Heute vor 200 Jahren wurde der Prediger William Lincoln in Bethnal Green, einem östlichen Vorort von London, geboren. Früh verwaist, wollte er nach seiner Bekehrung (im Alter von 17 Jahren) eigentlich Missionar in Indien werden, aber die Church Missionary Society nahm ihn nicht an, weil in seiner Familie die „Schwindsucht“ (Tuberkulose) erblich sei. Daraufhin schlug er eine reguläre Laufbahn in der anglikanischen Kirche ein, wurde 1849 ordiniert und übernahm nach mehreren anderen Stationen 1859 die Beresford Chapel im südlichen Londoner Vorort Walworth – eine eher schmucklose, aber geräumige Kapelle mit 1300 (nach anderen Quellen sogar 1600) Sitzplätzen. Die anfangs kleine Zuhörerschaft wuchs durch seine kraftvollen Predigten rasch an.
Innerhalb der nächsten drei Jahre kamen Lincoln jedoch zunehmend Zweifel an der engen Verbindung zwischen Kirche und Staat. 1862 rang er sich zu dem Entschluss durch, die Church of England zu verlassen, was er seiner Gemeinde am Sonntag, dem 23. November mitteilte. Die Zeitung Wilts and Glo’stershire Standard berichtete:
Wilts and Glo’stershire Standard, 29. November 1862, S. 4
Erstaunlicherweise war es Lincoln möglich, die Beresford Chapel zu pachten und sie so weiterhin für seinen Dienst zu nutzen. Nicht alle Glieder der Gemeinde bejahten freilich seinen Kirchenaustritt; ein Teil kehrte sich von ihm ab, doch allmählich erholte sich die Besucherzahl wieder. In den folgenden Monaten und Jahren wandelte sich die Gemeinde Schritt für Schritt zu einer Offenen Brüdergemeinde, in der jeden Sonntag das Brot gebrochen wurde und die Möglichkeit zur freien Beteiligung bestand. William Lincoln schrieb eine Reihe weiterer Bücher, die großenteils beim Verlag von John Ritchie in Kilmarnock (Schottland) erschienen. Er starb am 25. April 1888 im südlichen Londoner Vorort Camberwell, noch keine 63 Jahre alt.
Der heutige „Jubilar“ (wenn man eine Person, deren Todestag sich jährt, überhaupt so nennen kann) schloss sich der Brüderbewegung erst wenige Wochen vor seinem Tod an, aber gerade das führte auf seiner Beerdigung zu einem Eklat, über den in der Presse breit berichtet wurde.
Leben und Karriere
Sir Gillery Pigott (1813–1875)
Gillery Pigott wurde am 18. September 1813 als vierter Sohn des Landbesitzers Paynton Pigott (1770–1862) und seiner Frau Maria Lucy geb. Gough (1783–1860) in Oxford geboren.1 Er schlug eine juristische Laufbahn ein und trat 1836 dem Middle Temple, einer der vier englischen Anwaltskammern, bei. Im selben Jahr heiratete er Frances Drake (1814–1894) aus London. Sie bekamen zehn Kinder – vier Söhne (von denen zwei bereits früh starben) und sechs Töchter.2
Nach seiner Anwaltszulassung 1839 wirkte Pigott zunächst im Gerichtsbezirk Oxford. Ab 1854 war er bei der britischen Steuerbehörde (Inland Revenue) tätig, 1857–62 nahm er parallel noch die Teilzeitaufgabe eines Stadtrichters (Recorder) in Hereford wahr. 1863 wurde er zum Richter (Baron) am Schatzkammergericht (Court of Exchequer) ernannt und in den niederen nichterblichen Adelsstand (Knight) erhoben, sodass er sich von nun an Sir Gillery Pigott nennen durfte. Mit der Nobilitierung verlor er allerdings auch seinen Sitz im britischen Parlament (House of Commons), den er seit 1860 als Abgeordneter der Liberal Party für die Stadt Reading innegehabt hatte.
Geistliche Entwicklung
Von Hause aus Anglikaner, hatte sich Pigott im Laufe der Jahre zunehmend von seiner Kirche entfremdet.3 Vor allem die starre Liturgie und die formellen, von allen Anwesenden unterschiedslos mitzusprechenden Gebete missfielen ihm. Ab etwa 1870 besuchte er die Gottesdienste in der Baptistenkapelle von William Landels (1823–1899) am Londoner Regent’s Park.4 Hier schätzte er das freie Gebet des Pastors, aber er vermisste nach wie vor die Möglichkeit, sich auch als Gemeindeglied an der Anbetung zu beteiligen. Sein älterer Sohn Arthur Gough Pigott (1850–1878), den offenbar ähnliche Gedanken umtrieben, kam mit den Geschlossenen Brüdern in Kontakt und empfahl seinem Vater ein Studium der neutestamentlichen Gemeindepraxis. Nach einer Begegnung mit William Kelly (1821–1906) nahm Gillery Pigott am 4. April 1875 in einer bescheidenen Hausversammlung der „Brüder“ – höchstwahrscheinlich bei dem Schuhmacher William Franklin in Sherfield Green5 (Hampshire) – zum ersten Mal am Brotbrechen teil.
Einen Tag später erlitt er einen Sturz vom Pferd, der ihn bettlägerig machte. In dieser Zeit las er einige Schriften von Kelly (u.a. Christian Worship und Christian Ministry), die dieser ihm zugesandt hatte und die ihn endgültig vom Standpunkt der „Brüder“ überzeugten, wie er Kelly am 17. April brieflich mitteilte. Am 23. April richtete er auch an den örtlichen Pfarrer Alfred Gresley Barker (1835–1906), mit dem er sich anscheinend schon vorher über solche Fragen ausgetauscht hatte, einen Brief, machte ihn auf schwerwiegende Irrtümer in einer gedruckten Predigt aufmerksam und legte zwei Schriften der „Brüder“ bei (Is the Anglican Establishment a Church of God? von William Kelly und Who is a Priest, and What is a Priest? von John Nelson Darby). Vier Tage später, am 27. April 1875,6 heute vor 150 Jahren, starb Gillery Pigott in seinem Anwesen Sherfield Hill House bei Basingstoke überraschend an einer Herzerkrankung. Er wurde nur 61 Jahre alt.
Beisetzung
Einige Tage nach Pigotts Tod schrieb sein knapp 25-jähriger Sohn Arthur, ebenfalls Jurist und 1873 als Anwalt (Barrister) zugelassen,7 einen Brief an Pfarrer Barker und bat um die Erlaubnis, die Beerdigung seines Vaters von einem Freund (also einem Geschlossenen Bruder) abhalten zu lassen.8 Barker lehnte dies ab mit der Begründung, dass er gesetzlich verpflichtet sei, keine Abweichungen von der Begräbnisliturgie der Church of England zuzulassen. Hierauf erwiderte Arthur Pigott, dass es auch der Wunsch seiner Mutter sei, dass die Beerdigung nicht nach anglikanischem Ritus erfolge, da sein Vater sich den „Plymouth Brethren“ angeschlossen habe. Sollte der Pfarrer bei seiner Weigerung bleiben, würden sie auf einen Gottesdienst auf dem Friedhof ganz verzichten. Bei einem persönlichen Besuch im Pfarrhaus von Sherfield on Loddon machte Pigott noch einen letzten Versuch, den Pfarrer umzustimmen, aber vergebens.
Die Beerdigung wurde auf Mittwoch, den 5. Mai festgesetzt.9 Um 14.15 Uhr fand zunächst eine Trauerfeier auf einem Rasenplatz bei Pigotts Haus statt, auf der William Kelly und Christopher McAdam (1807–1892) sprachen.10 Anschließend setzte sich der Trauerzug in Richtung Friedhof (gut 1 km nordöstlich gelegen) in Bewegung, wo er kurz vor 16 Uhr eintraf. Pfarrer (Rector) Barker und sein Hilfspfarrer (Curate) John Henry Sandall (1847–1925) sowie die Kirchenvorsteher Richard Tubb (1837–1904) und George Moss11 (1828–1912) hatten die Prozession bereits seit 14 Uhr am Friedhofstor erwartet.
Der Bestatter James Moody (1826–1888), der den Sarg begleitete, gab Barker sogleich zu verstehen, dass seine Dienste nicht erwünscht seien. Barker begann dennoch die Begräbnisliturgie zu verlesen und schritt dabei auf die Kirche zu. Während des dritten Satzes merkte er, dass der Sarg bereits zum Grab gebracht und eilig hinuntergelassen wurde. Er wies nun seinen Hilfspfarrer Sandall an, den am Grab zu sprechenden Teil der Liturgie vorzutragen. Sandall setzte dazu an, wurde aber durch Zurufe der Trauergäste unterbrochen. Schließlich ging der Rechtsanwalt der Familie Pigott, Arthur Walker (1809–1875), auf Sandall zu und protestierte im Namen der Hinterbliebenen gegen die weitere Fortsetzung der Liturgie. Die Vertreter der Kirche waren auf diesen Fall vorbereitet und hatten ihrerseits eine schriftliche Protestnote verfasst, die Walker von Kirchenvorsteher Tubb überreicht wurde. Daraufhin schlossen Barker und Sandall ihre Bücher und verließen den Friedhof.
