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Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2023

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen.

In drei frühere Bibliografien habe ich inzwischen noch Nachträge aufgenommen:

  • 2022: Bücher von Geyser, Gill, Koene, Murray, Summerton und Tietjen; Aufsätze von Feng und Webster
  • 2019: Aufsätze von Brooks und Ineichen
  • 2018: Buch von Sahlberg; Aufsatz von Fett

BÜCHER


akenson3Donald Harman Akenson: The Americanization of the Apocalypse. Creating America’s Own Bible. New York (Oxford University Press) 2023. xv, 501 Seiten. ISBN 978-0-19-759979-2.

Nach Discovering the End of Time (2016) und Exporting the Rapture (2018) hat der amerikanische Historiker Donald Harman Akenson nun den dritten Band seiner Trilogie über die Geschichte des „apokalyptischen Millennialismus“ vorgelegt. Mit der im Untertitel genannten „eigenen Bibel Amerikas“ ist natürlich die Scofield-Bibel gemeint, aber wie schon beim Vorgängerband weckt der Untertitel falsche Erwartungen: Erst auf S. 176 dieses Buches wird Cyrus I. Scofield zum ersten Mal (beiläufig) erwähnt, und erst auf S. 326 (von 436, der Rest ist Anhang, Literaturverzeichnis und Register) rückt er ins Zentrum des Interesses. Vorher geht es erneut um die Anfänge der Brüderbewegung auf den britischen Inseln (S. 7–62), dann um Darbys Reisen nach Nordamerika und die ersten „Brüder“ dort (S. 65–134) und schließlich um die Ausbreitung dispensationalistischer Ideen in Amerika außerhalb der Brüderbewegung (James Inglis, James Hall Brookes, Dwight L. Moody, prophetische Konferenzen; S. 137–310).

Akensons Stil ist wie immer brillant und pointiert, dabei lexikalisch anspruchsvoll (selbst als Englischlehrer musste ich mehrmals das Wörterbuch bemühen – und wurde nicht immer fündig!), gelegentlich aber auch kapriziös – die meisten Kapitelüberschriften etwa versteht man erst nach Lektüre des Kapitels (z.B. „Buyers’ Remorse“, „Tall Man Standing“), was das Inhaltsverzeichnis zur Voraborientierung nahezu unbrauchbar macht, und wie in den Vorgängerbänden schweift der Autor gerne in (biografische) Nebensächlichkeiten ab, die allerdings fast immer unterhaltsam zu lesen sind.

Akenson schreibt aus säkularer Perspektive und verfolgt daher keine theologische Agenda, was insbesondere bei der von Anhängern und Gegnern sehr unterschiedlich dargestellten Biografie Scofields durchaus von Vorteil ist; allerdings fehlt ihm als Profanhistoriker für manche theologischen Fragen schlichtweg das Verständnis. Sehr klar wird u.a. herausgestellt, dass Darby an dispensationalistischen Schemata und Diagrammen, wie sie später so beliebt wurden, keinerlei Interesse hatte (S. 38) und dass er den heute als „anthem“ amerikanischer Dispensationalisten geltenden Bibelvers 2Tim 2,15 (“rightly dividing the word of truth”) noch nicht in diesem Sinne interpretierte (S. 337f.). Neu war mir, was für einen großen Anteil Offene Brüder an der Finanzierung, Zusammenstellung und Korrektur der Scofield-Bibel hatten.


buehneWolfgang Bühne: Ich pfeif auf deine Frömmigkeit! Schwelm – Stukenbrock – Schoppen: Stationen einer Geschichte, wie nur Gott sie schreiben kann. Bielefeld (CLV) 2023. 477 Seiten. ISBN 978-3-86699-690-8.

Der 1946 geborene Evangelist, Freizeit- und Jugendleiter, Autor und Verleger Wolfgang Bühne legt mit diesem Buch seine Autobiografie vor. Die im Untertitel genannten Orte Schwelm, Stukenbrock und Schoppen markieren wichtige Lebensstationen, die ausführlich, lebendig und selbstkritisch geschildert werden. Auch heikle Themen wie seinen Ausschluss aus der „geschlossenen“ Versammlung in Meinerzhagen-Worbscheid (1985) spart Bühne nicht aus (S. 301–319). Bemerkenswert ist, dass er die heutige geistliche Situation der Geschlossenen Brüder für besser hält als die in den 1960er und 1970er Jahren (z.B. S. 95, 96, 108, 306) – ein erstaunlicher Kontrast zu den in diesen Kreisen selbst manchmal zu hörenden Klagen über „Verfall“ und „Niedergang“. Das Buch ist wie fast alle CLV-Veröffentlichungen auch online verfügbar.


Andrew Craig: Darby or Darwin? Brethren Perspectives on Creation and Evolution from 1820–1945. Belfast (Words to World) 2023. 92 Seiten. ISBN 978-1-78798953-5.

Masterarbeit über die Auseinandersetzung der „Brüder“ mit den wissenschaftlichen Theorien ihrer Zeit. Die „Brüder“ seien keine „unbeirrbaren Fundamentalisten“ gewesen, sondern hätten eine „unerwartete Bandbreite an Überzeugungen von der Lückentheorie bis zur theistischen Evolution“ vertreten.


Craig Hoyle: Excommunicated. A multigenerational story of leaving the Exclusive Brethren. Auckland, Neuseeland (HarperCollins) 2023. 327 Seiten. ISBN 978-1-77554201-8.

Der Strom der Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbiografien reißt nicht ab. Der Verfasser dieses Buches wurde 2009 im Alter von 19 Jahren exkommuniziert, nachdem er sich als homosexuell geoutet hatte.


hummelDaniel G. Hummel: The Rise and Fall of Dispensationalism. How the Evangelical Battle over the End Times Shaped a Nation. Grand Rapids, MI (Eerdmans) 2023. xvii, 382 Seiten. ISBN 978-0-8028-7922-6.

Eine weitere Geschichte des Dispensationalismus und seines Einflusses auf die amerikanische Kultur. Das erste Kapitel ist noch den Anfängen der Brüderbewegung in Irland und Großbritannien gewidmet, aber dann verschiebt sich der Schwerpunkt auf die Neue Welt und auf andere christliche Kreise, denn der Siegeszug des Dispensationalismus in Amerika fand (zu Darbys Leidwesen) bekanntlich außerhalb der Brüderbewegung statt – vermittelt aber vor allem durch deren reichhaltige Literatur.

Im Gegensatz zum oben vorgestellten Buch von Akenson zeichnet Daniel G. Hummel die Geschichte bis in die Gegenwart nach. Den im Titel angesprochenen „Fall“ sieht er mit dem „Pop-Dispensationalismus“ von Hal Lindsey und anderen ab den 1970er Jahren beginnen; dadurch sei auch der akademische Dispensationalismus in Misskredit geraten. Das Aufkommen des New Calvinism und die Hinwendung vieler Dispensationalisten entweder zu diesem oder zum Progressive Dispensationalism hätten dann in den 1990er Jahren zum endgültigen Zusammenbruch des traditionellen Dispensationalismus geführt; heute lebe er nur noch in seiner „Pop“-Form und akademisch in einigen Nischen fort.

Bei der Fülle der vom Autor verarbeiteten Details kann es nicht ausbleiben, dass sich einzelne Fehler eingeschlichen haben (worauf auch bereits von reformierter Seite hingewiesen wurde). Aus „Brüder“-Sicht möchte ich hier nur anmerken, dass Francis Emory Fitch, Alwyn Ball Jr. und John T. Pirie (Finanziers der Scofield-Bibel), Andrew Gray (vom Verlag Pickering & Inglis) sowie George H. Pember und Arno C. Gaebelein keine „Exclusive Brethren“ waren, wie Hummel behauptet.


Graeme Johanson: Searching For Elsewhere. Port Adelaide, Australien (Ginninderra Press) 2023. 304 Seiten. ISBN 978-1-76109-559-7.

Jugenderinnerungen eines 1946 geborenen Professors für Informationstechnik, der in einer Familie der Raven-Taylor-Brüder in Melbourne (Australien) aufwuchs. 1962 ausgeschlossen, gehörten sie zunächst einer „Outs“-Gruppe an, von der sich der Autor aber 1968 ebenfalls abwandte (wie vom christlichen Glauben überhaupt).


Varghese Mathai: Mahakavi K. V. Simon. The Milton of the East. New York u.a. (Bloomsbury Academic) 2023*. xxiv, 249 Seiten. ISBN 978-1-5013-8849-1.

Kunnampurathu Varghese Simon (1883–1944) war ein indischer Dichter und Lehrer, der 1918 eine freikirchliche Bewegung namens Viyojitha gründete, die sich 1929 mit den Offenen Brüdern zusammenschloss. Mahakavi („großer Dichter“) ist ein ihm verliehener Ehrentitel.

* In der auf Amazon zugänglichen Leseprobe steht 2024 als Erscheinungsjahr; tatsächlich muss das Buch aber bereits im Oktober 2023 herausgekommen sein.


David J(ohn) Murray: West Cumbria Brethren. The early years of five churches of the Christian Brethren movement in 19th century Cumberland. Brethren of the North 2. Workington (Selbstverlag/Amazon) 2023. 142 Seiten. ISBN 979-885017822-2.

Nach seinem 2022 erschienenen Band mit Lebensbildern von neun Missionaren aus Cumbria beschreibt Murray nun die Anfänge von fünf Offenen Brüdergemeinden in dieser Grafschaft (Keswick, Whitehaven, Workington, Cockermouth und Frizington).


Arthur T[appan] Pierson: Georg Müller. Niemals enttäuscht. Bielefeld (CLV) 2023. 286 Seiten. ISBN 978-3-86699-676-2.

Überarbeitete Fassung der klassischen Biografie Georg Müllers. Zuerst erschienen unter dem Titel Georg Müller von Bristol, Dinglingen (Verlag der St. Johannis-Druckerei) 1906,211996; teilweise auch in anderen Verlagen (Ott, Gotha; Spener, Marburg); der Titel Niemals enttäuscht spätestens ab der Ausgabe Gotha (Ott) 61930.


Margaret Skea: Angola in my Heart. The Story of Ruth Hadley. Bath (Echoes International) 2023. 145 Seiten. ISBN 978-1-9169058-3-2.

Biografie von Ruth Joy Hadley (1956–2017), die von 1982 bis 2016 als Missionarin der Offenen Brüder in Angola tätig war.


bmww2023Neil Summerton (Hrsg.): The Brethren Movement Worldwide. Key Information 2023. 6th Edition. Darvel, UK (OPAL Trust) 2023. xxviii, 435 Seiten. ISBN 978-1-907098-53-6.

Die 6., aktualisierte Auflage dieses internationalen Nachschlagewerks ist derzeit nur online verfügbar, soll aber 2024 auch im Druck erscheinen. Der Abschnitt über Deutschland wurde grundlegend überarbeitet und deckt jetzt auch die „blockfreien“ Gemeinden wieder ab (vgl. meine Kritik an der 5. Auflage von 2019). Verdienstvoll ist der 21-seitige Gesamtüberblick über die weltweite Geschichte der (Offenen) Brüderbewegung am Ende des Bandes.


Michael P. Veit: Pilger in einer fremden Welt. John Nelson Darbys Kommentare zu Jakobus, Petrus und Judas. Übersetzt und kommentiert von Michael P. Veit. Hamburg (disserta) 2023. 232 Seiten. ISBN 978-3-95935-608-4.

Auf den 2022 erschienenen Band über den Kolosserbrief folgt nun eine Zusammenstellung von (größtenteils erstmals übersetzten) Kommentaren Darbys zu den Briefen von Jakobus, Petrus und Judas. Nach Auskunft des Autors wird man dabei „teils erschreckende Parallelen zu den kirchlichen und religiösen Fehlentwicklungen unserer Zeit entdecken“.


Andrew W. Wilson: Assembly Autopsy. Why Brethren Churches are Dying and How to Revive Them. North Lakes, Australien (Believers Publications) 2023. 220 Seiten. ISBN 978-0-9943977-8-2.

Der aus Australien stammende Autor ist seit 1994 vollzeitlich im Dienst der Offenen Brüdergemeinden in England und Amerika tätig.


David Wilson: The Electrician’s Children. How an Irish family took Jesus’ conspiracy of hope across the globe. Dublin (Agapé Ireland) 2023. 322 Seiten. ISBN 978-0-9565814-3-3.

Erinnerungen einer irischen Missionarsfamilie der Offenen Brüder, die über drei Generationen auf fünf Kontinenten tätig war.


Pennie Wood: A Feather in the Fog. One Woman’s Escape from the Exclusive Brethren. Ohne Ort (Knotted Road Press / Amazon) 2023. 238 Seiten. ISBN 979-886569011-5.

Ein weiteres Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbuch. In diesem Fall allerdings keine Autobiografie, sondern die von fremder Hand verfasste Lebensgeschichte einer 1979 geborenen, anonym (bzw. pseudonym) bleibenden Amerikanerin.


Klaus-Dieter Zunke (Hrsg.): Gemeinsam unterwegs als Soldat und Christ. 125 Jahre (1898–2023) – Vom „Bund gläubiger Offiziere“ zur „Cornelius-Vereinigung e.V. (CoV) – Christen in der Bundeswehr“.  Leipzig (Evangelische Verlagsanstalt) 2023. 228 Seiten. ISBN 978-3-374-07358-0.

Der Sammelband enthält zwei Aufsätze mit Bezug zur Brüderbewegung:

  • Klaus-Dieter Zunke: „Der Gründer – Georg von Viebahn (S. 43–46)
  • Hartmut Wahl: „Einblicke in den ‚Bund gläubiger Offiziere‘ (S. 49–56)

AUFSÄTZE


bhr2018Ausgabe 18 (2022) der Brethren Historical Review erschien erst Ende Februar 2023 und wird daher auch erst in dieser Bibliografie berücksichtigt. Sie enthält (neben etlichen Rezensionen) folgende Beiträge:

  • Crawford Gribben: „Dating Darby’s Addresses to his Roman Catholic Brethren (S. 1–14)
  • Douglas Wertheimer: „The Truth About 1843, and Why It’s Important: Gosse, Brethren, Jamaica, and the Scorpion (S. 15–63)
  • Timothy C. F. Stunt: „New Source Materials for the Open Brethren in the 1850s (S. 64–74)
  • Sam McKinstry / Neil Dickson: „Elusive Exclusive? John Murray Robertson (1844–1901), Architect, Dundee (S. 75–122)
  • Sam K. John: „A Quest for Radical Reformation: The Emergence of the Kerala Brethren at the Dawn of the Twentieth Century (S. 123–157)
  • Tim Grass: „The Historiography of Harold Rowdon (S. 158–164)
  • Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 165–169)
  • Ian Randall: „Harold Hamlyn Rowdon (1926–2021) (S. 216–228)

Die aktuelle Ausgabe 19 (2023) der Brethren Historical Review ist ebenfalls wieder bis Jahresende nicht erschienen und kann daher erst in der nächsten Bibliografie berücksichtigt werden.


Howard A. Barnes: „Donald Ross (1823–1903)“. In: Precious Seed 78 (2023), Heft 4, S. 8 (auch online).

