Schlagwort-Archiv: Robert Cleaver Chapman

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2024

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen.

In zwei frühere Bibliografien habe ich inzwischen noch Nachträge aufgenommen:

  • 2023: Bücher von Griffiths und Higgs; Aufsätze von Albayrak, Bailey, Heinrichs und Markham; Hochschulschriften von Loureiro, Muhirwa und Rodrigues
  • 2022: Bücher von Jennings und McIlhinney; Aufsätze von Gribben, Ice, Miller et al. und Sibley

BÜCHER


Maria Compton: Out of Faith. A mother, a sect, and a journey to freedom. London (Blink Publishing) 2024. 352 Seiten. ISBN 978-1-78512-182-1.

Der Markt für Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbiografien scheint immer noch nicht gesättigt zu sein; hier handelt es sich um einen neuen Beitrag aus England. Die in den 1960er Jahren geborene Autorin ist Mutter von sechs Kindern, die in der Gruppe verblieben.


gribbendarbyCrawford Gribben: J. N. Darby and the Roots of Dispensationalism. New York (Oxford University Press) 2024. xvi, 240 Seiten. ISBN 978-0-19-093234-3.

Gribbens Ziel ist es zu zeigen, dass John Nelson Darby nicht der „Vater der Dispensationalismus“ war, als der er heute oft dargestellt wird, sondern dass seine Theologie komplexer war und in vielen Punkten der seiner reformierten Kritiker näher stand als dem modernen Dispensationalismus. In vier großen Kapiteln werden vier theologische Teilgebiete untersucht: Soteriologie, Ekklesiologie, Pneumatologie und Eschatologie. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht so sehr auf Darbys frühen Jahren, die in der bisherigen Forschung oft im Zentrum des Interesses standen, sondern eher auf seiner mittleren und späteren Periode, „als seine Führung der exklusiven Brüderbewegung am meisten gefestigt war und er die größte Freiheit hatte, seine Ideen in einer grundsätzlich unterstützenden Gemeinschaft zu entwickeln“ (S. 153). Die ihm nachfolgenden Dispensationalisten, insbesondere in Amerika, hätten seine Theologie dann aber so stark vereinfacht, reduziert und abgewandelt, dass Darby darin wahrscheinlich nur einen weiteren Beweis für den „Verfall der Kirche“ erblickt hätte. Statt als „Vater“ könne er allenfalls als „Großvater“ (S. xi) oder – wie Gribben im April 2024 auf der Jahrestagung des Vereins für Freikirchenforschung sagte – als „Onkel“ des Dispensationalismus bezeichnet werden.

Bei diesem Buch handelt es sich ohne Zweifel um eine der bisher gründlichsten Arbeiten über Darbys Theologie. Gribben steht Darby mit Sympathie gegenüber, verfolgt als Historiker aber keine theologische Agenda und muss Darby daher weder verteidigen noch widerlegen, was zu einem hohen Maß an Objektivität führt. Zu korrigieren wären lediglich ein paar historische Ungenauigkeiten (z.B. wenn auf S. 14 der Eindruck entsteht, die Trennung in Plymouth 1845 wäre bereits auf Newtons christologische Irrtümer zurückzuführen gewesen, oder wenn auf S. 23 Hermanus Cornelis Voorhoeve zum Übersetzerteam des Elberfelder Neuen Testaments gerechnet wird). Auch hätten gelegentliche Zwischenüberschriften die Lektüre der bis zu 30 Seiten langen Kapitel erleichtert.


Peter Herriot: Understanding Religious Fundamentalists. An Introduction. Abingdon / New York (Routledge) 2024. 126 Seiten. ISBN 978-1-032-75013-2.

Als Beispiele für religiösen Fundamentalismus stellt der Verfasser, ein emeritierter Psychologieprofessor mit Wurzeln in der Brüderbewegung, kurioserweise die Taliban und die Offenen Brüder einander gegenüber.


Xosé Manuel López Franco: Galicia Protestante. 100 años en O Grove. Ohne Ort (Alba Stories) 2024. 549 Seiten. ISBN 978-84-09-64450-6.

Geschichte der Offenen Brüdergemeinde in O Grove, Galicien (Spanien).


Betty Magennis / Victor Maxwell: All the Way My Saviour Leads Me. More than forty-six ye‍ars serving God in Zambia. Belfast (Victor Maxwell) 2024. 96 Seiten. ISBN 978-1-913446-60-4.

Die von einer nordirischen Offenen Brüdergemeinde ausgesandte Betty Magennis leitete ein Gesundheitszentrum mit Entbindungsstation in Dipalata (Sambia).


Jean Prod’hom: Un jardin sans clôture. John Nelson Darby et Alexis Muston. Petite Bibliothèque de Spiritualité. Genf (Editions Labor et Fides) 2024. 149 Seiten. ISBN 978-2-8309-1859-5.

Biografische Studien über Darby und den französisch-italienischen Pastor Alexis Muston (1810–1888), die sich 1879 im südfranzösischen Saint-Laurent-du-Pape einmal persönlich begegneten. Der Obertitel des Buches lautet übersetzt „Ein Garten ohne Zaun“. Der 1955 in Lausanne geborene Autor wuchs in einer Brüdergemeinde auf, verließ diese aber bereits mit 15 Jahren.


Gary R. Uremovich: Legacy of Faith: An Elder’s Life. In Memory of the Pastoral Impact of George M. Carrera, Sr. Brandon, FL (Growth Publishers / Amazon) 2024. 217 Seiten. ISBN 979-8-32911447-8.

Erinnerungen an George M. Carrera, einen Ältesten der Offenen Brüdergemeinde North­west Bible Chapel in Chicago.


becomingMax S. Weremchuk: Becoming “J.N.D.” The Early Years of John Nelson Darby 1800–1829. A biography. El Cajon, CA (Southern California Seminary Press) 2024. xv, 709 Seiten. ISBN 979-8-9882376-2-4.

Auf dieses Monumentalwerk hatte ich bereits kurz nach seinem Erscheinen hier im Blog hingewiesen.

Max Weremchuk hat in seinem Bestreben, die ersten 29 Lebensjahre John Nelson Darbys minutiös nachzuzeichnen, keinen Stein unumgedreht gelassen: familiärer Hintergrund, Schulzeit, Studium, juristische Ausbildung, Bekehrung, Ordination, kirchlicher Dienst, der berühmte Reitunfall, neue biblische Erkenntnisse und die Anfänge der Brüderbewegung – das alles wird hier ausführlich und detailliert beschrieben, garniert mit vielen, oft umfangreichen Zitaten aus zeitgenössischen Quellen und aus der Sekundärliteratur. Es folgen noch 35 Anhänge, in denen Spezialthemen vertieft oder weitere Quellentexte wiedergegeben werden.

Wer sich vor allem für die Brüderbewegung interessiert, wird natürlich bedauern, dass die Biografie dort abbricht, wo die eigentliche Brüdergeschichte erst beginnt (hier bildet das oben vorgestellte Buch von Gribben eine gute Ergänzung). Timothy Stunt äußert in seiner Rezension in der aktuellen Brethren Historical Review auch Zweifel, ob man bis 1829 überhaupt schon von “Becoming J.N.D.” reden könne – die für Darbys späteres Leben entscheidenden Erfahrungen und Erkenntnisse habe er erst ab 1830 gemacht bzw. gewonnen. Stunt kritisiert ferner den unübersichtlichen Endnotenapparat (der dem Verlag anzulasten ist – Weremchuks Vorlage hatte Fußnoten) und das magere Register von nur fünf Seiten.