Wie bereits erwähnt, erregte der Vorfall großes Aufsehen und wurde von zahlreichen Zeitungen aufgegriffen, wobei die Berichterstattung nicht immer exakt den Tatsachen entsprach. Als Beispiel sei der Artikel der Londoner Zeitung The Standard vom 7. Mai 1875, S. 2 zitiert, der vielfach nachgedruckt wurde:
SCENE AT BARON PIGOTT’S FUNERAL. – We regret to record a scandalous disturbance at the burial of the late Baron Pigott on Wednesday, at Sherfield Churchyard, near Basingstoke. The baron had been dead more than a week, but it was not till the day before the funeral that his two sons, who are members of the sect known as the “Plymouth Brethren,” intimated that they did not wish the Church Service to be used. Mr. Osborne Morgan’s12 opinion was at once telegraphed for, and he replied that, the deceased having been baptised, the clergyman was bound to read the service over the body, but that, if the clergyman was interfered with, he might shut up his book and walk away, but the burial could not be stopped. The clergyman, the Rev. A. G. Barker, went early to the churchyard, and exhorted the crowds to seemly and decent behaviour. He and his curate, the Rev. H. Sandall, afterwards met the funeral at the gate, and proceeded with the words, “I am the Resurrection and the Life,” when some of the mourners shouted to him to stop, and others to go on. Meanwhile, the bearers, commanded by one of the Baron’s sons, pushed along, and threw the coffin into the grave near the gate. A solicitor was then sent to say that in the name of the executors he protested against the service being read. The rector shut his book, and walked quietly away with his curate. The churchwardens have served a notice on the solicitor for the two sons, stating that they hold him legally responsible for stopping the rector in the performance of his duty. The great crowd then quietly dispersed. There is much indignation at the outrage, especially as it would have been quite easy to bury the deceased in Basingstoke Cemetery with any ceremonies the relations might have thought proper.
Pigotts zweiter Sohn, der 19-jährige Cecil Ernest (1855–1893), wehrte sich am folgenden Tag in einem Leserbrief gegen die Behauptung, er sei ein „Plymouth Brother“, und distanzierte sich auch von den Ereignissen auf dem Friedhof:
SIR, – I am the younger of the late Baron Pigott’s two sons, and having seen a paragraph in the Standard of to-day, headed “Scene at Baron Pigott’s Funeral,” I wish to state that I am not “a member of the sect known as Plymouth Brethren,” and that I did not “intimate” to any person at any time “that I did not wish the Church service to be used.” CECIL E. PIGOTT.13
Laut Arthurs späterer Aussage vor Gericht müssen neben seiner Mutter aber auch mindestens eine seiner Schwestern und andere Verwandte mit seinem Vorgehen einverstanden gewesen sein.
Prozess
Für Arthur Pigott und den Familienanwalt Arthur Walker sollte die Episode nämlich noch gerichtliche Konsequenzen haben. Kirchenvorsteher Richard Tubb verklagte sie wegen Störung einer Begräbnisfeier, wobei er sich auf den Ecclesiastical Courts Jurisdiction Act von 1860 berief. In dessen zweitem Abschnitt heißt es,
dass jede Person, die einen Priester im kirchlichen Amt bei der Ausübung eines Ritus in einer Kirche oder auf einem Friedhof in England oder Wales belästigt, behindert, stört oder beunruhigt oder ihn auf sonstige Weise daran hindert oder in seiner Tätigkeit beeinträchtigt, bei Verurteilung durch zwei Friedensrichter mit einer Geldstrafe von höchstens fünf Pfund oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Monaten belegt werden kann.14
Die Verhandlung fand am 2. Juni 1875 vor dem County Magistrates’ Court (eine Art Amtsgericht) im Rathaus von Basingstoke statt. Da Arthur Pigott – der sich selbst verteidigte – die volle Verantwortung für die Geschehnisse auf dem Friedhof übernahm, wurde die Klage gegen Arthur Walker nach dem Eröffnungsplädoyer fallengelassen. Als Zeugen vernahm man Pfarrer Barker, Hilfspfarrer Sandall, Colonel Pigott (einen Bruder des Verstorbenen15), Colonel Pigott-Carleton (einen Neffen des Verstorbenen16), Rechtsanwalt Walker, die Bestatter James Moody und John Gray Hill sowie die Sargträger William Franklin und Daniel Brown.17 Bis auf die beiden Geistlichen sagten alle übereinstimmend aus, dass es keine Störung und keinen Aufruhr gegeben habe, womit sie ein zentrales Verteidigungsargument des Beklagten stützten. Pigott berief sich außerdem auf die juristische Meinung, dass jeder Einwohner einer Pfarrei das Recht auf Beisetzung auf dem örtlichen Friedhof habe – ob mit oder ohne kirchliche Liturgie.
Auf das Angebot des gegnerischen Anwalts, die Klage nicht weiterzuverfolgen, wenn der Beklagte anerkenne, im Unrecht gewesen zu sein, und sich für sein Verhalten entschuldige, ging Pigott nicht ein. Das Gericht verurteilte ihn nach 35-minütiger Beratung einstimmig zu der relativ geringen Geldstrafe von £ 1 (nach heutiger Kaufkraft etwa £ 120–140) plus Gerichtskosten. Pigott legte sofort Berufung ein, scheint diese aber später zurückgenommen zu haben, denn über einen weiteren Prozess konnte ich in der zeitgenössischen Presse nichts finden.
Nachkommen
Gillery Pigotts Söhnen war leider durchweg kein langes Leben beschieden. Die beiden ältesten, Gillery Paynton Francis Drake (1843–1847) und Frederic Thomas (1846–1847), wurden nur vier bzw. ein Jahr alt und weilten zur Zeit der hier geschilderten Ereignisse schon lange nicht mehr unter den Lebenden. Aber auch Arthur Gough und Cecil Ernest erreichten kein hohes Alter: Ersterer starb zweieinhalb Jahre nach dem Prozess, am 8. Januar 1878, im südspanischen Málaga, nur 27 Jahre alt (sein Grab ist noch heute vorhanden), Letzterer am 6. Mai 1893 im elterlichen Sherfield Hill, 37 Jahre alt. Beide waren unverheiratet geblieben.
Besser erging es den sechs Töchtern – sie wurden mit einer Ausnahme zwischen 72 und 88 Jahre alt. Die Ausnahme war Mabel Lucy Sarah (1852–1894), Ehefrau von Henry Edward Tredcroft (1853–1912), die vier Tage nach der Geburt ihres neunten Kindes im Alter von 42 Jahren starb. Sie war zugleich das einzige der Pigott-Kinder, das Nachkommen hinterließ. Ihre Schwester Rosalie Archer (1840–1924) schloss erst im relativ fortgeschrittenen Alter von 41 Jahren eine Ehe, und zwar mit dem Witwer Archer Anderson Morshead (1846–1911); die übrigen vier Schwestern Frances Drake (1837–1910), Alice Isabella (1848–1920), Edith Caroline (1853–1931) und Beatrice Barbara (1859–1947) blieben alle unverheiratet.
Wie viele Mitglieder der Familie sich der Brüderbewegung anschlossen, wäre noch zu erforschen. Gillery Pigotts Schwester Isabella (1821–1902) war jedenfalls mit dem „Bruder“ Charles Gilbert Eversfield (1822–1886) verheiratet, und von seinen beiden Schwiegersöhnen scheint mindestens Henry Edward Tredcroft einen „Brüder“-Hintergrund gehabt zu haben – Tredcrofts Schwester Theodosia Isabella (1851–1924) war die Frau von Dennis Lambart Higgins (1847–1943), einem angeheirateten Großneffen von George Vicesimus Wigram (1805–1879).