Donald Ross, dessen Geburtstag sich am 11. Februar zum 200. Mal jährte, wirkte ab 1858 als Evangelist in Schottland, schloss sich 1871 den Offenen Brüdern an und wanderte 1876 nach Nordamerika aus, wo er zahlreiche Gemeinden gründete.


Wolfgang Bühne: „Ungewöhnliche Bekehrungen. Was Gott aus einem Taugenichts und Schurken machen kann!“ In: fest und treu 182 (2/2023), S. 8f.

Über die Bekehrung von Georg Müller (1805–1898). Das ganze Heft ist auch online verfügbar.


Bert Cargill: „Frederick W. Baedeker 1823–1906“. In: Precious Seed 78 (2023), Heft 1, S. 10f. (auch online).

Der Geburtstag des aus Deutschland stammenden, in England zum Glauben gekommenen Russlandmissionars Friedrich Wilhelm Baedeker jährte sich am 3. August ebenfalls zum 200. Mal (vgl. meinen Blogeintrag).


Mariana Espinosa: „Matrimonio y mujeres en el movimiento misionero Christian Brethren (Argentina, 1882–1960)“. In: Redes, empresas e iniciativas misioneras en América del Sur. Siglos XIX y XX. Hrsg. von Eric Morales Schmuker und Rocío Guadalupe Sánchez. Santa Rosa, Argentinien (Eric Morales Schmuker) 2023. S. 163–185 (auch online).

Soziologisch-anthropologische Untersuchung über Ehe und Frauen bei den Offenen Brüdern in Argentinien.


Lisa Heinz-Dönges: „Groß durch die Liebe. Zum 100. Todestag von Emil Dönges“. In: Zeit & Schrift 26 (2023), Heft 6, S. 16–25 (auch online).

Das wohl umfangreichste Lebensbild von Emil Dönges, verfasst von seiner Tochter Lisa und erschienen zu seinem 100. Geburtstag im Botschafter des Friedens 63 (1953), S. 29–36, wurde hier in leicht überarbeiteter Form wiederveröffentlicht und mit 38 historischen Anmerkungen versehen. Zu Dönges vgl. auch meinen Blogeintrag vom 7. Dezember.


Stephan Holthaus: „Weitblick des Glaubens. Friedrich Wilhelm Baedeker – der Evangelist Russlands“. In: Zeit & Schrift 26 (2023), Heft 5, S. 24–29 (auch online).

Die heute maßgebende biografische Studie über Friedrich Wilhelm Baedeker erschien 2006 auf Deutsch in dem gleichnamigen Büchlein von Stephan Holthaus und Ulrich Bister und 2013 auf Englisch in dem Wiedenester BAHN-Tagungsband Witness in Many Lands. Der hier wiederveröffentlichte, zuerst zum 100. Todestag in der Perspektive 6 (2006), Heft 12, S. 22–25 publizierte Artikel ist eine Kurzfassung davon.


Anand Jonathan Kanchan: „A Role of Printing Press towards Developing of Brethren Movement in Karnataka“. In: Research Methods in Multidisciplinary Subjects. Vol. 1. Hrsg. von Mohd. Shaikhul Ashraf, Sandhya Sharma, Rajalakshmi R, Chetna Gupta, Ankita Chaudhary und Anu Verma. Lunawada, Indien (red’shine Publication) 2023. S. 175–184.

Über die Rolle von gedruckten Publikationen bei der Entwicklung der Brüderbewegung im südindischen Bundesstaat Karnataka. Wie der Titel bereits zeigt, ist der Aufsatz in erstaunlich fehlerhaftem Englisch verfasst, insbesondere was den Artikelgebrauch angeht (“In the history of India printing press played important role”). Der gesamte Band ist auch online verfügbar.


Andreas Liese: „Auf dass sie alle eins seien. Freikirchliche Vereinigungsbemühungen 1937 bis 1941“. In: Entgrenzungen. Festschrift zum 60. Geburtstag von Andrea Strübind. Hrsg. von Sabine Hübner und Kim Strübind. Berlin (Duncker & Humblot) 2023. S. 151–191.

Bereits kurz vor dem Verbot von 1937 gab es Bestrebungen, Baptisten, Freie evangelische Gemeinden, Offene und Geschlossene Brüder zu einem Bund zusammenzuschließen; später wurden auch noch die Bischöfliche Methodistenkirche und die (ebenfalls methodistische) Evangelische Gemeinschaft ins Auge gefasst. Der Aufsatz stellt die Verhandlungen dieser Gruppen bis 1941 im Einzelnen dar und zeigt, warum der Zusammenschluss letztlich nicht über Baptisten und BfC hinausging.


Armin Lindenfelser: „Die Entwicklung der Brüdergemeinden im badischen Land“. In: Zeit & Schrift 26 (2023), Heft 3, S. 20–27 (auch online); Heft 4, S. 26–33 (auch online).

Baden gilt gemeinhin nicht als besonderes Zentrum der Brüderbewegung. Mithilfe von Adressverzeichnissen, mündlichen und schriftlichen Erinnerungen gelingt es dem Autor dennoch, wesentliche Züge der badischen Brüdergeschichte („geschlossen“ wie „offen“) zu rekonstruieren.


Ronaldo Magpayo: „The Lord’s Supper in a Filipino Perspective“. In: Logoi Pistoi / Faithful Words 6 (2023), S. 70–79.

Über die Bedeutung des Brotbrechens „aus der Perspektive der philippinischen indigenen Werte“, insbesondere für Brüdergemeinden. Der ganze Band ist auch online verfügbar.


David Maxwell: „Not Peace but a Sword: Missionaries, Humanitarianism, and Slavery in Late Nineteenth-Century Central Africa“. In: Pacifying Missions. Christianity, Violence, and Empire in the Nineteenth Century. Studies in Christian Mission 58. Hrsg. von Geoffrey Troughton. Leiden/Boston (Brill) 2023. S. 107–129.

Der Autor vergleicht die Reaktionen von Missionaren der katholischen Weißen Väter und der Offenen Brüder (Frederick Stanley Arnot, Dan Crawford) auf die sozialen Bedingungen im Zentralafrika des späten 19. Jahrhunderts.


Ian Randall: „Harold Hamlyn Rowdon (1926–2021)“. In: Partnership Perspectives 75 (Autumn 2022 / Winter 2023), S. 5–14 (auch online).

Nachruf auf den am 3. Oktober 2021 verstorbenen Dozenten für Kirchengeschichte am London Bible College und Autor des bahnbrechenden Werkes The Origins of the Brethren 1825–1850 (1967). Der Artikel erschien auch in Ausgabe 18 (2022) der Brethren Historical Review (s.o.).


Max Weremchuk: „John Nelson Darby (1800–1882)“. In: Discovering Dispensationalism. Tracing the Development of Dispensational Thought from the First to the Twenty-First Century. Hrsg. von Cory M. Marsh und James I. Fazio. El Cajon, CA (Southern California Seminary Press) 2023. S. 205–246 (auch online).

In dem Sammelband wird die Geschichte dispensationalen Denkens vom 1. bis zum 21. Jahrhundert (wohlwollend) nachgezeichnet. Das umfangreiche Kapitel von Max Weremchuk untersucht John Nelson Darbys Rolle in dieser Entwicklung.


HOCHSCHULSCHRIFTEN


Kate Brooks: ‘She appears a promising child’: The Role of the C19th Orphanage in Categorising Young Care Leavers in Terms of Productive Labour. A Critical Case Study of Muller’s New Orphan Homes’ Dismissal Books 1830s–1890s. PhD Thesis, Bath Spa University, Bath 2023. 260 Seiten (auch online).

Wenn die Kinder in Georg Müllers Waisenhäusern das Erwachsenenalter erreichten, wurden sie in die Arbeitswelt entlassen und mit Empfehlungen für ihre beruflichen Einsatzmöglichkeiten versehen. Die Autorin untersucht die Entlassungsbücher mithilfe der (marxistischen) „Kritischen Diskursanalyse“ und kommt zu dem Schluss, dass die Waisenhäuser „trotz ihrer evangelikalen Rhetorik nach den Grundsätzen der kapitalistischen Effizienz arbeiteten“. Durch Brooks’ Dissertation werde Müller „zum ersten Mal in den komplexen sozialen, ökonomischen und kulturellen Kontexten Großbritanniens im 19. Jahrhundert verortet“, und es werde „die Vermischung von guten Absichten und engstirnigen Vorurteilen, die solchen Werken zugrunde lag, diskursiv erfasst“.


Darin Duane Lenz: Henry Craik (1805–66), from St. Andrews to Bristol: An Irenic Scotsman and the Call for a Second Reformation. MTh Thesis, University of Glasgow / Edinburgh Theological Seminary 2022/23. 115 Seiten (auch online).

Nachdem Lenz 2010 bereits eine umfangreiche Dissertation über Georg Müller vorgelegt hatte – wahrscheinlich die erste über Müller überhaupt –, folgt nun die wohl erste akademische Arbeit über Müllers Kollegen Henry Craik. (Warum der Autor es allerdings nötig hatte, über zehn Jahre nach seiner Promotion noch eine Masterarbeit zu schreiben, und warum er die Dissertation in der Masterarbeit trotz des verwandten Themas kein einziges Mal erwähnt, entzieht sich meiner Kenntnis.)


Vilhelm Edvard i Lida: Brødremenigheden på Færøyene sommeren 2022. Observasjoner av forhold medlemmer var opptatt av. MA Thesis, Universität Bergen 2023. 99 Seiten (auch online).

Eine Untersuchung in norwegischer Sprache über die Haltung färöischer Brüdergemeindler zu sozialen Fragen wie Geschlechterrollen, Kleidung, Sprache, Alkoholkonsum, Teilnahme am Nationalfeiertag Ólavsøka und Identität.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2022

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen.

In vier frühere Bibliografien habe ich inzwischen noch Nachträge aufgenommen:

  • 2021: Bücher von Fay, Martin, Skemmuni und Tonkin
  • 2020: Aufsatz von Fazio
  • 2018: Aufsätze von Răduţ, Shaw und Walter
  • 2017: Aufsätze von Baker und Răduţ

BÜCHER


Sinésio Barreto: McNair: uma vida. Petrópolis (Selbstverlag) 2022. 158 Seiten. ISBN 978-65-00-42949-7.

Biografie des englischen Brasilien-Missionars Stuart Edmund McNair (1867–1959). Zunächst „geschlossen“, wandte er sich später „offenen“ Kreisen zu (ähnlich wie Harold St John, mit dem er zusammenarbeitete). In portugiesischer Sprache.


John A. H. Dempster: Choosing Joy. A memoir of spiritual trauma survived. Market Harborough (Matador) 2022. xvi, 406 Seiten. ISBN 978-1-80313-224-2.

Autobiografie eines 1952 geborenen Schotten, dessen Familie während seiner ersten knapp zehn Lebensjahre den Offenen Brüdern angehörte und der heute Episkopaler ist. Begleitend zum Buch erstellte er eine Website.

Dempster veröffentlichte 1986 auch einen Aufsatz über die Verlage der schottischen Offenen Brüder: „Aspects of Brethren publishing enterprise in late nineteenth century Scotland“, in: Publishing History 20 (1986), S. 61–101 (Vorschau).


Gilles Despins: The Darby Bible and Its History. Its purpose, principles of translation and progress. London (Chapter Two) 2022. 150 Seiten. ISBN 978-1-85307-271-0.

Englische Ausgabe des vor drei Jahren auf Französisch erschienenen Buches (vgl. meine Bemerkungen in der Bibliografie 2019).


Footsteps Worth Following. 150 years of mission – 150 photographs – 150 stories. Bath (Echoes International) 2022. x, 308 Seiten. ISBN 978-1-9169058-1-8.

Jubiläumsband zum 150-jährigen Bestehen der wichtigsten britischen Missionsgesellschaft der Offenen Brüder, Echoes International.


Paul Geyser: Die ihr Leben nicht schonten. Wie Gott Johannes & Susanna Meyer auf erstaunliche Weise in der Mission führte. Steffisburg (Edition Nehemia) 2022. 182 Seiten. ISBN 978-3-906289-47-2.

Romanhafte Biografie des Schweizers Johannes Meyer (1814–1847), der ab 1840 als Missionar der „Brüder“ in Britisch-Guayana wirkte.

Zuvor erschienen als: Mit eisernem Willen. Eine Erzählung aus dem Leben des Indianermissionars Joh. Meyer. Stuttgart/Basel (Evangelischer Missionsverlag / Basler Missionsbuchhandlung) 1905, ²1923, ³1927. – Die ihr Leben nicht schonten. Die ungewöhnlichen Entscheidungen eines jungen Ehepaares, das alle Sicherheiten hinter sich läßt und ans Ende der Welt geht. Wuppertal (R. Brockhaus) 1981. – Für die Neuausgabe sprachlich überarbeitet und inhaltlich korrigiert.


David W[alter] Gill: What Are You Doing About It? The Memoir of a Marginal Activist. Eugene, OR (Resource Publications / Wipf & Stock) 2022. xix, 434 Seiten. ISBN 978-1-6667-5046-1.

Autobiografie eines 1946 geborenen Ethikprofessors, der unter den Tunbridge-Wells-Brüdern in Oakland (Kalifornien) aufwuchs. Mit 25 Jahren wurde er ausgeschlossen, weil er Artikel in einer Zeitschrift der linksevangelikalen Christian World Liberation Front veröffentlicht hatte. In den folgenden vier Jahren hielt er sich zu den Offenen Brüdern, bevor er der Evangelical Covenant Church beitrat. Die Zeit bei den Tunbridge-Wells-Brüdern wird in Kapitel 8 ausführlich beschrieben.


Bert Koene: Hoe strenge protestanten de homeopathie kaapten. Het bewind van de familie Voorhoeve, 1886–1951. Zutphen (Walburg Pers) 2022. 288 Seiten. ISBN 978-94-624-9933-1.

Dem Autor zufolge wurde die niederländische Homöopathie von 1886 bis 1951 von der Familie Voorhoeve und anderen „strengen Protestanten“ (insbesondere „Brüdern“) beherrscht. Nicolaas Anthony Johannes Voorhoeve (1854–1922), der jüngste Bruder von Hermanus Cornelis Voorhoeve (1837–1901) und Gründer der Vereniging tot bevordering der Homoeopathie in Nederland (1886), habe die Homöopathie zu einer „christlich gefärbten Heilkunde“ machen wollen und zu diesem Zweck viele Glaubensbrüder in den Vorständen von Krankenhäusern und Vereinigungen untergebracht. Erst mit dem Tod seines Sohnes Jacob Nicolaas (1882–1951) sei die „religiöse Färbung“ der niederländischen Homöopathie verschwunden. – Das Buch enthält auch über das Thema Homöopathie hinaus viel Interessantes über die Familie Voorhoeve.


Elizabeth Laird: The Misunderstandings of Charity Brown. London (Macmillan) 2022. 352 Seiten. ISBN 978-1-5290-7563-2.

Teilweise autobiografisches Jugendbuch über ein Mädchen, das in den 1950er Jahren unter den Offenen Brüdern in London aufwächst.


David J(ohn) Murray: They went from Cumbria. Heralds of the Cross around the globe from churches of the Christian Brethren Movement in 19th & 20th century Cumbria. Workington (Selbstverlag) 2022. vii, 122 Seiten. ISBN 979-835496154-2.

