal ‚Karl‘ geschrieben“!). Bereits eine einfache Google-Suche hätte dem Autor deutlich machen können, dass es sich hier um ein und dieselbe Person handelt, nämlich Carl Friedrich Wilhelm Brockhaus (1822–1899). In einer weiteren Fußnote ist von „einem gewissen Dr. Alfred Rochat“ die Rede (S. 38, Anm. 74), als ob über diesen Mann außer dem Namen nichts bekannt wäre – wo es doch sogar einen (deutschen) Wikipedia-Artikel über ihn gibt.

Die Kapitel 3–5 über Darbys Übersetzungsziele und -prinzipien sowie den verwendeten Grundtext sind insgesamt von besserer Qualität, auch wenn mir der sprachliche Duktus manchmal seltsam naiv vorkommen will. Das akademische Niveau der in den letzten Jahren aus dem Brethren Archivists and Historians Network hervorgegangenen Arbeiten erreicht diese Dissertation jedenfalls nicht.


Stewart Ennis: Blessed Assurance. Glasgow (Vagabond Voices) 2019. 321 Seiten.

Teilweise autobiografischer Roman über Kindheit und Jugend eines Jungen, der in Schottland unter den – satirisch überzeichneten – Offenen Brüdern aufwächst.


Tim Grass: Ernest and May Trenchard. Evangelical Mission in Franco’s Spain. Studies in Brethren History, Subsidia. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2019. xx, 195 Seiten. — Spanische Ausgabe: Ernesto y Gertrudis Trenchard. La enseñanza que permanece. Aus dem Englischen von Alison Barrett. Madrid (Centro Evangélico de Formación Bíblica) 2019. 288 Seiten.

Biografie eines englischen Missionarsehepaars der Offenen Brüder, das jahrzehntelang in Spanien arbeitete.


James M[acintosh] Houston: Memoirs of a Joyous Exile and a Worldly Christian. Eugene, OR (Cascade Books) 2019. xiv, 140 Seiten.

Autobiografie eines Mitbegründers des Regent College (Vancouver), der von Haus aus den Glanton-Brüdern und später den Offenen Brüdern angehörte.


kurianAlexander Kurian: Faith and Practices of the Brethren. What they are and Why they matter. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2019. 219 Seiten.

Überlegungen eines indisch-amerikanischen Offenen Bruders zu den besonderen Merkmalen von Brüdergemeinden. Für den Autor sind folgende 17 Kennzeichen zentral (S. 39–41):

1. nichtdenominationeller und nichtsektiererischer Charakter (kein besonderer Name)
2. Christus als Mittelpunkt („versammelt zum Namen Jesu“)
3. Autorität der Schrift („Sola Scriptura“)
4. Priestertum aller Gläubigen
5. Beachtung der „vier Säulen“ aus Apg 2,42
6. wöchentliches Brotbrechen
7. offene und spontane Anbetung
8. Gemeinschaft statt Mitgliedschaft
9. Leitung durch mehrere Älteste
10. Selbständigkeit und Unabhängigkeit der örtlichen Gemeinde
11. Glaubensprinzip (kein bezahlter Dienst)
12. antiochenisches Missionsmodell (örtliche Gemeinde sendet Missionare aus)
13. Schweigen und Kopfbedeckung der Frauen
14. keine Wundergaben in der heutigen Zeit
15. freiwillige Spenden (keine Verpflichtung zum Zehnten)
16. Betonung der Jüngerschaft und eines aufopferungsvollen Lebens
17. Naherwartung des Herrn Jesus

Das (typografisch leider sehr laienhaft gestaltete) Buch ist über Amazon erhältlich.


Fares Marzone: The Reformation and the Brethren Movement in Italy. Foreword by T[homas] J. Marinello. Lockerbie (OPAL Trust) 2019. xii, 210 Seiten.