Heute vor 200 Jahren wurde der Evangelist Friedrich Wilhelm Baedeker im westfälischen Witten an der Ruhr geboren. Mit Witten wird sein Name freilich heute kaum noch assoziiert, sondern vielmehr mit England (wo er ab 1859 seinen Hauptwohnsitz hatte und zum Glauben kam) und vor allem mit Russland (wo er ab 1876 unermüdlich evangelisierte). Die erste Biografie, die bereits im Jahr nach seinem Tod erschien, trug daher auch den Titel Dr. Baedeker and his Apostolic Work in Russia,18 und die jüngste Buchveröffentlichung über ihn, herausgegeben zum 100. Todestag 2006, stellt im Untertitel ebenfalls den Russlandmissionar heraus.19
Lebensbeschreibungen Baedekers liegen auch online in ausreichend großer Zahl vor. Ich nenne in chronologischer Reihenfolge:
Auf einen eigenen biografischen Aufguss kann ich hier daher wohl verzichten; nützlicher erscheint mir die Veröffentlichung einiger bisher unbekannter Zeitungstexte, die ich vor einigen Jahren bei meinen Recherchen im British Newspaper Archive gefunden habe.
Baedeker in englischen Zeitungen
1887 sprach Baedeker gemeinsam mit Julius Rohrbach (1852–1935)20 in seiner Heimatgemeinde Weston-super-Mare über die Evangelisationsarbeit in Deutschland:
Weston-super-Mare Gazette, 20. April 1887, S. 2
1898 berichtete das North Devon Journal ausführlich über einen Vortrag Baedekers in Barnstaple und verschaffte den Lesern damit einen recht guten Einblick in seine Arbeit (wegen der Länge gebe ich den Artikel in Transkription wieder):
DR. BAEDEKER AT BARNSTAPLE.
In connection with the Plymouth Brethren cause, Dr. T. [sic] W. Baedeker (a well-known Christian traveller) preached most acceptably at the Grosvenor-street Chapel, Barnstaple, on Sunday. His address in the afternoon on work in the Russian prisons and among the persecuted Stundists in Siberia was anticipated with special interest, and there was a large congregation present. At the outset Dr. Baedeker (who is about sixty five years of age21) pointed out that Russia was one-sixth part of the inhabitable world, and that it contained 146 millions of people, who spoke 128 different languages. It was a large mission field, and nearly all nations were represented among the inhabitants. There were many there who had never heard the Word of God, and there were many millions who read the Word of God and had no intelligence for it. They were bound by an outward form of religion and ceremonies, with no power to keep them from sin at all. That was just the field into which God, in His great lovingkindness, had led him during the past twenty-one years. During the first ten years he visited various parts of Russia, preaching the Gospel, as well as he was able, wherever he found willing ears. About eleven years ago he went to Finland, where there was more religious liberty than in any other part of Russia, and visited all the prisons there. He afterwards obtained permission to visit all the prisons in the Russian Empire, and to give each prisoner a Testament in his own language. The British and Foreign Bible Society issued Testaments in 180 different languages, and they sold him the books at one-quarter the price for the prisoners. In visiting Moscow he lost his pocket-book and money, but there was light in the darkness, for he obtained fresh permission to visit the prisons, whilst friends helped him financially from St. Petersburg. Since then he had visited Siberia altogether four times, and he instanced an act of noble generosity on the part of a steamboat director in allowing him to travel free of cost. He wanted people in England to have a share in this work of God. There were open doors for the Gospel among the Stundists, and with Bible reading in various languages, the Word was the power of God unto salvation. As there were thousands of wolves and bears in the country, and travelling was otherwise dangerous, he had been advised to carry a revolver for protection; but he had never done this, and had never seen a wolf or been injured in any way. It was a great joy and privilege to be allowed to speak to the prisoners. In St. Petersburg there were 1,100 prisoners, each one in his own cage; and as he spoke to each separately, it took him five days to go through the gaol. All through the way had been very marvellously and wisely opened up, and he did not know that he had done with Russia yet. The prison doors were all open, and whilst he was away friends behind were still carrying on the work. Siberia, a country only just beginning to be peopled, was very rich, and full of treasures yet to be found. The crime of the Stundists, who were simple people, consisted in not conforming to the Greek Church, which, as he had said before, was full of ceremonies without any Gospel, although it allowed the New Testament to be freely distributed. But religion, apart from the Lord, was a dead thing. There was no religion, no church, except the Lord’s. He showed that the Stundists were subjected to much persecution through faith in the New Testament. In Roumania there were two colonies of Stundists who had escaped from punishment, and they were working for the Lord, their testimony being a great power in the land. He appealed to his hearers to pray for them, and to stand by them in prayer. – The address was interspersed with many incidents and anecdotes, not the least interesting being those which showed how his prayers in his difficult work had been answered, and the wonderful dream which resulted in his being enabled to visit prisoners who had been banished on an island for life.22
Gut acht Jahre später war Baedekers Arbeit leider zu Ende. Nachdem er sich auf einer Konferenz in Clifton eine Erkältung zugezogen hatte, die zu einer Lungenentzündung führte, starb er am 9. Oktober 1906 in seinem Haus in Weston-super-Mare, 83 Jahre alt.23 Der Zeitungsbericht über die Konferenz in der Western Daily Press lässt noch nichts davon ahnen:
The Western Daily Press, 3. Oktober 1906, S. 5, Items of Local News
Acht Tage danach musste die Zeitung jedoch Baedekers Tod melden (das angegebene Geburtsjahr ist natürlich falsch):
The Western Daily Press, 11. Oktober 1906, S. 3
Der Manchester Courier fasste die Nachricht etwas kürzer:
The Manchester Courier, 11. Oktober 1906, S. 8, Obituary
Die Bath Chronicle schließlich brachte folgenden freundlichen Nachruf:
The Bath Chronicle, 18. Oktober 1906, S. 5
Einen Monat später wusste die Western Daily Press sogar noch den Wert von Baedekers Nachlass zu berichten:
The Western Daily Press, 22. November 1906, S. 6, Local Wills
Nach heutiger Kaufkraft entspräche dies immerhin £ 194.800 oder mehr.24
Baedeker in Deutschland
Aus deutscher Sicht interessant (und wenig bekannt) sind noch die zahlreichen Berichte in der Missionszeitschrift Echoes of Service über Baedekers Deutschlandreisen. Auf dem Weg von England nach Russland und zurück war Deutschland eine nahezu unvermeidliche Zwischenstation, aber Baedeker besuchte wiederholt auch Städte, die abseits der üblichen Route lagen, oder unternahm regelrechte Rundreisen. Im Einzelnen werden erwähnt:25
Diesen Beitrag kann ich genauso beginnen wie den über Charles Henry Mackintosh am 1. Oktober 2020:
In diesem Monat wäre William Kelly, einer der bekanntesten Geschlossenen Brüder des 19. Jahrhunderts, 200 Jahre alt geworden. Leider ist sein genaues Geburtsdatum (ebenso wie das seines sieben Monate älteren Landsmanns Charles Henry Mackintosh) nicht bekannt und auch von seinem Biografen Edwin Cross nicht ermittelt worden – vielleicht weil die betreffenden Kirchenbücher bei der Zerstörung des Public Record Office im Irischen Bürgerkrieg (1922) verloren gingen?27
Leben
Über Kellys Leben liegen online mindestens 20 kürzere oder längere Biografien, Würdigungen, Artikel und sogar eine Dissertation vor, sodass ich hier wie üblich auf eine eigene Skizze verzichte und nur eine sprachlich und chronologisch sortierte Linkliste biete:
Bei meinen Recherchen im British Newspaper Archive (BNA) bin ich auf mehrere Zeitungsartikel über Kellys Tod gestoßen, die meines Wissens bisher noch nie vollständig zitiert worden sind und daher hier einen Platz finden mögen. Den Anfang scheint die renommierte Londoner Times gemacht zu haben, die im BNA leider nicht vertreten ist; der Wortlaut ihres Nachrufs lässt sich aber der Yorkshire Post vom 2. April 1906 entnehmen:
The Yorkshire Post, 2. April 1906, S. 8
Dieser von einem ungenannten Korrespondenten (vielleicht E. E. Whitfield?) eingesandte Nachruf bildete wohl die Grundlage für die weiteren Zeitungsartikel über Kellys Tod. Die Brighton Gazette brachte am 5. April eine Notiz in der Spalte „Personal Gossip“:
Brighton Gazette, 5. April 1906, S. 7
Ein deutlich längerer Text, der den Times-Nachruf ebenfalls mit verwertet, aber auch die Trennung von 1881 erwähnt und von Kellys Beerdigung berichtet, erschien einen Tag später im Kentish Mercury (Greenwich). Der besseren Lesbarkeit halber gebe ich ihn in Transkription wieder:
The death occurred on Tuesday last week, at The Firs, Denmark-road, Exeter, of Mr. William Kelly, of Verner Lodge, Belmont-park, Lee. The deceased gentleman, who was a well-known member of the Plymouth Brethren, was born in the north of Ireland in 1820 [sic!]. He graduated at Trinity College, Dublin, with the highest honours in Classics, and joined the Plymouth Brethren in 1840. In 1860 he published a critical Greek Text of the Revelation of St. John, which Ewald pronounced in the Göttinger Jahrbücher to be the best piece of work of the kind that had come under his notice. For 50 years Mr. Kelly was editor of the monthly Bible Treasury, a periodical which the late Archdeacon Denison in his old age described as “the only one worth reading.” A book on the Mosaic Cosmogony – In the Beginning – brought to the writer a warm appreciation from Archbishop Benson. The Times says: – “In the judgment of outsiders he was a representative of erudition second only to Tregelles. Mr. Kelly was characteristically a lecturer; his discourses on the Apocalypse – from the Futurist point of view – and those on the New Testament doctrine of the Holy Spirit have been widely circulated. His last most considerable work is entitled God: [sic] Inspiration of the Scriptures (1903), in which he combated the Higher Criticism. A man of incisive intellect and a keen controversialist, he was the chief henchman of the late John Nelson Darby (‘J.N.D.’), and editor of his Collected Writings.” But in 1881 their friendship was broken, and the “Close Brethren” divided into “Kellyites” and “Darbyites.” For a considerable period Mr. Kelly resided in Guernsey, but for the last 30 years his home was at Lee, he attending the meeting at Bennett-park, Blackheath. He recently, on the suggestion of the Archbishop of York, presented his large and valuable theological library to the town of Middlesbrough. The funeral took place at Charlton Cemetery on Saturday, between 500 and 600 persons being present. In accordance with deceased’s strong aversion to anything like display the ceremony was of a very quiet and unostentatious character. At the graveside the hymns “For ever with the Lord” and “Saviour before Thy face we fall” were sung, and appropriate portions of Scripture were read. Addresses were given by Dr. Heyman Wreford, of Exeter (at whose house Mr. Kelly died), and Mr. T. Moore, of Bournemouth, the latter saying that a fortnight before his death Mr. Kelly remarked that there were three things that were real, the Cross of Christ, hatred of the world, and love of God. The funeral arrangements were entrusted to Messrs. Francis Chappell and Sons, of Lee Bridge and Catford.28
Der Rat der Stadt Middlesbrough, der Kelly seine Bibliothek gestiftet hatte, drückte in seiner Sitzung vom 10. April sein Bedauern über den Tod des Spenders aus:
The Yorkshire Post, 11. April 1906, S. 9
Zweieinhalb Wochen später war in der Presse – heute unvorstellbar – sogar der Wert von Kellys Nachlass zu lesen:
Irish Independent, 28. April 1906, S. 6The Kentish Mercury, 4. Mai 1906, 2
£ 5892 bzw. 5891 entsprechen nach heutiger Kaufkraft mindestens £ 630.800 (= ca. € 734.500).