Neun Lebensbilder von Missionaren der Offenen Brüder aus der Grafschaft Cumbria.


Felix vom Stein: Die Geschwister aus der Heidenstraße. 115 Jahre. Hückeswagen (Selbstverlag) 2022. 127 Seiten.

Opulent bebilderte Geschichte der Geschlossenen Brüder in Hückeswagen.


Neil Summerton: ‘I thanked the Lord, and asked for more’. George Müller’s Life and Work. Foreword by David Bebbington. Studies in Brethren History, Subsidia. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2022. xix, 359 Seiten. ISBN 978-1-7391283-0-2.

Die erste in Buchform erschienene wissenschaftliche Studie über Georg Müller. Nach einem knappen Überblick über sein Leben (S. 11–28) werden einzelne Themenbereiche vertieft, z.B. seine Theologie (S. 31–60), seine gemeindliche Identität (S. 63–85), seine Predigttätigkeit (S. 143–182) und seine Waisenhausarbeit (S. 257–311).


Bettina Tietjen: Früher war ich auch mal jung. Eine Zeitreise durch meine Tagebücher. München (Piper) 2022. 304 Seiten. ISBN 978-3-492-07116-1.

Die 1960 geborene Fernsehmoderatorin Bettina Tietjen geb. Schniewind wuchs ab ihrem 4. Lebensjahr unter den Geschlossenen Brüdern in Elberfeld (Hochstraße 47) auf und thematisiert dies auch ausführlich in ihrem Buch, insbesondere in Kapitel 3. Das christliche Medienmagazin PRO berichtete 2023 wiederholt über ihre Erfahrungen (11. Mai, 30. August, Printausgabe 4/2023).


Michael P. Veit: Unterwegs nach Schonda. John Nelson Darbys Auslegungen des Kolosserbriefes, übersetzt und kommentiert von Michael Veit. Hamburg (disserta) 2022. 220 Seiten. ISBN 978-3-95935-584-1.

Der Autor ist der Auffassung, „dass in Darbys Kolosser-Kommentaren im Grunde nahezu der gesamte Reichtum seiner Theologie ausgebreitet ist“. Da diese Kommentare – abgesehen von der Synopsis – bisher nicht auf Deutsch vorlagen, werden sie hier in kommentierter Übersetzung zugänglich gemacht.


wahlrohrHartmut Wahl: Kein bedingungsloser Gehorsam. Karl von Rohr-Levetzow – ausgelöscht und vergessen. Unterstützt von Rafold von Rohr. Muldenhammer (Jota) 2022. 337 Seiten. ISBN 978-3-949069-01-7.

Hartmut Wahl veröffentlichte bereits 2018 in der Perspektive erste Erkenntnisse über den Offenen Bruder Karl von Rohr-Levetzow (1878–1945), der bis 1939 BfC-Reisebruder war und im April 1945 unter ungeklärten Umständen von der SS ermordet wurde – möglicherweise wegen seiner Kontakte zum Widerstand (Henning von Tresckow war sein Neffe). In diesem Buch sind die Resultate umfassender weiterer Recherchen niedergelegt.

Eine Rezension von Hartmut Kretzer erschien in Zeit & Schrift 2/2022, S. 32–34.


AUFSÄTZE


Philip Church: „Separation from the (Evil) World: 2 Timothy 2.19–21 and the Plymouth Brethren Christian Church“. In: The Bible Translator 73 (2022), S. 252–267.

Exegetische und philologische Untersuchung zu Darbys englischer Übersetzung von 2Tim 2,19–21, einer der Kernstellen der „exklusiven“ Absonderungslehre. Während die alte Elberfelder Bibel den Satz „Wenn nun jemand sich von diesen reinigt“ (V. 21) lediglich in einer Fußnote durch den Hinweis erläuterte: „Eig. sich von diesen wegreinigt, d.h. sich reinigt, indem er sich von ihnen absondert“, nahm Darby diese Erläuterung in seiner englischen Ausgabe ohne jede Kennzeichnung in den Text selbst auf (“If therefore one shall have purified himself from these, in separating himself from them”).

Der Verfasser des Artikels stammt aus einer Familie in Auckland (Neuseeland), die sich 1956 von den Raven-Taylor-Brüdern trennte und sich 1960 den Cowell-Brüdern anschloss. Zusammenfassung auch online.


Jean DeBernardi: „Pietism, the Brethren Movement, and the Globalization of Evangelical Christian Practice“. In: Journal of Early Modern History 26 (2022), S. 124–145.

Über den Einfluss des Pietismus auf die Missionsarbeit der Offenen Brüder. Zusammenfassung auch online.


Neil Dickson: „The Brethren in Scotland: A Historical Overview during the Long Twentieth-Century“. In: Religions 13 (2022), Ausgabe 6, Artikel 504. 18 Seiten (online).

Der Autor berücksichtigt Offene und Geschlossene Brüder in Schottland und geht auf geographische und soziale Verteilung, Spaltungen, Verhältnis zu Kultur und Gesellschaft sowie zahlenmäßige Stärke ein.


Bernard Doherty / Laura Dyason: „Revision or re-branding? The Plymouth Brethren Christian Church in Australia under Bruce D. Hales 2002–2016“. In: Radical Transformations in Minority Religions. Hrsg. von Beth Singler und Eileen Barker. Routledge Inform Series on Minority Religions and Spiritual Movements. Abingdon / New York (Routledge) 2022. S. 152–171.

Über Veränderungen der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder seit der Leitungsübernahme durch Bruce D. Hales 2002. Schwerpunkte sind „The Review“ (Überprüfung von Ausschlüssen vorangegangener Jahrzehnte und Versuch, die Ausgeschlossenen zurückzugewinnen, ca. 2003), Politik, Bildung, Technik und Wohltätigkeit.

Die Beschriebenen erhalten im selben Band Gelegenheit zu einer Stellungnahme:

PBCC: „Appendix to revision or re-branding? The Plymouth Brethren Christian Church 2002–2016“. Ebd., S. 172–174.

Die Hales-Brüder bestreiten, dass sie ihren Kurs geändert hätten, um sich den herrschenden Bedingungen anzupassen; vielmehr seien sie „ihren Grundwerten treu geblieben, um einen Weg durch dieses Zeitalter zu finden und gleichzeitig einen Weg, allen Gutes zu tun (Galater 6,10)“.


weilderhimmelsingtAndreas Ebert: „Glaubenslieder 2015. Die Geschichte hinter dem Buch“. In: Weil der Himmel singt … Musik in der Gemeinde Gottes im 21. Jahrhundert. Hrsg. von Thomas Hammer, Kai Müller und Marco Vedder. Dillenburg (Christliche Verlagsgesellschaft) 2022. S. 311–318.

Entstehungsgeschichte des von den meisten Gemeinden der „offenen“ Brüdergruppen verwendeten Liederbuchs Glaubenslieder 2015 – einschließlich eines knappen Abrisses der Vorgeschichte seit den 1850er Jahren in Form von drei kommentierten Zeittafeln. An den Letzteren erlaube ich mir einige Detailkorrekturen vorzunehmen:

  • Die „erste Brüdergemeinde in Düsseldorf“ kann noch nicht 1847 entstanden sein, denn wie wir spätestens seit August Jungs Buch von 2002 (!) wissen, kam Julius Anton von Poseck erst 1848 zum Glauben.
  • 1850 als Erscheinungsjahr der Lieder für die Kinder Gottes (1. Auflage) ist sicher ebenfalls zu früh angesetzt. Da Wigram das Heft im Juli 1852 von Düsseldorf nach England mitnahm, muss es aber spätestens dann vorgelegen haben.
  • Die Ausgabe 1858 der Kleinen Sammlung geistlicher Lieder wurde von Carl Brockhaus als 1. Auflage gezählt, nicht als 2.; die Erstausgabe von 1853 könnte man daher als „0. Auflage“ bezeichnen.
  • Dass die Erweiterung der Kleinen Sammlung auf 300 Lieder schon 1978 fertig gewesen sei, aber bis 1990 „in der Schublade“ gelegen habe, erscheint mir zweifelhaft; laut einem Artikel in der Wegweisung 5/1990 war die Erweiterung „seit mehr als drei Jahren“ vorgesehen, aber nicht seit zwölf.
  • Dass die 300er-Ausgabe der Kleinen Sammlung (1990) ein „Ladenhüter“ geblieben sei, weil man bereits auf die Glaubenslieder (1993) gewartet habe, widerspricht der Darstellung in der Wegweisung 2/1994, wonach bei Erscheinen der 300er-Ausgabe „trotz Befragens“ noch keine Rede von einer Neuausgabe der Glaubenslieder gewesen sei.

Interessant finde ich die Einschätzung, dass der zweite Band der Glaubenslieder von 2005 „etwas unreif“ und „unfertig“ gewesen sei. Schwer nachvollziehbar wiederum folgende kategorische Aussage:

Und dann gibt es Lieder, die sind einfach nicht „löschbar“. Kann man ein Lied wie „Ein feste Burg ist unser Gott“ einfach weglassen? Nein. Ausgeschlossen.

„Ein feste Burg“ wurde erst 1959/61 bei der Erweiterung auf 250 Lieder überhaupt in die Kleine Sammlung aufgenommen, war also über ein Jahrhundert lang von den „Brüdern“ als durchaus entbehrlich angesehen worden. Dass das Lied heute – unabhängig von seiner tatsächlichen Nutzung – zu den „nicht weglassbaren“ gehören soll (offenbar wegen seines prominenten Dichters?), halte ich für äußerst befremdlich.

Im Abschnitt „Neue Lieder“ heißt es u.a.:

Denn keinesfalls sollte in den Liedern etwas ausgesagt werden, was im Widerspruch zur biblischen Wahrheit steht.

Diesem Satz dürfte in der Theorie wohl jeder zustimmen. Ob alle neuen Lieder in den Glaubensliedern 2015 diesem Anspruch jedoch auch in der Praxis genügen, wird bekanntlich durchaus kontrovers beurteilt.


Jacob Chengwei Feng: „Against the Tide: The Ecclesiology of the Local Churches Movement in the Colonial Context and Its Contribution to a Glocal Church“. In: Journal of the Evangelical Theological Society 65 (2022), S. 239–259 (auch online).

Der Aufsatz behandelt u.a. den Einfluss der „Brüder“ auf Watchman Nee (1903–1972) und seine Bewegung sowie seine kurzzeitige Verbindung mit ihnen.


Brian Gunning: „Homecall: Arnot McIntee“. In: Cornerstone 6 (2022), Heft 2, S. 13 (auch online).

Nachruf auf einen kanadischen Evangelisten, Hirten und Lehrer der Offenen Brüder (1924–2021), der lange Zeit im Radio predigte und zuletzt noch einen YouTube-Kanal unterhielt.


hilbertMatthias Hilbert: „Carl Brockhaus – Prägende Gestalt der deutschen Brüderbewegung“. In: ders.: Unvergessene Wuppertaler und oberbergische Glaubensboten. Zwölf Personenporträts. Dillenburg (Christliche Verlagsgesellschaft) 2022. S. 245–278.

Der Titel fasst den Inhalt des insgesamt verdienstvollen Aufsatzes treffend zusammen. Leider verwendet der Autor keine nach 1999 erschienene brüdergeschichtliche Literatur, sodass etliche längst überwunden geglaubte Irrtümer älterer Darstellungen hier wiederbelebt und durch (vermutlich) eigene noch vermehrt werden. Nachstehend eine Auswahl:

  • Carl Brockhaus sei in „Himmelwert“ geboren (tatsächlich Himmelmert)
  • Darbys Vater sei „Lord“ gewesen (dieser Titel war dem Hochadel vorbehalten, während die Darbys nur der Gentry angehörten)
  • Darby habe Theologie studiert (dafür gibt es keine Belege; die Ordination zum Geistlichen war auch mit einem anderen Studium möglich)
  • Benjamin Wills Newton sei der jüngere Bruder „des später so bekannten Kardinals John Henry Newton“ gewesen (eine Verwechslung mit Francis William Newman, dem Bruder von Kardinal John Henry Newman)
  • Darby habe die Versammlung in Plymouth (auch) wegen Newtons „Ansichten über die Person Jesu“ verlassen (Letztere kamen erst 1847 ans Licht, aber Darby trennte sich bereits 1845 wegen Newtons Position als De-facto-Gemeindeleiter)
  • das Alte Testament der Elberfelder Bibel sei fünf Jahre nach dem Neuen Testament entstanden (tatsächlich 15 Jahre)
  • die Kleine Sammlung geistlicher Lieder sei erstmals 1858 erschienen (tatsächlich 1853)
  • in der letzten Auflage zu Carl Brockhaus’ Lebzeiten (1898) habe die Kleine Sammlung 145 Lieder enthalten (tatsächlich 137)
  • die Geschlossenen Brüder seien 1937 „aufgrund ihrer Organisationslosigkeit“ verboten worden (tatsächlich unterstellte man ihnen aufgrund ihrer Absonderungslehre eine staatsfeindliche Haltung)

Eine Rezension (des gesamten Buches) von Hartmut Wahl erschien in Zeit & Schrift 6/2022, S. 32–34.


Matthias Hilbert: „Als Grafe, Köbner und Brockhaus ihr eigenes Süppchen kochten … und sich im Wuppertal unterschiedliche freikirchliche Gemeinden bildeten“. In: Perspektive 20 [recte 22] (2022), Heft 4, S. 37f.

Zwischen 1852 und 1854 entstanden im Wuppertal drei verschiedene freikirchliche Gemeinden: die Baptistengemeinde von Julius Köbner (1852), die Brüdergemeinde von Carl Brockhaus (1853) und die Freie evangelische Gemeinde von Hermann Heinrich Grafe (1854). Der Artikel beleuchtet kurz die Gründe für diese Diversität.


Matthias Hilbert: „Damals im Wuppertal. Als Grafe, Köbner und Brockhaus ihr eigenes Süppchen kochten“. In: Die Gemeinde [77] (2022), Heft 15/16, S. 28f.

Revidierte Version des vorgenannten Artikels. In den Abschnitt über Köbner und Grafe wurde die Position der baptistischen Kirchenhistorikerin Andrea Strübind eingearbeitet, der Abschnitt über Brockhaus wurde gekürzt.


Gerhard Jordy: „Carl Brockhaus – und was wir von ihm lernen können“. In: Zeit & Schrift 25 (2022), Heft 2, S. 20–25 (auch online).

Geringfügig überarbeiteter Nachdruck eines zuerst 1999 in der Wegweisung erschienenen Artikels.


Volker Kessler: „‘Women, forgive us’: A German case study“. In: HTS Teologiese Studies / Theological Studies 78 (2022), Nr. 2. 7 Seiten (online).

Über die Rolle der Frau in deutschen Brüdergemeinden. Der Autor berichtet u.a. von eigenen Erfahrungen in einer Freien und einer BEFG-Brüdergemeinde und plädiert für volle Gleichberechtigung der Geschlechter, auch in Lehre und Leitung.


Joachim Köhler: „Leben im Vertrauen. Das Vorbild von Georg Müller“. In: Perspektive 20 [recte 22] (2022), Heft 2, S. 32f.

Über Georg Müller (1805–1898) als Glaubensvorbild.