Wie der Titel nahelegt, bietet das Buch einen Abriss der Geschichte der Reformation (S. 11–102) und der (Offenen) Brüderbewegung (S. 103–198) in Italien. Zugrunde liegen zwei italienischsprachige Bücher des Autors (La Riforma Protestante, 2017; Fratelli d’Italia e non solo, 2011), aus denen jeweils mehrere Kapitel übersetzt wurden (nach meinem Eindruck nicht immer idiomatisch).


douthwaiteSheila McClure: Letters from Chefoo. Constance Douthwaite’s Life in China 1887–1896. Southampton (Little Knoll Press) 2019. vi, 316 Seiten.

Constance Harriet Douthwaite geb. Groves (1867–1896) war eine Tochter von Edward Kennaway Groves (1836–1917) und somit eine Enkelin von Anthony Norris Groves (1795–1853). Als 19-Jährige reiste sie, empfohlen von der Bethesda-Gemeinde in Bristol, mit der China-Inland-Mission nach Chefoo in China aus. 1890 heiratete sie dort den 19 Jahre älteren, verwitweten Missionsarzt Arthur William Douthwaite (1848–1899). Bereits sechs Jahre später verstarb sie jedoch, vier Wochen nach der Geburt ihres vierten Kindes. Während ihrer Zeit in China schrieb sie über 200 Briefe an ihre Familie in Bristol, die hier, herausgegeben von ihrer Urenkelin, erstmals im Druck erscheinen.


Bruce McLennan: Pioneering in ‘The Beloved Strip’, 1881–1931. Assembly Missionary labour in Angola, Belgian Congo and Northern Rhodesia. Kilmarnock (Ritchie) 2019. 307 Seiten.

Die als „The Beloved Strip“ bezeichnete afrikanische Region war ein bevorzugtes Missionsgebiet der britischen Offenen Brüder (Frederick Stanley Arnot, Dan Crawford u.a.). Das Buch stellt die ersten 50 Jahre dieser Arbeit erstmals zusammenhängend dar.


bmww2019Ken und Jeanette Newton (Hrsg.): The Brethren Movement Worldwide. Key Information 2019. 5th edition. Lockerbie (OPAL Trust) 2019. xxviii, 346 Seiten.

Die 3. Auflage dieses Buches (2011) habe ich bereits früher hier vorgestellt. In der aktualisierten Neuausgabe sind 117 Länder enthalten; neu hinzugekommen sind Finnland, Schweden, Kroatien, Griechenland, Nigeria, Puerto Rico, die Dominikanische Republik, Haiti, Ecuador, Surinam, Libanon, Iran, Bhutan, Korea, Indonesien und Tuvalu. Gestrichen wurden die Republik Kongo, Mauritius und Neukaledonien, da die Herausgeber aus diesen Ländern seit mehreren Auflagen keine aktuellen Informationen mehr erhalten haben.

Der Abschnitt über Deutschland (S. 121–128) wurde grundlegend überarbeitet (vermutlich von Lothar Jung; S. 128) und listet nun minutiös alle Zeitschriften, Arbeitskreise und Werke der Freien Brüder und der AGB-Gemeinden auf. Die in der vorigen Auflage noch genannten „blockfreien“ Verlage und Zeitschriften (CLV, Daniel, Rigatio, Zeit & Schrift) fielen dabei leider gänzlich unter den Tisch. Bei den statistischen Angaben wurden nur die der Freien Brüder aktualisiert (wobei die Zahl der Gemeinden auffallenderweise stark nach unten korrigiert werden musste: von 265 auf 190!), während die übrigen Daten auf dem Stand von 2015 geblieben sind (was den Eindruck erhärtet, dass ein Freier Bruder für die Überarbeitung verantwortlich war).

Das Buch ist auch online lesbar, kann im Gegensatz zu früheren Auflagen aber nicht mehr als PDF heruntergeladen werden.


Henry Pickering (Hrsg.): Chief Men among the Brethren. Newtownards, Nordirland (Crimond House Publications) 2019. 352 Seiten.