Ewald über Kelly
Die drei im Times-Nachruf genannten prominenten Kelly-„Bewunderer“ Ewald, Denison und Benson werden auch in späteren Lebensbildern Kellys immer wieder zitiert (was einigermaßen erstaunlich ist, legen die Geschlossenen Brüder doch sonst auf den Beifall der „Welt“, auch der „religiösen Welt“, wenig Wert). Besonders interessant – da nachprüfbar – ist die Aussage des gemäßigt bibelkritischen29 Göttinger Theologieprofessors Heinrich Ewald (1803–1875) über Kellys griechische Edition der Offenbarung. Das Zitat tritt in zwei leicht voneinander abweichenden Varianten auf: Laut der Times hielt Ewald das Buch für “the best piece of work of the kind that had come under his notice”; in Chief Men among the Brethren überliefert Whitfield später den Wortlaut “the best piece of English work of the kind that he had seen”.
Ewalds Rezension erschien 1861 im 11. Band seiner Jahrbücher der Biblischen wissenschaft [sic], umgangssprachlich Göttinger Jahrbücher genannt, S. 247f. (für eine schärfere Version bitte Bild anklicken):
Jahrbücher der Biblischen wissenschaft 11 (1860/61), S. 247f.
Hat man sich einmal an die eigenartige Rechtschreibung gewöhnt (Ewald folgte den Reformvorschlägen Jacob Grimms), so stellt man überrascht fest, dass das Times-Zitat nirgendwo im Text vorkommt. Der Ton der Besprechung ist zwar insgesamt wohlwollend („recht nüzlich“, „sehr genau“, „manche gute bemerkung“), aber den Superlativ “best piece of work of the kind that had come under his notice” sucht man vergebens. Entweder hat Ewald sich noch woanders (vielleicht mündlich?) über das Buch geäußert, oder (wahrscheinlicher) wir haben es hier mit einer ungenauen Überlieferung zu tun, die mit der Zeit den Charakter einer frommen Legende annahm (immerhin vergingen zwischen der Rezension und Kellys Tod 45 Jahre).
Hätte Ewald gewusst, dass Kelly der Brüderbewegung angehörte, wäre seine Besprechung übrigens vielleicht kritischer ausgefallen. Zwölf Jahre zuvor hatte er nämlich zwei der frühen Übersetzungen von Julius Anton von Poseck und William Henry Darby in die Hände bekommen und in den Jahrbüchern rezensiert – falls man diesen unsachlichen, rein emotionalen Verriss überhaupt eine Rezension nennen kann:
Jahrbücher der Biblischen wissenschaft 2 (1849), S. 77
Heute vor 200 Jahren wurde Charles Stanley, einer der bekanntesten Evangelisten der Geschlossenen Brüder im 19. Jahrhundert, in Laughton-en-le-Morthen bei Rotherham (Nordengland) geboren. Im Brotberuf selbständiger Geschäftsmann, nutzte er seine häufigen Reisen zur Verkündigung des Evangeliums und ließ später auch zahlreiche Traktate drucken, die als „C. S. tracts“ weite Verbreitung fanden. Ab etwa 1880 war er Herausgeber der von Charles Henry Mackintosh gegründeten Zeitschrift Things New and Old.
Welche Bekanntheit Stanley zu Lebzeiten genoss, macht die Presseberichterstattung über seinen Tod und sein Begräbnis deutlich. Am 31. März 1890 brachten der Sheffield Daily Telegraph und der Evening Telegraph & Star gleichlautend folgenden Artikel:
Sheffield Daily Telegraph, 31. März 1890, S. 6
Im Sheffield & Rotherham Independent hieß es am selben Tag:
The Sheffield & Rotherham Independent, 31. März 1890, S. 3
Die Altersangabe 72 ist offensichtlich falsch; das richtige Alter konnten die Leser der Zeitung einen Tag später unter den Familiennachrichten finden:
The Sheffield & Rotherham Independent, 1. April 1890, S. 6
Beisetzung
In großer Ausführlichkeit wurde über Stanleys Beisetzung am 3. April 1890 berichtet; tatsächlich sind zwei der Artikel so lang, dass ich sie nicht als Bilddateien wiedergeben kann, sondern transkribieren musste. Hier zunächst der Bericht des Sheffield Daily Telegraph vom 4. April 1890, S. 7, der auch einige sonst nicht überlieferte Einzelheiten über Stanleys berufliche Tätigkeit enthält:
THE INTERMENT OF MR. CHAS. STANLEY OF ROTHERHAM.