AUFSÄTZE


bhr2018Ausgabe 19 (2023) der Brethren Historical Review erschien erst Ende Februar 2024 und wird daher auch erst in dieser Bibliografie berücksichtigt. Sie enthält (neben etlichen Rezensionen) folgende Beiträge:

  • Donald Tinder: „Movements Like the Brethren: Denominationalism and the Rise of Nondenominationalism (S. 1–13)
  • Max S. Weremchuk: „Dating Darby’s The Notion of a Clergyman (S. 14–32)
  • Timothy C. F. Stunt: „Some Late Nineteenth-Century Military Brethren (S. 33–40)
  • D[onald] H[arman] Akenson: „Counting the People with No Name. The Uses and Limits of the US Censuses (S. 41–53)
  • Branko Bjelajac: „James William Wiles (1877–1950): Serving the Bible in Serbia and Southeast Europe (S. 54–73)
  • Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 74–79)
  • Timothy C. F. Stunt: „William Elfe Tayler (1812 – Nov/?Dec. 1869) (S. 80f.)
  • Neil Dickson: „‘Exclusive’ and ‘Open’: A Footnote (S. 82–90)
  • Neil Summerton: „King Street Chapel, Tiverton: A Brief History (S. 91–99)
  • Peter Conlan: „George Verwer 1938–2023 (S. 143–150)
  • Neil Dickson: „David John Alfred Clines (1938–2022) (S. 151–155)

Die aktuelle Ausgabe 20 (2024) der Brethren Historical Review wurde im Dezember versandt und umfasst folgende Beiträge (von Rezensionen wiederum abgesehen):

  • Craig Hoyle: „England, Jamaica, New Zealand: The Childs Family and the Early Brethren Movement (S. 1–15)
  • Timothy C. F. Stunt: „William Vivian (1803–1836) of Torquay and His Family (S. 16–29)
  • Tim Grass: „Brethren in England and Wales and the 1851 Census of Religious Worship (S. 30–55)
  • Neil Dickson / Tim Grass: „Transmitting Tradition: Engaging with the McLaren ‘Triple Tradition’ Thesis (S. 56–77)
  • Jean DeBernardi: „‘Missionary Studies – By Use of Eye-Gate’: Missionary Helps Postcards, 1907–1921 (S. 78–124)
  • Sam McKinstry / Neil Dickson: „James Austen Laird of Kilmacolm (1878–1950), Christian and Architect (S. 125–156)
  • Crawford Gribben: „W. S. Desai, the Bo’ness Brethren, and Burmese-Indian history (S. 157–185)
  • Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 186–190)
  • Douglas Wertheimer: „Deciphering a Wigram Letter to Darby (S. 191–201)
  • Timothy C. F. Stunt: „… and one more individual defies the Brethren stereotype: The Case of Casimir-Marie Gaudibert (1823–1901) (S. 202–207)

Howard A. Barnes: „Samuel Ridout (1855–1930)“. In: Precious Seed 79 (2024), Heft 1, S. 7 (auch online).

Kurzes Lebensbild des amerikanischen Grant-Bruders Samuel Ridout.


John Bennett: „Leonard Strong (1797–1874)“. In: Precious Seed 79 (2024), Heft 1, S. 11 (auch online).

Der Todestag des englischen Guayana-Missionars Leonard Strong jährte sich am 17. Oktober zum 150. Mal. Das kurze Lebensbild legt den Schwerpunkt eher auf die Zeit vor seinem Übertritt zu den „Brüdern“.


John Bennett: „William Yapp 1807–1874“. In: Precious Seed 79 (2024), Heft 4, S. 15 (auch online).

William Yapp, dessen 150. Todestag sich am 28. November ebenfalls zum 150. Mal jährte, gehörte zu den ersten „Brüdern“ in Hereford und wirkte später als Buchhändler und Verleger in London. Nach ihm sind die bei ledergebundenen Bibeln häufig verwendeten überstehenden Einbanddeckel benannt.


Wolfgang Bühne: „Ungewöhnliche Bekehrungen. Von einem, der Christus leben wollte … Robert Cleaver Chapman (1803–1902)“. In: fest und treu 186 (2/2024), S. 8–10.

Wolfgang Bühne: „Robert Cleaver Chapman (1803–1902)“. In: Perspektive 24 (2024), Heft 5, S. 31–33.

Zwei leicht voneinander abweichende Versionen eines Lebensbildes des bekannten „Patriarchen von Barnstaple“. Bei der ersten Version ist ein Download des gesamten Heftes möglich (unter „Dokumente zum Artikel“).


Zach Doppelt: „A Re-evaluation of Anglo-Irish Premillennialism 1789–1914: Part 1“. In: The Evangelical Review of Theology and Politics 12 (2024), S. A29–A48 (auch online).

Zach Doppelt: „A Re-evaluation of Anglo-Irish Premillennialism 1789–1914: Part 2“. In: The Evangelical Review of Theology and Politics 12 (2024), S. A49–A65 (auch online).

Der zweiteilige Artikel vergleicht u.a. den Dispensationalismus mit anderen prämillennialistischen Modellen, wobei auch ausführlich auf John Nelson Darby eingegangen wird.


Jens Dörpinghaus / Vera Weil / Martin W. Sommer: „Towards modeling and analysis of longitudinal social networks“. In: Applied Network Science 9 (2024), Artikel 52 (online).

In diesem informatischen (?) Aufsatz dienen die deutschen Brüdergemeinden als eines von drei Beispielen für „Netzwerke“. Was genau hier untersucht wird, übersteigt allerdings meinen Horizont.


Büşra Elmas: „Dispensasyonalizm: Tarihi, Öğretileri ve Etkileri“. In: Oksident 6 (2024), Heft 1, S. 1–17 (auch online).

Der türkische Titel lautet übersetzt: „Dispensationalismus: Geschichte, Lehren und Einflüsse“. Die Autorin geht u.a. ausführlich auf John Nelson Darby ein.


Christopher H. Evans: „Called to Arouse, Warn, and Save. The American Fascination with Premillennial Dispensationalism“. In: Expanding Energy. The Dynamic Story of Christianity in North America. Hrsg. von Christopher H. Evans und Mark A. Lamport. The Global Story of Christianity 7. Eugene, OR (Cascade) 2024. S. 87–102.

Im Rahmen seiner Überlegungen zur Frage, warum der Dispensationalismus in Amerika so erfolgreich war, beschreibt der Autor auch die Anfänge unter John Nelson Darby.


St(ephan) Holthaus: „Müller, Georg (1805–1898)“. In: ELThG². Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde. Neuausgabe. Hrsg. von Heinzpeter Hempelmann und Uwe Swarat in Verbindung mit Roland Gebauer, Wolfgang Heinrichs, Christoph Raedel und Peter Zimmerling. Band 3. Holzgerlingen (SCM R. Brockhaus) 2024. Sp. 759–761.

Der Lexikonartikel widmet Georg Müllers gemeindlichen Aktivitäten relativ breiten Raum (26 Zeilen) – bis hin zur Erwähnung des ChristusForums Deutschland als heutiger Erscheinungsform der Offenen Brüder –, während seine Waisenhausarbeit überraschend kurz abgehandelt wird (nur gut 8 Zeilen).


Lothar Jung: „75 Jahre Freie Brüdergemeinden – Danke, Herr!“ In: Gemeinde aktuell [11] (2024), Heft 5, S. 11–14.

Überblick über Geschichte und Gegenwart der Freien Brüdergemeinden mit einem hilfreichen Diagramm, das alle relevanten Strömungen der Brüderbewegung berücksichtigt. Das Heft kann insgesamt heruntergeladen werden.


Annie Kaemper: „Dem, der uns liebt“. In: Perspektive 24 (2024), Heft 5, S. 28–30.

Reflexionen über das 1877 erstmals veröffentlichte, bis heute in allen „Brüder“-Liederbüchern enthaltene Lied „Dem, der uns liebt“ (Text, Melodie, Verwendung).


Andreas Liese: „Ein wirklicher Neuanfang? 75 Jahre Dortmunder Beschlüsse“. In: Die Gemeinde [79] (2024), Heft 20/21, S. 24–26.

Angesichts des Austritts vieler Brüdergemeinden aus dem Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden nach 1945 trafen sich im August 1949 Vertreter von Baptisten- und Brüdergemeinden in Dortmund zu einem „innerbündischen Gespräch“, um das Verhältnis der Brüdergemeinden zum Bund zu klären. Der Autor zeichnet Vorgeschichte und Folgen dieser Besprechung nach.


J(ohannes) Reimer: „Nee, Watchman (1903–1972)“. In: ELThG². Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde. Neuausgabe. Hrsg. von Heinzpeter Hempelmann und Uwe Swarat in Verbindung mit Roland Gebauer, Wolfgang Heinrichs, Christoph Raedel und Peter Zimmerling. Band 3. Holzgerlingen (SCM R. Brockhaus) 2024. Sp. 894–896.

Im Rahmen seines knappen Überblicks über Watchman Nees Leben und Werk kommt der Autor zum Schluss auch auf den Einfluss der „Brüder“ und auf Nees kurzzeitige Verbindung mit ihnen zu sprechen.