Nachdruck der klassischen Sammlung von „Brüder“-Biografien, neu gesetzt und alphabetisch geordnet. Dass es sich um ein ca. 100 Jahre altes Werk handelt (1. Auflage 1918; 2., erweiterte Auflage 1931), wird seltsamerweise nirgendwo erwähnt. Die Qualität der faksimilierten Bilder lässt teilweise zu wünschen übrig.


Thomas Riedel: Entstehung und Entwicklung der „Elberfelder Bibel“ (Neues Testament) von der Erstübersetzung bis heute: Eine Untersuchung des Übersetzungsansatzes und eine kritische Würdigung. M.Th. Thesis, University of South Africa 2019. 195 Seiten.

Diese hochinteressante Arbeit ist zwar (bisher) nicht als Buch erschienen, aber online im Volltext verfügbar. Sie stellt zunächst „Ziele und Übersetzungsansatz“ der Elberfelder Bibel dar (S. 15–47) und untersucht anschließend „die praktische Umsetzung dieses Ansatzes anhand von drei ausgewählten Kapiteln des Neuen Testamentes“, nämlich Lk 1–2, Röm 6 und 2Petr 3 (S. 48–134). „Eine Einordnung in die aktuelle Übersetzungsdiskussion und Vorschläge für die Weiterentwicklung dieser Übersetzung runden die Arbeit ab“ (S. 135–165).


Valerie Elliot Shepard: Devotedly, The Personal Letters and Love Story of Jim and Elisabeth Elliot. Nashville, TN (B & H) 2019. 285 Seiten.

Auf der Grundlage von bisher teilweise unveröffentlichten Briefen und Tagebüchern wird hier die Liebesgeschichte zwischen dem Missionar Jim Elliot (1927–1956), der aus einer Offenen Brüdergemeinde stammte, und seiner späteren Frau Elisabeth Howard (1926–2015) nachgezeichnet. Die Autorin ist die 1955 geborene Tochter der beiden.


David A[ndrew] Smith: The Model Church. Its Essence, Expression, and Goal. Karrinyup, Australien (Snowgoose Media) 2019. xi, 196 Seiten.

Eine theoriegesättigte ekklesiologische Abhandlung, die mit zwei „Fallstudien“ schließt: einer historischen über die Brüderbewegung im 19. Jahrhundert (S. 107–161) und einer aktuellen über den „progressiven“ Flügel der Offenen Brüder in Australien („Christian Community Churches of Australia“; S. 163–184).


spinksJohn D. Spinks: Cult Escape. My Journey to Freedom. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2019. 195 Seiten.

Der Boom der Raven-Taylor-Aussteigerliteratur setzt sich fort: Nach Ngaire Thomas (2004, ²2005), Em Amosa (2007), David Tchappat (2009), Lindsey Rosa (2010), James Bell (2014), Peter Wycherley Harrison (2014), Joy Nason (2015), John L. Fear (2016) und Rebecca Stott (2017) ist dies nun schon mindestens der zehnte Vertreter dieses Genres innerhalb von 15 Jahren. Spinks verließ die Raven-Taylor-Brüder 1988 im Alter von 22 Jahren; der größere Teil seines Buches handelt allerdings von der Zeit danach und versucht Lesern in ähnlichen Situationen Hilfestellung zu geben. Wie den meisten selbst verlegten Büchern mangelt es auch diesem an der straffenden, glättenden und ordnenden Hand eines Lektors. Parallel zum Buch hat der Autor eine Website mit Beratungsangebot eingerichtet.


Mark R. Stevenson: Die Brüder und die Lehren der Gnade. Wie stand die Brüderbewegung des 19. Jahrhunderts zur calvinistischen Heilslehre? Aus dem Englischen von Alois Wagner. Bielefeld (CLV) 2019. 476 Seiten.