Andreas Liese: „Sich vom Bösen trennen – Absonderungslehren in der Brüderbewegung“. In: Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung 1525–2025. Themenjahr 22: gewagt! konsequent leben. Hrsg. vom Verein 500 Jahre Täuferbewegung 2025 e.V. Kassel (Oncken / Blessings 4 you) 2022. S. 70f.

Die Absonderungslehre der Geschlossenen Brüder wird kurz in ihrer Entwicklung skizziert, kirchengeschichtlich eingeordnet und theologisch reflektiert.


Andreas Liese: „Brüderbewegung in Deutschland“. In: Konfessionskunde. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, dem Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik und dem Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes. 2022 (online).

Überblicksartikel zur Brüderbewegung in einer neuen ökumenischen Online-Konfessionskunde. Behandelt werden gegenwärtige Situation, Geschichte, Glaubensinhalte, Gottesdienste, Ethik und Haltung zur Ökumene.


Armin Lindenfelser: „Hymnologische Aspekte der Entwicklung des Gesangbuchs der deutschen Brüderbewegung (Kleine Sammlung geistlicher Lieder)“. In: Zeit & Schrift 25 (2022), Heft 1, S. 22–33 (auch online).

Über Grundsätze, Geschichte, Quellen und Einflüsse der Gesangbücher Lieder für die Kinder Gottes (von Julius Anton von Poseck) und Kleine Sammlung geistlicher Lieder (von Carl Brockhaus).


Joseph Webster: „Anthropology-as-theology: Violent endings and the permanence of new beginnings“. In: American Anthropologist 124 (2022), S. 333–344 (auch online).

Anthropologische Untersuchung über den gewalttätigen Charakter von Endzeitvorstellungen der „Brüder“ und der Zeugen Jehovas.


Joseph Webster: „Whose Sins Do the Brethren Confess? The Problem of Sin as the Problem of Expiation“. In: Ethnos. Journal of Anthropology 87 (2022), S. 679–695.

Nach Ansicht des Autors bekennen die (Ex-Taylor-)„Brüder“ im schottischen Fischerdorf Gamrie in ihren Zusammenkünften nicht ihre eigenen Sünden, sondern die der „gefallenen Welt“. Dieses Phänomen wird aus anthropologischer Sicht untersucht. Zusammenfassung auch online.


Joseph Webster: „Nor shadow of turning: Anthropological reflections on theological critiques of doctrinal change“. In: TAJA. The Australian Journal of Anthropology 33 (2022), S. 360–382 (auch online).

Eine der im Rahmen dieser Fallstudie untersuchten Glaubensgemeinschaften sind erneut die (Ex-Taylor-)„Brüder” in Gamrie.


Ausgabe 18 (2022) der Brethren Historical Review ist leider bis Jahresende noch nicht erschienen und kann daher erst in der nächsten Bibliografie berücksichtigt werden.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2021

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen.

In drei frühere Bibliografien habe ich inzwischen noch Nachträge aufgenommen:

  • 2020: Bücher von Cotherman, Hall und Plant; Aufsätze von Ice, Jensen, Maghenzani und Styler
  • 2019: Bücher von Arnot und Cleeves
  • 2017: Buch von Aebi-Mytton; Aufsatz von Thomas

BÜCHER


Kevin Cockburn: The Tattooed Saint. Born into a Cult. Belfast (Maurice Wylie Media) 2021. 249 Seiten. ISBN 978-1-8384838-5-2.

Der Boom der Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbiografien setzt sich fort. Kevin Cockburn, 1973 geboren und in Liverpool aufgewachsen, geriet nach seinem Ausstieg in Drogen und Kriminalität und fand im Gefängnis wieder zum christlichen Glauben zurück.


Tom Fay: Let the Children Come. The Life of George Müller. San Diego, CA (Coast Publishing) 2021. 336 Seiten. ISBN 978-0-9746374-4-0.

Biografischer Roman, der Georg Müller in die heutigen USA versetzt.


Jaime Fernández Vázquez: Historia de un Pueblo. Un Pueblo con Historia. Barcelona (Abba Distribuidora Cristiana) 2021. 287 Seiten. ISBN 978-84-18577-42-0.

Geschichte der „Brüder“ im nordwestspanischen Ort Infesta (Provinz Ourense, Galicien).


Gilbert A. Gleason: Love So Amazing. The Missionary Biography of Bert and Colleen Elliot. Foreword by Randy Alcorn. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2021. 291 Seiten. ISBN 978-1-7369174-0-4 (Hardcover), 978-1-7369174-1-1 (Paperback), 978-1-7369174-2-8 (Kindle).

Herbert „Bert“ Elliot (1924–2012) war der ältere Bruder des besser bekannten Jim Elliot, der 1956 in Ecuador von Waorani-Indianern getötet wurde. Auch Bert ging mit seiner Frau Colleen (1928–2012) in die Mission und arbeitete von 1949 bis 2005 in Peru, wo sie etwa 158 Offene Brüdergemeinden gründeten. Das Buch ist außerhalb der USA offenbar nur als Kindle-Version bestellbar.


Tim Grass: Brethren and Their Buildings. Studies in Brethren History. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2021. x, 253 Seiten. ISBN 978-1-9160130-6-3.

Großformatiger Bildband mit kommentierten Farbfotos von Versammlungsgebäuden der „Brüder“ (verschiedener Richtungen) auf den britischen Inseln.


Blanquita Haggerty: From Glasgow to the Andes. The life and work of Frank and Blanquita Haggerty. Kilmarnock (Ritchie) 2021. 205 Seiten. ISBN 978-1-914273-04-9.

Der aus Glasgow stammende Frank Haggerty (1926–2003) arbeitete ab 1951 als Missionar in Bolivien, später auch in Argentinien. Seine Frau Blanquita (1931–2021), die dieses Erinnerungsbuch verfasste, sein Erscheinen aber nicht mehr erlebte, war Bolivianerin.


Sam K. John: Brethren Beginnings in Kerala. A Reformation Story. Bangalore (Operation Barnabas) 2021. 100 Seiten. Ohne ISBN.

Geschichte der Kerala Brethren, eines eigenständigen Zweigs der Offenen Brüder in Südwestindien. Das Buch, zu dem u.a. Neil Dickson ein Vorwort beisteuerte, ist in Deutschland offenbar nur als Kindle-Version bestellbar.


Clark Logan: Joy in the Desert. 50 Years of Gospel Blessing in Botswana. Kilmarnock (Ritchie) 2021. 280 Seiten. ISBN 978-1-914273-03-2.

Die erste Offene Brüdergemeinde in Botswana wurde 1970 gegründet; seither sind fünf weitere hinzugekommen. Der nordirische Missionsarzt Clark Logan erzählt ihre Geschichte.


Gord Martin: Doing It Afraid. Ohne Ort (Creative Connex) 2021. 159 Seiten. ISBN 978-1-7777556-0-7.

Autobiografie. Der 1946 geborene Verfasser war Missionar in Ecuador und Kolumbien und rief später in Kanada das Gemeindegründungsnetzwerk Vision Ministries ins Leben.


Ken Newton: ‘I Will Build My Church’. The Kollegal Mission 1886–1995. Studies in Brethren History, Subsidia. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2021. 180 Seiten. ISBN 978-1-9160130-4-9.

Missionsgeschichte der Offenen Brüder in der südindischen Region Kollegal. Mit 39 Fotos und drei Karten.


Adrian J. Patmore: Came Out … Kicked Out. Living in and out of the Exclusive Brethren. Underwood, Australien (InHouse Publishing) 2021. v, 330 Seiten. ISBN 978-1-922578-67-9.

Eine weitere Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbiografie. Patmore, 1968 in London geboren, outete sich nach zehn Jahren Ehe und der Geburt von fünf Kindern als homosexuell, was unweigerlich die Trennung von seiner Glaubensgemeinschaft nach sich zog.


Jessie Shedden: Make Today Count. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2021. 205 Seiten. ISBN 979-8-45321953-7.

Fortsetzung von Tomorrow’s Not Promised (2020), einem in der letzten Bibliografie vorgestellten Raven-Taylor-Symington-Hales-Aussteigerbuch.


elliotshepardValerie Elliot Shepard: Dir hingegeben. Jim und Elisabeth Elliot: Eine Liebe im Angesicht Gottes. Aus dem Englischen von Silvia Lutz. Holzgerlingen (SCM Hänssler) 2021. 448 Seiten. ISBN 978-3-7751-6063-6.

Die amerikanische Originalausgabe dieses Buches habe ich bereits in der 2019er Bibliografie kurz vorgestellt. Wolfgang Bühne rühmt die deutsche Übersetzung als „großartige Neuerscheinung“, die Jim Elliots Tagebuchklassiker Im Schatten des Allmächtigen „ebenbürtig“ sei. Die Herausgeberin habe die Briefe und Tagebücher ihrer Eltern „so liebevoll, respektvoll und auch weise kommentiert, dass man dieses wertvolle Buch nur mit großer Dankbarkeit und geistlicher Erfrischung und Belebung lesen kann“ (fest und treu 4/2021, S. 21f.).


John í Skemmuni: Andrew W. Sloan. Lív og læra. Tórshavn (Góð tíðindi) 2021. 540 Seiten. ISBN 978-999183715-4.

Biografie und neun ausgewählte Vorträge des färöischen Evangelisten, Hirten und Lehrers Andrew William Sloan (1896–1973; jüngster Sohn des Missionars William Gibson Sloan, 1838–1914). In färöischer Sprache.


Regina Steinmeister: Ein Leben im Glauben. Aus dem Leben von Andreas Steinmeister. Bielefeld (CLV) ²2021. 172 Seiten. ISBN 978-3-86699-660-1.

Andreas Steinmeister (1950–2018), im Brotberuf Lehrer und Schulleiter, war in den Kreisen der Geschlossenen und später der Blockfreien Brüdergemeinden als Bibellehrer und Autor weithin bekannt und geschätzt. Die von seiner Witwe zusammengestellte erbauliche Biografie ist als „2. Auflage“ gekennzeichnet; eine 1. Auflage scheint aber zumindest auf dem regulären Buchmarkt nicht erhältlich gewesen zu sein.


Neil Summerton: Charisma and Organization. Unresolved Tensions In The Brethren. Studies in Brethren History, Subsidia. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2021. 123 Seiten. ISBN (falsch, da schon einmal vergeben) 978-1-9160130-2-5.

Studien zur Haltung der britischen Offenen Brüder gegenüber Organisationen und Institutionen.


Todne Thomas: Kincraft. The Making of Black Evangelical Sociality. Religious Cultures of African and African Diaspora People. Durham, NC / London (Duke University Press) 2021. xi, 252 Seiten. ISBN 978-1-4780-1065-4 (Hardcover), 978-1-4780-1178-1 (Paperback).

Kulturanthropologische Studie über zwei afroamerikanische Offene Brüdergemeinden in Atlanta (Georgia). Erste Ergebnisse erschienen bereits 2017 in einem Aufsatz (vgl. die damalige Bibliografie).


Carolyn Tonkin: Nellie’s Child. The Mark of the Spirit Trilogy 1. Albany, WA (Cypress Project) 2021. 382 Seiten. ISBN 978-0-6452148-1-9.

Roman, der in den 1950er Jahren unter den Raven-Taylor-Brüdern spielt.


warns_ae1Hartmut Wahl (Hrsg.): Aufzeichnungen und Erinnerungen von Johannes Warns (1874–1937). Band 1: 1874–1918. Von Osteel bis Berlin. edition Forum Wiedenest. Muldenhammer (Jota) 2021. 577 Seiten. ISBN 978-3-935707-95-4. — Band 2: 1919–1937. In Wiedenest. edition Forum Wiedenest. Muldenhammer (Jota) 2021. 603 Seiten. ISBN 978-3-949069-00-0.

Johannes Warns war eine der prägenden Figuren der deutschen Offenen Brüder. Als lutherischer Pfarrerssohn studierte er zunächst selbst Theologie, konnte sich nach einem Bekehrungserlebnis aber nicht zum kirchlichen Dienst entschließen und wurde nach Stationen bei der Heilsarmee und beim Blauen Kreuz 1905 Lehrer an der Allianz-Bibelschule Berlin, die 1919 unter seiner Leitung nach Wiedenest umzog. Seine handschriftlichen „Aufzeichnungen und Erinnerungen“, von Hartmut Wahl in jahrelanger mühevoller Arbeit transkribiert und mit erläuternden Anmerkungen versehen, sind eine erstklassige Quelle für die immer noch wenig erforschte Geschichte der deutschen Offenen Brüder, aber auch der Allianzkreise insgesamt. Wegen einiger problematischer Äußerungen über Hitler und den Nationalsozialismus ist dem zweiten Band ein Nachwort des heutigen Wiedenester Werksleiters Ulrich Neuenhausen beigegeben. Ein Inhaltsverzeichnis fehlt leider, und das Personenregister ist arg unübersichtlich geraten.


Jonathan Walker: The Angels of L19. Ohne Ort (Weatherglass Books) 2021. 239 Seiten. ISBN 978-1-8380181-3-9.

Autobiografisch gefärbter Roman, der 1984 unter den Offenen Brüdern in Liverpool spielt.


weremchuk_biographyMax S. Weremchuk: John Nelson Darby. A Biography. Updated and Expanded. El Cajon, CA (Southern California Seminary Press) 2021. xiv, 214 Seiten. ISBN 978-0-9864442-6-5.

Weremchuks Darby-Biografie, 1988 zuerst auf Deutsch, 1990 auf Niederländisch und 1992 auf Englisch erschienen, hat sich über die Jahre bei vielen den Ruf eines Standardwerks erworben und wird nach wie vor regelmäßig zitiert; aus der „Fachwelt“ musste sie sich aber auch deutliche Kritik gefallen lassen, so z.B. von Timothy Stunt in der ersten Ausgabe der BAHN Review (1998/99). Nachdem sich der Autor in den 1990er Jahren von der Brüderbewegung entfernt hatte, nahm auch sein Interesse an Darby und an einer möglichen Revision der Biografie ab, bis es vor einigen Jahren durch verschiedene Umstände wieder neu geweckt wurde. So liegt nun nicht nur eine überarbeitete und erweiterte Ausgabe des ursprünglichen Buches vor, sondern nächstes Jahr ist beim selben Verlag auch noch eine weitere, detailliertere akademische Studie über die ersten 29 Lebensjahre Darbys zu erwarten (Titel: Becoming JND).


Paul Young: From Norwich to Aberystwyth. The Life and Work of Professor John Heading. Port Colborne, ON (Gospel Folio Press) 2021. 106 Seiten. ISBN 978-1-98862732-8.

John Heading (1924–1991) war ein britischer Mathematiker, der den Offenen Brüdern angehörte und 1961–86 die Zeitschrift Precious Seed herausgab. Er verfasste auch die Kommentare zum Matthäus- und zum Johannesevangelium in der Reihe Was die Bibel lehrt (CV Dillenburg).