Silvia Rodríguez de Chiappero: „Las Iglesias de los Hermanos Libres en Santa Fe (Argentina) en sus primeros 100 años (1893–1993). Miradas al rol de la mujer“. In: Protesta y Carisma 4 (2024), Heft 7. 20 Seiten (online).

Der Titel lautet übersetzt: „Die Freien [= Offenen] Brüdergemeinden in Santa Fe (Argentinien) in ihren ersten 100 Jahren (1893–1993). Ein Blick auf die Rolle der Frau“. Die Autorin kommt u.a. zu dem Schluss, „dass bezüglich der Rolle der Frau im öffentlichen Gottesdienst einige Fortschritte gemacht wurden, wenn auch nur vereinzelt“.


Michael Schneider: „‚Ich möchte warnen vor Prinzipienreiterei‘. Emil Dönges über ‚Gastzulassungen‘“. In: Zeit & Schrift 27 (2024), Heft 3, S. 25–31 (auch online).

Im Juli 1903 kam es zwischen Emil Dönges und einigen Dillenburger Geschlossenen Brüdern zu einer „erregten Diskussion über die Zulassung zum Tisch des Herrn“, die anschließend noch mehrere Monate brieflich fortgesetzt wurde. Über diesen bisher unveröffentlichten Briefwechsel berichtet der Artikel.


Michael Schneider: „‚So aktiv wie eh und je‘. Zum 200. Geburtstag von Peter Nippel“. In: Zeit & Schrift 27 (2024), Heft 4, S. 24–31 (auch online).

Peter Nippel, dessen Geburtstag sich am 4. Dezember zum 200. Mal jährte, ist aus der Geschichte der Brüderbewegung als Gründer der zweiten „Versammlung“ auf deutschem Boden (Tübingen 1849) bekannt. Der Artikel gibt erstmals einen Gesamtüberblick über sein durchaus abwechslungsreiches Leben.


Lothar Triebel: „Neue evangelikale Freikirche auf den Weg gebracht. Zusammenschluss von Baptisten und Brüdergemeinden vor dem Aus“. In: Zeitschrift für Religion und Weltanschauung 87 (2024), S. 368–376.

Im April 2024 beschlossen die Brüdergemeinden im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (ChristusForum) mit einer Mehrheit von gut 90 %, eigene Körperschaftsrechte anzustreben und damit aus dem BEFG auszutreten. Der Referent für Freikirchen am Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes in Bensheim analysiert diese Entwicklung.


HOCHSCHULSCHRIFTEN


Lovisa S. Bengtsson: Mediebevakningen av Plymouthbrödernas skola. En studie gällande representationen av Plymouthbrödernas skola i svenska tidningar mellan år 2004–2024. Seminararbeit, Jönköping University 2024. 65 Seiten (auch online).

Der schwedische Titel lautet übersetzt: „Medienberichterstattung über die Plymouth-Brethren-Schule. Eine Studie über die Darstellung der Plymouth-Brethren-Schule in schwedischen Zeitungen zwischen 2004 und 2024“. Es handelt sich um die Schule der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder im südschwedischen Nyby.


James Isaac Fazio: John Nelson Darby and the Ruin of the Church: Tracing the Development of Darby’s Views Concerning the Present and Future State of the Church (1820–1840). PhD Thesis, Queen’s University Belfast 2024.

Über diese Dissertation liegen online außer dem Titel bisher keine Informationen vor. Doktorvater ist Crawford Gribben (s.o.).


Samuel Pagán: Odd Fellows: The Intersection of Arminianism and Calvinism in the Writings of Desmond Ford and F. F. Bruce. PhD Thesis. Seventh-day Adventist Theological Seminary, Andrews University, Berrien Springs, MI 2024. vi, 459 Seiten (auch online).

Desmond Ford (1929–2019) war ein australischer adventistischer Theologe, der bei dem Offenen Bruder F. F. Bruce in Manchester promovierte. Anschließend wurde ihm von adventistischer Seite vorgeworfen, er habe sich von Bruces „Calvinismus“ beeinflussen lassen.


Robert Crispin Revington: The Reception of Modern Biblical Scholarship in Britain in Popular Christian Writing. PhD Thesis, University of Toronto 2024. 298 Seiten (auch online).

Das erste Kapitel (S. 46–111) behandelt die Schriften Sir Robert Andersons, der zeitweise den Offenen Brüdern angehörte.


Enoch Wooseok Song: George Müller’s Missionary Pastoral Spirituality and Legacy Analysed from a Missiological Perspective. PhD Thesis, Presbyterian Theological Seminary in America, Santa Fe Springs, CA 2024. xxiv, 419 Seiten.

Das theologische Seminar, an dem diese Dissertation eingereicht wurde, ist mit der Korean Presbyterian Church Abroad verbunden. Dem Inhaltsverzeichnis nach zu urteilen wurde die Arbeit in koreanischer Sprache abgefasst.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2019

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen. (In die Bibliografie von 2018 habe ich inzwischen noch mehrere Nachträge aufgenommen; siehe die Bücher von Cargill & Brown, Costen, Dickson & Marinello, Herriot und Mutton sowie den Aufsatz von Dennison.)


BÜCHER


Fred[erick] Stanley Arnot: Missionary Travels in Central Africa. Newtownards, Nordirland (Crimond House Publications) 2019. 172 Seiten.

Neuausgabe des zuerst 1914 bei Echoes of Service erschienenen autobiografischen Missionsberichts von Frederick Stanley Arnot (1858–1914).


cargillbrown3Bert Cargill / James Brown: Traditions to Treasure. “Hold fast that which is good” (1 Thess 5.21). Christian Heritage Series 3. Kilmarnock (Ritchie) 2019. 242 Seiten.

Der dritte Band der „Christian Heritage Series“, die auf Artikel im Believer’s Magazine zurückgeht, ist zum großen Teil der Brüderbewegung gewidmet. Enthalten sind u.a. Kapitel über John Nelson Darby (S. 25–33), John Gifford Bellett (S. 34–39), Lord Congleton (S. 40–45), Robert Cleaver Chapman (S. 46–51), George Vicesimus Wigram (S. 52–57), Benjamin Wills Newton (S. 58–63), Charles Henry Mackintosh (S. 64–69), William Kelly (S. 70–75), Samuel Prideaux Tregelles (S. 76–81), Andrew Miller und Edmund Hamer Broadbent (S. 82–87), Edward Denny (S. 118–124), James George Deck (S. 125–129), Joseph Denham Smith (S. 130–133), Albert Midlane (S. 139–143), Joseph Medlicott Scriven (S. 144–149), Mary Peters (S. 156–160), Thomas Newberry (S. 190–195), William Edwy Vine (S. 196–201), George Cutting und Alexander Marshall (S. 202–207), Georg Müller (S. 213–222).


Ann Cleeves: The Long Call. London (Macmillan) 2019. 382 Seiten.

Kriminalroman um einen Detective Inspector, der unter den „Barum Brethren“ in Devon aufgewachsen ist und durch seine Ermittlungen in diese Kreise zurückgeführt wird. Die „Barum Brethren“ zeigen einige Ähnlichkeiten mit den Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüdern (z.B. Kontaktabbruch mit Aussteigern, Konsum von Whisky), weichen in vielem aber auch davon ab (z.B. Essen mit Ungläubigen, Fernsehen, Kremation). Das Buch wurde 2021 als Vierteiler verfilmt.


[John Nelson Darby / George Vicesimus Wigram:] Letters of J. N. Darby. Supplement. Correspondence with G. V. Wigram. Vol. 1: 1838–1855. Chessington (Bible and Gospel Trust) 2019. viii, 446 Seiten. — Vol. 2: 1856–1878. Ebd. 511 Seiten.

Der im Christian Brethren Archive in Manchester lagernde Bestand von ca. 800 Briefen zwischen Darby und Wigram wird hier in sorgfältiger Edition zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Gegensatz zu allen früheren Briefausgaben Darbys erfolgt die Wiedergabe unzensiert und unredigiert, sodass völlig neue Einblicke in Persönlichkeit und Privatleben möglich werden. Die zahlreich erwähnten Orte und Personen sind durch differenzierte Register erschlossen.


despinsGilles Despins: La Bible Darby et son histoire. Sa rédaction, ses objectifs et ses principes. Trois-Rivières, QC (Éditions Impact) 2019. 210 Seiten.