Die amerikanische Originalausgabe dieser Dissertation, The Doctrines of Grace in an Unexpected Place (2017), habe ich vor zwei Jahren kurz vorgestellt; eine ausführlichere Besprechung der deutschen Übersetzung erschien bereits in Zeit & Schrift 6/2019 und auf der Hauptseite von bruederbewegung.de, sodass ich hier auf weitere Erläuterungen verzichten kann. Das Buch steht auf der Website des Verlags auch zum kostenlosen Download zur Verfügung.


Rebecca Stott: Erlöst. Mein Weg aus der Sekte. Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence. München (btb) 2019. 383 Seiten.

Obwohl die Raven-Taylor-Brüder in der deutschen Öffentlichkeit praktisch keine Rolle spielen, hielt die Verlagsgruppe Random House es offenbar für erfolgversprechend, Rebecca Stotts Aussteigerbiografie In the Days of Rain (2017) auch hierzulande auf den Markt zu bringen. Im Klappentext wird die Glaubensgemeinschaft denn auch gar nicht beim Namen genannt, sondern es ist nur von einer „ultra-konservativen“ bzw. „fundamentalistischen christlichen Sekte“ die Rede. Die Übersetzung macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck; die von Stott verwendete Bezeichnung (Exclusive) Brethren wurde unübersetzt gelassen, was sicher keine schlechte Idee war.

Von den deutschen Feuilletons scheint das Buch (das jetzt knapp zwei Monate auf dem Markt ist) bisher noch nicht beachtet worden zu sein; auch bei Amazon findet sich derzeit noch keine einzige Kundenrezension. Auf einige Stärken und Schwächen hatte ich bei meiner Vorstellung der englischen Originalausgabe vor zwei Jahren hingewiesen.


tillMichael Till: Crusader with Compassion. Dr Walter Hadwen, Gloucester GP, 1854–1932. Gloucester (Hobnob Press) 2019. 192 Seiten.

Der Arzt Walter Hadwen ist einer der wenigen „Brüder“, die außerhalb der Brüderbewegung bekannter sind als innerhalb: Er war zu Lebzeiten einer der führenden Tierversuchs- und Impfgegner Großbritanniens. Die Biografie interessiert sich daher auch mehr für sein medizinisches Wirken als für seine Glaubensüberzeugungen. Hadwen trat als junger Erwachsener wahrscheinlich den Geschlossenen Brüdern bei und wechselte nach den Trennungen der 1880er Jahre (Stuart?) zu den Offenen Brüdern.


Terence-Pablo Wickham Ferrier: Renovarse o morir. Pasado, presente y futuro de las Asambleas de Hermanos. Barcelona (wobebo/Bibliasfera) 2019. 174 Seiten.

Überlegungen eines englischstämmigen Missionars zur Situation der Offenen Brüdergemeinden in Spanien. Die Haltung des Autors ist konservativer, als es der Titel vermuten ließe („Erneuern oder Sterben: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Brüdergemeinden“).


David Woodbridge: Missionary Primitivism and Chinese Modernity. The Brethren in Twentieth-Century China. Studies in Christian Mission 54. Leiden/Boston (Brill) 2019. xi, 173 Seiten.

Buchausgabe der Dissertation des Autors von 2012 (die auch online zugänglich ist). Behandelt werden vor allem die missionarischen Aktivitäten von Echoes of Service (Kapitel 1, 3, 4, 5) und die Little-Flock-Bewegung von Watchman Nee (Kapitel 2).


Richard Yarrall: From Poverty Bay to Riches Untold. Auckland, Neuseeland (Castle Publishing) 2019. 434 Seiten.

Autobiografie eines neuseeländischen Missionars der Offenen Brüder, der in Kolumbien und Los Angeles arbeitete.