Yesterday the funeral of Mr. Charles Stanley, of Moorgate Grove, Rotherham, took place in the Rotherham Cemetery amid many manifestations of respect. Mr. Stanley died whilst seated at the dinner table on Sunday last. For many years he had carried on the business of an export merchant in Sheffield and Birmingham, and at one time the growth of the Indian trade for general Birmingham goods necessitated his removal from Sheffield to the Midland town. Just over quarter of a century ago Mr. Stanley was offered the sole right of working a French patent brought out by the brother of a great friend of his, and seeing that it could be turned to good account he gradually relinquished the Sheffield and Birmingham businesses. This patent was a new plan for chemically scouring wool, in fact for the extraction of oil or fatty matter from any material, seeds, &c. His son, Mr. C. L. Stanley, joined him at this time, and greatly improved the machinery, which quickened the process, making the business a great success. The works at Wath grew, and are now the largest of the kind in the country. Although Mr. Stanley retired from business ten or eleven years ago, he did not give up work. He laboured hard in other ways. He conducted a religious periodical, was the writer of a very large number of tracts, preached regularly in the meeting-room of the brethren in Moorgate, and had a large correspondence with friends all over the world. In public affairs he never seemed to take any prominent part, but he was nevertheless very widely known. The large attendance at the graveside yesterday was some slight testimony of the loss which has been sustained by his decease. The funeral cortége left the residence in Moorgate Grove at about half-past eleven o’clock, and proceeded to the meeting room in Moorgate, where service was held in the presence of a large congregation. Mr. H. H. Snell, of Sheffield, officiated, and with Dr. Davy, of Sheffield, assisted in the ceremony at the grave. The mourners were: – First carriage: Mr. C. L. Stanley, of Oakwood, Rotherham; Mrs. Stanley, widow; Mr. and Mrs. Thomas Andrews, of Wortley. Second carriage: Mr. and Mrs. W. A. Stanley, of East Farleigh, Kent, and Mr. and Mrs. P. H. C. Chrimes, of Plumtree, Bawtry. Third carriage: Mr. C. H. Stanley, Mrs. C. L. Stanley, Mr. S. H. Burrows, of Sheffield, and Dr. Dyson, of Sheffield. Fourth carriage: Mr. and Mrs. Richard Chrimes and Mr. and Mrs. J. Kay. Fifth carriage: Mr. J. H. Burrows, of Sheffield; Mr. Fred. Elgar, of Rochester; Mr. H. H. Snell, of Sheffield; and Dr. Oxley, the deceased gentleman’s medical attendant. Sixth carriage: Dr. Davy and family, of Sheffield. Seventh carriage: Mr. Charles E. Chrimes and family. The private carriages brought into requisition were those of the deceased gentleman, Mr. C. L. Stanley, Mr. P. H. C. Chrimes, Mr. R. Chrimes, Mr. S. H. Burrows, and Dr. Davy. Amongst those attending the funeral were Mr. P. H. Stanley, Mr. E. Stanley, Miss Stanley, the Misses Lillian, Beatrice, and Irene Stanley, Mr. Thomas Barker (Otley), Dr. Snell (Sheffield), Mr. Moore, Mr. Hardy, Mr. Loveridge (Harrogate), Mr. Cutting (Derby), Mr. C. Spink (Chiselhurst), Mr. A. Mace (London), Mr. G. Morrish (London), Mr. J. Morrish (London), Mr. Sharpley (Sheffield), Mr. Brammer (Sheffield), Mr. Bowen (Ollerenshaw Hall), Mr. P. B. Coward, Mr. E. G. Cox, Mr. F. L. Harrop, Mr. H. Bray, Dr. Branson, Mr. F. Myers, Mr. J. S. Ward, Mr. J. Dickinson, Mr. J. M. Horsfield, Mr. H. Leedham, Mr. W. H. Sheldon, Mr. J. Hudson, Mr. J. Rodgers, Mr. Joseph France, Dr. Wolston (Nottingham), Mr. J. M. Radcliffe, Mr. J. Gillett, Mr. O. Fox, Mr. Pontis, and many other friends. The coffin, which was of polished oak with brass mountings, had placed upon it beautiful wreaths sent by grandchildren – Irene and Harry Cecil Stanley, of Oakwood. The interment was in the family vault. Mr. W. Arnett, of Rotherham, had charge of the funeral arrangements, and Mr. J. Hutchinson was the undertaker.
Weniger Informationen über Stanleys Leben, aber dafür noch mehr Details über die Beisetzung lieferte der Bericht des Sheffield & Rotherham Independent vom 4. April 1890, S. 6:
INTERMENT OF THE LATE MR. C. STANLEY, OF ROTHERHAM.
Yesterday afternoon the remains of Mr. Charles Stanley, of Moorgate Grove, who died suddenly on Sunday, were interred at the General Cemetery, Rotherham. The deceased gentleman was greatly respected by the members of the denomination of Christians known as “The Brethren,” and his local philanthropy and consistency of life had gained for him the esteem and regard of his neighbours. The attendance at the funeral was therefore large, and included many from distant parts of the country with whom the deceased gentleman had been connected in various ways, amongst them being gentlemen of distinction in the religious denomination to which the deceased belonged. The funeral procession left Moorgate Grove about noon. Preceding the hearse were about forty workmen from the oil and silver refineries at Wath. The coffin, which had been supplied by Mr. James Hutchinson, was of polished oak with brass mountings, and bore the inscription, “Char[l]es Stanley, born March 10, 1821; died March 30, 1890.” The mourning carriages contained the following relatives: – First carriage, Mr. C. L. Stanley, Mrs. Stanley, Mr. Andrews, and Mrs. Andrews, of Wortley; second carriage, Mr. and Mrs. W. Stanley, East Farleigh, Maidstone, Kent; Mr. P. H. C. Chrimes and Mr. H. Chrimes; third carriage, Mrs. Luther Stanley, Mr. Charles Stanley, Mr. L. Burrows[,] Sheffield, and Dr. Dyson, Sheffield; fourth carriage, Mr. J. H. Burrows, Mr. Farr, Mr. H. H. Snell, Sheffield; Mr. Elgar, Maidstone, Kent; fifth carriage, Mr. and Mrs. Chrimes, Mr. and Mrs. Kay. The carriages following were those of Mr. Stanley, Mr. Hy. Chrimes, Mr. Luther Stanley, Mr. S. H. Burrows, and Dr. Davy. The cortege proceeded to the church of the Brethren, Moorgate, and this being the first service of the kind held in the building, there was a large attendance, every seat being occupied, and many persons unable to obtain admission. Among those present were Captain Thompson, Bedford ; Mr. C. Spink, London; Mr. Walsh, Bedford; Mr. George Cutting, Derby; Dr. Snell, Sheffield; Mr. F. Smith, Hoyland; Mr. Doughty, Barnsley; Mr. Bowen, Whaley Bridge; Mr. Heighway, Manchester; Mr. Young, Hull; Mr. Garbutt, Driffield; Mr. T. Barker[,] Otley; Mr. Oglesby and Mr. Springthorpe, Barnsley; Mr. Hardy, Mr. Moore, Mr. Loveridge, and Mr. Mace, Harrogate; Mr. Ramsden, Carlton Hall; Mr. F. C. Harrop, Swinton; Mr. T. Bramah and Mr. C. J. Bramah, Clifton; Dr. Davy, Mr. R. Jardine, Mr. R. Brown, Mr. J. Dalton, and Mr. M. Harrison, Sheffield; Dr. Oxley, Dr. Branson, and Messrs. P. B. Coward, J. M. Radcliffe, H. Bray, J. S. Ward, F. J. Myers, W. H. Sheldon, J. France, J. Rodgers, J. Dickinson, T. Horsfield, Dawson, Marcroft, Pontis, &c., Rotherham. The service was conducted by Dr. H. H. Snell, Sheffield, who offered prayer, and then selected the words, “He is Lord of all,” from Acts, x., 36, upon which he delivered a discourse. He remarked that he did not suppose he could select any words in the whole compass of the Scriptures more comprehensive, more solemn, or more personal to every one that day. He dwelt on how Christ came to be Lord over all, and the fact that all things were subjected to Him. He created everything, and had a right by reason of His deity, His eternal Godhead, to everything. He pointed out how that Christ died, rose, and revived to the end that he might be Lord both of the dead and the living. He did not think that was the time and place to say much of the departure of their brother. He himself felt bereaved. He was not using the word without meaning, for personally he felt bereaved. Through God’s mercy for more than twenty years he had been in happy Christian fellowship with the deceased, for the most part in fellowship beyond that which usually existed between men. The last occasion they met together was he thought the happiest they had ever had, and he could only say to them, as brethren and sisters in Christ, that they would be happy in eternity. Let them therefore own God together, and God would take and keep them. He believed none of them were yet sensible of the loss they had sustained, but they had confidence in the confidence their departed brother had in Christ, and he believed that he was lifted up where they would see him again. They would take and deposit the body in the grave feeling that the spirit had gone to the Lord himself who was Lord of all, of the dead and the living. A hymn was then sung and prayer was offered by Mr. Harrison, and the service ended. The procession was re-formed, there being about 300 persons preceding the hearse, and at the cemetery the coffin was lowered into the family vault, and prayer was offered by Dr. H. H. Snell and Dr. Davy. Two of the children of Mr. Luther Stanley placed beautiful wreaths at the entrance, and the sad ceremony terminated. Mr. Arnett was the undertaker, and Mr. J. Moorhouse supplied the hearse and mourning coaches.
Der Leeds Mercury fasste sich kürzer, wusste aber noch einige neue Einzelheiten zu berichten (auch wenn er sich im Blick auf Stanleys Gemeindezugehörigkeit nicht sonderlich gut informiert zeigte):
The Leeds Mercury, 4. April 1890, S. 8
Nachlass
Wie erfolgreich Stanley als Geschäftsmann gewesen war, zeigt sein Eintrag im National Probate Calendar:
Das angegebene persönliche Vermögen von £ 20.448 6s. 11d. entspricht nach heutiger Kaufkraft mindestens 2,258 Millionen Pfund (= ca. 2,635 Millionen Euro).