Auch wenn der Autor es offenbar nirgendwo erwähnt, handelt es sich hier um eine gekürzte französische Ausgabe seiner 2015 am South African Theological Seminary eingereichten Dissertation A Critical Assessment of J. N. Darby’s Translation Work. Thema der Arbeit sind die drei mit Darbys Namen verbundenen Bibelübersetzungen (deutsch [Elberfelder], französisch und englisch), deren Entstehungsgeschichte (Kapitel 2), Ziele (Kapitel 3), Prinzipien (Kapitel 4) und Grundtext (Kapitel 5) im Einzelnen untersucht werden.

Da der Autor sich praktisch durchweg auf bereits veröffentlichtes Material stützt, kommt er zu keinen revolutionär neuen Erkenntnissen. Als Primärliteratur zieht er vor allem Darbys Briefe und die Vorworte zu seinen Bibelübersetzungen heran; bei der Sekundärliteratur verlässt er sich zu sehr auf veraltete (z.B. Ischebeck, Ehlert) oder populäre (z.B. Field) Darstellungen. Literatur in deutscher Sprache war ihm offenbar unzugänglich, was sich besonders in den Abschnitten zur Elberfelder Bibel als eklatanter Mangel bemerkbar macht; allein Martin Arhelgers knappe Online-Veröffentlichung zur Geschichte der Elberfelder Bibel ist schon wesentlich zuverlässiger und informativer als alles, was Despins (auf der Grundlage von Ehlert und anderen) über dieses Thema zu sagen weiß. Widersprüchliche Aussagen verschiedener Autoren stellt er teilweise einfach nebeneinander, ohne den Versuch einer Lösung oder Klärung zu unternehmen. So heißt es auf S. 37 (unter Berufung auf Ehlert), der Initiator der Elberfelder Bibel sei ein „F. W. Brockhaus“ gewesen (die Fußnote vermerkt: „Einziger bekannter Hinweis auf diesen F. W. Brockhaus“!), während im nächsten Satz (unter Bezugnahme auf Field) richtig „Carl Brockhaus“ genannt wird (Fußnote: „Manchmal ‚Karl‘ geschrieben“!). Bereits eine einfache Google-Suche hätte dem Autor deutlich machen können, dass es sich hier um ein und dieselbe Person handelt, nämlich Carl Friedrich Wilhelm Brockhaus (1822–1899). In einer weiteren Fußnote ist von „einem gewissen Dr. Alfred Rochat“ die Rede (S. 38, Anm. 74), als ob über diesen Mann außer dem Namen nichts bekannt wäre – wo es doch sogar einen (deutschen) Wikipedia-Artikel über ihn gibt.

Die Kapitel 3–5 über Darbys Übersetzungsziele und -prinzipien sowie den verwendeten Grundtext sind insgesamt von besserer Qualität, auch wenn mir der sprachliche Duktus manchmal seltsam naiv vorkommen will. Das akademische Niveau der in den letzten Jahren aus dem Brethren Archivists and Historians Network hervorgegangenen Arbeiten erreicht diese Dissertation jedenfalls nicht.


Stewart Ennis: Blessed Assurance. Glasgow (Vagabond Voices) 2019. 321 Seiten.

Teilweise autobiografischer Roman über Kindheit und Jugend eines Jungen, der in Schottland unter den – satirisch überzeichneten – Offenen Brüdern aufwächst.


Tim Grass: Ernest and May Trenchard. Evangelical Mission in Franco’s Spain. Studies in Brethren History, Subsidia. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2019. xx, 195 Seiten. — Spanische Ausgabe: Ernesto y Gertrudis Trenchard. La enseñanza que permanece. Aus dem Englischen von Alison Barrett. Madrid (Centro Evangélico de Formación Bíblica) 2019. 288 Seiten.

Biografie eines englischen Missionarsehepaars der Offenen Brüder, das jahrzehntelang in Spanien arbeitete.


James M[acintosh] Houston: Memoirs of a Joyous Exile and a Worldly Christian. Eugene, OR (Cascade Books) 2019. xiv, 140 Seiten.

Autobiografie eines Mitbegründers des Regent College (Vancouver), der von Haus aus den Glanton-Brüdern und später den Offenen Brüdern angehörte.


kurianAlexander Kurian: Faith and Practices of the Brethren. What they are and Why they matter. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2019. 219 Seiten.

Überlegungen eines indisch-amerikanischen Offenen Bruders zu den besonderen Merkmalen von Brüdergemeinden. Für den Autor sind folgende 17 Kennzeichen zentral (S. 39–41):

1. nichtdenominationeller und nichtsektiererischer Charakter (kein besonderer Name)
2. Christus als Mittelpunkt („versammelt zum Namen Jesu“)
3. Autorität der Schrift („Sola Scriptura“)
4. Priestertum aller Gläubigen
5. Beachtung der „vier Säulen“ aus Apg 2,42
6. wöchentliches Brotbrechen
7. offene und spontane Anbetung
8. Gemeinschaft statt Mitgliedschaft
9. Leitung durch mehrere Älteste
10. Selbständigkeit und Unabhängigkeit der örtlichen Gemeinde
11. Glaubensprinzip (kein bezahlter Dienst)
12. antiochenisches Missionsmodell (örtliche Gemeinde sendet Missionare aus)
13. Schweigen und Kopfbedeckung der Frauen
14. keine Wundergaben in der heutigen Zeit
15. freiwillige Spenden (keine Verpflichtung zum Zehnten)
16. Betonung der Jüngerschaft und eines aufopferungsvollen Lebens
17. Naherwartung des Herrn Jesus

Das (typografisch leider sehr laienhaft gestaltete) Buch ist über Amazon erhältlich.


Fares Marzone: The Reformation and the Brethren Movement in Italy. Foreword by T[homas] J. Marinello. Lockerbie (OPAL Trust) 2019. xii, 210 Seiten.

Wie der Titel nahelegt, bietet das Buch einen Abriss der Geschichte der Reformation (S. 11–102) und der (Offenen) Brüderbewegung (S. 103–198) in Italien. Zugrunde liegen zwei italienischsprachige Bücher des Autors (La Riforma Protestante, 2017; Fratelli d’Italia e non solo, 2011), aus denen jeweils mehrere Kapitel übersetzt wurden (nach meinem Eindruck nicht immer idiomatisch).


douthwaiteSheila McClure: Letters from Chefoo. Constance Douthwaite’s Life in China 1887–1896. Southampton (Little Knoll Press) 2019. vi, 316 Seiten.

Constance Harriet Douthwaite geb. Groves (1867–1896) war eine Tochter von Edward Kennaway Groves (1836–1917) und somit eine Enkelin von Anthony Norris Groves (1795–1853). Als 19-Jährige reiste sie, empfohlen von der Bethesda-Gemeinde in Bristol, mit der China-Inland-Mission nach Chefoo in China aus. 1890 heiratete sie dort den 19 Jahre älteren, verwitweten Missionsarzt Arthur William Douthwaite (1848–1899). Bereits sechs Jahre später verstarb sie jedoch, vier Wochen nach der Geburt ihres vierten Kindes. Während ihrer Zeit in China schrieb sie über 200 Briefe an ihre Familie in Bristol, die hier, herausgegeben von ihrer Urenkelin, erstmals im Druck erscheinen.


Bruce McLennan: Pioneering in ‘The Beloved Strip’, 1881–1931. Assembly Missionary labour in Angola, Belgian Congo and Northern Rhodesia. Kilmarnock (Ritchie) 2019. 307 Seiten.

Die als „The Beloved Strip“ bezeichnete afrikanische Region war ein bevorzugtes Missionsgebiet der britischen Offenen Brüder (Frederick Stanley Arnot, Dan Crawford u.a.). Das Buch stellt die ersten 50 Jahre dieser Arbeit erstmals zusammenhängend dar.


bmww2019Ken und Jeanette Newton (Hrsg.): The Brethren Movement Worldwide. Key Information 2019. 5th edition. Lockerbie (OPAL Trust) 2019. xxviii, 346 Seiten.

Die 3. Auflage dieses Buches (2011) habe ich bereits früher hier vorgestellt. In der aktualisierten Neuausgabe sind 117 Länder enthalten; neu hinzugekommen sind Finnland, Schweden, Kroatien, Griechenland, Nigeria, Puerto Rico, die Dominikanische Republik, Haiti, Ecuador, Surinam, Libanon, Iran, Bhutan, Korea, Indonesien und Tuvalu. Gestrichen wurden die Republik Kongo, Mauritius und Neukaledonien, da die Herausgeber aus diesen Ländern seit mehreren Auflagen keine aktuellen Informationen mehr erhalten haben.