AUFSÄTZE


bhr2018Ausgabe 15 (2019) der Brethren Historical Review enthält (neben etlichen Rezensionen) die folgenden Beiträge:

Bill Anderson: „Andersons and Chrystalls: Scottish Pioneers in Aotearoa/New Zealand (S. 1–11)
P[aul] David Wilkin: „Education at Chitokoloki, 1914–1924: The Vision of George Suckling (S. 12–39)
William E. Buntain: „The Exclusive Brethren, Watchman Nee, and the Local Churches in China (S. 40–72)
Jonathan Side: „Some Reflections on the Life and Scientific Work of Robert Rendall (1898–1967) (S. 73–82)
Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 83–88)
Timothy Stunt: „Philip Murray Jourdan McNair (1924–2018) (S. 142–145)
S[amuel] J[ames] McBride / N[eil] Dickson: „David Willoughby Gooding (1925–2019) (S. 146–149)
Neil Dickson: „Richard Stephen Saunders (1930–2018) (S. 150–153)

Besonders hervorheben möchte ich hier den Nachruf auf Philip McNair. Der aus dem Exklusiven Brüdertum stammende, um 1960 in die Church of England übergetretene Experte für italienische Literatur verfasste u.a. eine Biografie John Nelson Darbys von offenbar herausragender Qualität, deren Veröffentlichung er jedoch aus Bescheidenheit und Perfektionismus zeitlebens verweigerte. Von den wenigen, die sie bisher zu Gesicht bekamen, wurde sie in den höchsten Tönen gelobt; Max Weremchuk etwa schrieb 2004 auf My Brethren, sie sei wie die Mona Lisa im Vergleich mit dem Gekritzel eines dreijährigen Kindes und habe ihm selbst jeden Mut genommen, mit der Überarbeitung seines eigenen Darby-Buches fortzufahren. Marion Field konnte sie für ihre Darby-Biografie von 2008 immerhin nutzen und mehrmals daraus zitieren. Dem Vernehmen nach besteht die Chance, dass das nachgelassene Typoskript nun in ein Archiv überführt und der Forschung zugänglich gemacht werden kann.

Philip McNair veröffentlichte übrigens 1986 einen Artikel über die Brüderbewegung in der Zeitschrift Christian History und gab 2008 im Selbstverlag Briefe seines Vaters aus dem Ersten Weltkrieg heraus (A Pacifist At War: Military Memoirs of a Conscientious Objector in Palestine, 1917–1918).


Offene Türen 111 (2019), Heft 4 brachte einige kurze Beiträge aus dem Arbeitskreis „Geschichte der Brüderbewegung“ zum 100-jährigen Jubiläum des Umzugs der Bibelschule von Berlin nach Wiedenest:

Gerd Goldmann: „100 Jahre Bibelschule in Wiedenest. Historisches vom Arbeitskreis ‚Geschichte der Brüderbewegung‘“ (S. 18)
Hartmut Wahl: „Bibelschule Wiedenest: Weltweite Wirkungen (S. 18f.)
Erich Sauer: „Von Berlin nach Wiedenest – der Weg der Allianz-Bibelschule (S. 19)
Hartmut Wahl: „Johannes Warns – Lehrer freier Gemeinden (S. 20)
Horst Afflerbach: „Erich Sauer und die Bibelschule (S. 21)
Hartwig Schnurr: „Ernst Schrupp (S. 22)


Gisa Bauer / Paul Metzger: „Brüderbewegung (auch: Brüdergemeinden, Brüderversammlungen, Christliche Versammlungen, Freier Brüderkreis, Darbysten, Plymouth-Brüder)“. In: dies.: Grundwissen Konfessionskunde. UTB 5254. Tübingen (Narr Francke Attempto) 2019. S. 238–241.

Ein grundsätzlich brauchbarer Überblick, auch wenn (oder gerade weil) vieles offenkundig aus der Wikipedia übernommen wurde (ohne Quellennachweis). Unscharf dargestellt sind die Trennungsgründe von 1848; falsch ist die Behauptung, dass Raven sich 1890 von der Brüderbewegung getrennt hätte und die Mehrheit in Nordamerika ihm gefolgt wäre. Bei der Auflistung der verschiedenen Brüdergruppen in Deutschland bleiben die „blockfreien“ Gemeinden unberücksichtigt.