Eigentlich sollte dies ein Post zum 150. Geburtstag des schottischen Afrikamissionars Dan(iel) Crawford werden, aber bei der Vorbereitung stieß ich zu meinem Erstaunen auf die Tatsache, dass sein Geburtsjahr fast überall falsch angegeben wird: Sowohl die englische Wikipedia als auch das Dictionary of African Christian Biography als auch das Christian Brethren Archive als auch die Website Missiology.co.uk nennen 1870, aber tatsächlich wurde Crawford bereits am 7. Dezember 1869, also heute vor 151 Jahren, geboren. Das belegen seine Geburtsurkunde, von der mir eine Kopie zugesandt wurde, sowie der Eintrag in der Datenbank Scotland Births and Baptisms, 1564–1950. Auch Henry Pickerings Chief Men among the Brethren, dessen Daten sonst nicht immer zu trauen ist, liefert hier die richtige Jahreszahl.
Crawford wurde besonders durch seinen Buchtitel Thinking Black bekannt, der prägnant zusammenfasst, was die Grundlage seiner Missionsarbeit in Afrika war. J. Keir Howard schreibt dazu im oben verlinkten Artikel aus dem Dictionary of African Christian Biography:
In many ways he was far ahead of his time, as his books (Thinking Black and Back to the Long Grass) show very clearly. His approach to others was summed up in his words, “I am de-nationalized – a brother to all men; Arab, African, Mongol, Aryan, Jew; seeing in the Incarnation a link that binds us up with all men”. This attitude led him to an identification with the Africans and their culture that was not generally welcomed by his European associates at the time […].
Über Crawfords Leben liegen online bereits genügend Darstellungen vor (s.o.), sodass ich hier auf eine eigene Skizze verzichte. Stattdessen gebe ich drei Zeitungssausschnitte zu seinem Tod wieder, die ich bei meinen Recherchen im British Newspaper Archive fand:
Evening Telegraph and Post, Dundee, 10. Juni 1926, S. 6Evening Telegraph and Post, Dundee, 11. Juni 1926, S. 2The Western Morning News, Plymouth, 23. Juni 1926, S. 9
Christopher James Davis, dessen Todestag sich heute zum 150. Mal jährt, stellt in mehrerer Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung unter den (Geschlossenen) „Brüdern“ des 19. Jahrhunderts dar: Zum einen war er wohl der einzige prominente Schwarze unter ihnen, zum anderen war er mindestens ebenso sehr für sein humanitäres Engagement bekannt wie für sein geistliches.
Leben
Geboren am 23. April 1842 in Barbados als Sohn eines britischen Vaters und einer barbadischen Mutter, erlernte Davis zunächst den Lehrerberuf und war daneben als methodistischer Laienprediger aktiv. Bald schloss er sich jedoch den „Brüdern“ an. 1866 ging er nach London, um Medizin zu studieren; im April 1870 erwarb er in Aberdeen den Grad eines Bachelor of Medicine (M.B.).30 Nach einigen Monaten ärztlicher Tätigkeit im St Bartholomew’s Hospital in London sah er sich im September 1870 berufen, verwundete Soldaten im Deutsch-Französischen Krieg zu versorgen und die Einrichtung von Suppenküchen zu unterstützen. Bei diesem aufopferungsvollen Dienst infizierte er sich mit den Pocken und verstarb innerhalb weniger Tage am 27. November 1870 in Pont Maugis, erst 28 Jahre alt.
Sein Tod fand in der Presse breite Aufmerksamkeit. The Daily News brachte am 5. Dezember 1870 einen ausführlichen Nachruf von W. H. Bullock, der in mehreren anderen Zeitungen (auszugsweise) nachgedruckt wurde,31 und am folgenden Tag einen weiteren Bericht über seine Arbeit. Das medizinische Fachblatt The Lancet veröffentlichte am 10. Dezember einen kürzeren Artikel mit dem Titel „Le Bon Docteur Noir“, der ebenfalls in mehrere Zeitungen Eingang fand.32 Interessant ist die folgende Charakterisierung Davis’ aus dem Aberdeen Journal vom 14. Dezember 1870 (Hervorhebung hinzugefügt):
As is known to many of our readers, Dr Davis was a blythe, handsome-looking man, with exceedingly frank and affable manners. He possessed considerable ability, and graduated at the University here in the spring at the present year. He was perhaps best known in this quarter in connection with his evangelical meetings, and his able advocacy of the doctrines of Plymouthism. He took a very earnest and active interest in the welfare of the poor and degraded classes, during the time of his residence here as a medical student, and we know from thoroughly impartial testimony, was the means of doing a great deal of good. He did all this without in the slightest manner obtruding himself upon the notice of the public, and more than one good deed, which deserves to be proclaimed, was kept secret at his own express desire.
The Dundee Courier & Argus druckte am 15. Dezember 1870 Auszüge aus einem Brief ab, den Richard Chrimes, Organisator der finanziellen Unterstützung von Davis’ Arbeit in Frankreich, an die Spender geschickt hatte. Er schilderte darin die letzten Tage des Verstorbenen sowie seine Beisetzung am 29. November auf dem protestantischen Friedhof von Sedan, bei der – sicher ungewöhnlich für die Beerdigung eines Geschlossenen Bruders – drei Pastoren sprachen (darunter auch ein Deutscher).
Auch christliche Zeitschriften begannen sich nun für Davis zu interessieren. Im Mai 1871 machten mehrere englische Zeitungen auf eine Kurzbiografie in The Sunday at Home aufmerksam,33 und wenige Monate später erschien im Baseler Evangelischen Missions-Magazin (herausgegeben von Hermann Gundert) einer der ersten deutschsprachigen Artikel über Davis – unter dem nun geradezu sprichwörtlich werdenden Titel „Der gute schwarze Doktor“, der ihm in Frankreich beigelegt worden war. Dieses Lebensbild habe ich bereits 2017 auf bruederbewegung.dewiederveröffentlicht.
An weiteren online zugänglichen Informationsquellen über Davis sind u.a. zu nennen:
ein erbauliches Lebensbild von Michael Vogelsang (dem es seltsamerweise nicht gelang, Davis’ Vornamen in Erfahrung zu bringen) aus Folge mir nach 7/2001,
eine von Alfred Taylor Schofield überlieferte Anekdote, die auch in Traktatform verbreitet wurde (deutsche Übersetzung auf bibelstudium.de).
Schriften und Vorträge
In seinem kurzen Leben veröffentlichte Davis mehrere Broschüren und Bücher, die auf der Website STEM Publishing größtenteils digital verfügbar sind. Als Beispiele für seinen evangelistischen Verkündigungsdienst mögen hier einige Zeitungsausschnitte dienen:
Berkshire Chronicle, 27. März 1869, S. 5Reading Mercury, 27. März 1869, S. 3Reading Mercury, 3. April 1869, S. 5The Glasgow Herald, 22. April 1869, S. 8The Sheffield & Rotherham Independent, 23. April 1870, S. 1
Kritik
Dass Davis’ humanitäres Engagement in den Kreisen der Geschlossenen Brüder durchaus nicht auf ungeteilte Zustimmung stieß, berichtet Neatby in seiner History of the Plymouth Brethren (Hervorhebung hinzugefügt):
[Darby] once overheard a company of them discussing the recent death of Dr. Davis – a young coloured man, known as “the good black doctor,” who after qualifying in London as a surgeon lost his life from small-pox while attending on the wounded in the Franco-Prussian war. The work for which he laid down his life was deemed a sadly worldly piece of philanthropy by the zealots of Darbyism, and the group was actually discussing whether it were not by a judgment mingled with mercy that the young surgeon had been called hence. Darby broke in on the debate with an impatient, “Well, well, God has accepted his service and taken him home”.34
William Kelly war in diesem Punkt derselben Ansicht wie Darby:
I heard Dr. D[avis] censured (by the S[toney?] following in general) for going on behalf of the sick and of souls to Sedan. This I never did and I did not think it was for me, or for them, to judge.35
Besuchern der Website bruederbewegung.de ist der Name William Collingwood bestens bekannt: Seine Broschüre The Brethren: A Historical Sketch (1899), eine wichtige Darlegung des „offenen“ Standpunkts, gehört bereits seit dem ersten Tag zu unserem Download-Angebot (im „Brethren Archive“ gibt es inzwischen auch ein Faksimile des Originals).36 Größere Werke scheint Collingwood nicht publiziert zu haben (das CBA nennt nur noch das Büchlein Man’s Future, in God’s Word [1871] und zwei Separatdrucke von Zeitschriftenaufsätzen); sein Schwerpunkt lag auf einem anderen – und für „Brüder“-Kreise eher ungewöhnlichen – Gebiet: Er war Künstler, vor allem Aquarellmaler. Als solcher genießt er auch in säkularen Kreisen noch eine gewisse Bekanntheit; so ist ihm und drei weiteren Künstlern aus seiner Verwandtschaft die Website Collingwood Art gewidmet, auf der sich u.a. ein Lebensbild und auch einige Gemälde von ihm befinden.