Der Abschnitt über Deutschland (S. 121–128) wurde grundlegend überarbeitet (vermutlich von Lothar Jung; S. 128) und listet nun minutiös alle Zeitschriften, Arbeitskreise und Werke der Freien Brüder und der AGB-Gemeinden auf. Die in der vorigen Auflage noch genannten „blockfreien“ Verlage und Zeitschriften (CLV, Daniel, Rigatio, Zeit & Schrift) fielen dabei leider gänzlich unter den Tisch. Bei den statistischen Angaben wurden nur die der Freien Brüder aktualisiert (wobei die Zahl der Gemeinden auffallenderweise stark nach unten korrigiert werden musste: von 265 auf 190!), während die übrigen Daten auf dem Stand von 2015 geblieben sind (was den Eindruck erhärtet, dass ein Freier Bruder für die Überarbeitung verantwortlich war).

Das Buch ist auch online lesbar, kann im Gegensatz zu früheren Auflagen aber nicht mehr als PDF heruntergeladen werden.


Henry Pickering (Hrsg.): Chief Men among the Brethren. Newtownards, Nordirland (Crimond House Publications) 2019. 352 Seiten.

Nachdruck der klassischen Sammlung von „Brüder“-Biografien, neu gesetzt und alphabetisch geordnet. Dass es sich um ein ca. 100 Jahre altes Werk handelt (1. Auflage 1918; 2., erweiterte Auflage 1931), wird seltsamerweise nirgendwo erwähnt. Die Qualität der faksimilierten Bilder lässt teilweise zu wünschen übrig.


Thomas Riedel: Entstehung und Entwicklung der „Elberfelder Bibel“ (Neues Testament) von der Erstübersetzung bis heute: Eine Untersuchung des Übersetzungsansatzes und eine kritische Würdigung. M.Th. Thesis, University of South Africa 2019. 195 Seiten.

Diese hochinteressante Arbeit ist zwar (bisher) nicht als Buch erschienen, aber online im Volltext verfügbar. Sie stellt zunächst „Ziele und Übersetzungsansatz“ der Elberfelder Bibel dar (S. 15–47) und untersucht anschließend „die praktische Umsetzung dieses Ansatzes anhand von drei ausgewählten Kapiteln des Neuen Testamentes“, nämlich Lk 1–2, Röm 6 und 2Petr 3 (S. 48–134). „Eine Einordnung in die aktuelle Übersetzungsdiskussion und Vorschläge für die Weiterentwicklung dieser Übersetzung runden die Arbeit ab“ (S. 135–165).


Valerie Elliot Shepard: Devotedly, The Personal Letters and Love Story of Jim and Elisabeth Elliot. Nashville, TN (B & H) 2019. 285 Seiten.

Auf der Grundlage von bisher teilweise unveröffentlichten Briefen und Tagebüchern wird hier die Liebesgeschichte zwischen dem Missionar Jim Elliot (1927–1956), der aus einer Offenen Brüdergemeinde stammte, und seiner späteren Frau Elisabeth Howard (1926–2015) nachgezeichnet. Die Autorin ist die 1955 geborene Tochter der beiden.


David A[ndrew] Smith: The Model Church. Its Essence, Expression, and Goal. Karrinyup, Australien (Snowgoose Media) 2019. xi, 196 Seiten.

Eine theoriegesättigte ekklesiologische Abhandlung, die mit zwei „Fallstudien“ schließt: einer historischen über die Brüderbewegung im 19. Jahrhundert (S. 107–161) und einer aktuellen über den „progressiven“ Flügel der Offenen Brüder in Australien („Christian Community Churches of Australia“; S. 163–184).


spinksJohn D. Spinks: Cult Escape. My Journey to Freedom. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2019. 195 Seiten.

Der Boom der Raven-Taylor-Aussteigerliteratur setzt sich fort: Nach Ngaire Thomas (2004, ²2005), Em Amosa (2007), David Tchappat (2009), Lindsey Rosa (2010), James Bell (2014), Peter Wycherley Harrison (2014), Joy Nason (2015), John L. Fear (2016) und Rebecca Stott (2017) ist dies nun schon mindestens der zehnte Vertreter dieses Genres innerhalb von 15 Jahren. Spinks verließ die Raven-Taylor-Brüder 1988 im Alter von 22 Jahren; der größere Teil seines Buches handelt allerdings von der Zeit danach und versucht Lesern in ähnlichen Situationen Hilfestellung zu geben. Wie den meisten selbst verlegten Büchern mangelt es auch diesem an der straffenden, glättenden und ordnenden Hand eines Lektors. Parallel zum Buch hat der Autor eine Website mit Beratungsangebot eingerichtet.


Mark R. Stevenson: Die Brüder und die Lehren der Gnade. Wie stand die Brüderbewegung des 19. Jahrhunderts zur calvinistischen Heilslehre? Aus dem Englischen von Alois Wagner. Bielefeld (CLV) 2019. 476 Seiten.

Die amerikanische Originalausgabe dieser Dissertation, The Doctrines of Grace in an Unexpected Place (2017), habe ich vor zwei Jahren kurz vorgestellt; eine ausführlichere Besprechung der deutschen Übersetzung erschien bereits in Zeit & Schrift 6/2019 und auf der Hauptseite von bruederbewegung.de, sodass ich hier auf weitere Erläuterungen verzichten kann. Das Buch steht auf der Website des Verlags auch zum kostenlosen Download zur Verfügung.


Rebecca Stott: Erlöst. Mein Weg aus der Sekte. Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence. München (btb) 2019. 383 Seiten.

Obwohl die Raven-Taylor-Brüder in der deutschen Öffentlichkeit praktisch keine Rolle spielen, hielt die Verlagsgruppe Random House es offenbar für erfolgversprechend, Rebecca Stotts Aussteigerbiografie In the Days of Rain (2017) auch hierzulande auf den Markt zu bringen. Im Klappentext wird die Glaubensgemeinschaft denn auch gar nicht beim Namen genannt, sondern es ist nur von einer „ultra-konservativen“ bzw. „fundamentalistischen christlichen Sekte“ die Rede. Die Übersetzung macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck; die von Stott verwendete Bezeichnung (Exclusive) Brethren wurde unübersetzt gelassen, was sicher keine schlechte Idee war.

Von den deutschen Feuilletons scheint das Buch (das jetzt knapp zwei Monate auf dem Markt ist) bisher noch nicht beachtet worden zu sein; auch bei Amazon findet sich derzeit noch keine einzige Kundenrezension. Auf einige Stärken und Schwächen hatte ich bei meiner Vorstellung der englischen Originalausgabe vor zwei Jahren hingewiesen.


tillMichael Till: Crusader with Compassion. Dr Walter Hadwen, Gloucester GP, 1854–1932. Gloucester (Hobnob Press) 2019. 192 Seiten.

Der Arzt Walter Hadwen ist einer der wenigen „Brüder“, die außerhalb der Brüderbewegung bekannter sind als innerhalb: Er war zu Lebzeiten einer der führenden Tierversuchs- und Impfgegner Großbritanniens. Die Biografie interessiert sich daher auch mehr für sein medizinisches Wirken als für seine Glaubensüberzeugungen. Hadwen trat als junger Erwachsener wahrscheinlich den Geschlossenen Brüdern bei und wechselte nach den Trennungen der 1880er Jahre (Stuart?) zu den Offenen Brüdern.


Terence-Pablo Wickham Ferrier: Renovarse o morir. Pasado, presente y futuro de las Asambleas de Hermanos. Barcelona (wobebo/Bibliasfera) 2019. 174 Seiten.

Überlegungen eines englischstämmigen Missionars zur Situation der Offenen Brüdergemeinden in Spanien. Die Haltung des Autors ist konservativer, als es der Titel vermuten ließe („Erneuern oder Sterben: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Brüdergemeinden“).


David Woodbridge: Missionary Primitivism and Chinese Modernity. The Brethren in Twentieth-Century China. Studies in Christian Mission 54. Leiden/Boston (Brill) 2019. xi, 173 Seiten.