John Bennett: „Major-General Sir Charles H. Scott, KCB, RA 1848–1919“. In: Precious Seed 74 (2019), Heft 1, S. 15.

Kurzes Lebensbild zum 100. Todestag des Offenen Bruders Charles Henry Scott am 6. Oktober 2019 (auch online).


Kate Brooks: „In this Age of Wonders: Exploring the Myth of George Muller“. In: Question. Essays & Art from the Humanities 4 (2019), S. 58–65, 115–118.

Annäherung an Georg Müller aus säkular-atheistischer Perspektive (auch online). Die Autorin ist die Urenkelin eines von Müller aufgenommenen Waisenjungen.


Bert Cargill: „Joseph Medlicott Scriven (1819–1886)“. In: Precious Seed 74 (2019), Heft 3, S. 28f.

Scriven war der Dichter des Liedes What a Friend We Have in Jesus (Welch ein Freund ist unser Jesus). Geboren in Irland, wo er während seines Studiums auch mit den „Brüdern“ in Verbindung kam, wanderte er später nach Kanada aus und arbeitete dort als Lehrer, Holzfäller, Farmarbeiter und Evangelist. Gleich zwei Verlobungen scheiterten durch den tragischen Tod der Verlobten (1843 und 1860). Gegen Ende seines Lebens litt Scriven an Depressionen; ob sein Tod in einem Mühlenteich ein Unfall oder Selbstmord war, blieb ungeklärt.

Der Gedenkartikel erschien zum 200. Geburtstag am 10. September 2019 und ist auch online zugänglich; als Name des Autors wird hier allerdings „Mitchell Cargill“ angegeben, und das beigegebene Bild zeigt nicht Scriven, sondern den Komponisten von What a Friend We Have in Jesus, Charles Crozat Converse (1832–1918).


María Eugenia Cornou: „Formative Worship ‘at the End of the World’: The Worship Practices of Methodists, Baptists and Plymouth Brethren in the Emergence of Protestantism in Argentina, 1867–1930“. In: Studies in World Christianity 25 (2019), S. 166–186.

Von diesem Artikel war mir nur ein Abstract zugänglich, aber der Titel scheint deutlich zu benennen, worum es geht.


Bernard Ineichen: „Losing the rapture: escaping from fundamentalist Christian belief“. In: Mental Health, Religion & Culture 22 (2019), S. 661–673.

Vergleich der Lebensläufe von vier Aussteigern aus „fundamentalistischen“ Gruppen. Zwei davon haben mit der Brüderbewegung zu tun: Edmund Gosse (1849–1928), Sohn des Naturforschers Philip Henry Gosse, verbrachte seine ersten Lebensjahre unter den Offenen Brüdern (von denen sich die Familie allerdings bereits 1857 löste, was im Artikel – wie auch sonst häufig – ignoriert wird); Rebecca Stott (* 1964) stammt aus einer Familie der Raven-Brüder, die sich nach Aberdeen 1970 von James Taylor junior trennte.


Keith Keyser: „Homecall: David Gooding (September 16, 1925 – August 30, 2019)“. In: Cornerstone 3 (2019), Heft 6, S. 14.

Nachruf auf den bekannten Alttestamentler, der den Offenen Brüdern angehörte und viel mit John Lennox zusammenarbeitete (auch online verfügbar). Von seinen zahlreichen Publikationen wurden etliche auch ins Deutsche übersetzt (zuletzt Das Evangelium nach Lukas und In der Schule des Meisters).


Daniel J. King: „Filled with a Hallowed Presence: Abundant Events in the Lives of George Müller and Amanda Berry Smith“. In: Fides et Historia 51 (2019), S. 143–152.

In Auseinandersetzung mit dem Buch History and Presence von Robert A. Orsi untersucht der Autor die Spiritualität von Georg Müller und Amanda Berry Smith, einer amerikanischen Evangelistin der Heiligungsbewegung.