AUFSÄTZE


cesnur_5_2Das im März erschienene Heft 2/2021 der religionswissenschaftlichen Zeitschrift The Journal of CESNUR (die Abkürzung steht für das „Centro Studi sulle Nuove Religioni“ in Turin) war ganz den Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüdern (seit 2012 offiziell „Plymouth Brethren Christian Church“) gewidmet. Die einzelnen Beiträge:

Bernard Doherty / Steve Knowles / Massimo Introvigne: „Introduction: The Study of the Plymouth Brethren Christian Church (S. 3–17)
Crawford Gribben: „Brethren and Separation (S. 18–36)
Neil T. R. Dickson: „The Exclusive Brethren in Scotland: A Historical Overview, 1838–2018 (S. 37–66)
Peter J. Lineham: „Why the New Zealand Plymouth Brethren Intervened in Politics in 2005 (S. 67–91)
Steve Knowles: „The Appropriation of Information and Communication Technologies by the Plymouth Brethren Christian Church (S. 92–112)
Mitchell Landrigan: „Parenting Orders for Brethren Families in Australia: The Religious Perspective of Children (S. 113–134)
Liselotte Frisk / Sanja Nilsson: „The Plymouth Brethren Christian Church in Sweden: Child Rearing and Schooling“ (S. 135–160)

Von allgemeinerem Interesse sind insbesondere die Aufsätze von Gribben (über die Entwicklung der „exklusiven“ Absonderungslehre) und Dickson (über die Geschichte der Geschlossenen Bruder in Schottland). Das Heft ist auch online verfügbar.


bhr2018Ausgabe 17 (2021) der Brethren Historical Review enthält (neben etlichen Rezensionen) die folgenden Beiträge:

Timothy C. F. Stunt: „James Pringle Riach (1797–1865) and other early Plymouth Brethren (S. 2–24)
R[ichard] B[roke] Freeman and Douglas Wertheimer: „Emily Gosse: A Bibliography (S. 25–78)
Cynthia Hill: „‘Servant of Christ and His People Everywhere’. George Cutting 1843–1934: His Life, Work, and Times (S. 79–99)
P[aul] David Wilkin: „Deep in the Heart of Africa: An Annotated Bibliography of Literature on the Beloved Strip in Zambia (S. 100–124)
Ronaldo Magpayo: „In Search of Meaning: A Contextual Interpretation of the Lord’s Supper from an Indigenous Filipino Perspective (S. 125–147)
Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 148–156)
Michael Schneider: „August Jung (1927–2020) (S. 208–213)

Für deutsche Leser dürfte besonders der Artikel von Hill über George Cutting interessant sein, dessen Schrift Sicherheit, Gewissheit und Genuss (1881) auch hierzulande seit vielen Jahrzehnten von den Verlagen der Geschlossenen Brüder (Richard Mohncke, Ernst Paulus, VdHS) verbreitet wird. Cutting blieb 1890 bei Park Street (Raven), ging 1908 mit Glanton und kehrte schließlich doch wieder zu den Raven-Taylor-Brüdern zurück. Die Autorin des Artikels ist eine Urenkelin Cuttings.

Meinen Nachruf auf August Jung habe ich kürzlich hier im Blog wiederveröffentlicht.


Howard Barnes: „William Kelly (1821–1906)“. In: Precious Seed 76 (2021), Heft 2, S. 25.

Kurzes Lebensbild Kellys zum 200. Geburtstag im Mai 2021 (auch online verfügbar).


David Bebbington: „The Place of the Brethren Movement in International Evangelicalism“. In: ders.: The Evangelical Quadrilateral. Volume 2: The Denominational Mosaic of the British Gospel Movement. Waco, TX (Baylor University Press) 2021. S. 277–300.

Wiederabdruck eines Aufsatzes, der bereits 2006 im ersten BAHN-Konferenzband The Growth of the Brethren Movement (S. 241–260) erschien.


John Bennett: „Charles Stanley (1821–1890)“. In: Precious Seed 76 (2021), Heft 4, S. 8f.

Kurzes Lebensbild Stanleys zum 200. Geburtstag im März 2021 (auch online verfügbar).


Fürchtegott Christlieb [Pseudonym]: „Bedingter Gehorsam? Unbedingt! Ein Kommentar zur aktuellen Debatte um das Verhältnis von Christ und Staat“. In: fest und treu 173 (1/2021), S. 5–9.

Im Rahmen seiner Überlegungen zum coronabedingten Singverbot geht der Autor auch auf die Geschichte der „Brüder“ in der NS-Zeit ein (auch online verfügbar).


Neil Dickson: „Hunter Beattie (1876–1951): A Conscientious Objector at the Margins“. In: Scottish Church History 50 (2021), S. 145–163.

Der Evangelist und Homöopath Hunter Beattie lehnte im Ersten Weltkrieg den Kriegsdienst ab und propagierte diesen Standpunkt in einer eigenen Zeitschrift, was zu Konflikten unter den Offenen Brüdern in Glasgow führte.


Bernard Doherty / Steve Knowles: „Plymouth Brethren Christian Church“. In: Critical Dictionary of Apocalyptic and Millenarian Movements. Hrsg. von James Crossley und Alastair Lockhart. Online (15. Januar 2021).

Websites werden in dieser Bibliografie normalerweise nicht berücksichtigt, aber das ambitionierte akademische Projekt Critical Dictionary of Apocalyptic and Millenarian Movements mag hier einmal eine Ausnahme bilden. Der Artikel informiert sachlich und ausführlich über Geschichte, Lehren, Praktiken und Kontroversen der Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüder.


Andreas Liese: „1941 eine ‚Gottesstunde‘. Zusammenschluss: Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden“. In: Die Gemeinde [76] (2021), Heft 6, S. 16f.

Kurzer Artikel anlässlich des 80-jährigen Jahrestages der Vereinigung von Brüder- und Baptistengemeinden im BEFG.


Andreas Liese: „‚Einer ist unser Meister, Christus! Ihr aber seid alle Brüder‘ – Zum Gemeindeverständnis von Brüdergemeinden“. In: Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung 1525–2025. Themenjahr 21: gewagt! gemeinsam leben. Hrsg. vom Verein 500 Jahre Täuferbewegung 2025 e.V. Kassel (Oncken / Blessings 4 you) 2021. S. 28f.

Von 2020 bis 2025 wird in einer Veranstaltungsreihe das 500-jährige Bestehen der Täuferbewegung gefeiert, wozu jedes Jahr auch ein umfangreiches „Themenheft“ erscheint. Während das erste Heft auch zum kostenlosen Download bereitsteht, scheint dies beim zweiten Heft, das den obigen Artikel über das Gemeindeverständnis der „Brüder“ enthält, (noch) nicht der Fall zu sein.


Armin Lindenfelser: „Gerhard Tersteegen – ein ‚Großvater‘ der deutschen Brüderbewegung“. In: Zeit & Schrift 24 (2021), Heft 2, S. 28–33; Heft 3, S. 28–33.

Der Autor entwirft ein knappes Porträt Tersteegens und geht der Frage nach, welchen Einfluss er auf die deutsche Brüderbewegung hatte (auch online verfügbar: Teil 1, Teil 2).


Dennis Mackinnon: „Memories of a godly man – the influence of Mr William Trew“. In: Precious Seed 76 (2021), Heft 4, S. 10f.

Erinnerungen an den schottisch-walisischen Evangelisten und Bibellehrer William Trew (1902–1971) (auch online verfügbar).


Christopher R. Mattix: „George Muller“. In: ders.: Heroes. The Titans of History. Aus dem Spanischen. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2021. S. 101–112.

Kurzes populäres Lebensbild Georg Müllers (1805–1898).


Ulrich Neuenhausen: „Die Zeit beurteilen“. In: Offene Türen 113 (2021), Heft 3, S. 9.

Anlässlich der Veröffentlichung von Johannes Warns’ Aufzeichnungen und Erinnerungen (s.o.) reflektiert Neuenhausen in diesem Artikel kurz dessen Haltung zum Nationalsozialismus (auch online verfügbar).


[Joachim Pletsch:] „Leben und Wirken Albert von der Kammers (Kurzbiografie)“. In: Albert von der Kammer: Gott in uns. Wie der Heilige Geist wirkt. Eine biblische Bestandsaufnahme. Dillenburg (Christliche Verlagsgesellschaft) 2021. S. 137–141.

Albert von der Kammer (1860–1951) war nacheinander Baptist, Elberfelder Bruder, Raven-Bruder und (ab Ende 1904) Offener Bruder. Als Mitherausgeber der Handreichungen aus dem Worte Gottes (1913–38) übte er besonders unter Letzteren großen Einfluss aus. Seine 1922 erstmals veröffentlichte Schrift Der Heilige Geist, der in uns wohnt erscheint hier (nach 1964 und 1987) in einer dritten Neuausgabe unter neuem Titel, sprachlich leicht modernisiert und durch eine Kurzbiografie ergänzt.


Michael Tröger / Jürgen Goldnau: „Siegfried Küttler (1930–2020). Ein Nachruf“. In: Zeit & Schrift 24 (2021), Heft 1, S. 30–32.

Siegfried Küttler war der einzige Evangelist der Geschlossenen Brüder in der DDR. Nach der Wende widersetzte er sich den Spaltungstendenzen in dieser Brüdergruppe und geriet dadurch unter Beschuss; seine Heimatversammlung in Wilkau-Haßlau (Sachsen) wurde im November 2002 von den Versammlungen Jena und Reinsdorf „außerhalb der Gemeinschaft gestellt“, sodass Küttler die letzten 18 Jahre seines Lebens „blockfrei“ war. Der Nachruf wurde von seinem Schwiegersohn Michael Tröger und dem Chemnitzer Bruder Jürgen Goldnau verfasst (auch online verfügbar).


Joseph Webster: „Embodied apocalypse: or the native cosmology of late modern social theory“. In: Anthropology & Medicine 28 (2021), S. 13–27.

Der Titel lässt zwar keinen Bezug zur Brüderbewegung erkennen, aber der Aufsatz handelt von der Endzeiterwartung der „Brüder“ in schottischen Fischerdörfern.


Douglas Wertheimer: „A Son and His Father: Edmund Gosse’s Comments and Portraits, 1875–1910“. In: Nineteenth-Century Prose 48 (2021), Heft 1/2, S. 45–92.

Edmund Gosse (1849–1928) war der Sohn des Naturforschers Philip Henry Gosse (1810–1888), der von ca. 1843 bis 1857 den Offenen Brüdern angehörte. Gosse junior schrieb sowohl eine Biografie seines Vaters (The Life of Philip Henry Gosse, 1890) als auch ein sehr bekannt gewordenes Buch über ihre Vater-Sohn-Beziehung (Father and Son, 1907). Die darin geschilderte „engstirnige“ Frömmigkeit seines Vaters prägte lange Zeit das Image der „Plymouth Brethren“ in gebildeten Kreisen – obwohl Gosse in seinem früheren Buch (S. 330) deutlich herausgestellt hatte, dass sein Vater in den letzten 30 Jahren seines Lebens gar nicht mehr den „Brüdern“ angehörte, sondern eine völlig unabhängige Gemeinde leitete. Die Einseitigkeit und Fehlerhaftigkeit von Gosses Darstellungen wird inzwischen auch von Kritikern ohne apologetische Absichten – wie hier Wertheimer – anerkannt.


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

50. Todestag von Wilhelm Koll

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Wilhelm Koll (1882–1971)

China war bis zur kommunistischen Machtübernahme eines der wichtigsten Missionsgebiete der Kelly-Lowe-Continental-Brüder. Auch mehrere deutsche Missionare arbeiteten dort, darunter Wilhelm Koll, dessen Todestag sich heute zum 50. Mal jährt. Ich fasse im Folgenden ein Referat zusammen, das Klaus Mauden 2017 im Arbeitskreis Geschichte der Brüderbewegung hielt,1 und ergänze es lediglich durch einige genealogische Daten.

Johannes Wilhelm Koll wurde am 13. März 18822 in Barmen geboren und erlernte zunächst den Kaufmannsberuf. Nach einer Begegnung mit dem englischen Chinamissionar Thomas Hutton (1856–1926) ging er im Oktober 1911 gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Gustav (1887–1957) nach London, um sich am Livingstone Medical College für den Missionsdienst medizinisch ausbilden zu lassen. 1912 reisten die beiden Brüder nach China aus und begannen ihre Arbeit in Hinghwa.

Im Ersten Weltkrieg wurde Wilhelm Koll zum Militärdienst in der deutschen Kolonie Tsingtau einberufen, die allerdings bereits wenige Monate später in die Hände der Japaner fiel, was für Koll fünf Jahre japanische Kriegsgefangenschaft zur Folge hatte. Nach seiner Entlassung setzte er die Arbeit in Hinghwa fort, wobei er besonders in der medizinischen Versorgung der Chinesen tätig war. Als 1922 der Arzt Hans Neuffer (1892–1968) nach China kam, unterstützte Koll dessen Arbeit im neu gebauten Krankenhaus.

Nach einem Heimaturlaub in Deutschland ab 1926 heiratete Wilhelm Koll am 7. Oktober 1929 in Shanghai die Engländerin Elsie Alice Ransom (1896–1977), die bereits einige Jahre als Lehrerin in China gearbeitet hatte. In den beiden folgenden Jahren wurden die Kinder Ruth Elsie (1930–2006) und Godfrey Ernest (1931–2019) geboren. 1937 machte die Familie eine Reise nach England und von dort im Mai 1938 nach Deutschland, wo sie verbotene Zusammenkünfte der „Nichtbündler“ besuchten. Wilhelm Koll kehrte noch im selben Jahr nach China zurück; seine Familie konnte erst 1940 über die USA nachreisen.

Die Missionsarbeit in Hinghwa endete 1946, als die Stadt von den Kommunisten erobert wurde. Auf abenteuerliche Weise gelangte die Familie Koll nach Shanghai, doch Wilhelm erhielt als Deutscher kein Ausreisevisum, sodass Elsie mit den beiden Kindern im Dezember 1946 allein nach England aufbrechen musste. Erst Ostern 1947 durfte Wilhelm nachkommen. Die Familie ließ sich in Iver Heath westlich von London nieder und zog 1969 nach Eastbourne.

Wilhelm Koll war in mehreren Ländern noch oft im Verkündigungsdienst aktiv, Elsie arbeitete in der Kinder- und Jugendarbeit von Jean André in der Schweiz mit und übersetzte auf den Konferenzen in Zürich. Am 13. September 1971, heute vor 50 Jahren, starb Wilhelm Koll im 90. Lebensjahr.

150. Geburtstag von Daniel Jacob Danielsen

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Daniel Jacob Danielsen (1871–1916)

Das Gebiet der heutigen Demokratischen Republik Kongo war von 1885 bis 1908 Privatbesitz des belgischen Königs Leopold II. (1835–1909). Während dieser Zeit wurden die Kautschukvorkommen des Landes von europäischen Unternehmen mittels Sklaverei und Zwangsarbeit systematisch ausgeplündert, wobei es „massenhaft zu Geiselnahmen, Tötungen, Verstümmelungen und Vergewaltigungen“ kam (Wikipedia). Einer der Ersten, die dieses Unrecht öffentlich anprangerten, war der färöische Offene Bruder (Ludvig) Daniel Jacob Danielsen. Von 1901 bis 1903 als Ingenieur auf einer Missionsstation im Kongo tätig, erfuhr er aus erster Hand von den Gräueltaten und fertigte von etlichen Verstümmelungsopfern Beweisfotos an, die er Ende 1903 in Schottland und Anfang 1904 auf den Färöer-Inseln in mehreren Vortragsveranstaltungen öffentlich zeigte, womit er einen wesentlichen Beitrag zur Aufdeckung der Verbrechen leistete.