Leben
Anstelle einer eigenen biografischen Skizze zitiere ich hier den von Roy Coad verfassten Artikel aus dem Blackwell Dictionary of Evangelical Biography:
Collingwood, William (b. Greenwich, London, 23 April 1819; d. Bristol, England, 25 June 1903). Watercolourist and Brethren leader. Grandson of Samuel37, printer to Oxford University. Collingwood was educated privately and at the Cathedral School, Oxford. He specialized in ‘baronial interiors’ and in landscape (especially mountain scenery, his chief love). In 1839 he settled in Liverpool, where he became a member of the academy, and was elected to the Royal Society of Painters in Watercolours in 1855. In 1844 he started a Brethren congregation, later building them a hall, and leading them for forty years. A close friend of George Müller, he moved to Bristol in 1890, becoming a member of the Bristol Academy. He was a friend of John Ruskin, his son being Ruskin’s private secretary and biographer; his grandson was R. G. Collingwood, the Oxford philosopher and archaeologist.38
Einige weitere Einzelheiten aus Collingwoods Leben überliefert das anonyme Kapitel über ihn in Henry Pickerings Chief Men among the Brethren. Erwähnenswert ist, dass er mit einer deutschsprachigen Schweizerin verheiratet war, nämlich mit Marie Elisabeth Imhoff (* 11. Juni 1826; † 16. Mai 187339), der Tochter eines Notars aus Arbon am Bodensee (Thurgau). Sie hatten die drei Kinder William Gershom (1854–1932), Sophia Ruth (1856–1937) und David (1858–1899).40
Nachruf
Collingwoods Tod im Jahr 1903 fand in den Zeitungen erstaunlich wenig Beachtung. Ich gebe hier einen (leider schwer lesbaren) Nachruf aus der Yorkshire Post wieder:
Als ich 2001 über Percy Francis Hall zu recherchieren begann, schickte mir David Brady vom Christian Brethren Archive (CBA) in Manchester u.a. einen Artikel mit dem Titel „Early Days in Herefordshire“ zu, den auch das CBA nur in Kopie besaß. Er war dem Archiv zusammen mit anderen historischen Dokumenten der Brüdergemeinde Hereford übergeben worden und trug die handschriftliche Notiz:
Da die Seitenzählung mit 84 begann, musste es sich um einen Auszug aus einem Sammelband o.Ä. handeln; im Katalog des CBA erhielt der Artikel daher den Vermerk: “Apparently extracted from a larger work.”
Der Autor ließ sich immerhin identifizieren, denn unter den Archivalien aus Hereford befand sich auch eine handschriftliche Version des Aufsatzes, betitelt „The Lord’s Work amongst Early Brethren in Herefordshire“ und einem gewissen Charles Brewer aus Leominster zugeschrieben.43 Entdeckt hatte beide Dokumente Harold H. Rowdon, als er für seine Dissertation recherchierte;44 von der Manuskriptfassung machte er in seinem Kapitel über Hereford reichen Gebrauch, nannte sie aber etwas kryptisch nur „Brewer’s MS“, ohne den genauen Titel und den Fundort anzugeben,45 was noch Jahrzehnte später immer wieder zu Anfragen an das CBA führte.46
Die Quelle
Welchem “larger work” die Druckversion entnommen war, blieb jedoch weiterhin unklar; Tim Grass bibliografierte sie 2006 in seinem magnum opus als “n. pl.: n. p., 1893”,47 und ich selbst schrieb in meinem 2013 erschienenen Aufsatz über Percy Francis Hall nur von einem “extract from an unidentified larger work”.48 Erst 2014/15 gelang es durch eine gemeinsame Anstrengung mehrerer Mitglieder des Brethren Archivists and Historians Network (BAHN), die Quelle ausfindig zu machen. Samuel McBride erinnerte sich, in einem Buch des Offenen Bruders Joseph Henry Burridge einen “well written account full of interesting and obscure information” über die Anfänge in Hereford gelesen zu haben;49 nachdem er seine Bibliothek konsultiert hatte, konnte er das Buch als The Christian Outlook: A Compendium of Papers on Various Aspects of Christian Life and Doctrine, Glasgow (Pickering & Inglis) o.J. identifizieren.50 Auf den Seiten 84–95 war tatsächlich der Artikel „Early Days in Herefordshire“ von „C. B.“ abgedruckt – ein Befund, den Timothy Stunt unabhängig davon bestätigte.51
Ein halbes Jahr später hatte ich Gelegenheit, den Band The Christian Outlook bei einem australischen Antiquariat zu erwerben. Wie sich herausstellte, handelt es sich nicht eigentlich um ein Buch, sondern um zwei Jahrgänge einer Zeitschrift, die Burridge 1896 unter dem Titel Church Principles and Christian Practice begonnen und 1899 in The Christian Outlook umbenannt, aber bereits Ende 1899 (also nach nur vier Jahren) wieder eingestellt hatte. In dem undatierten Sammelband The Christian Outlook, der nach außen hin wie ein gewöhnliches Buch erscheint, sind – getrennt paginiert – der dritte Jahrgang von Church Principles and Christian Practice (1898) und der vierte, The Christian Outlook genannte Jahrgang (1899) enthalten. Das Inhaltsverzeichnis (auf der Rückseite des Titelblatts) erfasst eigenartigerweise nur Letzteren; der Artikel „Early Days in Herefordshire“ findet sich jedoch im ersten Teil, und zwar im zweiten Heft, erschien also ursprünglich im zweiten Quartal 1898 in Church Principles and Christian Practice.
Vorangestellt ist dem Artikel eine Einleitung des Herausgebers mit dem Titel „Early Days among Brethren“, in der es u.a. heißt:
The narrative referred to was written in 1893, but the wisdom of publishing it being questioned by some, it has been kept back. But the fact that the account of God’s ways with His people, and His mighty power and grace among them, as well as that of their failure, is often given in the scripture for the benefit of, and even to bring home the sin of, a succeeding generation, and that in some instances they are expressly told to tell to their children the works of God among themselves, influences us to publish it now, especially as it is in character with the object of this Magazine.52
Damit wäre auch die Jahreszahl 1893 erklärt, mit der die Kopie im CBA versehen ist: Es handelt sich nicht um das Erscheinungsjahr der Druckversion, sondern um das Entstehungsjahr des Manuskripts. Eine Neuedition der Druckfassung habe ich vor einigen Tagen auf bruederbewegung.de zugänglich gemacht.53
Der Autor
Wer war nun Charles Brewer? Das Buch Turning the World Upside Down, eine Missionsgeschichte der Offenen Brüder, weiß ein wenig über ihn zu berichten:
Born in 1826, as a boy of eight or nine years old he had heard his father read an account of the mission in Baghdad, its trials and tragedies. The effect never left him. Until he died in 1915 he used all his energies in the Lord’s work at home and abroad. In 1884 he moved with his wife to Leominster and lived in the very suitably named Perseverance Road. To stir up missionary interest, he addressed meetings in various parts of the country, published books, pamphlets, tracts, magazine articles, maps, prayer cards, postcards and collecting boxes.54
Einige weitere biografische Einzelheiten lassen sich per Internetrecherche ermitteln. Geboren wurde Charles Brewer in Worthing (Sussex)55 als Sohn des Lehrers Samuel Kilbinton Brewer (1782–1849), der anscheinend bereits Freikirchler war,56 und dessen Frau Sarah geb. Shackle (ca. 1789–1871). Charles’ beruflicher Werdegang war offenbar abwechslungsreich: Im Census 1841 erscheint er als “Bookseller”, 1851 als “Head Assistant Bookseller”, 1861 als “Sewing Machine Maker”, 1871 als “Agent”, 1881 als “Grocer Manager Tea Trade”, 1891 und 1901 als “Living on (his) own Means” und 1911 als “Retired Bookseller”. Als Wohnsitz ist 1841 Lambeth St. Mary, 1851 bis 1881 Liverpool und 1891 bis 1911 Leominster registriert.