Andreas Liese: „Die evangelischen Freikirchen in der Zeit des Nationalsozialismus“. In: Eine freie Kirche in einer freien Gesellschaft. Freikirchliche Perspektiven auf das Verhältnis von Kirche und Staat. Beiträge einer internationalen Tagung des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung in Kooperation mit der Theologischen Hochschule Elstal, Berlin, 6. und 7. Dezember 2017. Hrsg. von Martin Rothkegel und Reinhard Assmann. Schriftenreihe des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung 30. Berlin (Gesellschaft zur Förderung vergleichender Staat-Kirche-Forschung) 2019. S. 255–286.

Der Aufsatz beschreibt die „überwiegend unkritische Haltung deutscher Freikirchler gegenüber dem Nationalsozialismus“ (Vorwort der Herausgeber, S. 17) und geht dabei auch auf die Brüderbewegung ein.


Andreas Liese: „‚Zum Fluch für die Nationen gesetzt‘? Die Geschlossenen Brüder und ihr Verhältnis zum jüdischen Volk“. In: Freikirchenforschung 28 (2019), S. 189–213.

Der Autor untersucht ausführlich die 1934/35 geführte briefliche Diskussion zwischen Wilhelm Stücher, Fritz von Kietzell, Franz Kaupp und David Kogut, auf die er 2018 bereits in seinem Lebensbild Koguts hingewiesen hatte, und ordnet sie in die Israeltheologie der Geschlossenen Brüder ein, wobei er Äußerungen von 1840 (John Nelson Darby) bis 2017 (Ernst-August Bremicker) heranzieht.


Alastair Noble: „Plymouth Brethren“. In: ders.: Born in a Golden Age. Reflections on Faith, Family and Fallacies. Kilmarnock (Ritchie) 2019. S. 40–69.

Porträt der Brüderbewegung (Geschichte, Merkmale, Herausforderungen) von einem der derzeit führenden Offenen Brüder Schottlands.


Alexander Rockstroh: „Frömmigkeitsformen in der Brüderbewegung“. In: Die Gemeinde [74] (2019), Heft 3, S. 8f.

Der neue Geschäftsführer der AGB, der ursprünglich aus der Landeskirche stammt, beschreibt in diesem Beitrag, „welche Ausdrucksformen der Frömmigkeit er innerhalb der Brüderbewegung besonders schätzt“ (auch online).


Gerrid Setzer: „Johannes Meyer. Er schonte sein Leben nicht. 05.04.1814 – 01.09.1847“. In: Treue und Hingabe. Hrsg. von Alexander Schneider und Gerrid Setzer. Hückeswagen (CSV) 2019. S. 106–117.

Der gebürtige Schweizer Johannes Meyer wurde bei der Basler Mission und bei der Londoner Church Missionary Society zum Missionar ausgebildet, trennte sich aber 1839 von Letzterer und schloss sich den „Brüdern“ an. 1840 heiratete er und reiste nach Britisch-Guayana aus, wo Leonard Strong (1797–1874) bereits seit einigen Jahren wirkte. Nach siebenjähriger aufopferungsvoller Missionstätigkeit starb er 1847 an einem Fieber.

Das in erzählender Form geschriebene, in erster Linie wohl an junge Leser gerichtete Lebensbild ist wahrscheinlich die erste Veröffentlichung über Meyer aus der deutschen Brüderbewegung seit Emil Dönges’ Artikel von 1906 („Johannes Meyer, das Lebensbild eines treuen Mannes aus dem vorigen Jahrhundert“, Botschafter des Friedens 16 [1906], S. 35–44, 47–51; auch als Separatdruck erschienen).