Genaueres über Danielsens Leben wissen wir erst seit wenigen Jahren durch die Forschungen des färöischen Historikers Óli Jacobsen. Geboren am 25. Juni 1871, heute vor 150 Jahren, in Kopenhagen als unehelicher Sohn einer färöischen Mutter, wuchs er auf den Färöer-Inseln auf. Mit 18 Jahren ging er nach Schottland, ließ sich zum Schiffsingenieur ausbilden und bereiste anschließend die Welt. Zum Glauben kam er 1897 nach einer Freiluftevangelisation in Glasgow. Er engagierte sich eine Weile in der Glasgower Seemannsmission und studierte dann ein Jahr an dem von Henry Grattan Guinness (1835–1910) gegründeten East London Institute for Home and Foreign Missions. Es folgte der oben erwähnte Missionseinsatz im Kongo, den er allerdings wegen seines aufbrausenden Temperaments schon nach zwei Jahren abbrechen musste (der Vorwurf, er habe Einheimische ausgepeitscht, erwies sich dagegen als Verleumdung).

Im Mai 1904 heiratete Danielsen die Färöerin Nicoline Henriette Niclasen (genannt Lina, 1878–1937), die er bei einem seiner Vorträge in Edinburgh kennengelernt hatte. Zwei Monate später kehrten sie auf die Färöer-Inseln zurück, wo Danielsen in den verbleibenden zwölf Jahren seines Lebens als Evangelist tätig war und zahlreiche Gemeinden der Offenen Brüder gründete. Er starb am 16. Oktober 1916 in der färöischen Hauptstadt Tórshavn. Kurz vor seinem Tod konnte er noch seinen Cousin Victor Danielsen (1894–1961) taufen, der später seine evangelistische Arbeit fortsetzte und die erste Bibelübersetzung in die färöische Sprache schuf.

Die Forschungsergebnisse Óli Jacobsens – sowohl sein 33-seitiger Artikel „Daniel J. Danielsen (1871–1916): The Faeroese who Changed History in the Congo“ (2012) als auch sein 200-seitiges Buch Daniel J. Danielsen and the Congo: Missionary Campaigns and Atrocity Photographs (2014) – sind online frei zugänglich. Einen knappen Überblick über Danielsens Leben bietet der Artikel in der englischsprachigen Wikipedia.


Dieser Beitrag erschien zuerst zum 100. Todestag Danielsens am 16. Oktober 2016.

151. Geburtstag von Dan Crawford

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Dan(iel) Crawford (1869–1926)

Eigentlich sollte dies ein Post zum 150. Geburtstag des schottischen Afrikamissionars Dan(iel) Crawford werden, aber bei der Vorbereitung stieß ich zu meinem Erstaunen auf die Tatsache, dass sein Geburtsjahr fast überall falsch angegeben wird: Sowohl die englische Wikipedia als auch das Dictionary of African Christian Biography als auch das Christian Brethren Archive als auch die Website Missiology.co.uk nennen 1870, aber tatsächlich wurde Crawford bereits am 7. Dezember 1869, also heute vor 151 Jahren, geboren. Das belegen seine Geburtsurkunde, von der mir eine Kopie zugesandt wurde, sowie der Eintrag in der Datenbank Scotland Births and Baptisms, 1564–1950. Auch Henry Pickerings Chief Men among the Brethren, dessen Daten sonst nicht immer zu trauen ist, liefert hier die richtige Jahreszahl.

Crawford wurde besonders durch seinen Buchtitel Thinking Black bekannt, der prägnant zusammenfasst, was die Grundlage seiner Missionsarbeit in Afrika war. J. Keir Howard schreibt dazu im oben verlinkten Artikel aus dem Dictionary of African Christian Biography:

In many ways he was far ahead of his time, as his books (Thinking Black and Back to the Long Grass) show very clearly. His approach to others was summed up in his words, “I am de-nationalized – a brother to all men; Arab, African, Mongol, Aryan, Jew; seeing in the Incarnation a link that binds us up with all men”. This attitude led him to an identification with the Africans and their culture that was not generally welcomed by his European associates at the time […].

Über Crawfords Leben liegen online bereits genügend Darstellungen vor (s.o.), sodass ich hier auf eine eigene Skizze verzichte. Stattdessen gebe ich drei Zeitungssausschnitte zu seinem Tod wieder, die ich bei meinen Recherchen im British Newspaper Archive fand:

1926-06-10 Evening Telegraph and Post, Dundee 6 (Crawford)
Evening Telegraph and Post, Dundee, 10. Juni 1926, S. 6
1926-06-11 Evening Telegraph and Post, Dundee 2 Here and There (Crawford)
Evening Telegraph and Post, Dundee, 11. Juni 1926, S. 2
1926-06-23 The Western Morning News 9 The Free Church Outlook (Crawford)
The Western Morning News, Plymouth, 23. Juni 1926, S. 9

Neuerscheinungen zur Brüderbewegung 2019

Auch am Ende dieses Jahres möchte ich wieder die in den letzten zwölf Monaten erschienenen Veröffentlichungen zur Brüderbewegung übersichtlich zusammenstellen und kurz kommentieren bzw. einordnen. (In die Bibliografie von 2018 habe ich inzwischen noch mehrere Nachträge aufgenommen; siehe die Bücher von Cargill & Brown, Costen, Dickson & Marinello, Herriot und Mutton sowie den Aufsatz von Dennison.)


BÜCHER


Fred[erick] Stanley Arnot: Missionary Travels in Central Africa. Newtownards, Nordirland (Crimond House Publications) 2019. 172 Seiten.

Neuausgabe des zuerst 1914 bei Echoes of Service erschienenen autobiografischen Missionsberichts von Frederick Stanley Arnot (1858–1914).


cargillbrown3Bert Cargill / James Brown: Traditions to Treasure. “Hold fast that which is good” (1 Thess 5.21). Christian Heritage Series 3. Kilmarnock (Ritchie) 2019. 242 Seiten.

Der dritte Band der „Christian Heritage Series“, die auf Artikel im Believer’s Magazine zurückgeht, ist zum großen Teil der Brüderbewegung gewidmet. Enthalten sind u.a. Kapitel über John Nelson Darby (S. 25–33), John Gifford Bellett (S. 34–39), Lord Congleton (S. 40–45), Robert Cleaver Chapman (S. 46–51), George Vicesimus Wigram (S. 52–57), Benjamin Wills Newton (S. 58–63), Charles Henry Mackintosh (S. 64–69), William Kelly (S. 70–75), Samuel Prideaux Tregelles (S. 76–81), Andrew Miller und Edmund Hamer Broadbent (S. 82–87), Edward Denny (S. 118–124), James George Deck (S. 125–129), Joseph Denham Smith (S. 130–133), Albert Midlane (S. 139–143), Joseph Medlicott Scriven (S. 144–149), Mary Peters (S. 156–160), Thomas Newberry (S. 190–195), William Edwy Vine (S. 196–201), George Cutting und Alexander Marshall (S. 202–207), Georg Müller (S. 213–222).


Ann Cleeves: The Long Call. London (Macmillan) 2019. 382 Seiten.

Kriminalroman um einen Detective Inspector, der unter den „Barum Brethren“ in Devon aufgewachsen ist und durch seine Ermittlungen in diese Kreise zurückgeführt wird. Die „Barum Brethren“ zeigen einige Ähnlichkeiten mit den Raven-Taylor-Symington-Hales-Brüdern (z.B. Kontaktabbruch mit Aussteigern, Konsum von Whisky), weichen in vielem aber auch davon ab (z.B. Essen mit Ungläubigen, Fernsehen, Kremation). Das Buch wurde 2021 als Vierteiler verfilmt.


[John Nelson Darby / George Vicesimus Wigram:] Letters of J. N. Darby. Supplement. Correspondence with G. V. Wigram. Vol. 1: 1838–1855. Chessington (Bible and Gospel Trust) 2019. viii, 446 Seiten. — Vol. 2: 1856–1878. Ebd. 511 Seiten.

Der im Christian Brethren Archive in Manchester lagernde Bestand von ca. 800 Briefen zwischen Darby und Wigram wird hier in sorgfältiger Edition zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Gegensatz zu allen früheren Briefausgaben Darbys erfolgt die Wiedergabe unzensiert und unredigiert, sodass völlig neue Einblicke in Persönlichkeit und Privatleben möglich werden. Die zahlreich erwähnten Orte und Personen sind durch differenzierte Register erschlossen.


despinsGilles Despins: La Bible Darby et son histoire. Sa rédaction, ses objectifs et ses principes. Trois-Rivières, QC (Éditions Impact) 2019. 210 Seiten.

Auch wenn der Autor es offenbar nirgendwo erwähnt, handelt es sich hier um eine gekürzte französische Ausgabe seiner 2015 am South African Theological Seminary eingereichten Dissertation A Critical Assessment of J. N. Darby’s Translation Work. Thema der Arbeit sind die drei mit Darbys Namen verbundenen Bibelübersetzungen (deutsch [Elberfelder], französisch und englisch), deren Entstehungsgeschichte (Kapitel 2), Ziele (Kapitel 3), Prinzipien (Kapitel 4) und Grundtext (Kapitel 5) im Einzelnen untersucht werden.

Da der Autor sich praktisch durchweg auf bereits veröffentlichtes Material stützt, kommt er zu keinen revolutionär neuen Erkenntnissen. Als Primärliteratur zieht er vor allem Darbys Briefe und die Vorworte zu seinen Bibelübersetzungen heran; bei der Sekundärliteratur verlässt er sich zu sehr auf veraltete (z.B. Ischebeck, Ehlert) oder populäre (z.B. Field) Darstellungen. Literatur in deutscher Sprache war ihm offenbar unzugänglich, was sich besonders in den Abschnitten zur Elberfelder Bibel als eklatanter Mangel bemerkbar macht; allein Martin Arhelgers knappe Online-Veröffentlichung zur Geschichte der Elberfelder Bibel ist schon wesentlich zuverlässiger und informativer als alles, was Despins (auf der Grundlage von Ehlert und anderen) über dieses Thema zu sagen weiß. Widersprüchliche Aussagen verschiedener Autoren stellt er teilweise einfach nebeneinander, ohne den Versuch einer Lösung oder Klärung zu unternehmen. So heißt es auf S. 37 (unter Berufung auf Ehlert), der Initiator der Elberfelder Bibel sei ein „F. W. Brockhaus“ gewesen (die Fußnote vermerkt: „Einziger bekannter Hinweis auf diesen F. W. Brockhaus“!), während im nächsten Satz (unter Bezugnahme auf Field) richtig „Carl Brockhaus“ genannt wird (Fußnote: „Manchmal ‚Karl‘ geschrieben“!). Bereits eine einfache Google-Suche hätte dem Autor deutlich machen können, dass es sich hier um ein und dieselbe Person handelt, nämlich Carl Friedrich Wilhelm Brockhaus (1822–1899). In einer weiteren Fußnote ist von „einem gewissen Dr. Alfred Rochat“ die Rede (S. 38, Anm. 74), als ob über diesen Mann außer dem Namen nichts bekannt wäre – wo es doch sogar einen (deutschen) Wikipedia-Artikel über ihn gibt.

Die Kapitel 3–5 über Darbys Übersetzungsziele und -prinzipien sowie den verwendeten Grundtext sind insgesamt von besserer Qualität, auch wenn mir der sprachliche Duktus manchmal seltsam naiv vorkommen will. Das akademische Niveau der in den letzten Jahren aus dem Brethren Archivists and Historians Network hervorgegangenen Arbeiten erreicht diese Dissertation jedenfalls nicht.


Stewart Ennis: Blessed Assurance. Glasgow (Vagabond Voices) 2019. 321 Seiten.

Teilweise autobiografischer Roman über Kindheit und Jugend eines Jungen, der in Schottland unter den – satirisch überzeichneten – Offenen Brüdern aufwächst.


Tim Grass: Ernest and May Trenchard. Evangelical Mission in Franco’s Spain. Studies in Brethren History, Subsidia. Glasgow (Brethren Archivists and Historians Network) 2019. xx, 195 Seiten. — Spanische Ausgabe: Ernesto y Gertrudis Trenchard. La enseñanza que permanece. Aus dem Englischen von Alison Barrett. Madrid (Centro Evangélico de Formación Bíblica) 2019. 288 Seiten.

Biografie eines englischen Missionarsehepaars der Offenen Brüder, das jahrzehntelang in Spanien arbeitete.


James M[acintosh] Houston: Memoirs of a Joyous Exile and a Worldly Christian. Eugene, OR (Cascade Books) 2019. xiv, 140 Seiten.

Autobiografie eines Mitbegründers des Regent College (Vancouver), der von Haus aus den Glanton-Brüdern und später den Offenen Brüdern angehörte.


kurianAlexander Kurian: Faith and Practices of the Brethren. What they are and Why they matter. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2019. 219 Seiten.

Überlegungen eines indisch-amerikanischen Offenen Bruders zu den besonderen Merkmalen von Brüdergemeinden. Für den Autor sind folgende 17 Kennzeichen zentral (S. 39–41):

1. nichtdenominationeller und nichtsektiererischer Charakter (kein besonderer Name)
2. Christus als Mittelpunkt („versammelt zum Namen Jesu“)
3. Autorität der Schrift („Sola Scriptura“)
4. Priestertum aller Gläubigen
5. Beachtung der „vier Säulen“ aus Apg 2,42
6. wöchentliches Brotbrechen
7. offene und spontane Anbetung
8. Gemeinschaft statt Mitgliedschaft
9. Leitung durch mehrere Älteste
10. Selbständigkeit und Unabhängigkeit der örtlichen Gemeinde
11. Glaubensprinzip (kein bezahlter Dienst)
12. antiochenisches Missionsmodell (örtliche Gemeinde sendet Missionare aus)
13. Schweigen und Kopfbedeckung der Frauen
14. keine Wundergaben in der heutigen Zeit
15. freiwillige Spenden (keine Verpflichtung zum Zehnten)
16. Betonung der Jüngerschaft und eines aufopferungsvollen Lebens
17. Naherwartung des Herrn Jesus

Das (typografisch leider sehr laienhaft gestaltete) Buch ist über Amazon erhältlich.


Fares Marzone: The Reformation and the Brethren Movement in Italy. Foreword by T[homas] J. Marinello. Lockerbie (OPAL Trust) 2019. xii, 210 Seiten.

Wie der Titel nahelegt, bietet das Buch einen Abriss der Geschichte der Reformation (S. 11–102) und der (Offenen) Brüderbewegung (S. 103–198) in Italien. Zugrunde liegen zwei italienischsprachige Bücher des Autors (La Riforma Protestante, 2017; Fratelli d’Italia e non solo, 2011), aus denen jeweils mehrere Kapitel übersetzt wurden (nach meinem Eindruck nicht immer idiomatisch).


douthwaiteSheila McClure: Letters from Chefoo. Constance Douthwaite’s Life in China 1887–1896. Southampton (Little Knoll Press) 2019. vi, 316 Seiten.