Buchausgabe der Dissertation des Autors von 2012 (die auch online zugänglich ist). Behandelt werden vor allem die missionarischen Aktivitäten von Echoes of Service (Kapitel 1, 3, 4, 5) und die Little-Flock-Bewegung von Watchman Nee (Kapitel 2).


Richard Yarrall: From Poverty Bay to Riches Untold. Auckland, Neuseeland (Castle Publishing) 2019. 434 Seiten.

Autobiografie eines neuseeländischen Missionars der Offenen Brüder, der in Kolumbien und Los Angeles arbeitete.


AUFSÄTZE


bhr2018Ausgabe 15 (2019) der Brethren Historical Review enthält (neben etlichen Rezensionen) die folgenden Beiträge:

Bill Anderson: „Andersons and Chrystalls: Scottish Pioneers in Aotearoa/New Zealand (S. 1–11)
P[aul] David Wilkin: „Education at Chitokoloki, 1914–1924: The Vision of George Suckling (S. 12–39)
William E. Buntain: „The Exclusive Brethren, Watchman Nee, and the Local Churches in China (S. 40–72)
Jonathan Side: „Some Reflections on the Life and Scientific Work of Robert Rendall (1898–1967) (S. 73–82)
Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 83–88)
Timothy Stunt: „Philip Murray Jourdan McNair (1924–2018) (S. 142–145)
S[amuel] J[ames] McBride / N[eil] Dickson: „David Willoughby Gooding (1925–2019) (S. 146–149)
Neil Dickson: „Richard Stephen Saunders (1930–2018) (S. 150–153)

Besonders hervorheben möchte ich hier den Nachruf auf Philip McNair. Der aus dem Exklusiven Brüdertum stammende, um 1960 in die Church of England übergetretene Experte für italienische Literatur verfasste u.a. eine Biografie John Nelson Darbys von offenbar herausragender Qualität, deren Veröffentlichung er jedoch aus Bescheidenheit und Perfektionismus zeitlebens verweigerte. Von den wenigen, die sie bisher zu Gesicht bekamen, wurde sie in den höchsten Tönen gelobt; Max Weremchuk etwa schrieb 2004 auf My Brethren, sie sei wie die Mona Lisa im Vergleich mit dem Gekritzel eines dreijährigen Kindes und habe ihm selbst jeden Mut genommen, mit der Überarbeitung seines eigenen Darby-Buches fortzufahren. Marion Field konnte sie für ihre Darby-Biografie von 2008 immerhin nutzen und mehrmals daraus zitieren. Dem Vernehmen nach besteht die Chance, dass das nachgelassene Typoskript nun in ein Archiv überführt und der Forschung zugänglich gemacht werden kann.

Philip McNair veröffentlichte übrigens 1986 einen Artikel über die Brüderbewegung in der Zeitschrift Christian History und gab 2008 im Selbstverlag Briefe seines Vaters aus dem Ersten Weltkrieg heraus (A Pacifist At War: Military Memoirs of a Conscientious Objector in Palestine, 1917–1918).


Offene Türen 111 (2019), Heft 4 brachte einige kurze Beiträge aus dem Arbeitskreis „Geschichte der Brüderbewegung“ zum 100-jährigen Jubiläum des Umzugs der Bibelschule von Berlin nach Wiedenest:

Gerd Goldmann: „100 Jahre Bibelschule in Wiedenest. Historisches vom Arbeitskreis ‚Geschichte der Brüderbewegung‘“ (S. 18)
Hartmut Wahl: „Bibelschule Wiedenest: Weltweite Wirkungen (S. 18f.)
Erich Sauer: „Von Berlin nach Wiedenest – der Weg der Allianz-Bibelschule (S. 19)
Hartmut Wahl: „Johannes Warns – Lehrer freier Gemeinden (S. 20)
Horst Afflerbach: „Erich Sauer und die Bibelschule (S. 21)
Hartwig Schnurr: „Ernst Schrupp (S. 22)


Gisa Bauer / Paul Metzger: „Brüderbewegung (auch: Brüdergemeinden, Brüderversammlungen, Christliche Versammlungen, Freier Brüderkreis, Darbysten, Plymouth-Brüder)“. In: dies.: Grundwissen Konfessionskunde. UTB 5254. Tübingen (Narr Francke Attempto) 2019. S. 238–241.

Ein grundsätzlich brauchbarer Überblick, auch wenn (oder gerade weil) vieles offenkundig aus der Wikipedia übernommen wurde (ohne Quellennachweis). Unscharf dargestellt sind die Trennungsgründe von 1848; falsch ist die Behauptung, dass Raven sich 1890 von der Brüderbewegung getrennt hätte und die Mehrheit in Nordamerika ihm gefolgt wäre. Bei der Auflistung der verschiedenen Brüdergruppen in Deutschland bleiben die „blockfreien“ Gemeinden unberücksichtigt.


John Bennett: „Major-General Sir Charles H. Scott, KCB, RA 1848–1919“. In: Precious Seed 74 (2019), Heft 1, S. 15.

Kurzes Lebensbild zum 100. Todestag des Offenen Bruders Charles Henry Scott am 6. Oktober 2019 (auch online).


Kate Brooks: „In this Age of Wonders: Exploring the Myth of George Muller“. In: Question. Essays & Art from the Humanities 4 (2019), S. 58–65, 115–118.

Annäherung an Georg Müller aus säkular-atheistischer Perspektive (auch online). Die Autorin ist die Urenkelin eines von Müller aufgenommenen Waisenjungen.


Bert Cargill: „Joseph Medlicott Scriven (1819–1886)“. In: Precious Seed 74 (2019), Heft 3, S. 28f.

Scriven war der Dichter des Liedes What a Friend We Have in Jesus (Welch ein Freund ist unser Jesus). Geboren in Irland, wo er während seines Studiums auch mit den „Brüdern“ in Verbindung kam, wanderte er später nach Kanada aus und arbeitete dort als Lehrer, Holzfäller, Farmarbeiter und Evangelist. Gleich zwei Verlobungen scheiterten durch den tragischen Tod der Verlobten (1843 und 1860). Gegen Ende seines Lebens litt Scriven an Depressionen; ob sein Tod in einem Mühlenteich ein Unfall oder Selbstmord war, blieb ungeklärt.

Der Gedenkartikel erschien zum 200. Geburtstag am 10. September 2019 und ist auch online zugänglich; als Name des Autors wird hier allerdings „Mitchell Cargill“ angegeben, und das zunächst beigegebene Bild zeigte nicht Scriven, sondern den Komponisten von What a Friend We Have in Jesus, Charles Crozat Converse (1832–1918).


María Eugenia Cornou: „Formative Worship ‘at the End of the World’: The Worship Practices of Methodists, Baptists and Plymouth Brethren in the Emergence of Protestantism in Argentina, 1867–1930“. In: Studies in World Christianity 25 (2019), S. 166–186.

Von diesem Artikel war mir nur ein Abstract zugänglich, aber der Titel scheint deutlich zu benennen, worum es geht.


Bernard Ineichen: „Losing the rapture: escaping from fundamentalist Christian belief“. In: Mental Health, Religion & Culture 22 (2019), S. 661–673.

Vergleich der Lebensläufe von vier Aussteigern aus „fundamentalistischen“ Gruppen. Zwei davon haben mit der Brüderbewegung zu tun: Edmund Gosse (1849–1928), Sohn des Naturforschers Philip Henry Gosse, verbrachte seine ersten Lebensjahre unter den Offenen Brüdern (von denen sich die Familie allerdings bereits 1857 löste, was im Artikel – wie auch sonst häufig – ignoriert wird); Rebecca Stott (* 1964) stammt aus einer Familie der Raven-Brüder, die sich nach Aberdeen 1970 von James Taylor junior trennte.


Keith Keyser: „Homecall: David Gooding (September 16, 1925 – August 30, 2019)“. In: Cornerstone 3 (2019), Heft 6, S. 14.

Nachruf auf den bekannten Alttestamentler, der den Offenen Brüdern angehörte und viel mit John Lennox zusammenarbeitete (auch online verfügbar). Von seinen zahlreichen Publikationen wurden etliche auch ins Deutsche übersetzt (zuletzt Das Evangelium nach Lukas und In der Schule des Meisters).


Daniel J. King: „Filled with a Hallowed Presence: Abundant Events in the Lives of George Müller and Amanda Berry Smith“. In: Fides et Historia 51 (2019), S. 143–152.