1851 heiratete Brewer in Plymouth die etwa fünf Jahre ältere Rebecca Horlford (geb. in Devonport); 1853 wurde ihre Tochter Lucy geboren (die 1885 den späteren Needed-Truth-Mitbegründer Charles Mann Luxmoore heiratete57), 1855 ihr Sohn Charles Samuel. Nachdem Rebecca 1902 im Alter von 81 Jahren verstorben war, ging der ebenfalls schon recht betagte Charles Brewer 1904 eine zweite Ehe mit der aus Leominster stammenden, ca. 27 Jahre jüngeren Laura Marion Rogers ein. Am 11. April 1915 starb Brewer, wahrscheinlich in Leominster:
Was die “books, pamphlets, tracts” angeht, die Brewer laut Turning the World Upside Down veröffentlicht haben soll, so besitzt das CBA nur einige wenige dünne Broschüren; am umfangreichsten ist noch das 32-seitige Heft My Book of Remembrance of Some Service & Work Done in Other Lands in the Name of the Lord, Leominster ²1909.58
Der Herausgeber
Noch weniger als über Brewer scheint bisher über Joseph Henry Burridge bekannt gewesen zu sein, den Herausgeber von Church Principles and Christian Practice bzw. The Christian Outlook. Roy Coad erwähnt ihn überhaupt nicht,59 Tim Grass nur einmal in Verbindung mit den Wiedervereinigungsgesprächen zwischen Offenen und Geschlossenen Brüdern Anfang des 20. Jahrhunderts.60 Der Katalog des CBA verzeichnet immerhin eine namhafte Anzahl seiner Veröffentlichungen (darunter einige recht anspruchsvoll klingende Titel, z.B. God’s Prophetic Plan: A Comprehensive View of God’s Dealings with Man from Creation to the New Heavens and New Earth, 300 Seiten, oder Near Eastern Politics and the Bible: Science, Creation, and Revelation in the Light of Near Eastern Politics, 152 Seiten), und das Believer’s Magazine veröffentlichte im Juni 1941 einen kurzen Nachruf.61 Hieraus und aus verschiedenen Online-Datenbanken lässt sich in etwa folgendes Lebensbild rekonstruieren:
Joseph Henry Burridge wurde am 20. Januar621856 im Londoner Vorort Peckham63 in einfache Verhältnisse hineingeboren: Sein Vater George Burridge (1828–1907) war zunächst Landarbeiter64 und später Ziegelbrenner,65 und auch die beiden ältesten Söhne George und Joseph Henry mussten früh hart arbeiten – im Census von 1871 sind sie als “Bricklayers”, d.h. Maurer registriert. Joseph Henry scheint diesem Beruf aber körperlich nicht gewachsen gewesen zu sein, denn 1881 wird der erst 25-Jährige als “Invalid” geführt. In der Zwischenzeit hatte sein Leben freilich schon eine andere Wendung genommen: 1872 war er zum Glauben gekommen und hatte sich den „Brüdern“ angeschlossen, und bereits vier Jahre später – also im Alter von 20 Jahren – war er in den vollzeitlichen Dienst getreten.66 Im Census 1891 ließ er sich denn auch als “Evangelist” eintragen, 1901 als “Mission Preacher”.67 Sein Schwerpunkt war allerdings nicht nur missionarisch: Wie aus Zeitungsanzeigen und -berichten hervorgeht, hielt er oft auch apologetische Vorträge (z.B. 1888 auf Guernsey über die Gottheit Christi, 1890 in Portsmouth über den Katholizismus, 1929 in Preston über die Inspiration der Bibel) oder gab in längeren Vortragsreihen umfassende Überblicke über Heilsgeschichte und Prophetie (z.B. 1894 in Ilfracombe, 1897 in Bath, 1903 in Tunbridge Wells)68 – alles Themen, die auf ein intensives autodidaktisches Studium schließen lassen.
1894, im Alter von 38 Jahren, heiratete Burridge im Bezirk Barton Regis (Gloucestershire) die etwa sieben Jahre jüngere, aus Wells (Somerset) gebürtige Fanny White. Sie bekamen fünf Kinder: Ernest Leslie (1896–1948), Doris Eva K. (1898–1901), Irene Winifred (1900–1965), Margaret Mary (1901–1994) und Arthur Patrick (1904–1992). Das Ehepaar ließ sich zunächst in Bristol nieder (bis zu seiner Heirat hatte Burridge offenbar in der Region London gelebt); von etwa 1898 bis 1901 finden wir sie in Ross-on-Wye (Herefordshire) oder Umgebung (Linton, Walford) – was wohl den Kontakt mit Charles Brewer und das Interesse an den Anfängen in Herefordshire erklärt –, von etwa 1904 bis 1911 wieder in Bristol, ab 1912 in Weston-super-Mare und spätestens ab den 1920er Jahren in Birmingham, wo Fanny am 15. Februar 1937 im Alter von 74 Jahren starb.69 Joseph Henry wirkte weitere vier Jahre in großer geistiger und körperlicher Frische;70 sein Tod am 6. Mai 1941 war auf einen tragischen Verkehrsunfall zurückzuführen.71
Quelle: National Probate Calendar
(Dass der Wert seines Nachlasses hier mit “Nil” angegeben wird, verwundert etwas; 1901 war die Familie immerhin noch so vermögend gewesen, dass sie vier Hausangestellte beschäftigen konnte.)
In vielen seiner Veröffentlichungen befasste sich Burridge mit Gemeindefragen. Er galt als Offener Bruder der „alten Schule“ und wandte sich seit den 1890er Jahren gegen die Verengungstendenzen, die in der Needed-Truth-Gruppe mündeten, aber auch außerhalb davon weiterwirkten.72 Tatsächlich verstand sich gerade seine Zeitschrift Church Principles and Christian Practice als „Zeugnis“ gegen diesen „Irrtum“.73 In seiner wahrscheinlich letzten Schrift Church Theories among Brethren, um die Jahreswende 1940/41 entstanden, meinte er sogar bei Henry Pickering und William Edwy Vine Züge dieser Lehre entdecken zu können.74 Darüber hinaus geißelte er den sektiererischen Geist, den er auch unter den Offenen Brüdern wahrnahm:
In our ecclesiastical and party strife, our respective sects (and all Church parties – or party Churches – are sects) look upon each other as enemies, and cultivate the greatest of bitter feelings toward each other. […] And those sects who boast that “we have left the sects” (and there are many such) are the most culpable, in this respect of unchristian feeling. For they have some idea of the true centre of gathering, and (some of them) the unity of the whole Church, on the absolute side. And yet their rules, regulations and customs are deadly set against the practical manifestation of the same. They have no respect – not to say love or interest – for believers, or even the work of God, outside our [sic!] own boundary lines.75
Mit der Veröffentlichung von Charles Brewers „Early Days in Herefordshire“ in Church Principles and Christian Practice über 40 Jahre zuvor hatte er ebenfalls eine erzieherische Absicht verfolgt:
Let us seek to emulate the simplicity and devotedness of the early brethren to whom God revealed so much that is matter of common knowledge to us. Let us also seek to avoid the evils which so soon marred the testimony to the truth thus revealed, and judge the cause of it in ourselves. To this end we shall be glad to receive any true and unbiased accounts of the work of God in recovering to His people truth that had been long lost to the Church, yet clearly taught in His Word, and its immediate effect upon those who received it. But prejudiced accounts which have as their object the vindication of one party of brethren as against another, will not be in harmony with our object.76
Weitere historische Berichte dieser Art erschienen trotz Burridges Aufforderung leider nicht. Die Auflage der Zeitschrift Church Principles and Christian Practice dürfte ohnehin nicht besonders hoch gewesen sein – heute ist sie so selten, dass eine Google-Suche nur einen einzigen Treffer liefert, und zwar diesen Blog! Auch das CBA besitzt nur den Sammelband The Christian Outlook, also wohl nicht die ersten beiden Jahrgänge der Zeitschrift. Vielleicht kann der vorliegende Blogeintrag ein wenig zur Wiederentdeckung dieser beiden nahezu vergessenen Offenen Brüder der zweiten und dritten Generation, Charles Brewer (1826–1915) und Joseph Henry Burridge (1856–1941), beitragen.
Diese Meldung erschien am 14. März 1917 in der Edinburgher Zeitung The Scotsman (S. 6). Das genaue Todesdatum des Verstorbenen war den Familiennotizen auf S. 12 derselben Ausgabe zu entnehmen:
Walter Thomas Prideaux Wolstons Lebenslauf ist durch die Kurzbiografien von Henry Pickering, Arend Remmers und John Bjorlie hinreichend bekannt und muss daher hier nicht wiederholt werden. Was keiner der drei Autoren erwähnt, ist der Name seiner Ehefrau. Die Zeitung The South London Press berichtete am 8. Juni 1878 (S. 11):
Mary Lean wurde im 3. Quartal 1842 in Plymouth geboren74 und starb am 25. November 1932 in Weston-super-Mare.77 Über ihren Vater Francis Lean (1795–1873) weiß George Henry Lang zu berichten, dass er noch am Abend seiner Bekehrung (und seines Übertritts zu den „Brüdern“) seine Position bei der Marine aufgab.78 (Vermutlich handelt es sich um denselben Francis Lean, der am 16. Juni 1849 einen Brief aus London an die Gemeinde in Bethesda [Bristol] mitunterzeichnete.79 Seine jüngste Tochter Ellen Teresa heiratete übrigens einen Sohn von Charles Henry Mackintosh.80)