Constance Harriet Douthwaite geb. Groves (1867–1896) war eine Tochter von Edward Kennaway Groves (1836–1917) und somit eine Enkelin von Anthony Norris Groves (1795–1853). Als 19-Jährige reiste sie, empfohlen von der Bethesda-Gemeinde in Bristol, mit der China-Inland-Mission nach Chefoo in China aus. 1890 heiratete sie dort den 19 Jahre älteren, verwitweten Missionsarzt Arthur William Douthwaite (1848–1899). Bereits sechs Jahre später verstarb sie jedoch, vier Wochen nach der Geburt ihres vierten Kindes. Während ihrer Zeit in China schrieb sie über 200 Briefe an ihre Familie in Bristol, die hier, herausgegeben von ihrer Urenkelin, erstmals im Druck erscheinen.


Bruce McLennan: Pioneering in ‘The Beloved Strip’, 1881–1931. Assembly Missionary labour in Angola, Belgian Congo and Northern Rhodesia. Kilmarnock (Ritchie) 2019. 307 Seiten.

Die als „The Beloved Strip“ bezeichnete afrikanische Region war ein bevorzugtes Missionsgebiet der britischen Offenen Brüder (Frederick Stanley Arnot, Dan Crawford u.a.). Das Buch stellt die ersten 50 Jahre dieser Arbeit erstmals zusammenhängend dar.


bmww2019Ken und Jeanette Newton (Hrsg.): The Brethren Movement Worldwide. Key Information 2019. 5th edition. Lockerbie (OPAL Trust) 2019. xxviii, 346 Seiten.

Die 3. Auflage dieses Buches (2011) habe ich bereits früher hier vorgestellt. In der aktualisierten Neuausgabe sind 117 Länder enthalten; neu hinzugekommen sind Finnland, Schweden, Kroatien, Griechenland, Nigeria, Puerto Rico, die Dominikanische Republik, Haiti, Ecuador, Surinam, Libanon, Iran, Bhutan, Korea, Indonesien und Tuvalu. Gestrichen wurden die Republik Kongo, Mauritius und Neukaledonien, da die Herausgeber aus diesen Ländern seit mehreren Auflagen keine aktuellen Informationen mehr erhalten haben.

Der Abschnitt über Deutschland (S. 121–128) wurde grundlegend überarbeitet (vermutlich von Lothar Jung; S. 128) und listet nun minutiös alle Zeitschriften, Arbeitskreise und Werke der Freien Brüder und der AGB-Gemeinden auf. Die in der vorigen Auflage noch genannten „blockfreien“ Verlage und Zeitschriften (CLV, Daniel, Rigatio, Zeit & Schrift) fielen dabei leider gänzlich unter den Tisch. Bei den statistischen Angaben wurden nur die der Freien Brüder aktualisiert (wobei die Zahl der Gemeinden auffallenderweise stark nach unten korrigiert werden musste: von 265 auf 190!), während die übrigen Daten auf dem Stand von 2015 geblieben sind (was den Eindruck erhärtet, dass ein Freier Bruder für die Überarbeitung verantwortlich war).

Das Buch ist auch online lesbar, kann im Gegensatz zu früheren Auflagen aber nicht mehr als PDF heruntergeladen werden.


Henry Pickering (Hrsg.): Chief Men among the Brethren. Newtownards, Nordirland (Crimond House Publications) 2019. 352 Seiten.

Nachdruck der klassischen Sammlung von „Brüder“-Biografien, neu gesetzt und alphabetisch geordnet. Dass es sich um ein ca. 100 Jahre altes Werk handelt (1. Auflage 1918; 2., erweiterte Auflage 1931), wird seltsamerweise nirgendwo erwähnt. Die Qualität der faksimilierten Bilder lässt teilweise zu wünschen übrig.


Thomas Riedel: Entstehung und Entwicklung der „Elberfelder Bibel“ (Neues Testament) von der Erstübersetzung bis heute: Eine Untersuchung des Übersetzungsansatzes und eine kritische Würdigung. M.Th. Thesis, University of South Africa 2019. 195 Seiten.

Diese hochinteressante Arbeit ist zwar (bisher) nicht als Buch erschienen, aber online im Volltext verfügbar. Sie stellt zunächst „Ziele und Übersetzungsansatz“ der Elberfelder Bibel dar (S. 15–47) und untersucht anschließend „die praktische Umsetzung dieses Ansatzes anhand von drei ausgewählten Kapiteln des Neuen Testamentes“, nämlich Lk 1–2, Röm 6 und 2Petr 3 (S. 48–134). „Eine Einordnung in die aktuelle Übersetzungsdiskussion und Vorschläge für die Weiterentwicklung dieser Übersetzung runden die Arbeit ab“ (S. 135–165).


Valerie Elliot Shepard: Devotedly, The Personal Letters and Love Story of Jim and Elisabeth Elliot. Nashville, TN (B & H) 2019. 285 Seiten.

Auf der Grundlage von bisher teilweise unveröffentlichten Briefen und Tagebüchern wird hier die Liebesgeschichte zwischen dem Missionar Jim Elliot (1927–1956), der aus einer Offenen Brüdergemeinde stammte, und seiner späteren Frau Elisabeth Howard (1926–2015) nachgezeichnet. Die Autorin ist die 1955 geborene Tochter der beiden.


David A[ndrew] Smith: The Model Church. Its Essence, Expression, and Goal. Karrinyup, Australien (Snowgoose Media) 2019. xi, 196 Seiten.

Eine theoriegesättigte ekklesiologische Abhandlung, die mit zwei „Fallstudien“ schließt: einer historischen über die Brüderbewegung im 19. Jahrhundert (S. 107–161) und einer aktuellen über den „progressiven“ Flügel der Offenen Brüder in Australien („Christian Community Churches of Australia“; S. 163–184).


spinksJohn D. Spinks: Cult Escape. My Journey to Freedom. Ohne Ort (Selbstverlag/Amazon) 2019. 195 Seiten.

Der Boom der Raven-Taylor-Aussteigerliteratur setzt sich fort: Nach Ngaire Thomas (2004, ²2005), Em Amosa (2007), David Tchappat (2009), Lindsey Rosa (2010), James Bell (2014), Peter Wycherley Harrison (2014), Joy Nason (2015), John L. Fear (2016) und Rebecca Stott (2017) ist dies nun schon mindestens der zehnte Vertreter dieses Genres innerhalb von 15 Jahren. Spinks verließ die Raven-Taylor-Brüder 1988 im Alter von 22 Jahren; der größere Teil seines Buches handelt allerdings von der Zeit danach und versucht Lesern in ähnlichen Situationen Hilfestellung zu geben. Wie den meisten selbst verlegten Büchern mangelt es auch diesem an der straffenden, glättenden und ordnenden Hand eines Lektors. Parallel zum Buch hat der Autor eine Website mit Beratungsangebot eingerichtet.


Mark R. Stevenson: Die Brüder und die Lehren der Gnade. Wie stand die Brüderbewegung des 19. Jahrhunderts zur calvinistischen Heilslehre? Aus dem Englischen von Alois Wagner. Bielefeld (CLV) 2019. 476 Seiten.

Die amerikanische Originalausgabe dieser Dissertation, The Doctrines of Grace in an Unexpected Place (2017), habe ich vor zwei Jahren kurz vorgestellt; eine ausführlichere Besprechung der deutschen Übersetzung erschien bereits in Zeit & Schrift 6/2019 und auf der Hauptseite von bruederbewegung.de, sodass ich hier auf weitere Erläuterungen verzichten kann. Das Buch steht auf der Website des Verlags auch zum kostenlosen Download zur Verfügung.


Rebecca Stott: Erlöst. Mein Weg aus der Sekte. Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence. München (btb) 2019. 383 Seiten.

Obwohl die Raven-Taylor-Brüder in der deutschen Öffentlichkeit praktisch keine Rolle spielen, hielt die Verlagsgruppe Random House es offenbar für erfolgversprechend, Rebecca Stotts Aussteigerbiografie In the Days of Rain (2017) auch hierzulande auf den Markt zu bringen. Im Klappentext wird die Glaubensgemeinschaft denn auch gar nicht beim Namen genannt, sondern es ist nur von einer „ultra-konservativen“ bzw. „fundamentalistischen christlichen Sekte“ die Rede. Die Übersetzung macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck; die von Stott verwendete Bezeichnung (Exclusive) Brethren wurde unübersetzt gelassen, was sicher keine schlechte Idee war.

Von den deutschen Feuilletons scheint das Buch (das jetzt knapp zwei Monate auf dem Markt ist) bisher noch nicht beachtet worden zu sein; auch bei Amazon findet sich derzeit noch keine einzige Kundenrezension. Auf einige Stärken und Schwächen hatte ich bei meiner Vorstellung der englischen Originalausgabe vor zwei Jahren hingewiesen.


tillMichael Till: Crusader with Compassion. Dr Walter Hadwen, Gloucester GP, 1854–1932. Gloucester (Hobnob Press) 2019. 192 Seiten.

Der Arzt Walter Hadwen ist einer der wenigen „Brüder“, die außerhalb der Brüderbewegung bekannter sind als innerhalb: Er war zu Lebzeiten einer der führenden Tierversuchs- und Impfgegner Großbritanniens. Die Biografie interessiert sich daher auch mehr für sein medizinisches Wirken als für seine Glaubensüberzeugungen. Hadwen trat als junger Erwachsener wahrscheinlich den Geschlossenen Brüdern bei und wechselte nach den Trennungen der 1880er Jahre (Stuart?) zu den Offenen Brüdern.


Terence-Pablo Wickham Ferrier: Renovarse o morir. Pasado, presente y futuro de las Asambleas de Hermanos. Barcelona (wobebo/Bibliasfera) 2019. 174 Seiten.

Überlegungen eines englischstämmigen Missionars zur Situation der Offenen Brüdergemeinden in Spanien. Die Haltung des Autors ist konservativer, als es der Titel vermuten ließe („Erneuern oder Sterben: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Brüdergemeinden“).


David Woodbridge: Missionary Primitivism and Chinese Modernity. The Brethren in Twentieth-Century China. Studies in Christian Mission 54. Leiden/Boston (Brill) 2019. xi, 173 Seiten.

Buchausgabe der Dissertation des Autors von 2012 (die auch online zugänglich ist). Behandelt werden vor allem die missionarischen Aktivitäten von Echoes of Service (Kapitel 1, 3, 4, 5) und die Little-Flock-Bewegung von Watchman Nee (Kapitel 2).


Richard Yarrall: From Poverty Bay to Riches Untold. Auckland, Neuseeland (Castle Publishing) 2019. 434 Seiten.

Autobiografie eines neuseeländischen Missionars der Offenen Brüder, der in Kolumbien und Los Angeles arbeitete.


AUFSÄTZE


bhr2018Ausgabe 15 (2019) der Brethren Historical Review enthält (neben etlichen Rezensionen) die folgenden Beiträge:

Bill Anderson: „Andersons and Chrystalls: Scottish Pioneers in Aotearoa/New Zealand (S. 1–11)
P[aul] David Wilkin: „Education at Chitokoloki, 1914–1924: The Vision of George Suckling (S. 12–39)
William E. Buntain: „The Exclusive Brethren, Watchman Nee, and the Local Churches in China (S. 40–72)
Jonathan Side: „Some Reflections on the Life and Scientific Work of Robert Rendall (1898–1967) (S. 73–82)
Michael Schneider: „New Writing on Brethren History (S. 83–88)
Timothy Stunt: „Philip Murray Jourdan McNair (1924–2018) (S. 142–145)
S[amuel] J[ames] McBride / N[eil] Dickson: „David Willoughby Gooding (1925–2019) (S. 146–149)
Neil Dickson: „Richard Stephen Saunders (1930–2018) (S. 150–153)

Besonders hervorheben möchte ich hier den Nachruf auf Philip McNair. Der aus dem Exklusiven Brüdertum stammende, um 1960 in die Church of England übergetretene Experte für italienische Literatur verfasste u.a. eine Biografie John Nelson Darbys von offenbar herausragender Qualität, deren Veröffentlichung er jedoch aus Bescheidenheit und Perfektionismus zeitlebens verweigerte. Von den wenigen, die sie bisher zu Gesicht bekamen, wurde sie in den höchsten Tönen gelobt; Max Weremchuk etwa schrieb 2004 auf My Brethren, sie sei wie die Mona Lisa im Vergleich mit dem Gekritzel eines dreijährigen Kindes und habe ihm selbst jeden Mut genommen, mit der Überarbeitung seines eigenen Darby-Buches fortzufahren. Marion Field konnte sie für ihre Darby-Biografie von 2008 immerhin nutzen und mehrmals daraus zitieren. Dem Vernehmen nach besteht die Chance, dass das nachgelassene Typoskript nun in ein Archiv überführt und der Forschung zugänglich gemacht werden kann.

Philip McNair veröffentlichte übrigens 1986 einen Artikel über die Brüderbewegung in der Zeitschrift Christian History und gab 2008 im Selbstverlag Briefe seines Vaters aus dem Ersten Weltkrieg heraus (A Pacifist At War: Military Memoirs of a Conscientious Objector in Palestine, 1917–1918).


Offene Türen 111 (2019), Heft 4 brachte einige kurze Beiträge aus dem Arbeitskreis „Geschichte der Brüderbewegung“ zum 100-jährigen Jubiläum des Umzugs der Bibelschule von Berlin nach Wiedenest:

Gerd Goldmann: „100 Jahre Bibelschule in Wiedenest. Historisches vom Arbeitskreis ‚Geschichte der Brüderbewegung‘“ (S. 18)
Hartmut Wahl: „Bibelschule Wiedenest: Weltweite Wirkungen (S. 18f.)
Erich Sauer: „Von Berlin nach Wiedenest – der Weg der Allianz-Bibelschule (S. 19)
Hartmut Wahl: „Johannes Warns – Lehrer freier Gemeinden (S. 20)
Horst Afflerbach: „Erich Sauer und die Bibelschule (S. 21)
Hartwig Schnurr: „Ernst Schrupp (S. 22)


Gisa Bauer / Paul Metzger: „Brüderbewegung (auch: Brüdergemeinden, Brüderversammlungen, Christliche Versammlungen, Freier Brüderkreis, Darbysten, Plymouth-Brüder)“. In: dies.: Grundwissen Konfessionskunde. UTB 5254. Tübingen (Narr Francke Attempto) 2019. S. 238–241.

Ein grundsätzlich brauchbarer Überblick, auch wenn (oder gerade weil) vieles offenkundig aus der Wikipedia übernommen wurde (ohne Quellennachweis). Unscharf dargestellt sind die Trennungsgründe von 1848; falsch ist die Behauptung, dass Raven sich 1890 von der Brüderbewegung getrennt hätte und die Mehrheit in Nordamerika ihm gefolgt wäre. Bei der Auflistung der verschiedenen Brüdergruppen in Deutschland bleiben die „blockfreien“ Gemeinden unberücksichtigt.


John Bennett: „Major-General Sir Charles H. Scott, KCB, RA 1848–1919“. In: Precious Seed 74 (2019), Heft 1, S. 15.

Kurzes Lebensbild zum 100. Todestag des Offenen Bruders Charles Henry Scott am 6. Oktober 2019 (auch online).