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

100. Todestag von Walter Thomas Prideaux Wolston

1917-03-14 The Scotsman 6 (Wolston)

Diese Meldung erschien am 14. März 1917 in der Edinburgher Zeitung The Scotsman (S. 6). Das genaue Todesdatum des Verstorbenen war den Familiennotizen auf S. 12 derselben Ausgabe zu entnehmen:

1917-03-14 The Scotsman 12 Deaths (Wolston)

Walter Thomas Prideaux Wolstons Lebenslauf ist durch die Kurzbiografien von Henry Pickering, Arend Remmers und John Bjorlie hinreichend bekannt und muss daher hier nicht wiederholt werden. Was keiner der drei Autoren erwähnt, ist der Name seiner Ehefrau. Die Zeitung The South London Press berichtete am 8. Juni 1878 (S. 11):

1878-06-08 The South London Press 11 (Wolston, Lean)

Mary Lean wurde im 3. Quartal 1842 in Plymouth geboren1 und starb am 25. November 1932 in Weston-super-Mare.2 Über ihren Vater Francis Lean (1795–1873) weiß George Henry Lang zu berichten, dass er noch am Abend seiner Bekehrung (und seines Übertritts zu den „Brüdern“) seine Position bei der Marine aufgab.3 (Vermutlich handelt es sich um denselben Francis Lean, der am 16. Juni 1849 einen Brief aus London an die Gemeinde in Bethesda [Bristol] mitunterzeichnete.4 Seine jüngste Tochter Ellen Teresa heiratete übrigens einen Sohn von Charles Henry Mackintosh.5)

W. T. P. Wolstons Schriften sind größtenteils auf STEM Publishing, einige Faksimiles auch im Brethren Archive und im Christian Writings Archive zugänglich.

Die frühen „Brüder“ und der Calvinismus

Mark R. Stevenson untersucht in seinem Artikel “Early Brethren Leaders and the Question of Calvinism” (Brethren Historical Review 6 [2010], S. 2–33) die Haltung der frühen „Brüder“ zum Calvinismus und kommt zu folgendem Schluss (Hervorhebungen durch mich):

Our study has shown that soteriological Calvinism was a firm conviction among the prominent leaders of the early Brethren movement. They were strict Calvinists who rejected the extremes of both high and hyper-Calvinism, and although they were not preoccupied with the doctrines of grace, neither were they afraid to profess their allegiance to those doctrines as precious truths of the faith. With Mackintosh we see a new attitude emerging. Although he accepted the basic tenets of Calvinism, he eschewed the Calvinist label not only to distance himself from the abuses of hyper-Calvinism that were common in his day, but also in an attempt to reject the wider Reformed system of theology which contradicted important Brethren distinctives. Mackintosh’s attitude is a logical outgrowth of the development of Brethren ideals, but later writers would abandon all vestiges of Calvinism, perhaps taking Mackintosh’s attitude to its logical conclusion. Be that as it may, it should now be obvious that the spirit of antagonism toward Calvinism that currently runs through the movement is, for better or worse, a departure from its origins.

Wichtig scheint mir hier der Hinweis, dass es nur um “soteriological Calvinism” geht, also um die „fünf Punkte“, und nicht um andere calvinistische Lehren wie z.B. Bundestheologie, „Kirche von Adam an“, Gültigkeit des Gesetzes usw. Aber auch bei den „fünf Punkten“ muss man sich fragen, ob die noch im Werden begriffene „Brüdertheologie“ der allerersten Jahre unbedingt als Vorbild für heute gelten muss. Von Darby z.B. werden fast nur Zitate aus der frühesten Zeit in Oxford angeführt; aus seiner Spätzeit kommen nur die bekannten Äußerungen zum freien Willen zur Sprache (inkl. Kontroverse mit Moody). Stevensons Einschätzung

In Darby’s voluminous literary output, he does not manifest a fixation on Calvinist doctrines. He did defend them when necessary, but for Darby those doctrines seemed to be settled; his attention was focused more on developing issues related to ecclesiology and eschatology.

scheint mir eine interessegeleitete Verharmlosung der Unterschiede zu sein, stehen doch gerade Darbys Ekklesiologie und Eschatologie in klarem Widerspruch zum Calvinismus.