In Auseinandersetzung mit dem Buch History and Presence von Robert A. Orsi untersucht der Autor die Spiritualität von Georg Müller und Amanda Berry Smith, einer amerikanischen Evangelistin der Heiligungsbewegung.


Andreas Liese: „Die evangelischen Freikirchen in der Zeit des Nationalsozialismus“. In: Eine freie Kirche in einer freien Gesellschaft. Freikirchliche Perspektiven auf das Verhältnis von Kirche und Staat. Beiträge einer internationalen Tagung des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung in Kooperation mit der Theologischen Hochschule Elstal, Berlin, 6. und 7. Dezember 2017. Hrsg. von Martin Rothkegel und Reinhard Assmann. Schriftenreihe des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung 30. Berlin (Gesellschaft zur Förderung vergleichender Staat-Kirche-Forschung) 2019. S. 255–286.

Der Aufsatz beschreibt die „überwiegend unkritische Haltung deutscher Freikirchler gegenüber dem Nationalsozialismus“ (Vorwort der Herausgeber, S. 17) und geht dabei auch auf die Brüderbewegung ein.


Andreas Liese: „‚Zum Fluch für die Nationen gesetzt‘? Die Geschlossenen Brüder und ihr Verhältnis zum jüdischen Volk“. In: Freikirchenforschung 28 (2019), S. 189–213.

Der Autor untersucht ausführlich die 1934/35 geführte briefliche Diskussion zwischen Wilhelm Stücher, Fritz von Kietzell, Franz Kaupp und David Kogut, auf die er 2018 bereits in seinem Lebensbild Koguts hingewiesen hatte, und ordnet sie in die Israeltheologie der Geschlossenen Brüder ein, wobei er Äußerungen von 1840 (John Nelson Darby) bis 2017 (Ernst-August Bremicker) heranzieht.


Alastair Noble: „Plymouth Brethren“. In: ders.: Born in a Golden Age. Reflections on Faith, Family and Fallacies. Kilmarnock (Ritchie) 2019. S. 40–69.

Porträt der Brüderbewegung (Geschichte, Merkmale, Herausforderungen) von einem der derzeit führenden Offenen Brüder Schottlands.


Alexander Rockstroh: „Frömmigkeitsformen in der Brüderbewegung“. In: Die Gemeinde [74] (2019), Heft 3, S. 8f.

Der neue Geschäftsführer der AGB, der ursprünglich aus der Landeskirche stammt, beschreibt in diesem Beitrag, „welche Ausdrucksformen der Frömmigkeit er innerhalb der Brüderbewegung besonders schätzt“ (auch online).


Gerrid Setzer: „Johannes Meyer. Er schonte sein Leben nicht. 05.04.1814 – 01.09.1847“. In: Treue und Hingabe. Hrsg. von Alexander Schneider und Gerrid Setzer. Hückeswagen (CSV) 2019. S. 106–117.

Der gebürtige Schweizer Johannes Meyer wurde bei der Basler Mission und bei der Londoner Church Missionary Society zum Missionar ausgebildet, trennte sich aber 1839 von Letzterer und schloss sich den „Brüdern“ an. 1840 heiratete er und reiste nach Britisch-Guayana aus, wo Leonard Strong (1797–1874) bereits seit einigen Jahren wirkte. Nach siebenjähriger aufopferungsvoller Missionstätigkeit starb er 1847 an einem Fieber.

Das in erzählender Form geschriebene, in erster Linie wohl an junge Leser gerichtete Lebensbild ist wahrscheinlich die erste Veröffentlichung über Meyer aus der deutschen Brüderbewegung seit Emil Dönges’ Artikel von 1906 („Johannes Meyer, das Lebensbild eines treuen Mannes aus dem vorigen Jahrhundert“, Botschafter des Friedens 16 [1906], S. 35–44, 47–51; auch als Separatdruck erschienen).


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

Ein Sonett auf Henry Craik

Es ist frappierend zu sehen, wie sehr Henry Craik nach seinem Tod von seinen Zeitgenossen gefeiert wurde und welche Prominenz er demnach zu Lebzeiten genossen haben muss – Vergleichbares ist mir im British Newspaper Archive sonst nur noch bei Georg Müller und Robert Chapman begegnet. Schon einen Tag nach seiner Beerdigung bot der Bristoler Buchhändler und Drucker William Mack Porträtfotos von Craik zum Kauf an:

1866-01-31 The Western Daily Press 1 (Craik)
The Western Daily Press, 31. Januar 1866, S. 1

Drei Tage später, also heute vor genau 150 Jahren, erschien in der Western Daily Press sogar ein Nachruf in Sonettform – eine solche Ehre dürfte nur den wenigsten „Brüdern“ zuteilgeworden sein:

1866-02-03 The Western Daily Press 3 (Craik)
The Western Daily Press, 3. Februar 1866, S. 3

Mehr über Henry Heath

Das meiste, was wir über Henry Heath wissen, verdanken wir Pickerings Chief Men among the Brethren;1 auch spätere Autoren (sofern sie Heath überhaupt erwähnen) schöpfen offenbar vorwiegend aus dieser Quelle.2 Dass in Chief Men ein falsches Todesjahr angegeben wird, habe ich in meinem Beitrag zum 200. Geburtstag Heaths bereits erwähnt; es hätte allerdings auch Pickering selbst schon auffallen können – immerhin waren die Letters of the Late Robert Cleaver Chapman, die Heaths Tod im Januar 1899 belegen, schon 1903 erschienen. Auf eine noch ältere und aufschlussreichere Quelle bin ich erst nach Verfassen meines Blogeintrags gestoßen; es handelt sich um einen Nachruf in der Zeitschrift North Africa vom Februar 1899.

north_africaNorth Africa war das Organ der Anfang der 1880er Jahre gegründeten überkonfessionellen „North Africa Mission“,3 als deren Sekretär der Offene Bruder Edward Henry Glenny (1852–1926) fungierte.4 In seiner regelmäßigen Rubrik “To the Friends of the North Africa Mission” meldete er im Februar 1899 den Tod dreier Freunde der Mission: Philip Gough,5 Henry Heath und William Thomas Berger.6 Der Abschnitt über Heath lautet wie folgt:

In the early hours of the first of January, as the New Year broke, Mr. Henry Heath, another life-long personal friend, reached home. In addition to sometimes helping financially, he was a regular reader of our paper, or it was read to him, and we may rest assured that the work was borne up before the Master whom he loved. He was a devoted, gifted, and eminent servant of Christ, but being very modest and retiring, was not so widely known as he otherwise might have been, though probably a considerable number of our readers may have known him. He was born in the year 1815, and converted early in life. At the age of nineteen he had a serious illness, and it was feared he might die of consumption, but the passage of Scripture, “I shall not die, but live and declare the works of the Lord,” was strongly impressed upon his mind. He was at first a schoolmaster, and then was associated with Mr. Robert Chapman, of Barnstaple, in Christian work. In 1841 he went to labour in Spain, and was in Malaga and Gibraltar for over a year at a time when work in Spain was very much more difficult than at present. He kept up his Spanish reading, though he did not return to that country again. In 1848 he was married, and entered upon Christian work at Hackney, and made this his centre of life and service till 1869. His tall, commanding figure, he must have stood 6 feet 2 or 3 inches, impressed itself vividly on my infant mind; he had an eagle eye, and his face was grave and serious, though it not infrequently relaxed into a pleasant smile. I owe much to his prayers, his holy example, and his calm faith, and now, after sixty or seventy years of service, he has reached home. He was buried at Woolpit, where he resided for the last thirty years, though during the last five years he had moved about rather more.

I was commissioned by members of Mr. Heath’s family to inform Mr. W. T. Berger, of Cannes, of his decease, as they had been closely associated in Christian work at Hackney; but on January 9th, before my letter could reach him, he, too, was called to the presence of the Master.7

Die Beschreibung von Heaths Charakter (“very modest and retiring”) und seinen wichtigsten Lebensstationen stimmt durchaus mit dem Bericht in Chief Men among the Brethren überein; eine ganze Reihe von Informationen sind jedoch völlig neu. Ich fasse sie stichwortartig zusammen:

  • frühe Bekehrung
  • lebensbedrohliche Krankheit im Alter von 19 Jahren
  • Missionseinsatz in Spanien 1841/428
  • Heirat 18489
  • Zusammenarbeit mit William Thomas Berger in Hackney10
  • Unterstützung der „North Africa Mission“
  • Reisetätigkeit in den letzten fünf Lebensjahren

Alles dies war offenbar auch „C. J. H.“, dem Verfasser der Heath-Biografie in Chief Men among the Brethren, nicht bekannt – andernfalls hätte er sicher zumindest einiges davon erwähnt. Auch die spätere Brüdergeschichtsschreibung scheint Glennys Nachruf nicht verarbeitet zu haben, sodass er als veritable (wenn auch kleine) Entdeckung gelten kann.