Kate Brooks: „In this Age of Wonders: Exploring the Myth of George Muller“. In: Question. Essays & Art from the Humanities 4 (2019), S. 58–65, 115–118.

Annäherung an Georg Müller aus säkular-atheistischer Perspektive (auch online). Die Autorin ist die Urenkelin eines von Müller aufgenommenen Waisenjungen.


Bert Cargill: „Joseph Medlicott Scriven (1819–1886)“. In: Precious Seed 74 (2019), Heft 3, S. 28f.

Scriven war der Dichter des Liedes What a Friend We Have in Jesus (Welch ein Freund ist unser Jesus). Geboren in Irland, wo er während seines Studiums auch mit den „Brüdern“ in Verbindung kam, wanderte er später nach Kanada aus und arbeitete dort als Lehrer, Holzfäller, Farmarbeiter und Evangelist. Gleich zwei Verlobungen scheiterten durch den tragischen Tod der Verlobten (1843 und 1860). Gegen Ende seines Lebens litt Scriven an Depressionen; ob sein Tod in einem Mühlenteich ein Unfall oder Selbstmord war, blieb ungeklärt.

Der Gedenkartikel erschien zum 200. Geburtstag am 10. September 2019 und ist auch online zugänglich; als Name des Autors wird hier allerdings „Mitchell Cargill“ angegeben, und das beigegebene Bild zeigt nicht Scriven, sondern den Komponisten von What a Friend We Have in Jesus, Charles Crozat Converse (1832–1918).


María Eugenia Cornou: „Formative Worship ‘at the End of the World’: The Worship Practices of Methodists, Baptists and Plymouth Brethren in the Emergence of Protestantism in Argentina, 1867–1930“. In: Studies in World Christianity 25 (2019), S. 166–186.

Von diesem Artikel war mir nur ein Abstract zugänglich, aber der Titel scheint deutlich zu benennen, worum es geht.


Bernard Ineichen: „Losing the rapture: escaping from fundamentalist Christian belief“. In: Mental Health, Religion & Culture 22 (2019), S. 661–673.

Vergleich der Lebensläufe von vier Aussteigern aus „fundamentalistischen“ Gruppen. Zwei davon haben mit der Brüderbewegung zu tun: Edmund Gosse (1849–1928), Sohn des Naturforschers Philip Henry Gosse, verbrachte seine ersten Lebensjahre unter den Offenen Brüdern (von denen sich die Familie allerdings bereits 1857 löste, was im Artikel – wie auch sonst häufig – ignoriert wird); Rebecca Stott (* 1964) stammt aus einer Familie der Raven-Brüder, die sich nach Aberdeen 1970 von James Taylor junior trennte.


Keith Keyser: „Homecall: David Gooding (September 16, 1925 – August 30, 2019)“. In: Cornerstone 3 (2019), Heft 6, S. 14.

Nachruf auf den bekannten Alttestamentler, der den Offenen Brüdern angehörte und viel mit John Lennox zusammenarbeitete (auch online verfügbar). Von seinen zahlreichen Publikationen wurden etliche auch ins Deutsche übersetzt (zuletzt Das Evangelium nach Lukas und In der Schule des Meisters).


Daniel J. King: „Filled with a Hallowed Presence: Abundant Events in the Lives of George Müller and Amanda Berry Smith“. In: Fides et Historia 51 (2019), S. 143–152.

In Auseinandersetzung mit dem Buch History and Presence von Robert A. Orsi untersucht der Autor die Spiritualität von Georg Müller und Amanda Berry Smith, einer amerikanischen Evangelistin der Heiligungsbewegung.


Andreas Liese: „Die evangelischen Freikirchen in der Zeit des Nationalsozialismus“. In: Eine freie Kirche in einer freien Gesellschaft. Freikirchliche Perspektiven auf das Verhältnis von Kirche und Staat. Beiträge einer internationalen Tagung des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung in Kooperation mit der Theologischen Hochschule Elstal, Berlin, 6. und 7. Dezember 2017. Hrsg. von Martin Rothkegel und Reinhard Assmann. Schriftenreihe des Berliner Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung 30. Berlin (Gesellschaft zur Förderung vergleichender Staat-Kirche-Forschung) 2019. S. 255–286.

Der Aufsatz beschreibt die „überwiegend unkritische Haltung deutscher Freikirchler gegenüber dem Nationalsozialismus“ (Vorwort der Herausgeber, S. 17) und geht dabei auch auf die Brüderbewegung ein.


Andreas Liese: „‚Zum Fluch für die Nationen gesetzt‘? Die Geschlossenen Brüder und ihr Verhältnis zum jüdischen Volk“. In: Freikirchenforschung 28 (2019), S. 189–213.

Der Autor untersucht ausführlich die 1934/35 geführte briefliche Diskussion zwischen Wilhelm Stücher, Fritz von Kietzell, Franz Kaupp und David Kogut, auf die er 2018 bereits in seinem Lebensbild Koguts hingewiesen hatte, und ordnet sie in die Israeltheologie der Geschlossenen Brüder ein, wobei er Äußerungen von 1840 (John Nelson Darby) bis 2017 (Ernst-August Bremicker) heranzieht.


Alastair Noble: „Plymouth Brethren“. In: ders.: Born in a Golden Age. Reflections on Faith, Family and Fallacies. Kilmarnock (Ritchie) 2019. S. 40–69.

Porträt der Brüderbewegung (Geschichte, Merkmale, Herausforderungen) von einem der derzeit führenden Offenen Brüder Schottlands.


Alexander Rockstroh: „Frömmigkeitsformen in der Brüderbewegung“. In: Die Gemeinde [74] (2019), Heft 3, S. 8f.

Der neue Geschäftsführer der AGB, der ursprünglich aus der Landeskirche stammt, beschreibt in diesem Beitrag, „welche Ausdrucksformen der Frömmigkeit er innerhalb der Brüderbewegung besonders schätzt“ (auch online).


Gerrid Setzer: „Johannes Meyer. Er schonte sein Leben nicht. 05.04.1814 – 01.09.1847“. In: Treue und Hingabe. Hrsg. von Alexander Schneider und Gerrid Setzer. Hückeswagen (CSV) 2019. S. 106–117.

Der gebürtige Schweizer Johannes Meyer wurde bei der Basler Mission und bei der Londoner Church Missionary Society zum Missionar ausgebildet, trennte sich aber 1839 von Letzterer und schloss sich den „Brüdern“ an. 1840 heiratete er und reiste nach Britisch-Guayana aus, wo Leonard Strong (1797–1874) bereits seit einigen Jahren wirkte. Nach siebenjähriger aufopferungsvoller Missionstätigkeit starb er 1847 an einem Fieber.

Das in erzählender Form geschriebene, in erster Linie wohl an junge Leser gerichtete Lebensbild ist wahrscheinlich die erste Veröffentlichung über Meyer aus der deutschen Brüderbewegung seit Emil Dönges’ Artikel von 1906 („Johannes Meyer, das Lebensbild eines treuen Mannes aus dem vorigen Jahrhundert“, Botschafter des Friedens 16 [1906], S. 35–44, 47–51; auch als Separatdruck erschienen).


Für Hinweise auf weitere, von mir übersehene Neuerscheinungen bin ich dankbar!

„Offene Türen“ 1909–13 online

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Erste Ausgabe der „Offenen Türen“

Die Zeitschrift Offene Türen, die heute die Oberzeile „Das Wiedenester Magazin“ trägt, erschien zum ersten Mal im April 1909 als Doppelheft („No. 1 u. 2“) mit dem Untertitel Mitteilungen aus dem Werke des Herrn in Ungarn, Rumänien und den Balkanländern. Herausgeber war Christian Schatz (1869–1947) in Verbindung mit Edmund Hamer Broadbent (1861–1945), Albert von der Kammer (1860–1951) und Johannes Warns (1874–1937). Parallel erschien das Blatt Central-Asien: Mitteilungen aus Turkestan, Chiwa, Buchara, herausgegeben von Johannes Warns. Schon nach jeweils einer Ausgabe wurden die beiden Zeitschriften zusammengelegt, und zwar unter dem Titel Offene Türen: Mitteilungen aus dem Werk des Herrn. Als Herausgeber firmierte weiterhin Christian Schatz mit seinen drei Mitarbeitern, die Nummerierung begann mit „Heft 2“. Bereits im nächsten Heft schieden Broadbent und von der Kammer als Mitherausgeber aus, und Warns und Schatz wurden gleichberechtigte Hauptherausgeber. Ab Heft 4/1912 gab Warns die Zeitschrift allein heraus.

Die Missionare, die mit den Offenen Türen in Verbindung standen, wirkten zunächst oft auch in mennonitischen Kreisen. Daher haben die Betreiber der Website Chortitza: Mennonitische Geschichte und Ahnenforschung die ersten fünf Jahrgänge der Zeitschrift dankenswerterweise digitalisiert und ins Netz gestellt. Leider ist die Liste der einzelnen Hefte sehr unübersichtlich, da nicht chronologisch geordnet; hier ein systematischer Überblick mit Direktlinks zu den PDF-Dateien (jeweils 3–8 MB Umfang):

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Einzige Ausgabe von „Central-Asien“

Central-Asien

Offene Türen 1909

Offene Türen 1910

Offene Türen 1911

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Erstes von Warns allein herausgegebenes Heft

Offene Türen 1912

Offene Türen 1913

„Echoes of Service“ als Quelle für die Geschichte der deutschen Offenen Brüder

Ende April dieses Jahres stellte das Christian Brethren Archive die ersten 47 Jahrgänge von Echoes of Service, der wichtigsten Missionszeitschrift der englischen Offenen Brüder, ins Netz. Ich maß dieser Nachricht für mich zunächst keine große Bedeutung bei, da die Missionsgeschichte der Offenen Brüder mir bereits gut erforscht zu sein schien und auch nicht zu meinen zentralen Interessengebieten gehört. Aus Neugier schaute ich dann aber doch in einige Bände hinein – und stellte fest, dass von Anfang an fast jedes Jahr auch Berichte aus dem deutschsprachigen Raum abgedruckt wurden.

Entdeckungen

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Titelseite des ersten Jahrgangs (1872)

Erstaunlicherweise standen dabei insbesondere in den ersten Jahren (die Zeitschrift erschien ab 1872) Personen im Vordergrund, die in der bisherigen deutschsprachigen Geschichtsschreibung der Offenen Brüder praktisch unbekannt sind: Weder Karl Andreas noch Julius Rohrbach noch Carl Geier noch Gustavus Adolphus Eoll (um nur einige Beispiele zu nennen) kommen im hier einschlägigen Band 2 von Gerhard Jordys Brüderbewegung in Deutschland,1 in der Dissertation von Ulrich Bister2 oder in der älteren Darstellung von Walther Schwammkrug3 vor. Der einzige bekannte Name aus den frühen Jahren – neben den evangelistischen „Weltreisenden“ Georg Müller und Friedrich Wilhelm Baedeker – ist Jean Emil Leonhardt in Bad Homburg, aber auch hier hält Echoes of Service eine Überraschung bereit, die von der bisherigen Geschichtsschreibung abweicht und offenbar auch in Bad Homburg in Vergessenheit geraten ist: Als Gründungsjahr der dortigen Offenen Brüdergemeinde galt bislang immer 1887, weshalb auch 1947 das 60-jährige,4 1987 das 100-jährige5 und 2012 das 125-jährige Gemeindejubiläum gefeiert wurde; die Berichte Leonhardts in Echoes of Service belegen aber, dass das erste Brotbrechen in Bad Homburg bereits am 25. Juli 1886 stattfand6 – alle Jubiläen wurden also ein Jahr zu spät begangen!

Es handelt sich bei Echoes of Service demnach um eine erstklassige zeitgenössische Quelle über die Anfänge der deutschen Offenen Brüder, die trotz ihrer prinzipiellen Zugänglichkeit von der hiesigen Forschung bislang anscheinend völlig unbeachtet geblieben ist.7 Ich habe mir die Mühe gemacht, alle den deutschsprachigen Raum betreffenden Berichte aus den 47 Bänden der Jahre 1872–1918 zu extrahieren; seit heute stehen sie auf bruederbewegung.de als 187-seitige PDF-Datei zum Download zur Verfügung.

Die Zeitschrift

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Titelseite des ersten Heftes mit neuem Namen (1885)

Einige Hintergrundinformationen zur Zeitschrift mögen hier noch am Platze sein. Gegründet 1872 als The Missionary Echo, trug sie von 1885 bis 1969 den Namen Echoes of Service, unter dem sie heute noch am bekanntesten ist (ab 1970 lautete der Titel schlicht Echoes, seit 2018 Echoes International mission magazine). Herausgeber in den ersten Jahrzehnten waren Henry Groves (1872–1891), John Lindsay Maclean (1872–1906), William Henry Bennet (1891–1920), Robert Eugene Sparks (1894–1918), William Edwy Vine (1911–1949) und William Rhodes Lewis (1917–1963).8

Die Redaktion (die ab 1873 ihren Sitz in Bath hatte) fungierte von Anfang an auch als Sammel- und Weiterleitungsstelle für Spenden, sodass sich Echoes of Service im Laufe der Zeit zu einer Art Missionsgesellschaft entwickelte; 1886 stand man bereits mit ca. 100, 1909 mit ca. 600 Missionaren weltweit in Kontakt.9 Einen systematischen Überblick über die unterstützten Missionare bot das Jahresregister der Zeitschrift, das bereits ab dem 2. Jahrgang (1873) nicht mehr alphabetisch, sondern nach Kontinenten und Ländern geordnet war; ab 1883 wurden zusätzlich die Adressen der Missionare und (wenn bekannt) das Jahr des Beginns ihrer Tätigkeit angegeben.

Bis 1890 erschien die Zeitschrift monatlich, von 1891 bis 1917 zweimal monatlich und im letzten Kriegsjahr 1918 wieder monatlich. Die vom Christian Brethren Archive digitalisierten 47 Jahrgänge umfassen insgesamt genau 888 Hefte, von denen etwas über ein Drittel (306 Hefte) Berichte aus dem deutschsprachigen Raum enthalten.


50. Todestag von Werner Heukelbach

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Werner Heukelbach (1898–1968)

Heute vor 50 Jahren starb in Gummersbach der wohl bekannteste Evangelist der deutschen Brüderbewegung, Werner Heukelbach. Durch das nach ihm benannte Missionswerk – in den 1960er Jahren angeblich das größte Schriftenmissionswerk Europas – ist sein Name auch heute noch weithin bekannt.

Über Heukelbachs Leben habe ich bereits vor Jahren einen Wikipedia-Artikel verfasst, sodass ich hier auf eine Kurzbiografie verzichte; auch das Biographisch-Bibliographische Kirchenlexikon (Bd. 2, 1990) enthält einen Artikel über ihn (an sich kostenpflichtig, aber per Wayback Machine noch gratis zugänglich).

Als Kuriosität sei noch ein Artikel im Nachrichtenmagazin Der Spiegel vom 23. September 1959 erwähnt, der – wenn auch im spöttisch-gehässigen Spiegel-Stil der damaligen Zeit verfasst und in Einzelheiten wohl nicht immer zuverlässig – interessante Einblicke in die zeitgenössische Rezeption Heukelbachs auch in kirchlichen und Allianzkreisen bietet.