200. Geburtstag von Henry Heath

heath
Henry Heath

Es gibt „Brüder“, die sozusagen im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen: Sie reisen, halten Vorträge, schreiben Artikel oder Bücher, beeinflussen Entscheidungen. Andere wirken eher im Stillen: lokal begrenzt, ohne großes Aufsehen, aber nicht weniger treu. Ein solcher Bruder war Henry Heath, der heute vor 200 Jahren in Teignmouth (Devon) geboren wurde.

Das Früheste, das wir aus Heaths Leben wissen, ist, dass er um 1839 in dem Dorf Tawstock , etwa 80 km nordwestlich seines Geburtsorts gelegen, als Lehrer eingestellt wurde. Bald machte er Bekanntschaft mit Robert Cleaver Chapman, der im benachbarten Barnstaple seit einigen Jahren eine Gemeinde nach Art der „Brüder“ leitete. Heath besuchte Chapmans Vorträge und lernte hier die Heilige Schrift als inspiriertes und lebendiges Wort Gottes kennen. Die Folge war, dass er seinen Plan, Geistlicher in der anglikanischen Kirche zu werden, aufgab. Er schloss sich der Gemeinde in Barnstaple an und entwickelte sich dort zu einem begabten Prediger und Leiter.1

Um 1848 zog Heath in das Dorf Hackney nordöstlich von London (heute ein Stadtteil Londons), um 1869 dann nach Woolpit, einem entlegenen Dorf in der Grafschaft Suffolk im Osten Englands. Sein Biograf berichtet:

Here this faithful servant of the Lord spent nearly thirty years of his life, putting into practice the text that came so forcibly to him many years previous: “Seekest thou great things for thyself? seek them not” (Jer. 45. 5). Hidden away from the multitude, unseen and unheard by the many, yet through the power of the Holy Spirit being a great blessing to those with whom he came in contact. People from fifteen different villages (some of them six miles away) would come regularly to Woolpit room to have the privilege of sitting under his ministry, and go away refreshed and strengthened.2

Henry Heath starb am 1. Januar 1899 im Alter von 83 Jahren.3 Sein ehemaliger Mentor, der inzwischen 96-jährige Robert Chapman, schrieb zwei Wochen später in einem Brief:

It is well with our dear departed Brother Heath – it is well – it is well. He is with the Lord whom he so loved and so faithfully served, and is looking onward to the gathering together of the redeemed.4

Heaths Name wurde unter den Offenen Brüdern noch lange in Ehren gehalten und häufig in einem Atemzug mit zwei anderen Henrys, Henry Groves und Henry Dyer, genannt.5 Sein Lebensbild aus Chief Men among the Brethren ist online verfügbar.


Frühe Bezeichnungen für die britische Brüderbewegung

Da die Brüderbewegung keine neue Glaubensgemeinschaft sein wollte und sich daher auch keinen offiziellen Namen beilegte, dauerte es eine Weile, bis sie in der Öffentlichkeit als Gruppe wahrgenommen wurde. Der früheste Hinweis auf die Gemeinde in Plymouth, den ich im British Newspaper Archive finden konnte, stammt aus dem Jahr 1833 und identifiziert sie nur durch den Namen der Kapelle, in der sie sich versammelte (Providence Chapel):

1833-08-24 The Western Times 3 (Plymouth)
The Western Times, 24. August 1833, S. 3

Bereits 1836 war im irischen Westport die Bezeichnung Darbyites in Gebrauch. In einer Notiz über den Kirchenaustritt von John Marsden Code heißt es:

1836-03-03 The Standard 2 (Code, Darbyites)
The Standard, 3. März 1836, S. 2
1836-03-05 The Worcester Herald 2 (Code, Darbyites)
The Worcester Herald, 5. März 1836, S. 2

Im selben Jahr ist Darbyites auch im Google-Books-Corpus zum ersten Mal belegt:

google_books_darbyites_1836
“Irish Chronicle. April, 1836.” In: The Baptist Magazine 28 (1836), S. 165–168, hier 166

Der Name Plymouth Brethren lässt sich – sowohl im British Newspaper Archive als auch in Google Books – erst zwei Jahre später nachweisen. 1838 druckte die Hereford Times einen kurzen Artikel der Sunday Times über den Gottesdienstbesuch in Hereford nach und listete dabei als kleinste „Dissenter“-Gemeinde auch die „Plymouth Brethren“:

1838-03-31 The Hereford Times 4 (PB)
The Hereford Times, 31. März 1838, S. 4

Einige Monate später erwähnte die Zeitschrift The Evangelical Register die „Plymouth Brethren“ im Zusammenhang mit dem Kirchenaustritt von William Henry Dorman (Erstbeleg des Namens in Google Books):

google_books_plymouthbrethren_1838
“Miscellaneous.” In: The Evangelical Register 10 (1838), November-Heft, S. 500

Die Formulierung “known as” deutet darauf hin, dass der Name bereits eine Weile in Umlauf war; dennoch ist auffallend, dass die völlig verschiedenen Corpora von British Newspaper Archive und Google Books sowohl bei Darbyites als auch bei Plymouth Brethren jeweils auf exakt dasselbe Jahr verweisen.

An manchen Orten mussten diese Namen zunächst noch mit lokalen Sonderbezeichnungen wie Newtonites (Plymouth), Hallites (Plymouth, später Hereford), Müllerites (Bristol) oder Chapmanites (Barnstaple) konkurrieren. Aufschlussreich ist z.B. folgende Notiz aus dem Monthly Magazine vom Oktober 1839 (Google Books):

google_books_pb_etc_1839
“Quakerism and Quakers.” In: The Monthly Magazine 2 (1839), Heft 10, S. 417–431, hier 431

In Plymouth selbst dürfte es am längsten gedauert haben, bis der – hier wenig aussagekräftige – Name Plymouth Brethren sich als Gruppenbezeichnung etablierte. Noch 1840 kam ein Artikel über den Neubau des Saals in der Ebrington Street völlig ohne diesen Namen aus:

1840-02-21 The Cornwall Royal Gazette 4 (Plymouth)
The Cornwall Royal Gazette, 21. Februar 1840, S. 4

Die Bezeichnung Providence people spiegelt offenkundig noch den ursprünglichen Versammlungsort, die 1831 von Wigram erworbene Providence Chapel, wider; bemerkenswerterweise wurden Zusammensetzungen mit Providence zu dieser Zeit aber auch in anderen Städten verwendet – und hätten so vielleicht durchaus eine Alternative zu Plymouth Brethren werden können. In Exeter, etwa 70 km nordöstlich von Plymouth gelegen, hieß es z.B. im April 1840:

1840-04-02 Trewman's Exeter Flying-Post 2 (Exeter)
Trewman’s Exeter Flying-Post, 2. April 1840, S. 2

Im benachbarten Crediton wurde der Name im selben Jahr zu provident society verballhornt (was wörtlich etwa „Fürsorgegesellschaft“ oder „Unterstützungsverein“ bedeuten würde1):

1840-02-22 The Western Times 3 (Crediton)
The Western Times, 22. Februar 1840, S. 3

Im Laufe der 1840er Jahre scheint sich schließlich Plymouth Brethren als Bezeichnung flächendeckend durchgesetzt zu haben. Darbyites begegnet noch einige Male vor allem in irischen Quellen, nimmt dann aber auch ab – möglicherweise weil das Wort in den 1850er und 1860er Jahren eine neue politische Bedeutung bekam: Die Anhänger des britischen Premierministers Lord Derby, eigentlich Derbyites genannt, wurden in der Presse oft ebenfalls (fälschlicherweise?) Darbyites geschrieben (die Aussprache ist dieselbe). Hier ein Beispiel:

1852-07-06 Dublin Evening Post 2 (Darbyite)
Dublin Evening Post, 6. Juli 1852, S. 2